| Titel: | Vorschläge zur besseren Behausung von Arbeitsleuten und Armen in England. Von einem sogenannten Junius Redivivus, und von Hrn. J. C. Loudon. | 
| Fundstelle: | Band 44, Jahrgang 1832, Nr. LVI., S. 258 | 
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                        LVI.
                        Vorschlaͤge zur besseren Behausung von
                           Arbeitsleuten und Armen in England. Von einem sogenannten Junius Redivivus, und von Hrn. J. C. Loudon.
                        Aus dem Mechanics' Magazine N. 434. S. 165 und N. 443
                              S. 322.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Ueber Vorschlaͤge zur besseren Behausung von Arbeitsleuten
                           und Armen in England.
                        
                     
                        
                           I. Vorschlag des Junius
                                 Redivivus.Wir wollten Anfangs nur in einer kurzen Notiz auf diesen Aufsaz aufmerksam
                                    machen, fanden uns aber durch das viele Nuͤzliche, welches er uns zu
                                    enthalten scheint, und welches auch in manchen deutschen
                                    Fabrikstaͤdten, in denen leider das Loos der englischen Arbeiter nach
                                    und nach in verjuͤngtem Maßstabe heranzuruͤken scheint, aller
                                    Beruͤksichtigung verdienen duͤrfte, gedrungen, demselben einen
                                    groͤßeren Raum zu schenken. Wir glauben zwar nicht, daß der Verfasser
                                    seinem Plane jezt schon alle die Vollkommenheit gegeben habe, deren er
                                    faͤhig ist; wir wissen auch, daß schon zu verschiedenen Zeiten
                                    aͤhnliche Vorschlaͤge gemacht und wieder aufgegeben wurden;
                                    allein wir halten uns fuͤr uͤberzeugt, daß dieselben mit der
                                    Zunahme der Industrie und mit der Vermehrung der Bevoͤlkerung doch
                                    endlich in's Leben treten muͤssen, und bei gehoͤriger
                                    Vervollkommnung ihre guten Wirkungen auch nicht verfehlen werden. Die
                                    Regierungen zur Errichtung solcher Anstalten aufzufordern, scheint uns
                                    unnuͤz, ja nachtheilig, so lange dieselben kein freieres und mehr auf
                                    allgemeine Aufklaͤrung und Bildung abzielendes System zur Basis ihres
                                    Wirkens gemacht haben, und so lange ihre hohen und niederen Schreiber bei
                                    jeder Gelegenheit ihre Macht und Wichtigkeit zeigen zu muͤssen
                                    glauben. Moͤchten sich daher Private finden, die einsehen, daß sie
                                    auf diesem Wege, bei ihrem eigenen Vortheile oder wenigstens bei keinem
                                    Nachtheile von ihrer Seite, unendlich Vieles zum Gluͤke und Wohle von
                                    Tausenden ihrer Mitbuͤrger beitragen koͤnnen.A. d. Ueb.
                              
                           Das große Elend, in welchem der groͤßte Theil der Armen und der niederen
                              Arbeitsleute in England lebt: dieses Elend, welches nirgendwo groͤßer seyn
                              kann, als in England, und von welchem sich nur jene einen Begriff zu machen im
                              Stande sind, die dasselbe mit eigenen und etwas menschlichen Augen gesehen haben;
                              dieses Elend, welches mir die vorzuͤglichste Ursache der immer mehr
                              zunehmenden Immoralitaͤt unter dieser Menschenclasse zu seyn scheint, brachte
                              auch mich zum Nachdenken und zu dem Wunsche ein Mittel ausfindig zu machen, wodurch
                              diesem großen, die Wuͤrde und den Koͤrper des Menschen
                              allmaͤhlich zerstoͤrenden, Uebel abgeholfen werden koͤnnte.
