| Titel: | Ueber die alte und neue London-Brüke. | 
| Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. LXXX., S. 321 | 
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                        LXXX.
                        Ueber die alte und neue
                           London-Bruͤke.Das Repertory zog diesen Aufsaz aus einer
                                 aͤußerst schaͤzbaren Schrift, welche vor Kurzem zu London unter
                                 folgendem Titel erschien: „A professional
                                       Survey of the Old and New London Bridges and their Approaches; including
                                       historical memorials of both Structures: with remarks on the probable
                                       effects of the changes in progress on the Navigation on the Tames. With
                                       a portrait of the late John Rennie Esq. and 13 other illustrative plates.
                                       M.
                                          Salmon, Wine-Office Court, Fleet
                                       Street.“ Wir finden uns um so mehr verpflichtet diesen
                                 Aufsaz unseren Lesern mitzutheilen, als die neue London-Bruͤke zu
                                 den groͤßten Werken neuerer Zeit gehoͤrt, als sie sogar
                                 fuͤr die schoͤnste Bruͤke in Europa gehalten wird, und als
                                 alle englischen Blaͤtter mit Artikeln uͤber dieselbe und
                                 uͤber die Wirkungen des Abbruches der alten Bruͤke auf das
                                 Flußbeet und mithin auf die Schifffahrt gefuͤllt sind. Wir haben uns nur
                                 hie und da einige Abkuͤrzungen erlaubt. A. d. Ueb.
                           
                        Auf dem Repertory of Patent-Inventions.
                              November 1831, S. 291. December S. 361.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Ueber die alte und neue London-Bruͤke.
                        
                     
                        
                           Der große Nuzen einer Bruͤke uͤber die Themse, durch welche die
                              Communication zwischen der City von London und dem Borough Southwark hergestellt
                              wurde, war schon in den aͤltesten Zeiten so anerkannt, daß schon vor dem
                              Erscheinen der Normannen in England 2 oder 3 hoͤlzerne Bruͤken an
                              dieser Stelle erbaut wurden, welche jedoch saͤmmtlich durch Fluthen oder
                              Feuer zu Grunde gingen. Erst im J. 1176 wurde von Peter of Cholechurch, einem ausgezeichneten Manne, welcher sowohl Priester als
                              Baumeister war, die erste steinerne Bruͤke gegruͤndet, die
                              gegenwaͤrtig unter dem Namen der alten London-Bruͤke bekannt
                              ist. Der Gruͤnder erlebte jedoch die Beendigung seines Werkes nicht, sondern
                              starb im J. 1205, und wurde in eine Gruft in den mittleren Pfeiler der
                              Bruͤke, uͤber welchem eine, dem heil. Thomas a Becket geweihte Kapelle
                              erbaut wurde, begraben.
                           Die Art der Ausfuͤhrung der alten Bruͤke wirft kein guͤnstiges
                              Licht auf die Talente des Baumeisters. Die auffallendsten Fehler derselben liegen in
                              der unverhaͤltnißmaͤßigen Groͤße der 19 Bogen, von denen auch
                              nicht zwei einander gleich, und einige sogar auf der einen Seite hoͤher, als
                              auf der anderen waren. Peter of Colechurch fehlte hierin
                              wie alle seine Zeitgenossen: es ist auch wirklich sonderbar, daß unsere Gothischen
                              Vorfahren, die in ihren Schloͤssern und Kirchen eine Groͤße zeigen, welche heut zu Tage
                              nirgendwo mehr erreicht wird, in ganz England auch nicht eine einzige Bruͤke
                              bauten, deren Bogen so hoch waͤren, daß man mit bemasteten Schiffen unter
                              denselben durchfahren koͤnnte, und daß, wenn ja ein einzelner großer Bogen
                              erbaut wurde, gewiß zunaͤchst daran ein kleiner zu stehen kam, als wenn er
                              eine Apologie auf die Groͤße des einen bilden muͤßte. Uebrigens hatten
                              die Pfeiler dieser Bruͤken auch saͤmmtlich verschiedene Formen und
                              Groͤßen, so daß sie in nichts, als in ihrer Plumpheit mit einander
                              uͤbereinstimmten.
                           Hawkesmoor machte im J. 1736 eine Beschreibung der alten
                              London-Bruͤke bekannt, in welcher er sagt, daß der mittlere Pfeiler,
                              auf welchem die Kapelle ruhte, deßwegen so stark gebaut wurde, damit er der Gewalt
                              der Fluthen, dem Andrange des Eises und anderen Zufaͤllen gehoͤrigen
                              Widerstand leisten koͤnne. Man sollte nicht glauben, daß ein
                              Lieblings-Schuͤler Sir Christopher Wren's, wie es Hawkesmoor
                              war, einen solchen Grund aufstellen konnte; die Idee dem mittleren Pfeiler ein
                              solches Denkmal der pfaͤffischen Allgewalt und anmaßenden Herrschsucht
                              aufzubuͤrden, wie er es an der Thomaskapelle zu tragen hatte, war gewiß
                              hinreichend, um denselben so fest zu bauen, als man es im Stande war. Wollte man ja
                              einen wissenschaftlichen Grund hiefuͤr ausmitteln, so ließe sich dieser bloß
                              darin finden, daß man in einem so starken und festen Mittelpfeiler einen
                              Stuͤzpunkt zu finden glaubte, von welchem aus die Erbauung der Bruͤke
                              nach beiden Seiten hin mit groͤßerer Bequemlichkeit und Sicherheit
                              haͤtte betrieben werden koͤnnen.
                           Abgesehen von diesen aͤußeren Maͤngeln hatte die alte Bruͤke
                              auch noch andere, nicht geringere Fehler, die sich erst bei der Untersuchung ihrer
                              Grundlager zeigten. Sie war naͤmlich, wie die meisten Bruͤken aus
                              jener Zeit, auf Stelzen, d.h. auf Pfaͤhlen, die in den Fluß eingerammt
                              worden, erbaut. Haͤtte man diese Pfaͤhle tief genug eingesenkt, und
                              das Mauerwerk tief genug gelegt, so ließe sich nichts gegen diese Methode einwenden;
                              allein bei der alten London-Bruͤke scheinen diese Pfaͤhle
                              meistens bei niederem Wasserstande abgesaͤgt, dann mit einer zweiten Reihe
                              nicht so tief eingerammter Pfaͤhle umgeben, der Zwischenraum zwischen diesen
                              beiden Reihen mit Kalk, Steinen und losem Geroͤlle ausgefuͤllt, und
                              darauf die Pfeiler erbaut worden zu seyn. Die Pfeiler selbst waren uneben, rund,
                              unbehauen, und zwar mit Eisen beschlagen, aber nicht mit Klammern oder anderen
                              Vorrichtungen gebunden. Da die Pfeiler also in sich selbst schwach, schlecht
                              gestuͤzt, und uͤberdieß auch schlecht zum Tragen der Bogen berechnet
                              waren, so machten sie mit der Zeit neue steinerne Gehaͤuse und neue
                              Gegenpfeiler noͤthig, um die Steine gegen die Gewalt des Stromes zu
                              stuͤzen. In Folge der großen Verengerung des Flußbettes, welche hiedurch
                              nothwendig erfolgte, stroͤmte nun das aufgedaͤmmte Wasser mit solcher
                              Schnelligkeit durch die Bogen, daß man, um zu verhindern, daß der Grund des
                              Flußbettes nicht weggeschwemmt werde, gezwungen war, denselben durch
                              unregelmaͤßig eingerammte Pfaͤhle zu binden, deren Koͤpfe man
                              bei niederem Wasserstande so tief absaͤgte, daß sie die Schifffahrt nicht
                              stoͤrten.
                           Ungeachtet aller dieser Stuͤzen war das ganze Gebaͤude 80 Jahre nach
                              seiner Erbauung bereits in einem erbaͤrmlichen Zustande, und blieb es auch
                              troz der haͤufigen Ausbesserungen bis zum Jahre 1666, in welchem die
                              Bruͤke beinahe mehr als irgend ein anderer Theil der Stadt von dem großen
                              Brande litt, der damals dieselbe verheerte. Die Bruͤke war naͤmlich
                              ganz mit Haͤusern besezt, die saͤmmtlich ein Raub der Flammen wurden;
                              selbst einige Bogen und Pfeiler wurden bedeutend beschaͤdigt. Sir Christopher Wren schlug daher vor, alle Haͤuser
                              von der Bruͤke zu entfernen, und mehrere Bogen zu erweitern; allein seine
                              Vorschlaͤge wurden, wie so vieles Gute und Nuͤzliche,
                              uͤberstimmt.
                           Im J. 1754 war die Bruͤke abermals so in Verfall gerathen, und bot einen
                              solchen Contrast gegen die nun erbaute Westminster-Bruͤke dar, daß die
                              Buͤrgerschaft ernstlich in Berathung zog, ob man die alte Bruͤke nicht
                              ganz niederreißen, und dafuͤr eine neue aufbauen sollte. Man ließ sich daher
                              von Hrn. Dance und anderen
                              Sachverstaͤndigen einen Bericht erstatten, in welchem diese Herren
                              aussprachen, daß die Grundlagen der Bruͤke noch gut seyen, und daß das
                              Gebaͤude noch fuͤr Jahrhunderte stehen, und selbst elegant(!) werden
                              koͤnne, wenn man die Haͤuser von der Bruͤke entfernen und
                              einige Pfeiler und Bogen ausbessern oder aͤndern wuͤrde. Hiezu erhielt
                              man durch eine Parliamentsacte vom J. 1756 auch wirklich die Erlaubniß. Man
                              entfernte nun die Haͤuser von der Bruͤke, die sie so lange Zeit
                              uͤber entstellt hatten, trug den mittleren Pfeiler mit der Thomaskapelle ab,
                              und verwandelte die beiden demselben zunaͤchst gelegenen Bogen in einen
                              einzigen großen, der nun die vorzuͤglichste Durchfahrt bildete. In diesem
                              Zustande ließ die Bruͤke nichts zu wuͤnschen uͤbrig, als eine
                              noch groͤßere Erweiterung der Wasserfahrstraßen.
                           Im J. 1823 ging endlich eine Parliamentsacte zur Erbauung einer neuen
                              London-Bruͤke, und zur Verbesserung und Anlage gehoͤriger
                              Zugaͤnge zu derselben durch, in deren Eingang als Grund dafuͤr
                              angegeben wurde, daß der große Fall, welchen das Wasser zu gewissen Zeiten der Ebbe
                              und Fluth an den großen Gegenpfeilern und Pfeilern der Bruͤke hat, die Schifffahrt durch die
                              alte Bruͤke fuͤr Leben und Gut vieler Unterthanen Sr. Majestaͤt
                              gefaͤhrlich mache. Da in dieser Acte mit keiner Sylbe eines Gebrechens der
                              Bruͤke selbst Erwaͤhnung geschieht (was doch wohl geschehen
                              waͤre, wenn man ein solches haͤtte auffinden koͤnnen), so ist
                              klar, daß die neue Bruͤke bloß deßwegen gutgeheißen wurde, weil die alte die
                              Schifffahrt beeintraͤchtigen oder erschweren sollte. Man sagte, daß durch die
                              breiten Gegenpfeiler und Pfeiler dieser Bruͤke zu gewissen Zeiten der Ebbe
                              und Fluth ein starker Fall unter der Bruͤke verursacht werde; allein in den
                              Verhandlungen des Parliaments laͤßt sich nicht ein einziger Beweis
                              hiefuͤr finden; im Gegentheile scheint es klar, daß dieser Fall durch eine
                              wirkliche Verschiedenheit der Hoͤhe des Flußbettes oberhalb und unterhalb der
                              Bruͤke bedingt ist. Ob die Gegenpfeiler und Pfeiler urspruͤngliche
                              Ursache der Entstehung dieser Ungleichheit sind, ist eine andere Frage, die wir hier
                              nicht zu untersuchen haben, und die auch der beruͤhmte Smeaton in einem im J. 1769 an die Buͤrgerschaft abgegebene
                              Berichte uͤber die Bruͤke nicht zu entscheiden wagte. Dem mag nun
                              seyn, wie ihm wolle, so ist so viel gewiß, daß gegenwaͤrtig der
                              staͤrkere Fall durch die Ungleichheit des Flußbettes und nicht durch die
                              Gegenpfeiler und Pfeiler veranlaßt wird, und daß er mithin durch Niederreißen
                              derselben nicht gehoben werden kann. Was die Gefaͤhrlichkeit der Schifffahrt
                              und den Verlust an Menschenleben und Eigenthum betrifft, wegen welcher die alte
                              Bruͤke niedergerissen werden sollte, so fehlte es auch hieruͤber an
                              Beweisen, indem vom J. 1800 bis 1820 nur 18 Menschen bei der Durchfahrt durch die
                              Bruͤke, mithin des Jahres nicht ein Mal Einer, verungluͤkten, und
                              indem der ganze Verlust an Eigenthum, welcher bei dieser Durchfahrt Statt hatte,
                              innerhalb 20 Jahren, nicht uͤber 4000 Pfd. betrug, was fuͤr den Tag
                              kaum ein Pfund ausmacht.Dieser Verlust an Menschenleben und Eigenthum scheint zwar sehr gering;
                                    allein bedenkt man, daß die Bruͤke beinahe 720 Jahre steht, und
                                    berechnet man fuͤr diese Zeit nach obigem Verhaͤltnisse den
                                    Verlust, so ergibt sich, daß in Folge der schlecht gebauten Bruͤke
                                    648 Menschen, und, ohne Interessen, ein Capital von 144,000 Pfunden zu
                                    Grunde gingen, was allerdings nicht so ganz unbedeutend ist, besonders wenn
                                    man den Werth des Menschen nicht nach jenem eines kaͤuflichen
                                    Sklavens, sondern nach jenem eines freien, dem Staate und seinen
                                    Mitbuͤrgern angehoͤrenden, nuͤzlichen Subjektes
                                    berechnet. – Ueberdieß wuͤrde dieser Verlust, bei der Zunahme
                                    des Verkehres und der Bevoͤlkerung von Jahr zu Jahr gewiß zugenommen
                                    haben, so daß damit allein schon der Bau einer neuen Bruͤke Jedermann
                                    hinreichend begruͤndet erscheinen wird, der das Leben seiner
                                    Mitbuͤrger hoͤher zu Schaͤzen weiß, als ein
                                    Selbstherrscher oder Despot. A. d. Ueb.
                              
