| Titel: | Ueber die Anlegung von Obstgärten. Vom Verfasser des Domestic Gardener's Manual. | 
| Fundstelle: | Band 44, Jahrgang 1832, Nr. XLVIII., S. 224 | 
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                        XLVIII.
                        Ueber die Anlegung von Obstgaͤrten. Vom
                           Verfasser des Domestic
                              Gardener's Manual.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions,
                              Supplement, Januar 1832, S. 415.
                        Ueber die Anlegung von Obstgaͤrten.
                        
                     
                        
                           Ein Correspondent des Repertory, J. S. B. bezeichnet, hat
                              vor KurzemVergl. Polyt. Journal Bd. XLII. S.
                                       424.A. d. R. einige sehr richtige praktische Beobachtungen uͤber das Beschneiden
                              der Obstbaͤume mitgetheilt. Ich will mich hier nicht auf das Gebiet dieses,
                              wie mir scheint, sehr tuͤchtigen Pomologen einlassen, sondern glaube dem
                              Publicum, nachdem es uͤber die Erneuerung alter oder schadhafter
                              Baͤume unterrichtet worden, einen Gefallen zu erweisen, wenn ich ihm in
                              Kuͤrze die Grundsaͤze vorlege, nach welchen bei der Anlage neuer
                              Obstgaͤrten verfahren werden soll, wenn man sowohl fuͤr den
                              Hausgebrauch, als fuͤr die Tafeln und fuͤr die
                              Cider-Fabrikation Fruͤchte von der ersten Sorte hervorbringen
                              will.
                           Die erste und vorzuͤglichste Beruͤksichtigung verdient der Boden; denn wird diese vernachlaͤssigt, oder nicht
                              mit gehoͤriger Sorgfalt vorgenommen, so kann man nie bleibende gute Resultate
                              gewaͤrtigen.
                           Die Qualitaͤt des Bodens ist eine Untersuchung von groͤßter
                              Wichtigkeit, da jede Art von Baͤumen ihr bestimmtes Erdreich hat, in welchem
                              sie am besten und uͤppigsten gedeiht. Da jedoch die Aepfel- und
                              Birn-Baͤume die vorzuͤglichsten Bestandtheile unserer
                              Obstgaͤrten bilden, so will ich meine Bemerkungen lediglich auf diese
                              beschraͤnken, und nur ganz kurz bemerken, daß wenn man Kirschen- und
                              Pflaumen-Baͤume pflanzen will, fuͤr diese der Boden etwas
                              leichter und weniger lettig seyn muß, als fuͤr Aepfel- und
                              Birn-Baͤume. Hat man daher im Sinne, Kirschen- und
                              Pflaumen-Baͤume zum Hauptgegenstande des Obstgartens zu machen, so
                              wird es weit besser seyn, gleich einen mehr sandigen Theil des Bodens hiezu zu
                              bestimmen.
                           Der fuͤr das Kernobst (Aepfel und Birnen) vortheilhafteste und tauglichste
                              Boden ist ein starker, zwei bis drei Fuß tiefer, und auf einer Kalkunterlage ruhender
                              Lehmboden. Der Kalk ist das beste natuͤrliche Mittel zum Ableiten des
                              Wassers; auf ihm kann kein Wasser stehen bleiben; wo er ist, wird man daher nichts
                              von den Gefahren zu befuͤrchten haben, welche sumpfige Unterlagen beinahe
                              immer mit sich bringen. Nichts desto weniger behaͤlt der Kalk, in Folge der
                              Verwandtschaft seiner Theilchen mit dem Wasser, bestaͤndig einen gewissen
                              Grad von Feuchtigkeit, die er dem uͤber ihm gelegenen Boden in dem Maße der
                              Aufsaugungs-Thaͤtigkeit der Wuͤrzelchen der Baͤume
                              abgibt. Von diesen Eigenschaften des Kalkes kommt es auch her, daß die Pflanzen und
                              Baͤume, die auf einem Boden mit kalkiger Unterlage wachsen, selbst in
                              trokenen Jahreszeiten jenes schoͤne Gruͤn behalten, welches man selten
                              in diesem Grade trifft, wenn die Unterlage aus undurchdringlichem Thone oder
                              poroͤsen, fressenden Kiese besteht, wenn auch der oben aufliegende Boden von
                              Natur aus, oder in Folge der Kunst noch so gut ist.