                           Die Erwaͤgung aller der Verhaͤltnisse, unter denen diese Leute leben,
                              die Unzwekmaͤßigkeit und Schlechtigkeit der Wohnungen, in denen sie
                              fuͤr ein verhaͤltnißmaͤßig enormes Geld ein Unterkommen finden,
                              welches oft fuͤr das Vieh zu schlecht waͤre, und vorzuͤglich
                              auch der Umstand, daß die Arbeiter nach muͤhsam vollbrachter Tagesarbeit zu
                              Hause, wenn sie unverheirathet sind, nichts zu essen finden, und sich erst an einem
                              dritten Orte um theures Geld eine nur zu oft schaͤdliche und schlechte Nahrung
                              verschaffen muͤssen, und, wenn sie verheirathet sind, statt des Essens oft
                              nur der Klagen und Bitten eines Schwarmes hungriger Kinder theilhaftig werden,
                              fuͤhrte mich zu der Idee, große Gebaͤude, sogenannte Collegien oder
                              Casernen zu errichten, in denen die Arbeiter in Gemeinschaft leben, und mit
                              Leichtigkeit und geringeren Kosten ihre Lebensbeduͤrfnisse erhalten
                              koͤnnten. Ich bin zwar, so wie mehrere meiner Gegner, uͤberzeugt, daß
                              ein solches Zusammenleben, ein solches Casernensystem, nur dann alle seine
                              guͤnstigen Resultate in vollem Maße zeigen kann und wird, wenn dasselbe nicht
                              bloß auf voller Gemeinschaft des Eigenthums, sondern auch auf einer groͤßeren
                              oder geringeren Gleichheit der physischen und geistigen Eigenschaften beruht: ein
                              Ziel, dem wir erst im Laufe von Jahrhunderten naͤher kommen werden und
                              muͤssen. Allein ich glaube, daß bei zwekmaͤßiger Einrichtung solcher
                              Unternehmungen doch auch jezt schon Vieles zur Erleichterung, und zur physischen und
                              moralischen Veredlung der niedrigen Classen beigetragen werden koͤnnte. Ich
                              hoffe daher, daß mein Plan zur besseren Behausung dieses wichtigen und wahrhaft
                              nuͤzlichen und schaffenden Theiles unserer Mitmenschen um so mehr Eingang
                              finden wird, als derselbe auf einem Principe beruht, welches gegenwaͤrtig die
                              ganze Welt regiert, und welches die Basis sowohl unserer Privat- als
                              Staats-Oekonomie bildet, naͤmlich auf dem Interesse oder auf dem
                              Egoismus, oder auf dem allgemeinen Wunsche: wohlfeil zu kaufen und theuer zu
                              verkaufen.
                           Ehe ich jedoch zur Auseinandersezung meines Planes schreite, sey es mir erlaubt, eine
                              Schilderung der gegenwaͤrtigen Wohnungen der Arbeiter, die meistens gar nicht
                              zu diesem Zweke bestimmt und berechnet sind, vorauszuschiken. Ich will als Beispiel
                              nur ein solches Haus beschreiben, welches sich mitten in London befindet. Es besteht
                              naͤmlich aus einem großen Kohlenkeller, aus 2 unterirdischen Kuͤchen,
                              in deren einer sich eine Wasserkufe befindet, die bestaͤndig
                              uͤberlaͤuft und den Boden feucht erhaͤlt, zu ebener Erde aus
                              einem Laden und einem Zimmer, im ersten Stoke aus zwei Zimmern, im 2ten Stoke
                              ebenfalls aus 2 Zimmern, und endlich noch aus zwei Dachstuben. Die Rente eines
                              solchen Hauses belaͤuft sich des Jahres auf 45 Pfd. Sterl. (540 fl.), was in
                              Hinsicht auf seine Lage noch gar nicht viel ist; die Taxen des Staates, der gewiß
                              nicht zu kurz kommt, stehen im Verhaͤltnisse. Der gegenwaͤrtige
                              Miethmann des Hauses ist ein Meister, der verschiedene
                              Frauenzimmer-Verzierungen liefert und der sich die Woche 3–4 Pfund
                              verdient. Er hat dermalen die beiden Zimmer im ersten Stoke inne, allein als er in
                              die Miethe trat, hatte er das vordere Zimmer vermiethet, und war daher auf das hintere allein
                              beschraͤnkt. In dieses Zimmer oder vielmehr in dieses Loch, welches 11
                              Quadratfuß groß ist, gelangte man, da der Eingang eigentlich durch das vordere
                              vermiethete Zimmer bestimmt war, nun durch einen Schieber in der hoͤlzernen
                              Scheidewand neben der Stiege. Darin lebte der Mann, sein Weib und Kinder unter 10
                              Jahren. An dem einzigen Fenster stand die Werkstaͤtte, an der der Mann von
                              fruͤh Morgens bis in die Nacht saß; in einem Winkel lagen die schmuzigen
                              Betten wie ein Misthaufen aufgethuͤrmt, und darauf schlief das eine oder das
                              andere der Kinder; in einem anderen Winkel stand der Ofen und dabei das Weib,
                              beschaͤftigt mit dem Kochen, dem Saͤugen und Wiegen von zwei Kindern.