                           Sir Christopher Wren war der Meinung, daß man durch
                              Entfernung der abwechselnden Pfeiler mit voller Sicherheit die 18 Bogen der alten Bruͤke
                              auf 9 zuruͤkfuͤhren koͤnnte. Die Ausfuͤhrbarkeit dieses
                              Planes zeigte sich auch im J. 1759, wo, wie gesagt worden, durch Entfernung eines
                              Pfeilers, der gegenwaͤrtige mittlere Bogen gebaut wurde. Hr. Dance war noch im J. 1799 der
                              Meinung, daß die Pfeiler des mittleren Bogens, mit denen diese Operation bereits
                              vorgenommen worden, so stark sind, daß der mittlere Bogen noch ein Mal so hoch
                              haͤtte gespannt werden koͤnnen, als er gegenwaͤrtig ist. Eben
                              so sagte Hr. Win. Chapman noch
                              im J. 1821, daß die Wasserstraßen mit voller Sicherheit und mit einer Dauer
                              fuͤr Jahrhunderte erweitert werden koͤnnten. Der beruͤhmte
                              Erbauer der Vauxhall-Bruͤke, Hr. James Walker, meinte gleichfalls, daß man auf
                              den Pfeilern der alten Bruͤke eben so sicher eine neue Bruͤke bauen
                              koͤnne, als auf ganz neuen Grundlagen.
                           Wir haben in den vorangehenden Bemerkungen vorausgesezt, daß die Rathsamkeit einer
                              Erweiterung der Fahrstraße hergestellt ist, was jedoch noch manchem Zweifel
                              unterliegt. Viele wichtige Gewaͤhrsmaͤnner behaupten naͤmlich,
                              daß der Widerstand, welchen die vielen Pfeiler der alten Bruͤke dem Strome
                              leisten, und die ploͤzliche Abhaͤngigkeit des Flußbettes an dieser
                              Stelle, im Ganzen mehr Gutes als Unheil bewirken; indem dadurch einer Seits die
                              Hoͤhe vermindert wird, auf welche das Wasser bei hohen Springfluthen
                              uͤber die Bruͤke steigen wuͤrde, und indem anderer Seits das
                              Wasser auf diese Weise zu allen Zeiten uͤber der Bruͤke auf einem
                              hoͤheren Stande erhalten wird, als dieß auf irgend eine andere Weise
                              geschehen koͤnnte. Es scheint auch, daß die Magistrate der City diese
                              Hindernisse, welche die Bruͤke den Gewaͤssern entgegensezte, einst
                              sehr hoch anrechneten, indem sie Alles thaten, um deren Kraft ehe zu vermehren, als
                              zu vermindern. Man erwaͤhnt (Philos. Magaz. Vol.
                              IX. P. 33) in dieser Hinsicht einer Parliamentsacte,
                              welche die Buͤrgerschaft ermaͤchtigte, einige der Bogen der
                              Bruͤke zu verstopfen, um dadurch jenen Fall zu vermehren, uͤber
                              welchen in lezter Zeit so viel geklagt wurde. Ja, ein alter, noch lebender
                              Schriftsteller erzaͤhlt sogar, daß er sich sehr gut erinnere, daß mehrere
                              Bogen der alten Bruͤke Schleußen genannt wurden, daß mehrere der kleinsten
                              derselben Thore hatten, und daß an anderen noch starke eiserne Angeln sichtbar
                              waren. (Mechan. Magaz. Vol. XII. S. 452.) In wiefern die
                              Bewohner der City seither in dieser Hinsicht aufgeklaͤrter geworden, werden
                              unsere Leser am besten beurtheilen, wenn wir ihnen die Ausspruͤche mehrerer
                              ausgezeichneter Sachverstaͤndiger vorlegen.
                           Smeaton sagte in dem oͤfter angefuͤhrten
                              Berichte: „Wenn die London-Bruͤke mithin abgebrochen wird,
                                 so wird der Fluß oberhalb derselben bei der Ebbe so seicht werden, daß die
                                 Schifffahrt bei jeder Ebbe wahrscheinlich fuͤr Stunden sehr beeintraͤchtigt seyn
                                 wird.“ Hr. Telford, welcher einen der ersten Plaͤze unter den
                              Mechanikern einnimmt, zeigte in einem neueren Berichte: 1) daß wenn die alte
                              Bruͤke abgebrochen wird, die Schnelligkeit der Ebbe oberhalb der
                              Bruͤke bedeutend zunehmen, und fruͤher eintreten wird, als
                              gegenwaͤrtig. 2) daß die Schifffahrt, welche gegenwaͤrtig bis
                              Teddington moͤglich ist, an diesem Orte fruͤher eingestellt seyn wird.
                              3) daß in dem lezten Theile der Ebbe das Flußbett einige Stunden uͤber
                              beinahe ganz troken liegen wird. 4) daß diese Nachtheile zwar zum Theile durch die
                              groͤßere Schnelligkeit und das groͤßere Moment, womit der Sand,
                              Schlamm und kleinere Kies entfernt, und das Flußbett also vertieft werden wird,
                              ersezt werden duͤrfte; daß aber eben durch diese Vertiefung des Flußbettes
                              den Grundlagen mehrerer anderer Bruͤken, wie der Blackfriars-,
                              Waterloo- und Westminster-BruͤkeEinige Pfeiler der Westminster-Bruͤke gehen nicht tiefer als 3
                                    Fuß unter die Oberflaͤche des gegenwaͤrtigen Flußbettes; jene
                                    der Blackfriars-Bruͤke gehen bloß 3 Fuß 9 Zoll tief, und
                                    selbst an der Waterloo-Bruͤke reichen die Grundlagen der
                                    Pfeiler nur aus 6 Fuß 4 Zoll unter den niedrigsten Wasserstand. A. d. O. wesentlich schaden, und die Anstalten und Gebaͤude am Ufer
                              untergraben etc. wuͤrde. Und 5) endlich, daß alle Baͤnke und tief
                              gelegenen Gruͤnde an den Ufern der Themse, von Westminster bis Teddington,
                              nach Entfernung der alten Bruͤke bei hohen Fluthen weit mehr den
                              Ueberschwemmungen ausgesezt seyn wird. Der beruͤhmte Dr. Olinthus Gregory von Woolwich
                              erklaͤrte, daß, nach seiner festen Meinung, nach Entfernung der alten
                              Bruͤke, das Flußbett zwischen seinem Size und der
                              Westminster-Bruͤke bei dem niedrigsten Wasserstande troken, und die
                              Schifffahrt ganz gehemmt seyn wird. Wenn man bedenkt, daß gegenwaͤrtig bei
                              niederem Wasserstande das Wasser in der Mitte des Stromes nur 4 Fuß Tiefe hat, und
                              daß dieß bei Springfluthen bloß dem Falle durch die London-Bruͤke
                              gleich ist, so wird man diese Ansicht nicht gar zu uͤbertrieben finden.
                           Sir H. C. Englefield, der Verfasser der Schrift
                              „On the probable consequences of the
                                    demolition of London Bridge,“ unterstuͤzte die
                              Ansichten der angefuͤhrten Maͤnner, und sagt noch, daß das Wasser
                              uͤber der Bruͤke nach Entfernung derselben beinahe um die Menge des
                              ganzen Falles mehr ablaufen wuͤrde, als gegenwaͤrtig; daß eine
                              groͤßere Tiefe bei hohem Wasserstande der Schifffahrt keinen Nuzen bringen
                              wuͤrde, und daß, in dem Maße als das Flußbett bei der Ebbe troken bleibt, die
                              Gesundheit der naͤchsten Umgebungen durch die Ausduͤnstungen des
                              Schlammes, welcher zuruͤkbleibt, leiden muͤßte. – Selbst Hr. Rennie gestand noch im J. 1820 zu,
                              daß wenn die London-Bruͤke abgebrochen wuͤrde, mehrere Theile
                              des Ufers von Westminster bis Chelsea um 12 bis 18 Zoll erhoͤht werden
                              muͤßten.Mehrere der Kais der Themse sind bloß 1 1/2 bis 2 Fuß uͤber das
                                    Trinity-Hochwasser-Zeichen erhaben, und werden daher selbst
                                    gegenwaͤrtig haͤufig uͤberfluthet. A. d. O.
                              