                           Es gibt aber verschiedene Arten von Lehmboden: fuͤr
                              den Apfel- und Birn-Baum ist der beste und geeignetste der sogenannte
                              reiche Lehmboden. Dieser Boden enthaͤlt
                              wenigstens zum vierten Theile thonige oder thonerdige Substanzen, meistens in
                              Verbindung mit mehr oder weniger Kalk und einigen okerigen oder
                              eisenschuͤssigen Theilchen, eine bedeutende Menge Quarzsandes und zersezte
                              vegetabilische Substanzen. Ein Boden dieser Art ist, wenn er zwei Fuß Tiefe hat,
                              nicht gering zu schaͤzen. Er wird fest, und in Bezug auf seine allgemeine
                              Textur in gutem Zustande seyn; bei einem mittleren Grade von Feuchtigkeit sich aber
                              leicht zerbrechen und puͤlvern lassen. Ein gewisser Grad von Weichheit oder
                              Geschmeidigkeit ist eine sehr wesentliche Eigenschaft; denn wenn die thonigen
                              Bestandtheile so haͤufig sind, daß der Boden, wenn er naß wird, ganz
                              zaͤh und klebrig ist, so wird er beim Troknen große Schollen bilden und sehr
                              hart werden. In einen solchen Boden nun wird man kaum Obstbaͤume mit Vortheil
                              pflanzen koͤnnen, indem der Boden nicht so frei gemacht werden kann, daß er
                              mit den zarteren und feineren Wuͤrzelchen in innige Beruͤhrung kommt.
                              Im Allgemeinen ist das feine, braune oder schwaͤrzliche Erdreich, welches man
                              unter den Rasen der Wiesen so haͤufig findet, fuͤr die Anlage von
                              Obstgaͤrten aͤußerst guͤnstig; es ist naͤmlich
                              gewoͤhnlich sanft, fest, leicht zu behandeln, von Natur aus mit
                              vegetabilischen Stoffen geduͤngt, und daher reich und nicht durch
                              kuͤnstliche Mittel reizend.
                           Nach der Beruͤksichtigung des Bodens kommt zunaͤchst die Zubereitung des Stuͤk Landes, welches zum
                              Obstgarten bestimmt ist, in Betracht. War dasselbe naͤmlich mit
                              Gebuͤsch uͤberwachsen, oder befinden sich viele Wurzeln von
                              Baͤumen in ihm, so muß es gehoͤrig ausgerodet und gereinigt werden.
                              Diese Arbeit kann vielleicht zugleich waͤhrend des Aufgrabens des Bodens
                              geschehen. Dieses Aufgraben oder Umgraben ist durchaus unerlaͤßlich und
                              unbedingt nothwendig, wenn man eine bleibende Fruchtbarkeit des Landes bewirken
                              will; es kann auf zweierlei Weise geschehen. Die erste und einfachste Methode ist
                              die, nach welcher die Oberflaͤche des Bodens ganz umgestuͤrzt wird;
                              diese kann uͤberall befolgt werden, wo der Boden 20 Zoll oder 2 Fuß tief von
                              gleicher Guͤte und Beschaffenheit ist. Sezen wir z.B., daß man einen halben
                              Aker Landes hat, dessen Boden unter dem Rasen gesund, reich und von
                              gehoͤriger Tiefe ist, so koͤnnte das Aufgraben auf folgende Weise
                              geschehen. Man messe das Land in Streifen von 5 Yards Breite aus, und bezeichne dann
                              die Graͤben oder Beete (trenches), welche quer
                              durch diese Streifen gezogen werden, und 2 Fuß breit seyn muͤssen. Nachdem
                              man dann diese Beete mit a, b, c, d etc. bezeichnet,
                              nehme man zuerst den Rasen von a ab, und fuͤhre
                              ihn außer der Graͤnze des Streifens in einen Haufen zusammen. Dann grabe man
                              alle Erde dieses Beetes a 2 Fuß tief aus, und
                              fuͤhre dieselbe gleichfalls zuruͤk. Wenn dieß geschehen, so grabe und
                              hake man die Erde am Grunde des Beetes auf, und lege dann auf diesen Grund den Rasen
                              des Beetes b so, daß das Gras nach Abwaͤrts
                              gekehrt ist. Auf dieses Rasenlager streue man etwas Kochsalz in einem solchen
                              Verhaͤltnisse, daß wenigstens ein Pfund auf das Beet kommt. Dadurch wird
                              naͤmlich 2 Fuß unter der Oberflaͤche ein Herd von vegetabilischem
                              Duͤnger gelegt. Nun grabe man die Erde des Beetes b 2 Fuß tief aus, und fuͤlle damit das Beet a, so daß a wieder gefuͤllt, b hingegen leer wird; behandle den Grund von b wie jenen von a, und fahre
                              so durch alle Beete fort. Das lezte derselben wird mit dem von a ausgegrabenen Rasen und Erdreiche gefuͤllt.