                              Das ganze uͤbrige Hausgeraͤthe bestand aus einem Stuhle, einem Tische
                              und einigem schmuzigen Kuͤchengeschirre. Den Laden und das Zimmer zu ebener
                              Erde bewohnte ein Gruͤnzeughaͤndler, der mit den faulenden
                              Abfaͤllen seiner Waare das ganze Haus parfumirte, und der gleichfalls ein
                              Weib und 2 Kinder besaß. Im 2ten und 3ten Stoke wohnten aͤhnliche Familien,
                              so daß im ganzen Hause 33 Seelen wohnten! Die eine Kuͤche ist bloß zum Wasser
                              benuzt, die andere ist Gemeingut: es wird aber, wegen der Kostbarkeit des
                              Brennmaterials in ihr nur gewaschen. Da der Abtritt voll Ratten ist, so wird der
                              Kohlenkeller als solcher benuzt, und dieß um so mehr, da, aus Furcht bestohlen zu
                              werden, Niemand die theuren Kohlen anderswo als in seinem Zimmer aufbewahren will.
                              Der Gestank, der einem aus einer solchen Wohnung entgegenkommt, ist
                              fuͤrchterlich, und wuͤrde, wenn er nicht durch den Kohlenrauch in
                              etwas verbessert wuͤrde, gewiß boͤsartige Krankheiten erzeugen
                              muͤssen.
                           So grell diese Schilderung auch scheinen mag, so ist sie doch nur das getreue Bild
                              der Lebensweise der Mehrzahl derjenigen, die sich die Woche nur 30 Schillinge (7 fl.
                              12 kr.) oder darunter verdienen, und dabei verheirathet sind; ausgenommen ihr Weib
                              verdient sich gleichfalls etwas. Jene, welche sich woͤchentlich 2 Pfd. Sterl.
                              (24 fl.) verdienen, leben schon viel besser, und jene endlich, die sich
                              woͤchentlich auf 3 Pfd. Sterl. (36 fl.) stehen, haben schon gute Kost, gute
                              Kleidung und gute Einrichtung. Und doch wird man sich erst dann einen Begriff von
                              dem ganzen Elende machen koͤnnen, wenn man bedenkt, daß die nasse
                              Waͤsche in dem einzigen Zimmer getroknet werden muß, daß der Mann oft ein
                              Trunkenbold ist, und daß das Weib mit allen uͤbrigen Parteien in Hader und
                              Streit lebt.
                           Eine solche Wohnung nun, die gewiß gar keine Bequemlichkeit gewaͤhrt, die alle
                              Moralitaͤt untergraͤbt und zerstoͤrt, und die hoͤchstens
                              dazu geeignet ist, um sich zur momentanen Befreiung von den Sorgen und zum Wohle des
                              Staatsschazes einen Branntweinrausch zu trinken, eine solche Wohnung kommt einer Familie des
                              Jahres auf 12 Pfd. Sterl. (144 fl.) zu stehen! Der einzige Ersaz, den sie
                              gewaͤhrt, ist, daß man volle Freiheit hat, und daß man dieselbe nach Belieben
                              gegen eine bessere vertauschen kann. Aus diesem einzigen Grunde zieht auch der
                              groͤßte Theil diese elende Existenz dem Aufenthalte in einem Arbeitshause
                              oder in einer anderen aͤhnlichen, mit allen Bequemlichkeiten ausgestatteten
                              Behausung vor, in welcher den Befehlen der Vorsteher unbedingter Gehorsam geleistet
                              werden muß. Ich ehre auch dieses Selbstgefuͤhl, und bin der Meinung, daß eine
                              patriarchalische Verwaltung nur fuͤr Sklaven taugt, und einem freien Manne
                              unertraͤglich ist; daß sie den Menschen alles Bliken in die Zukunft beraubt,
                              die Entwikelung seiner geistigen Kraft und Faͤhigkeit hemmt, seinen Verstand
                              in die Graͤnzen zwaͤngt, die ihm von dem Vorgesezten nach Belieben
                              gestekt werden, und ihn so endlich zum bloßen Werkzeuge eines anderen
                              herabwuͤrdigt.
                           Man wird sich erinnern, daß der gegenwaͤrtige schoͤne Soho-Bazar
                              von dem Eigenthuͤmer urspruͤnglich zu einer Werkstaͤtte
                              verschiedener Kriegsbeduͤrfnisse bestimmt war, die er der Regierung durch
                              mehrere Jahre contractmaͤßig zu liefern hoffte. Allein der Contract zerschlug
                              sich, wie so mancher andere, und das ganze Gebaͤude blieb zum großen Schaden
                              des Eigenthuͤmers mehrere Jahre leer stehen, bis endlich der Erbauer auf die
                              Idee kam, eine Art von orientalischem Bazar daraus zu machen, in welchem die
                              Arbeiter ihre Erzeugnisse selbst verkaufen, und sich so jenen Gewinn sichern
                              koͤnnten, den sie bisher den Ladenhaͤltern uͤberlassen mußten.