                           Allein, laͤßt sich eine neue Bruͤke denn nicht ohne Beibehaltung dieses
                              Dammes erbauen, und auf diese Weise das allgemeine Verlangen nach Neuheit, und das
                              Interesse der Schifffahrt zugleich befriedigen? Allerdings. Dr. Gregory machte, waͤhrend er die
                              Nachtheile der unbedingten Entfernung der London-Bruͤke aus einander
                              sezte, zugleich den Vorschlag: daß die neue Bruͤke sieben statt fuͤnf
                              Bogen haben soll, und daß unter jedem Bogen Schleußenthuͤren, gleich jenen,
                              deren man sich in Holland so haͤufig bedient, angebracht werden sollten; daß
                              die Westminster-, und vielleicht auch die Blackfriars-Bruͤke
                              mit aͤhnlichen Schleußenthuͤren zu versehen sey, um auf diese Weise
                              den ganzen Fluß gleichsam in eine große Doke zu verwandeln; daß die
                              Uferdaͤmme und Kais sowohl an dem Surrey- als an dem
                              Middlesex-Ufer weiter in den Fluß hinein geruͤkt, und dieser dadurch
                              schmaͤler gemacht werden soll; daß hiebei alle starken Kruͤmmungen,
                              Vorspruͤnge und Buchten abzugraben oder auszufuͤllen waͤren.
                              Durch die zwekmaͤßige Anwendung dieser Schleußen an den drei Bruͤken,
                              in Verbindung mit der weilenweisen Benuzung von Plankungen, durch welche die
                              Stroͤmung auf die Niederschlaͤge von Schlamm, Sand etc. gerichtet
                              werden koͤnnte, ließe sich nach Dr. Gregory den Nachtheilen des Niederreißens der alten
                              Bruͤke nicht nur abhelfen, sondern auch die Schifffahrt uͤber
                              derselben bedeutend erleichtern. Dieser Vorschlag des Hrn. Drs. Gregory fand bei Hrn. Telford eine so gute Aufnahme, daß
                              er sagte, er moͤchte, im Falle er angenommen wird, der Buͤrgerschaft
                              rathen, sich demselben nicht laͤnger zu widersezen.
                           Die Erbauung einer neuen Bruͤke mußte entweder durch die Herstellung einer
                              ganz freien, und die Schifffahrt sehr erleichternden Wasserstraße,Wenn man diesen Zwek allein im Auge haͤtte, so haͤtte die
                                    Buͤrgerschaft wohl untersuchen duͤrfen, ob der Plan zu einer
                                    Bruͤke, welchen die HH. Telford und Douglas im J. 1800 vorlegten, nicht unter allen der beste
                                    sey. Diese Herren schlugen naͤmlich vor, 200 Yards von der alten
                                    Bruͤke eine neue Bruͤke zu bauen, deren Zugaͤnge von
                                    der koͤnigl. Bank und von der High-Street des Borough
                                    herliefen. Diese Bruͤke sollte aus Eisen erbaut werden, und die
                                    Spannung der Bogen (welche einen Kreisabschnitt bildeten) 600 Fuß betragen,
                                    so daß der Sinus versus uͤber dem hohen Wasserstande 65 Fuß
                                    haͤtte. Merkwuͤrdig ist uͤbrigens, daß Hr. Telford, welcher die
                                    Nachtheile der Entfernung der Daͤmmung durch die alte Bruͤke
                                    nachwies, zu einer anderen Zeit eine Bruͤke vorschlug, die
                                    gleichfalls keine solche Daͤmmung gewaͤhrte! A. d. O. oder durch den Verfall der alten Bruͤke motivirt seyn; fuͤr beides blieb man die
                              Beweise schuldig, und doch ging die Bill durch und ward zum Geseze.
                           Kurz bevor die Bill durchging, schrieb die Buͤrgerschaft Preise von 250, 150
                              und 100 Pfd. fuͤr die drei besten Zeichnungen einer neuen Bruͤke mit
                              fuͤnf Bogen aus, die in der Mitte 23 Fuß uͤber das
                              Trinity-Hochwasser-Zeichen erhaben seyn, und eine 690 Fuß breite freie
                              Wasserstraße geben mußte. Die eingegangenen Zeichnungen wurden den drei
                              koͤnigl. Architecten Nash, Soane, Smirke und Hrn.
                              Montague zur Beurtheilung
                              uͤbergeben, nach welcher Hrn. Gwilt's Plan fuͤr den besten erklaͤrt wurde. Die
                              Buͤrgerschaft kehrte sich jedoch nicht an die Berichte der von ihr selbst
                              ernannten Bericht-Erstatter, sondern ertheilte den ersten Preis Hrn.
                              Charles Fowler, den
                              zweiten Hrn. T. Borer, den
                              dritten Hrn. Busby, und
                              uͤberging Hrn. Gwilt
                              ganz und gar. So sonderbar dieses Resultat war,Wir finden hierin gar nichts Sonderbares, dieß ist das gewoͤhnliche
                                    Resultat aller Concurse, und aller Vorschlaͤge der
                                    Bericht-Erstatter. Sie werden bloß befolgt, und als Anhaltspunkte
                                    dargestellt, so lang sie mit der Ansicht, oder vielmehr mit dem Interesse
                                    und der Willkuͤr jener uͤbereinstimmen, welche die lezte
                                    Entscheidung zu gehen haben. A. d. Ueb. so war doch das, was diesem folgte, noch sonderbarer. Die
                              Buͤrgerschaft befolgte selbst keinen der Plane, die sie mit Preisen
                              gekroͤnt hatte, sondern erklaͤrte jenen des Hrn. Rennie, der ihr unter der Hand mitgetheilt
                              worden, fuͤr den besten, und nach diesem wurde auch die Ausfuͤhrung
                              durch die Parliamentsacte ausschließlich befohlen.
                           Dieses Benehmen der Buͤrgerschaft wurde schon oft einer strengen Kritik
                              unterworfen; allein mit Ausnahme des unedlen, und wenn man will,
                              schaͤndlichen Verfahrens gegen Hrn. Gwilt, dem doch von seinen Amtsbruͤdern
                              selbst der Preis zuerkannt worden, scheint sie uns recht gehandelt zu haben. Denn
                              wenn sie auch gewisse Plane fuͤr die besten erklaͤrt hatte, so
                              hinderte sie ja doch nichts, einen spaͤteren noch weit besseren, wie es uns
                              jener des Hrn. Rennie wirklich
                              zu seyn scheint, anzunehmen.
                           Wir werden Hrn. Rennie's Plan
                              spaͤter beschreiben; hier genuͤgt zum Vergleiche einstweilen, daß er
                              fuͤnf halb-elliptische Bogen von sehr bedeutender Groͤße
                              annahm. Auch Hr. Gwilt, dessen
                              Plan in der Zeichnung dargestellt ist, schlug fuͤnf Bogen vor, die jedoch
                              Kreisabschnitte bildeten. Fig. 1. ist ein Aufriß des
                              mittleren Bogens, an welchem A und B den hohen und niederen Wasserstand bezeichnen. Fig. 2 ist ein
                              Aufriß der Landpfeiler und der Stiegen; Fig. 3 ein Grundriß des
                              oberen Baues; Fig.
                                 4 ein Grundriß der Grundlagen fuͤr die Landpfeiler und Stiegen; und
                              Fig. 5 ein
                              Grundriß der Pfeiler.
                           
