| Titel: | Einfache Methode, um Waaren auf Eisenbahnen durch Dampfwagen über schiefe Flächen zu bringen, wodurch die Eisenbahnen auf gewöhnlichen Straßen mit unregelmäßigen Nivellirungen anwendbar werden. | 
| Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. LXXXI., S. 340 | 
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                        LXXXI.
                        Einfache Methode, um Waaren auf Eisenbahnen durch
                           Dampfwagen uͤber schiefe Flaͤchen zu bringen, wodurch die Eisenbahnen auf
                           gewoͤhnlichen Straßen mit unregelmaͤßigen Nivellirungen anwendbar
                           werden.
                        Methode, um Waaren auf Eisenbahnen uͤber schiefe
                           Flaͤchen zu bringen etc.
                        
                     
                        
                           Es ist ganz natuͤrlich, daß auf einer glatten Eisenbahn bei etwas starker
                              Neigung derselben gegen eine Hoͤhe, ein Dampfwagen nicht einmal sich selbst,
                              viel weniger andere Lasten fortschaffen kann, weil der Widerstand der Schwere in
                              einem weit hoͤheren Verhaͤltnisse zum Widerstand der Reibung steht. Um
                              die Ungleichheit des Terrains so viel als moͤglich auszugleichen, mußte man
                              daher bei den bis jezt errichteten Eisenbahnen zu Terrassirungen, Tunnels und
                              verschiedenen Kunstwerken seine Zuflucht nehmen, deren Kosten oft eilf Zwoͤlftel der Gesammtkosten der eigentlichen
                              Bahn und ihrer Legung ausmachten. An manchen Orten sind aber die Terrainhindernisse
                              noch viel groͤßer und lassen sich nicht so leicht besiegen, wenigstens nicht
                              mit diesen Kosten, z.B. im Gebirge selbst, wenn man Berge von erster oder zweiter
                              Formation auf dem vorgeschriebenen Wege hat.
                           Um die Eisenbahnen am Rande der gewoͤhnlichen Straßen errichten zu
                              koͤnnen, und die Hindernisse zu beseitigen, welche die verschiedenen
                              Abhaͤnge nothwendig mit sich fuͤhren, schlage ich folgendes Verfahren
                              vor: Man versehe die Dampfwagen mit Doppelraͤdern, deren einer Theil glatt, der andere aber gezahnt ist, wie ein Stirnrad. Der
                              glatte Theil des Rades koͤnnte ungefaͤhr 6 Zoll uͤber den
                              gezahnten hervorragen und wie bisher auf der glatten Schiene laufen, so lange die
                              Neigung der Bahn nicht bedeutend ist; wenn es aber bergan geht, soll der gezahnte
                              Theil des Rades in Function treten, indem die Bahn an diesen Stellen eine
                              ungefaͤhr 6 1/2 Zoll hoͤhere, uͤber die glatte hervorstehende,
                              ebenfalls gezahnte Schiene hat, in welche nun die Raͤder mit ihren gezahnten
                              Theilen zu Folge der Hoͤhe der gezahnten Bahn eingreifen.
                           So gewiß als zwei glatte Raͤder, wenn sie an irgend einer Maschine einen
                              Widerstand uͤberwinden sollen, dieses ungeachtet allen Kraftaufwandes nicht
                              vermoͤgen, so wenig kann ein glattes Rad auf einer glatten Schiene ihn
                              uͤberwinden, wie es die taͤgliche Erfahrung lehrt; aber so gewiß als
                              man mit zwei Stirnraͤdern jeden Widerstand besiegen kann, wenn Alles im
                              gehoͤrigen Verhaͤltnisse steht, wird es auch das gezahnte Rad des
                              Wagens auf der gezahnten Bahn vermoͤgen.
                           Nun lassen sich aber zwei Fragen aufwerfen. 1) Wird der Dampfwagen alle
                              angehaͤngten Lastwagen bergauf ziehen koͤnnen? und 2) was ist zu thun,
                              wenn die Bahn bergab geht, besonders wenn der Berg steil ist?
                           Ueber die erste Frage bemerke ich Folgendes: wenn der
                              Huͤgel oder Berg ein Plateau hat, das geraͤumig genug ist, um sechs,
                              acht oder zehn an den Dampfwagen angehaͤngte Lastwagen aufzunehmen (welches
                              doch meistens entweder vorhanden ist, oder ohne großen Kostenaufwand hergestellt
                              werden kann), so koͤnnen alle Lastwagen an dem Dampfwagen angehaͤngt
                              bleiben; je nach dem Steigen des Berges wird der Dampfwagen dann langsamer oder
                              geschwinder gehen, was Versuche ergeben werden. Sollte aber kein solches Plateau
                              vorhanden seyn, so muͤßte am Hintertheile des einen oder anderen Wagens ein
                              Haspel mit einem. Seile angebracht werden, welches man ablaufen laͤßt und das
                              sich durch die Fortbewegung der vorderen Wagen von selbst abhaspelt, und zwar von
                              der Laͤnge, bis der Dampfwagen sammt den uͤbrigen Wagen, welche auf
                              dem Plateau Plaz haben, sich auf demselben befindet; vom Augenblike des
                              Abwaͤrtslaufens an, wird dann der Haspel gesperrt, wodurch die
                              zuruͤkgebliebenen Wagen nachgezogen werden. Man laͤßt das Seil hierauf
                              wieder (waͤhrend der Fahrt vielleicht) aufhaspeln, wodurch die anderen Wagen
                              herbeigezogen werden. Es wuͤrde demnach natuͤrlich bloß der Dampfwagen
                              gezahnte Raͤder haben. Auch brauche ich nicht zu bemerken, daß eine doppelte
                              Eisenbahn fuͤr die Hin- und Ruͤkfahrt rathsam ist. Man wird
                              endlich auch zur Winterszeit wenigstens denjenigen Theil der Eisenbahn, wo sich
                              gezahnte Schienen befinden, mit einem Dach versehen muͤssen, damit sie stets
                              in brauchbarem Zustande erhalten wird.
                           In Betreff der zweiten Frage bemerke ich, daß wenn der
                              Berg nicht besonders steil ist, man den Dampfwagen ohne Bedenken auf der glatten
                              Bahn wird hinabrollen lassen koͤnnen; waͤre er aber sehr steil, dann
                              muͤßten zwei oder drei Raͤder gesperrt werden, um durch die Reibung
                              den noͤthigen Widerstand hervorzubringen. Indessen duͤrfte dieses nur
                              selten der Fall seyn, da, wenn nichts auf der Bahn liegt, selbst beim schnellsten
                              Rollen des Wagens und bei ganz eisernen Achsen und Raͤdern, ferner bei der
                              geringen Erschuͤtterung, nicht wohl ein Ungluͤk sich ereignen
                              koͤnnte.
                           
                           Da einige geistreiche Mechaniker, besonders bei den englischen Eisenbahnen in der
                              lezteren Zeit so Außerordentliches geleistet haben, so zweifle ich nicht, daß sich
                              die wenigen Hindernisse, auf welche man bei Anlegung einer Eisenbahn nach meinem
                              Princip stoßen duͤrfte, leicht werden beseitigen lassen, und daß durch dieses
                              Princip in Zukunft die Eisenbahnen-Unternehmer ungeheure Summen werden
                              ersparen koͤnnen.
                           
                              C. F. St. in M. . . . n.