                              Das Gebaͤude wurde zu diesem Zweke vortrefflich eingerichtet, geheizt,
                              beleuchtet und mit allen zur Sicherheit des Eigenthums beitragenden Erfindungen
                              versehen. Es zeigten sich so viele Miethleute, daß die Aufnahme derselben eine Art
                              von Gunst, und das Gebaͤude eine der besten Speculationen wurde. Der
                              Miethzins stieg ungeheuer und mußte taͤglich voraus bezahlt werden. So gut
                              nun der groͤßte Theil der Einrichtungen und des Reglements dieser Anstalt
                              ist, so wohlthaͤtige Wirkungen sie schon hatte, so ist die patriarchalische
                              Gewalt, die in derselben ausgeuͤbt wird, doch hie und da in eine wahre
                              Unterdruͤkung ausgeartet. So z.B. darf keiner der Verkaͤufer in der
                              Anstalt etwas essen, und sich die Kost auch nicht aus seiner Wohnung kommen lassen,
                              sondern er muß in einer eigenen, damit verbundenen, Traiteuranstalt essen, und
                              dergl. mehr. Es ist uͤbrigens durchaus nicht meine Absicht, den
                              wohlthaͤtigen und doch zugleich sein Interesse foͤrdernden Leistungen
                              des Unternehmers nahe treten zu wollen, sondern bloß ihn auf die Maͤngel
                              seiner Anstalt aufmerksam zu machen.
                           Der Plan kleine Haͤuser fuͤr die Armen zu erbauen, ist zwar in Hinsicht auf
                              Bequemlichkeit und Unabhaͤngigkeit dieser Leute der beste, allein er macht
                              sehr viele Kosten nothwendig, die sich in jedem Hause wiederholen, die zu etwas
                              Nuͤzlicherem verwendet werden koͤnnten, und die sich bei großen
                              Gebaͤuden bedeutend vermindern. Ueberdieß ist es in großen Staͤdten
                              wegen Mangels an Raum noͤthig, so viele Stoͤke als moͤglich auf
                              einander zu bauen; auch laͤßt sich, wenn gut gebaut wird, gegen diese
                              Hoͤhe der Gebaͤude gar nichts einwenden, denn je hoͤher sie
                              sind, um so gesuͤnder werden sie in den oberen Stokwerken seyn.
                           Ich nehme den Miethzins, den ein verheiratheter Mann mit 3–4 Kindern
                              jaͤhrlich zahlt, zu 12 Pfd. Sterl. (144 fl.) an; dabei erhalten die
                              Eigenthuͤmer die erbaͤrmlichen Wohnungen, die sie vermiethen, zu
                              10–15 Procent verinteressirt. Laͤßt sich hienach zweifeln, daß ein
                              Capital, welches auf den Bau eines großen, fuͤr die Armen bestimmten und mit
                              allen Bequemlichkeiten versehenen Hauses verwendet wuͤrde, dem Unternehmer
                              nicht jaͤhrlich wenigstens 7 Procent Interessen abwerfen muͤßte? Und
                              ist ein solches Interesse heut zu Tage gering?
                           Das Pantechnicon ist eine neue, meinem Plane aͤhnliche Unternehmung, die
                              jedoch bloß fuͤr Aufbewahrung von Waaren und Wagen bestimmt ist, und in
                              welcher diese Dinge besser gehalten sind, als viele Tausende von Menschen. In diesem
                              Pantechnicon nun kostet die Aufbewahrung eines vierraͤderigen Wagens
                              woͤchentlich 1 Schill. und 3 Pence (45 kr.), eine Summe, die bald auf 2
                              Schill. (1 fl. 12 kr.) steigen duͤrfte! Da aber hierunter die Ausgaben
                              fuͤr das Hin- und Her-Bringen, fuͤr das Reinigen und
                              Waschen begriffen sind, so laͤßt sich der woͤchentliche Miethertrag
                              des Plazes fuͤr einen Wagen zu 18 Pence (54 kr.) annehmen. Der Raum
                              fuͤr 4 Wagen betraͤgt beilaͤufig 468 Quadratfuß, und dieser
                              Raum gibt 2 Zimmer zu 15 Quadratfuß, die woͤchentlich 6 Schill. (3 fl. 36
                              kr.) tragen. Die Auslage fuͤr das Abtheilen der Zimmer wuͤrde dadurch
                              ausgeglichen werden, daß das Gebaͤude fuͤr Menschen weniger massiv zu
                              seyn braucht, als fuͤr Wagen. Zwei solche Zimmer zu 15 Quadratfuß
                              wuͤrden fuͤr eine Familie von 5–6 Koͤpfen ein Paradies
                              gegen jene Wohnungen seyn, in denen sie sich gegenwaͤrtig aufhalten muß. Nach
                              dem Preise der Miethe fuͤr die Wagen berechnet, wuͤrde eine solche
                              Wohnung des Jahres auf 15 Pfd. Sterl. (180 fl.), mithin um 3 Pfd. hoͤher, als
                              der oben angenommene Miethzins einer armen Familie kommen. Dieser Mehrbetrag wird
                              aber mehr als hinreichend dadurch entschaͤdigt, daß das ganze Gebaͤude
                              geheizt ist, und der Miethmann also die Auslagen fuͤr das Brennmaterial
                              erspart.