                           Fuͤr die Bogen schlug er folgende Dimensionen vor:
                           
                              
                                 
                                 Spannung.
                                   Hoͤhe uͤber
                                    demhohen Wasserstande.
                                 
                              
                                 
                                     Fuß.
                                     Fuß.
                                     Zoll.
                                 
                              
                                 Mittlerer Bogen
                                     150
                                     25
                                       0
                                 
                              
                                 Die beiden, dem mittleren
                                    zunaͤchst    stehenden Bogen
                                     140
                                     23
                                       4
                                 
                              
                                 Die Bogen an den Landpfeilern
                                     130
                                     22
                                       8
                                 
                              
                           Die Wasserbrecher sollten 25 Fuß, die Pfeiler 20 Fuß Dike bekommen, und die
                              Bruͤke zwischen den Brustwehren 50 Fuß Breite erhalten; der Fahrweg sollte
                              auf 26 Fuß 1 Fuß Neigung haben.
                           Ob diese Bruͤke des Hrn. Gwilt in jeder Hinsicht so schoͤn gewesen waͤre, wie
                              jene des Hrn. Rennie, wollen
                              wir nicht untersuchen; so viel ist aber gewiß, daß die Wahl der Form eines
                              Kreisabschnittes fuͤr die Bogen fuͤr sich allein schon einen
                              hinreichenden Grund zur Verwerfung dieses Planes geben mußte, indem es erwiesen, und
                              besonders auch durch die Blackfriars- und Waterloo-Bruͤke
                              bestaͤtigt ist, daß an den elliptischen Bogen alle Theile sich im
                              vollkommensten Gleichgewichte befinden, und am wenigsten Neigung zum Nachgeben
                              haben. Die elliptischen Bogen sind mithin staͤrker als die Bogen von irgend
                              einer anderen Form, und, indem sie weniger Material verschlingen, auch leichter und
                              wohlfeiler. Sie gestatten ferner eine groͤßere Hoͤhe der Schenkel, und
                              gewaͤhren eine groͤßere Flachheit des Scheitels.
                           Ein großer Theil der Kunstgenossen des Hrn. Gwilt will zwar nicht zugestehen, daß dessen
                              Plan jenem des Hrn. Rennie
                              nachstehe; wir glauben jedoch, daß dieß mehr von dem Vorwurfe herruͤhrt, den
                              man der Buͤrgerschaft macht, als habe dieselbe den Plan des Hrn. Ritchie bereits gut geheißen gehabt,
                              als sie die Preise ausschrieb, und als habe sie hiebei dieselbe Farce gespielt,
                              welche die Regierungen gewoͤhnlich bei der Besezung der Stellen durch
                              Concurse zum Besten geben. Wir glauben nicht, daß sich dieß so verhaͤlt; wenn
                              es aber auch wirklich so waͤre, so haͤtte die Buͤrgerschaft
                              sich dieses Mittels wohl bedienen koͤnnen, um zu sehen, ob ihre Preise nicht
                              einen noch vorzuͤglicheren Plan zum Vorscheine bringen moͤchten.
                           Leider starb Hr. Rennie bevor
                              noch die Ausfuͤhrung seines Planes begonnen. An ihm verlor das Land einen
                              seiner vorzuͤglichsten Kuͤnstler, dem es, was auch seine Gegner sagen
                              moͤgen, viele seiner schoͤnsten Monumente und Zierden zu verdanken
                              hat. Nach dessen Tod wurde die Auffuͤhrung der Bruͤke seinem Sohne,
                              dem gegenwaͤrtigen Sir John Rennie,
                              uͤbertragen, unter welchem die HH. Joliffe und Bankes als die Baucontrahenten angenommen wurden. Die Regierung betrachtete diese
                              Unternehmung als einen Gegenstand, welcher nicht bloß oͤrtliches, sondern
                              auch nationales Interesse haͤtte, und gewaͤhrte ihr daher einen
                              Beitrag von 200,000 Pfund, unter der Bedingung, daß die Lords der Schazkammer in
                              Gemeinschaft mit der Buͤrgerschaft die Controle uͤber den Bau
                              fuͤhren sollten.
                           Nach Hrn. Rennie's
                              urspruͤnglichem Plane sollte die neue Bruͤke an derselben Stelle
                              erbaut werden, an welcher sich die alte befand, und vorher, um den Verkehr nicht zu
                              hemmen, eine hoͤlzerne Bruͤke hergestellt werden. Die Hoͤhe der
                              Bruͤke sollte an beiden Enden mit dem Niveau der alten Zugaͤnge, d.h.
                              der Thames- und Toley-Streets correspondiren, um durch neue
                              Zugaͤnge nicht zu große Kosten zu veranlassen. Die Buͤrgerschaft
                              beschloß jedoch, ohne hierauf oder auf die Verordnungen der Parliamentsacte
                              Ruͤksicht zu nehmen, und ohne die Lords der Schazkammer zu befragen, daß die
                              Bruͤke um 180 Fuß weiter oberhalb uͤber die Themse erbaut werden soll.
                              Haͤtte man hiebei im Sinne gehabt, sich der schmalen und steilen Einfahrt in
                              die City bei Fish-Street-Hill zu entledigen, so waͤren wir
                              geneigt gewesen zuzugestehen, daß die Ausgabe aus diesem Grunde allein schon nicht
                              gewagt war; allein diese Verbesserung lag wenigstens Anfangs nicht im Sinne der
                              Buͤrgerschaft. Nach dem urspruͤnglichen Contracte, den sie mit den HH.
                              Joliffe und Bankes abschloß, sollte sich die
                              Bruͤke wie vorher in gleicher Hoͤhe mit der Thames-Street
                              enden, und dann in einem halbmondfoͤrmigen Wege bis zum Fuße des
                              Fish-Street-Hill fuͤhren. Man kann sich aber nicht leicht einen
                              groͤßeren Umweg, einen mehr unebenen und ungeeigneteren Zugang denken, als
                              diesen; denn wenn man von Cornhill kommt, so muß man zuerst durch eine steile und
                              schmale Straße bis beinahe zum Niveau des Flusses herabsteigen, sich dann
                              ploͤzlich rechts wenden, in einem Halbmonde herumgehen, sich dann wieder
                              links wenden, um endlich an der Bruͤke hinaufzusteigen!
                           Wir haben diese Abweichung von dem urspruͤnglichen Plane des Hrn. Rennie, und die dadurch
                              noͤthig gewordene Verbesserung der Zugaͤnge bloß angegeben, um zu
                              erklaͤren, wie es kam, daß die Kosten dieser Bruͤke den Voranschlag
                              der Kosten um mehr uͤbersteigen, als man dieß je bei einer Bruͤke
                              erlebt hat. Hr. Rennie
                              schaͤzte naͤmlich die Kosten der neuen Bruͤke auf 430,000 Pfd.,
                              und jene der einstweiligen Nothbruͤke auf 20,000 Pfd. Was die Kosten der
                              Bruͤke selbst betrifft, so wurde der Voranschlag auch nur um sehr wenig
                              uͤberstiegen. Die Aenderung der Stelle, an welcher die Bruͤke erbaut
                              werden sollte, und die neuen, von der Buͤrgerschaft entworfenen,
                              Zugaͤnge, erhoͤhten jedoch diese Schazung um 456,000 Pfd. Die
                              unuͤberlegte und unverstaͤndige Anordnung dieser Zugaͤnge,
                              besonders jener an der
                              City, machte aber spaͤter neue Veraͤnderungen noͤthig, wodurch
                              die Ausgaben beinahe auf die Summe von zwei Millionen Pfunden stiegen!
                           Die Contrahenten begannen ihre Arbeit am 15. Maͤrz 1824, an welchem sie den
                              ersten Pfahl fuͤr den Kastendamm des suͤdlichen Pfeilers
                              einrammten.
                           Da das Flußbett an der Stelle, an welcher die Bruͤke erbaut werden sollte, bei
                              Springfluthen, bei niederem Wasserstande uͤber 30 Fuß tief, und die
                              Stroͤmung zu allen Zeiten sehr stark war, so mußte man zu einigen
                              außerordentlichen Mitteln seine Zuflucht nehmen, um den Kastendamm so stark zu
                              machen, daß er kein Wasser einließ. Die Form des Dammes war eine Ellipse, welche man
                              in Fig. 6
                              sieht. Es wurden drei Reihen gut in einander gefalzte und mit Eisen beschlagene
                              Pfaͤhle von 80 bis 90 Fuß Laͤnge in den Grund eingerammt, fest
                              zusammengebolzt und dann mit Thon etc. ausgeschlagen. Zwischen diese Reihen von
                              Pfaͤhlen wurden hoͤlzerne Stuͤzen oder Balken hh gebracht, und der innere Raum, wie man bei f, f, f, b sieht, nach der diagonalen Methode mit
                              starker Zimmerung versehen. Da das Holz, wenn von der Seite auf dasselbe gewirkt
                              wird, verhaͤltnißmaͤßig schwach ist, so wurden die
                              Laͤngenbalken b, b und e,
                                 e durch Baͤnder fest mit einander verbunden, wo dann die Arme oder
                              Stuͤzen f, f in diese Gefuͤge kamen. Bei
                              k, k befanden sich die Stiegen, auf welchen man in
                              den Damm hinabstieg; bei p, p die Pumpen, mittelst
                              welchen das Wasser ausgepumpt wurde, welches aus Quellen in denselben drang, oder
                              durch die Waͤnde einsikerte. yy stellt den
                              Pfeiler aus festem Mauerwerke sammt dessen Grundlage und der Art die Steine mit
                              einander zu verbinden, vor.
                           Es wurden vielleicht noch nirgends so kuͤnstliche Kastendaͤmme erbaut,
                              als wie diese, welche der Beachtung eines jeden praktischen Mechanikers gewiß in
                              hohem Grade werth sind. Sie entsprachen ihrem Zweke auch so gut, daß das Innere
                              derselben, ungeachtet der ungeheuren Gewalt des Wassers, der sie Widerstand zu
                              leisten hatten, fast immer troken war, und daß die Dampfmaschine und die Pumpen nur
                              selten in Thaͤtigkeit gesezt werden mußten.
                           Zum Ausziehen der Pfaͤhle bei Entfernung der Kastendaͤmme bediente man
                              sich sonst der Maschine, welche Belidor in seiner Architecture Hydraulique beschrieb, und welche im J.
                              1749 mit Vortheil angewendet wurde, um den Fluß Var von dem Walde von
                              Pfaͤhlen zu reinigen, welche waͤhrend des Krieges eingerammt worden