                              Sehr haͤufig und gewoͤhnlich ist jedoch die Erde 10 bis 12 Zoll unter
                              dem Rasen schlechter, als unmittelbar unter demselben: in diesem Falle muß nun das
                              Ausgraben auf eine andere Art geschehen, damit die reiche gute Erde oben bleibe.
                              Diese Methode ruͤhrt, wie ich glaube, von Cobbett
                              her, dem ich zwar im Allgemeinen beistimme, an dessen Vorschriften ich mich jedoch
                              nicht gar zu streng halte.
                           Bei jenem Auf- oder Umgraben, bei welchem der obere Theil des Bodens auch oben
                              erhalten werden soll, behalte ich nun das Belegen des Grundes eines jeden Beetes mit
                              Rasen, das Salzen desselben, so wie das Messen der Streifen und das Bezeichnen der
                              Beete, so wie ich es oben beschrieben habe, bei, verfahre hiebei aber doch etwas
                              verschieden. Statt daß ich naͤmlich a aus b mit Rasen belege und ausfuͤlle, fuͤhre
                              ich den Rasen und die obere Erdschichte von b hinter den Streifen; die
                              obere Erde beider Beete muß gleichfalls in Haufen an einer Seite, aber doch getrennt
                              von der aus der mittleren und unteren Schichte von a
                              genommenen Erde, gebracht werden.
                           Sind diese Vorbereitungen getroffen, so wird a ganz und
                              b zum Theil leer seyn, d.h. es werden 8 Zoll von den
                              24 Zollen seiner Tiefe oder eine Schaufeltiefe von dessen Boden herausgenommen seyn;
                              und hinter dem Streifen werden sich zwei Haufen Rasen, zwei Haufen guten oberen
                              Bodens, und ein Haufen von der unteren Erde des Beetes a
                              befinden. Hienach wird das weitere Verfahren sehr leicht verstaͤndlich
                              seyn.
                           Man grabe nun den Grund des Beetes a auf, lege den Rasen
                              von c umgekehrt auf denselben, seze Salz zu, grabe alle
                              noch in b befindliche Erde bis zur Tiefe von 24 Zoll
                              aus, fuͤhre sie auf a, und duͤnge sie
                              daselbst wenigstens 2 Zoll hoch mit gutem Duͤnger. Dieser Duͤnger
                              soll, wo moͤglich, frisch und ungegohren seyn, und gaͤnzlich
                              eingegraben werden, so daß er gleichsam nur einen Koͤrper mit der Erde
                              ausmacht. Bei diesem Verfahren wird der frische Duͤnger allmaͤhlich
                              zersezt werden, und da er vorher noch keinen seiner chemischen Bestandtheile
                              abgegeben hat, in einer bedeutenden Tiefe unter der Oberflaͤche des Bodens
                              eine bleibende Quelle vegetabilischer Nahrung seyn.
                           Wenn das Beet a so geduͤngt worden, so grabe man
                              den Grund von b auf, belege ihn mit dem Rasen von d, und fuͤlle a aus,
                              indem man die obere Erde von c uͤber das offene
                              Beet b auf den geduͤngten Boden von a fuͤhrt. Nun wird die mittlere und untere Erde
                              von c auf b gebracht und
                              geduͤngt, wie dieß mit der Erde b in a geschah. Auf dieselbe Weise wird dann ein Beet nach
                              dem anderen gefuͤllt, bis zulezt die beiden Endbeete den Rasen und die Erde
                              von a und b in der
                              gehoͤrigen Ordnung erhalten.
                           Jede beliebige Groͤße eines Grundstuͤkes kann nach dieser Methode
                              behandelt werden, und obschon dieses Verfahren langwierig und schwierig scheinen
                              mag, so wird sich doch bei einiger Uebung zeigen, daß es nicht ganz und gar so ist.
                              Ich spreche hier aus Erfahrung, denn ich habe nicht bloß aͤhnliche
                              Operationen geleitet, sondern mich mit meinen jungen Gehuͤlfen denselben zum
                              Theil selbst unterzogen. Ich ließ am Ende des Jahres 1830 und am Anfange des Jahres
                              1831 einen kleinen Flek Landes von beilaͤufig 1/4 Aker, der seit Jahren
                              jaͤhrlich kaum fuͤr 10 Schillinge (6 fl.) an schlechtem Grase eintrug,
                              nach der zweiten, von mir angegebenen Methode bearbeiten, und schon wachsen 50
                              schoͤne junge Apfelbaͤume auf demselben, und schon erntete ich 25
                              Saͤke vortrefflicher Kartoffeln, schwedische Ruͤben und andere
                              Gemuͤse von demselben!