                           Fuͤr solche Zimmer von 15 Quadratfuß wuͤrde eine Hoͤhe von 9 Fuß hinreichen. 400
                              Familien wuͤrden 800 derlei Zimmer brauchen. Die beste Form fuͤr ein
                              solches Gebaͤude duͤrfte wohl ein hohles Vierek seyn, welches durch
                              jede thunliche Anwendung von Gußeisen anstatt des Holzes so feuerfest als
                              moͤglich gemacht werden muͤßte. Die Schlafzimmer, in die man durch das
                              Wohnzimmer gelangt, muͤßten saͤmmtlich vorn heraus, die Wohnzimmer
                              hingegen in das Innere des Gebaͤudes sehen. Eine jede Seite des Vierekes
                              wuͤrde beilaͤufig 350 Fuß messen, und an jeder Eke wuͤrde eine
                              Stiege angebracht werden muͤssen. Zu den einzelnen Wohnungen wuͤrde
                              man auf Gallerien oder Gaͤngen gelangen, die innen an jedem Stokwerke
                              herumliefen, 10 Fuß breit waͤren, und die bei schlechtem Wetter auch
                              Gelegenheit zur Bewegung in der Luft gewaͤhren wuͤrden. Die
                              Gemaͤcher zu ebener Erde waͤren fuͤr Bureaus oder dergl.
                              bestimmt; die uͤbrigen 5 Stokwerke wuͤrden auf jeder Seite des
                              Vierekes 200 Zimmer geben. Der Raum zwischen den Waͤnden wuͤrde von
                              der inneren Seite zur aͤußeren 34 Fuß betragen; rechnet man hiezu noch 10 Fuß
                              fuͤr die Gallerien, so wuͤrde im Inneren ein vierekiger Raum von 262
                              Fuß bleiben, der gewiß zur Ventilation, die bei einer so großen
                              zusammengehaͤuften Menschenmenge dringend noͤthig ist, hinreichen
                              wuͤrde, und den vielleicht einige sogar fuͤr verschwenderisch halten
                              moͤchten. Jede Seite des Vierekes muͤßte seine Kuͤche haben, in
                              der die Miethleute wohlfeiler als anderswo Nahrung finden koͤnnten, da bei
                              der großen Menge der Abnehmer schon ein sehr kleiner Gewinn durch die
                              haͤufige Wiederholung sehr eintraͤglich werden wuͤrde. Warme
                              Baͤder muͤßten billig zu haben seyn; auch muͤßte sich auf jeder
                              Seite des Gebaͤudes ein Waschhaus befinden, worin die Weiber gegen eine sehr
                              geringe Summe ihre Waͤsche waschen koͤnnten. Vielleicht ließen sich
                              auch nach demselben Principe Kuͤchen errichten, damit so wenig als
                              moͤglich in die Angelegenheiten eines jeden Inwohners eingegriffen
                              wuͤrde. Die Heizung wuͤrde durch die uͤberschuͤssige,
                              aus den Kuͤchen, den Baͤdern, den Waschhaͤusern gewonnene,
                              durch Roͤhren hergeleitete und gehoͤrig vertheilte Hize, so wie durch
                              einen Gasometer, der zur Beleuchtung des ganzen Gebaͤudes dient, sehr leicht
                              geschehen koͤnnen. Kohlen und andere aͤhnliche Hausbeduͤrfnisse
                              koͤnnten von dem Hauseigenthuͤmer zu seinem eigenen Vortheile sowohl,
                              als zur Erleichterung der armen Einwohner wohlfeiler geliefert werden, als sie sich
                              dieselben bei einem Kleinverkaͤufer zu verschaffen im Stande sind.