                              waren. Der selige Rennie hat das Verdienst einen viel
                              einfacheren und eben so wirksamen Apparat zu diesem Behufe eingefuͤhrt zu
                              haben, welchen man in Fig. 7 abgebildet sieht,
                              und der auf der außerordentlichen Kraft der neueren hydraulischen, von Bramah erfundenen, Pumpe beruht. Dieser Apparat wurde zuerst bei dem Baue
                              der Waterloo-Bruͤke angewendet.
                           AA stellt einen Theil der Verpfaͤhlung des
                              Kastendammes vor, und B die Pumpe, welche oben auf
                              dieser Verpfaͤhlung befestigt ist. Wird der Griff C dieser Pumpe belegt, so wird Wasser aus dem Behaͤlter D gepumpt, und durch die kupferne Roͤhre C in einen eisernen Cylinder getrieben, der von dem
                              hoͤlzernen, fest an den Pfaͤhlen befestigten, Bloke F eingeschlossen ist. Der Druk des Wassers treibt dann
                              den festen oder soliden Taucher G in die Hoͤhe,
                              und dieser hebt den Balken H, welcher auf einem anderen
                              Balken J ruht. Wird nun ein loser eiserner Ring L um den Pfahl K gebracht,
                              und die Kette M einige Male um den Balken H gezogen, so wird der Ring L, wenn er von der Kette emporgezogen wird, eine winkelige Stellung
                              annehmen, und dadurch eine solche Gewalt auf den Pfahl ausuͤben, daß dieser
                              dem Baume folgen muß, so wie er in die Hoͤhe steigt.
                           Die Ausdruͤke: erster Stein (first stone) und Grundstein (foundation stone) werden im gemeinen Leben
                              gewoͤhnlich fuͤr gleichbedeutend gehalten; in gegenwaͤrtigem
                              Falle koͤnnte diese Meinung leicht zu Mißverstaͤndnissen
                              fuͤhren, vor welchen wir den Leser warnen. Die eigentlichen Grundlager der
                              neuen London-Bruͤke bestehen nicht aus Stein, sondern aus Holz. Es
                              wurden naͤmlich von dem Inneren des Kastendammes aus Pfaͤhle aus
                              Buchenholz beinahe 20 Fuß tief in den blauen Thon getrieben, der das
                              natuͤrliche Flußbett der Themse bildet. Auf die Koͤpfe dieser
                              Pfaͤhle wurden zwei Reihen horizontaler Balken von 12 Zoll im Gevierte
                              gelegt, und diese Balken mit buchenen Bohlen von 6 Zoll Dike bedekt. Auf diesen gut
                              gestuͤzten Boden wurde dann erst die unterste Schichte Mauerwerk gelegt. Auf
                              diese Weise wurden saͤmmtliche Pfeiler erbaut, indem eine lange und sehr
                              verschieden erprobte Erfahrung zeigte, daß derlei Grundlagen die groͤßte
                              Sicherheit gewaͤhren. Dem festesten Boden, und selbst Felsen darf man nicht
                              immer trauen. Bloudel erwaͤhnt z.B. einer Kirche
                              in Paris, welche, obschon sie auf einem, dem Anscheine nach sehr festen Boden, und
                              mit sehr diken Mauern erbaut worden, doch an einer Seite sich senkte, weil in
                              fruͤheren Zeiten einige Klafter unter deren Grundlagen zwei oder drei
                              Hoͤhlen gegraben worden waren. Gautier
                              erzaͤhlt einen aͤhnlichen Fall von einem Festungswerke, welches auf
                              einem Felsen auf einer der Inseln von Oleron erbaut wurde, und dann auf einer Seite
                              einfiel, weil im Inneren des Felsens eine natuͤrliche Hoͤhle bestanden
                              hatte.
                           Stephen Wren sagte in der Schrift zur Vertheidigung
                              seines Vaters, welcher bei dem Baue der Paulskirche das Einrammen von
                              Pfaͤhlen vernachlaͤssigt hatte, daß wenn man die Pfaͤhle nicht
                              immer naß erhalten kann,
                              eine Grundlage aus denselben eben so wenig Festigkeit darbietet als irgend eine
                              andere, weil diese Pfaͤhle, wenn sie abwechselnd naß und troken werden, bald
                              faulen. Dieß ist sehr richtig, und daher die große Gefahr, denen die
                              hoͤlzernen Grundlager der Blackfriars- und
                              Westminster-Bruͤke ausgesezt seyn werden, wenn die Tiefe des Flusses
                              nach der Entfernung der alten London-Bruͤke so großen
                              Veraͤnderungen Preis gegeben seyn sollte.
                           Da durch den Bau der neuen Bruͤke die Schifffahrt auf dem Flusse
                              beeintraͤchtigt wurde, so fand man es bald fuͤr noͤthig, zwei
                              der kleineren Bogen an jeder Seite der alten Bruͤke in Einen zu verwandeln.
                              Die Leichtigkeit und Schnelligkeit, mit welcher dieß geschah, gab einen sehr
                              lehrreichen Commentar uͤber die Zweifel, die fruͤher uͤber die
                              Thunlichkeit dieses Vorschlages erhoben worden waren. Der gewoͤhnliche
                              Verkehr wurde naͤmlich durch diesen Bau nicht ein Mal unterbrochen; die
                              schwersten Lasten gingen uͤber die Bruͤke, und Schiffe segelten unter
                              derselben durch, waͤhrend der ganze Charakter zweier großer Theile dieses
                              Gebaͤudes wesentlich veraͤndert wurde. Der Fahrweg wurde zuerst
                              eingeengt, die eine Haͤlfte desselben auf ein Mal weggenommen, und Raum
                              fuͤr die Aufnahme eines queren eisernen Bindebalkens geschafft. Auf diesen
                              Bindebalken wurde von den aͤußeren Pfeilern der beiden Bogen eine Reihe
                              massiver hoͤlzerner Hauptbalken gelegt, welche, nicht wie an Daͤchern,
                              in Zwischenraͤumen gelegt, sondern von einer Seite des Fahrweges bis zur
                              anderen fest aneinander gebolzt wurden, so daß sie eine ununterbrochene gezimmerte
                              Flaͤche bildeten. Ueber dem Bindebalken wurde das eingesezt, was man
                              fuͤglich die Unterlage oder die Rippe fuͤr die Bodenbretter (brest-summer) nennen kann, und in welche in
                              Zwischenraͤumen Hoͤlzer eingezapft wurden, die einer festen Dielung,
                              auf welche das Pflaster, so wie es fruͤher war, gelegt wurde, als
                              Stuͤze dienten. Die Staͤrke dieser Zimmerung wurde noch durch eine
                              Anzahl Gegenhauptbalken vermehrt, indem einige der Bruͤstungen fest mit
                              einander verbunden wurden, andere aber einen Zwischenraum von ihrer eigenen Breite
                              zwischen sich ließen. – Nicht weniger merkwuͤrdig, als die sinnreiche
                              Idee und die Geschiklichkeit ihrer Ausfuͤhrung, war die Schnelligkeit, mit
                              der dieser Bau betrieben wurde: in nicht mehr als 6 Wochen war derselbe
                              naͤmlich gaͤnzlich vollendet.
                           Die Erbauung der hoͤlzernen Lehrbogen, durch welche die Bogen waͤhrend
                              des Baues gestuͤzt werden sollten, bildete eine andere große Schwierigkeit
                              bei dieser großen Unternehmung. Alle Bogen koͤnnen bis zu einer Neigung von
                              30º ohne alle Lehrbogen getrieben werden; denn bei diesem Winkel werden die
                              Gewoͤlbsteine nicht aus der Stellung gleiten, in welche sie gebracht werden,
                              sondern bloß gegen einander druͤken. So wie sich aber die Steine mehr und
                              mehr der senkrechten Stellung naͤhern, so nimmt ihre Gravitationskraft zu, und sie
                              muͤssen durch Lehrbogen von gehoͤriger Staͤrke gestuͤzt
                              werden. Diese Gravitation muß an solchen Bogen, welche, wie jene an der neuen
                              London-Bruͤke, sehr flache Ellipsen bilden, noch viel groͤßer
                              seyn, als an anderen Bogen, und erfordert um so mehr Beachtung, als es gerade bei
                              dieser Art von Bogen von der hoͤchsten Wichtigkeit ist, daß auch nicht ein
                              einziger der Gewoͤlbsteine auch nur im Geringsten von seiner
                              gehoͤrigen Stellung abweiche. Es waren mithin hier Lehrbogen von mehr als
                              gewoͤhnlicher Staͤrke noͤthig, deren einzelne Theile so genau
                              vertheilt waren, und sich so genau das Gleichgewicht hielten, daß auch nicht die
                              geringste Veraͤnderung ihrer Form Statt finden konnte.
                           Der erste Bogen wurde am 4. August 1827 geschlossen, und zugleich waren die anderen
                              Bogen schon so weit vorgeruͤkt, daß am 19. November 1828 der lezte Bogen
                              geschlossen wurde.
                           In dem Maße als die Bruͤke sich ihrer Vollendung naͤherte, zeigte sich
                              sowohl dem Publicum, als der Buͤrgerschaft die Nothwendigkeit, die
                              Zugaͤnge zu der Bruͤke, die wir oben in ihrer ganzen
                              Unzwekmaͤßigkeit geschildert haben, zu aͤndern. Die Baumeister
                              derselben befanden sich gewisser Maßen in der Lage derjenigen, die große
                              Gebaͤude aufgefuͤhrt, und die Stiege in denselben vergessen
                              haben.Sollte der Ruf einiger unserer Architekten bis nach England erschollen, und
                                    dieß eine Anspielung auf dieselben seyn? Oder besizt England eben solche
                                    Genie's wie wir? A. d. Ueb. Es wurden zur Abhuͤlfe dieses Uebelstandes Plane ohne Ende
                              eingegeben, die saͤmmtlich verworfen oder wenigstens nicht angenommen wurden,
                              und unter denen sich vorzuͤglich jene der HH. Allen, Gwilt, Jeffreys und Lund auszeichneten. Wie viel diese Plane zur
                              besseren Belehrung der Buͤrgerschaft beitrugen, und ob es richtig ist, daß
                              Hr. Rennie aus denselben all
                              das Gute copirte, was an seinem Plane ist, wollen wir hier nicht weiter
                              untersuchen.
                           Die einzige Abweichung von dem urspruͤnglichen Plane der eigentlichen
                              Bruͤke, die sich Hr. Rennie erlaubte, bestand darin, daß er den Fahrweg auf der
                              Bruͤke um 6 Fuß breiter, und die Landpfeilerbogen um 2 Fuß hoͤher
                              machte. Die groͤßere Breite des Fahrweges wurde vom Publicum gefordert, und
                              auch so nuͤzlich befunden, daß die Lords der Schazkammer befahlen, daß die
                              dadurch entstandene Vermehrung der Kosten um 42,000 Pfd. aus dem
                              oͤffentlichen Fond bestritten werden soll. Die Erhoͤhung der
                              Landpfeilerbogen fand Hr. Rennie zur groͤßeren Sicherheit und zur vollkommneren
                              Proportion der Bruͤke noͤthig.
                           