                           Ich zweifle nicht, daß aͤhnliche Wohnungen nach und nach große Vortheile und
                              Veraͤnderungen hervorbringen wuͤrden und muͤßten. Die Besseren
                              der Einwohner wuͤrden durch ihre Tugenden bald einen gewissen Einfluß
                              erlangen, und die Schlechteren entweder durch ihr Beispiel zur Besserung ermuntern
                              und antreiben, oder sie veranlassen freiwillig eine Anstalt zu verlassen, in der sie
                              nur zu ihrer eigenen Schande leben koͤnnten. Gewiß wuͤrde durch dieses
                              Zusammenleben ein Wetteifer in Hinsicht auf Reinlichkeit und Maͤßigkeit
                              entstehen. Familien, die bereits erwachsene Soͤhne oder Toͤchter
                              haben, duͤrften sich mit einander verbinden, und Wohnungen miethen, in
                              welchen mehrere dieser erwachsenen Maͤdchen oder Juͤnglinge beisammen
                              wohnen koͤnnten.
                           Bei diesem Systeme ließe sich auch einem Uebel abhelfen, durch welches viele Kinder
                              schon in den ersten Jahren fuͤr ihr ganzes Leben ungluͤklich und siech
                              gemacht werden, oder gar ihr Leben einbuͤßen. Sehr oft muß naͤmlich
                              sowohl der Vater als die Mutter der Arbeit nachgehen, um den duͤrftigen
                              Lebensunterhalt zu erwerben; die kleinen Kinder muͤssen diese Zeit
                              uͤber sich selbst uͤberlassen daheim eingeschlossen bleiben, und
                              erhalten, damit sie waͤhrend dieser Zeit schlafen, von der Mutter beim
                              Weggehen einen Schluk Branntwein oder von Dalby's schlafmachendem Elixir, wodurch
                              ihre Gesundheit fuͤr immer zu Grunde gerichtet wird! Wie viele von den etwas
                              mehr erwachsenen Kindern in Abwesenheit der Aeltern verbrennen, oder auf andere
                              Weise zu Grunde gehen, oder zu Kruͤppeln werden, ist nur zu bekannt. Ich
                              wuͤrde nun zur Abhuͤlfe dieser fuͤrchterlichen Unmenschlichkeit
                              und um den ungluͤklichen Kindern eine bessere Erziehung zu sichern, in dem
                              großen Hofraume meines Gebaͤudes ein kleineres vierekiges Gebaͤude
                              auffuͤhren, und dessen Erdgeschoß in eine Knaben- und
                              Maͤdchen-Schule abtheilen. Die Lehrer fuͤr diese Schulen
                              koͤnnten die Aeltern selbst waͤhlen, um auf diese Weise sicher zu
                              seyn, daß es nicht auf Errichtung eines geldtragenden Amtes abgesehen ist. Die
                              beiden Schulzimmer koͤnnten uͤbrigens auch als Bibliotheken dienen, in
                              denen Maͤnner und Weiber des Nachts zur Unterhaltung oder Belehrung lesen,
                              allgemeine Unterredungen halten, oder Vortraͤgen beiwohnen koͤnnten,
                              zu denen sich gewiß nicht selten menschenfreundliche, und fuͤr Verbreitung
                              des Guten und Nuͤzlichen thaͤtige Maͤnner herbeilassen
                              wuͤrden. Im zweiten Stoke wuͤrde ich eine Schule fuͤr die
                              kleineren Kinder errichten, deren Lehrer gleichfalls gewaͤhlt, und vielleicht
                              unter den erwachsenen Soͤhnen und Toͤchtern der Einwohner selbst
                              gefunden werden koͤnnten. Im dritten Stoke endlich errichtete ich eine
                              Pfleganstalt fuͤr die ganz kleinen Kinder jener Muͤtter, die nicht bei
                              ihren Kindern zu Hause bleiben koͤnnen, sondern dem Erwerbe ihres und ihrer
                              Kinder Lebensunterhaltes nachgehen muͤssen. In dieser Anstalt wuͤrde
                              ich bei einer bestaͤndigen Ventilation und Erneuerung der Luft doch immer
                              eine gleiche Waͤrme erhalten, damit die Kinder ohne Gefahr der
                              Erkuͤhlung frei auf den Betten oder dem Boden herumkugeln koͤnnten, und
                              zwar ohne die unsinnigen Fatschen und Binden, welche die freie Entwikelung des
                              Koͤrpers hindern, ihn in eine lebendige Mumie verwandeln, und zu nichts gut
                              sind, als um den Menschen von Jugend an an den Zwang und Druk zu gewoͤhnen,
                              der ihm in spaͤteren Jahren physisch und psychisch unter den meisten
                              Regierungen zu Theil wird. Bekanntlich gedeihen die Kinder in den heißen Klimaten in
                              naktem Zustande am besten, und ein kuͤnstliches heißes Klima wird einem
                              natuͤrlichen um so weniger nachstehen, als man dasselbe leichter gegen allen
                              Wechsel verwahren kann. Diese Einrichtung, die ich im Auge habe, kaͤme den
                              Aeltern, wenn sie etwas im Großen gemacht wuͤrde, gewiß nicht theuer zu
                              stehen. Zu Waͤrterinnen koͤnnten gleichfalls die tauglicheren
                              erwachsenen Toͤchter der Einwohner gewaͤhlt werden; sie muͤßten
                              so wie die Lehrer der unteren Schulen einen kleinen Gehalt ausgesprochen bekommen,
                              zu dem von allen Einwohnern gemeinschaftlich beigetragen wuͤrde.
                           Fuͤr jene, welche groͤßere Wohnungen wuͤnschten, ließen sich
                              leicht mehrere kleine vereinigen. Der Eigenthuͤmer muͤßte alles was
                              zur Einrichtung noͤthig ist, vorraͤthig haben, damit beim Ausziehen
                              nicht Alles hin und her getragen werden muß. Allein, wie gesagt, in allen Dingen bis
                              zu den geringsten Kleinigkeiten muͤßte, wenn der Plan bei uns oder irgend
                              einem seiner selbst bewußten Volke gelingen soll, die persoͤnliche Freiheit
                              als leitender Grundsaz im Auge behalten werden.
                           Es ließe sich zwar auch in kleinerem Maßstabe eine aͤhnliche Anstalt
                              errichten, z.B. fuͤr 100 Familien; doch wird sich eine solche nie so
                              vortheilhaft zeigen wie eine groͤßere. Ich sehe keine nur etwas triftigen
                              Gruͤnde, die sich gegen meinen Plan vorbringen ließen, und bin der Vortheile
                              desselben fuͤr den Unternehmer sowohl, als fuͤr die Miethleute ganz
                              uͤberzeugt. Was die Ausfuͤhrung desselben betrifft, so halte ich die
                              von mir vorgeschlagene Bauart keineswegs fuͤr die beste; es genuͤgt
                              mir die Sache in Anregung gebracht zu haben. Wer meine Idee richtig aufgefaßt hat,
                              der wird leicht Techniker finden, die zur Realisirung derselben bessere
                              Rathschlaͤge zu geben wissen, als ich es zu thun im Stande bin.
                           
                        
                           II. Vorschlag des Hrn. J. C. Loudon.
                           Ich habe seit langer Zeit keinen Aufsaz gelesen, der mehr Interesse in mir erregt
                              haͤtte, als jener des Hrn. Junius Redivivus, und
                              der, nach meiner Meinung, einen wohlthaͤtigeren Einfluß auf das Wohl einer
                              der bedraͤngtesten und nuͤzlichsten Classe unserer Mitbuͤrger
                              haben koͤnnte. Ich wuͤnsche nichts sehnlicher, als daß sich einer
                              unserer aufgeklaͤrten und das Menschenwohl nur halb so hoch, als ihren eigenen
                              Vortheil achtenden, Fabrikanten entschließen moͤchte, den darin vorgelegten
                              Plan in Ausfuͤhrung und ins Leben zu bringen.
                           Ich habe mich im J. 1818 beinahe mit derselben Idee beschaͤftigt, dabei
                              vorzuͤglich im Auge gehabt, die Vortheile der Dampfheizung und der
                              Gasbeleuchtung auch Aermeren zuzuwenden, und meinen schon damals ausgedachten Plan
                              zu einer Caserne oder einem Collegium fuͤr Arbeitsleute dem unsterblichen Sir
                              Joseph Banks vorgelegt. Leider hinderte mich damals eine
                              Krankheit meinem Plane weitere Folge zu geben; er verfiel in gaͤnzliche
                              Vergessenheit, bis ich durch obigen Aufsaz veranlaßt wurde, ihn wieder
                              hervorzusuchen. Ich lege ihn hier dem Publicum vor, so wie ich ihn damals
                              aufzeichnete, nicht als ob ich glaubte, daß er nicht durch Besseres ersezt werden
                              koͤnnte, sondern bloß in historischer Hinsicht. Wer die Geschichte der
                              Erfindungen kennt, wird sich nicht wundern, daß unsere beiden Plaͤne so große
                              Aehnlichkeit mit einander haben. Mein Hauptzwek bei meiner Mittheilung ist bloß, auf
                              die Erfindungen der HH. Frost und Witty aufmerksam zu machen, die sich bei Unternehmungen dieser Art als
                              aͤußerst nuͤzlich bewaͤhren duͤrften.
                           Fig. 1 ist ein
                              Aufriß eines vierekigen Gebaͤudes mit 7 Stokwerken, einem unterirdischen
                              Geschoße, und einem flachen umgitterten Dache.