                           Am lezten Julius 1831 war die Bruͤke endlich vollendet; ihr Bau dauerte 7
                              Jahre 5 Monate und 13 Tage. Die Waterloo-Bruͤke wurde innerhalb 6
                              Jahren erbaut, allein auch unter viel geringeren localen Schwierigkeiten. Die
                              Blackfriars- und Westminster-Bruͤken brauchten beide 11 Jahre
                              zu ihrer Vollendung, woraus die Fortschritte in der Kunst Bruͤken zu bauen,
                              und in dem Betriebe der Arbeit selbst waͤhrend des lezten halben Jahrhunderts
                              deutlich hervorgehen. Es ist wohl nicht noͤthig etwas zum lobe dieser
                              Bruͤke zu sagen: sie uͤbertrifft nicht nur alle uͤbrigen
                              Bruͤken uͤber die Themse, sondern unter allen Bruͤken unseres
                              Erdballes duͤrfte ihr keine an die Seite gestellt werden koͤnnen. Sie
                              befriedigt den Volkssinn, die Anforderungen der Wissenschaft und der Kunst auf's
                              Vollkommenste, und gestattet nirgendwo einen Tadel. Ihre Vorzuͤge liegen in
                              dem Großartigen ihres Baues und in ihrer Einfachheit, die jede
                              uͤberfluͤssige Verzierung von sich wies.
                           Die Bruͤke hat, wie bereits gesagt worden, 5 halb-elliptische Bogen,
                              von denen der kleinste groͤßer ist, als der groͤßte steinerne Bogen,
                              welcher je erbaut wurde. Der mittlere Bogen hat eine Spannung von 152 Fuß mit einer
                              Hoͤhe von 29 Fuß 6 Zoll uͤber dem Hochwasser-Stande; die beiden
                              naͤchsten Bogen haben eine Spannung von 140 Fuß und eine Hoͤhe von 27
                              Fuß 6 Zoll, und die beiden Bogen an den Widerlagern eine Spannung von 130 Fuß und
                              eine Hoͤhe von 24 Fuß 6 Zoll. Bisher wurden die Blackfriars- und
                              Waterloo-Bruͤken fuͤr die groͤßten elliptischen
                              steinernen Bruͤken gehalten; nun ist aber der mittlere Bogen der ersteren um
                              die Haͤlfte, und jener der Westminster-Bruͤke um den vierten
                              Theil kleiner, als der mittlere Bogen der neuen London-Bruͤke.
                           Fig. 8 zeigt
                              die Form und Groͤße der Kruͤmmung, welche der mittlere Bogen dieser
                              drei Bruͤken beschreibt, woraus der Vorzug der neuen Bruͤke am
                              schoͤnsten hervorgeht. AA ist die
                              Kruͤmme des Blackfriars-Bogens, BB
                              jene des Waterloo-Bogens, und CC jene des
                              Bogens der neuen London-Bruͤke.Der der Zeichnung beigefuͤgte Maßstab ist etwas fehlerhaft, was jedoch
                                    auf die Vergleichung kaum einen merklichen Einfluß hat: er sollte
                                    naͤmlich in 152 Fuß getheilt seyn, da die wirkliche Spannung des
                                    mittleren Bogens der neuen Bruͤke 152 und nicht 150 Fuß
                                    betraͤgt. A. d. O.
                              
                           Die Pfeiler, auf denen diese großartigen Bogen ruhen, haben eine rechtekige Form, und
                              sind ganz solid, ohne im Mindesten schwerfaͤllig auszusehen. Die bedeutende
                              Verminderung im ganzen Mauerwerke, welche durch die Annahme der
                              halb-elliptischen Kruͤmmung der Bogen bewirkt wurde, machte es dem
                              Architecten moͤglich, die Dike der Pfeiler weit uͤber die
                              gewoͤhnlichen Verhaͤltnisse hinaus zu vermindern. An der
                              Westminster-Bruͤke betraͤgt naͤmlich die Dike der
                              Pfeiler den vierten Theil der Spannung der Bogen, an der
                              Blackfriars-Bruͤke macht sie den fuͤnften Theil derselben aus,
                              und an der neuen London-Bruͤke kaum den sechsten. Die Basen der
                              Pfeiler haben eine kreisfoͤrmige, kegelfoͤrmig zulaufende Form, und
                              ragen frei in den Strom; ihre From vertraͤgt sich daher sehr gut mit der
                              wogenden Wasserflaͤche, und entfernt auch den unangenehmen Eindruk, den die
                              rechtwinkelige Form und die steife Ebenheit der Pfeiler gemacht haben
                              wuͤrde.
                           Laͤngs des oberen Theils der Bruͤke laͤuft ein einfaches
                              Sparrenkopf-Karnieß (modillion cornia), welches
                              die Linie des Fahrweges von Außen anzeigt, und auf welchem sich eine geschlossene
                              Brustwehre befindet, die wie die Scamilli der Alten in 2 Hoͤhen
                              zuruͤktritt. Als es bekannt wurde, daß die Bruͤke keine offene
                              Ballustrade erhalten sollte, sagte man allgemein, daß die einfachen
                              Steinbloͤke das Ganze duͤster und schwerfaͤllig machen
                              wuͤrden; gegenwaͤrtig scheint man aber durch die gute Wirkung
                              derselben uͤberzeugt worden zu seyn, daß sich die zwergartigen Saͤulen
                              und die kleinen Gukloͤcher der offenen Ballustraden, denen bisher der Vorzug
                              gegeben wurde, sehr schlecht mit den riesenhaften Pfeilern und Bogen eines solchen
                              Baues vertragen. Die Brustwehre ist uͤbrigens bloß 4 Fuß hoch, so daß die
                              Fußgaͤnger leicht uͤber dieselbe weg sehen koͤnnen.Fig. 9
                                    und 10 zeigen den Grund- und Aufriß der Bruͤke.
                              
                           Die Fahrstraße oder die obere Flaͤche der Bruͤke bildet einen Abschnitt
                              eines sehr großen Kreises, indem sie in 132 Fuß nur um Einen Fuß steigt. Die
                              Erhoͤhung der Pfeiler um 2 Zoll, wie sie von Sir John Rennie veranstaltet wurde, hat sehr viel dazu beigetragen, daß die Straße
                              ebener wurde, und dieß scheint uns auch der Hauptzwek zu seyn, welchen er bei dieser
                              Erhoͤhung im Auge hatte.
                           Die Landpfeiler sind an der Basis 73 Fuß breit, und laufen nach
                              Ruͤkwaͤrts aus einander. Laͤngs derselben laufen 2 Stiegen von
                              22 Fuß Breite, die vom und zum Wasser fuͤhren.
                           Die Berechnungen, nach welchen jeder Theil dieser Bruͤke belastet ist, waren
                              so genau, und die Genauigkeit, mit welcher jeder Stein bearbeitet und gelegt worden,
                              so groß, daß die Senkung, welche bei allen derlei Bauten Statt findet, hier
                              unerhoͤrt gering war. Der mittlere Bogen senkte sich bloß um 2 Zoll, die
                              beiden naͤchsten um 2 1/4 und die Bogen an den Landpfeilern nur um 2 Zoll.
                              Die Senkung an der Waterloo-Bruͤke, welche damals fuͤr
                              wunderbar gering gehalten wurde, betrug 5 Zoll.
                           
                           Die ganze Breite der Wasserfahrstraße zwischen den Bogen betraͤgt zu allen
                              Zeiten der Ebbe und Fluch 690 Fuß, und mithin um 66 Fuß mehr, als die alte
                              London-Bruͤke bei hoͤchster Fluth gewaͤhrte. Die ganze
                              Laͤnge der Bruͤke, von den aͤußersten Enden der Landpfeiler an,
                              betraͤgt 928 Fuß; innerhalb der Landpfeiler belaͤuft sich die
                              Laͤnge auf 782 Fuß. Der Weg zwischen den Brustwehren ist 53 Fuß breit, und
                              mithin um 8 Fuß breiter als er an der alten Bruͤke war, und um 11 Fuß
                              breiter, als er an irgend einer anderen Bruͤke uͤber die Themse ist.
                              Jeder der Fußwege ist 9 Fuß, der Fahrweg 35 Fuß breit.
                           Die ganze Bruͤke, sammt den trokenen Bogen uͤber die Thames- und
                              Tooley-Straßen, ist aus dem schoͤnsten Granite aus den
                              Steinbruͤchen von Aberdeen, Heytor und Penryn erbaut. Die Bogen, uͤber
                              welche an beiden Seiten die Zugaͤnge gefuͤhrt sind, sind, mit Ausnahme
                              der beiden oben erwaͤhnten, aus Ziegelsteinen erbaut. Die Menge der Steine,
                              welche bei dem ganzen Baue verbraucht wurden, belaͤuft sich auf 120,000
                              Tonnen. Das Sprengen der Steine in den Steinbruͤchen, das Aufladen,
                              Fuͤhren, Zurichten und Sezen der Steine, sammt mehreren anderen, mit dem Baue
                              verbundenen Arbeiten beschaͤftigte, waͤhrend der ganzen Zeit des
                              Baues, taͤglich 800 Menschen.
                           Die Summe, fuͤr welche die HH. Joliffe und Bankes die Bruͤke und die Zugaͤnge herzustellen
                              uͤbernahmen, belief sich auf 426,000 Pfd. Fuͤr Erweiterung der Bogen
                              der alten Bruͤke wurden denselben 30,000 Pfd. bewilligt; fuͤr das
                              Erbauen der Lehrbogen eigens 8000 Pfd.; und endlich dafuͤr, daß die
                              Bruͤke um 6 Fuß breiter gemacht wurde, als es urspruͤnglich im Plane
                              lag, 42,000 Pfd. Die Erbauungskosten der Bruͤke belaufen sich mithin bloß auf
                              506,000 Pfd.; und obschon auch bei diesem Baue, wie gewoͤhnlich, einige
                              Summen fuͤr das in Anspruch genommen werden, was außer dem Contracte lag, so
                              sollen diese, wie wir hoͤren, doch sehr gering seyn.
                           Welche Wirkungen die Erweiterung dere Wasserstraße nun hervorbringen wird, daruͤber wird sich erst nach
                              Entfernung der alten Bruͤke mit Sicherheit sprechen lassen. Jedoch gibt es
                              jezt schon einige Anzeichen, daß die hieruͤber geaͤußerten Besorgnisse
                              nicht ganz ohne Grund sind. Man wird sich erinnern, daß, um die Daͤmmung
                              auszugleichen, welche durch die Kastendaͤmme bei Erbauung der Bruͤke
                              erzeugt wurde, an jeder Seite der alten Bruͤke 2 Bogen in Einen verwandelt
                              wurden. Als nun diese Kastendaͤmme entfernt wurden, zeigte sich, daß der Fall
                              bei der Bruͤke bereits um 15 Zoll vermindert worden, und daß das Wasser bei
                              Springfluthen um 2 Fuß hoͤher stieg, als sonst je. Wenn nun schon diese
                              theilweise Verminderung des alten Dammes solche Folgen hatte, welche Wirkung wird erst die
                              gaͤnzliche Entfernung desselben nach sich ziehen? Wenn schon fruͤher
                              bei hohen Springfluthen, wie im December 1821, alle ober der Bruͤke gelegenen
                              Ufer so uͤberschwemmt wurden, daß die Mauern kaum Widerstand zu leisten
                              vermochten, und die Communication nur in Bothen unterhalten werden konnte, was wird
                              erst jezt in solchen Faͤllen geschehen? Wir hoffen, daß Alles dieß
                              wohl-uͤberdacht werden wird, ehe man einen so maͤchtigen Fluß,
                              wie die Themse aller seiner alten Fesseln entledigt, und ehe man die niedrigen und
                              ungeschuͤzten Ufer, die in der Ueberzeugung bevoͤlkert und bebaut
                              wurden, daß man den Fluß in dem Zustande lassen werde, in welchem er sich
                              Jahrhunderte lang befand, den Fluchen Preis gibt. – Erhoͤht Eure
                              Mauern und Waͤlle, antwortete man den Uferbewohnern auf ihre Vorstellungen.
                              Dieß waͤre wohl ein sicheres Mittel; allein nach wie langer Zeit, nach wie
                              vielen Ueberschwemmungen, und nach wie vielen Verlusten duͤrfte dieß erst
                              erreicht werden, wenn dieser Plan nicht allgemein an beiden Ufern befolgt wird?
                              Duͤrften die Uferbewohner nicht mit mehr Recht sagen: wenn ihr einen Damm
                              zerstoͤrt, der uns Jahrhunderte lang Schuz gewaͤhrte, so
                              koͤnnen wir auch von euch erwarten, daß ihr einige Fluththore zwischen uns
                              und jenen zerstoͤrenden Fluthen anbringt, mit welchen ihr uns bedroht?Wir haben schon oben uͤber die Thunlichkeit dieses Vorschlages
                                    gesprochen, und wollen hier nur noch den Vorschlag des Hrn. Isaac Summer im Mechanic's Magazine Vol. XII. S. 453
                                    anfuͤhren. Dieser sagt naͤmlich: Ich meine, daß es, um den
                                    befuͤrchteten Gefahren vorzubeugen, gut seyn duͤrfte, beim
                                    Abbrechen der alten Bruͤke 5 oder 6 der alten Pfeiler und
                                    Gegenpfeiler in beinahe gleichen Entfernungen von einander stehen zu lassen,
                                    um, wenn es noͤthig seyn sollte unter der neuen Bruͤke
                                    Schleußenthore anzubringen, doch gleich einige Pfeiler fertig zu haben, die
                                    sich nach einigem Behauen und Formen als eine wesentliche Basis hiezu
                                    verwenden ließen. Um bei Nacht alles Ungluͤk zu vermeiden,
                                    koͤnnten diese Pfeiler bei Nacht gehoͤrig beleuchtet werden;
                                    am Tage wuͤrden sie ohnedieß keinen Nachtheil bringen. A. d. O.
                              
                           Aber nicht bloß von der Fluth allein, sondern auch von der Ebbe drohen uns nicht
                              geringere Gefahren, wenn die Schifffahrt bei jeder Ebbe 1 oder 2 Stunden
                              unterbrochen, die Grundlagen aller uͤbrigen Bruͤken, so wie viele der
                              Daͤmme und Haͤuser an dem Ufer untergraben, und die Menge des
                              Verderben aushauchenden Schlammes vermehrt werden sollten.
                           Die Curatoren der Westminster-Bruͤke scheinen die einzigen zu seyn,
                              welche die Gefahr, die in Folge dieser Veraͤnderungen dem ihnen anvertrauten
                              Baue droht, gehoͤrig wuͤrdigen; sie sind eifrig beschaͤftigt,
                              deren Pfeiler auszubessern, und auf jede, der Kunst zu Gebot stehende Weise zu befestigen.
                              Das Schiksal der Blackfriars-Bruͤke scheint uns bereits unterschrieben
                              zu seyn; sie wurde so lange Zeit uͤber und so schaͤndlich
                              vernachlaͤssigt, daß sie ihrem Ruine entgegengeht, und daß man glauben
                              sollte, es habe sich gar Niemand um deren Erhaltung zu kuͤmmern.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