                           Fig. 2 gibt
                              den Aufriß eines jeden Stokwerkes, von denen ein jedes 8 Wohnungen, die mit
                              1–8 bezeichnet sind, enthaͤlt, mit einer Gallerie und in der Mitte mit
                              einer mit 9 und 10 bezeichneten schiefen Flaͤche, welche die Stelle der
                              Stiege vertritt, versehen ist.
                           Die Seite des Vierekes, welche die Gallerie und die schiefe Flaͤche
                              enthaͤlt, hat 20 Fuß, und jede Seite des inneren, die schiefe Flaͤche
                              umfassenden Vierekes hat 13 Fuß; die Hoͤhe einer jeden Gallerie
                              betraͤgt 8 Fuß, folglich wird die Neigung der schiefen Flaͤche in
                              einem Fuße 1 3/4 Zoll betragen, oder etwas steiler, als am Holborn Hill seyn. Bei
                              einer solchen Neigung werden sowohl Fußgeher, als Karrenweiber und
                              Gaͤngelwagen sehr leicht hin und her kommen koͤnnen; wenigstens
                              leichter als auf einer Stiege. Ueberdieß kommt eine solche schiefe Flaͤche
                              viel wohlfeiler als eine Stiege.
                           Alle Mauern und Zwischenwaͤnde muͤssen aus Ziegeln gemauert, und der
                              Fußboden aus Arbroath'schem Pflaster in großen Stuͤken, welche auf den Mauern
                              oder auf eisernen Querbalken ruhen, gelegt werden. Die untere Seite dieses Bodens
                              wuͤrde die Deke fuͤr das untere Zimmer bilden. Fuͤr jede
                              Wohnung wuͤrden 17 Steine und 4 eiserne Querbalken erforderlich seyn, wie man
                              in 3 Fig. 2
                              sieht.
                           In Fig. 2 sind
                              (in der Wohnung 1) 12, 12 zwei Dampfroͤhren, durch welche die Luft geheizt,
                              und der Koch- und Wasch-Apparat 13 mit Dampf versehen wuͤrde.
                              Die Dampfroͤhren befaͤnden sich in einer, mit einer Luftsaͤule
                              umgebenen Vertiefung, die dreifache Thuͤren hat, so daß man, je nachdem man
                              die obere, mittlere, oder untere Thuͤre oͤffnet, eine groͤßere
                              oder geringere Menge erhizter Luft in das Zimmer treten lassen kann.
                           In dem großen Zimmer einer jeden Wohnung befindet sich außer dem Dampfapparate auch
                              eine offene Feuerstelle 14. In einem der kleinen Cabinette einer jeden Wohnung
                              befindet sich ein Wassergemach 15, ein Gußstein 16 und daruͤber ein
                              Wasserbehaͤlter.
                           17, 17 sind Roͤhren in der schiefen Flaͤche, durch welche man schwere
                              Abfaͤlle, wie Knochen, Steine, Asche etc. hinabgelangen lassen kann.
                           18, 18 sind Dampfroͤhren, durch die der mittlere Raum erwaͤrmt wird, so
                              daß auf diese Weise nicht nur alle Zimmer waͤrmer erhalten, sondern dieser
                              Raum selbst zum Troknen benuzt werden koͤnnte. Uebrigens hat jede Familie
                              noch in freier Luft eine eigene Stelle, an welcher sie, wie in 19, 19, zu diesem
                              Behufe Strike ziehen kann.
                           So weit kam ich im J. 1818. Heut zu Tage wird man eine bessere Einrichtung zu treffen
                              wissen, und ich wiederhole daher, daß ich meinem Plane nur einen historischen Werth
                              beilege.
                           Von hoher Wichtigkeit fuͤr alle derlei Unternehmungen und fuͤr die
                              ganze Baukunst uͤberhaupt scheint mir die Methode, nach welcher Hr. Frost, dieser beruͤhmte Baumeister und
                              Kittfabrikant, die Fußboͤden der Haͤuser eingerichtet haben will. Hr.
                              Frost nimmt naͤmlich zu den Fußboden hohle
                              irdene Roͤhren, die er so mit Kitt verbindet, daß sie einen Boden geben, der
                              an Festigkeit einem gedielten Boden nichts nachgibt, und der ein weit schlechterer
                              Leiter fuͤr Waͤrme, Kaͤlte. Schall und Geruch ist, als dieser.
                              Die hohlen Roͤhren, die er anwendet, sind auf dem Durchschnitte vierekig; sie
                              werden mit einer eigenen Maschine aus Toͤpferthon verfertigt, und durch einen
                              eigenen, von Hrn. Frost neu erfundenen Kitt mit einander
                              verbunden. Ein solcher Frost'scher Fußboden wiegt nicht
                              den fuͤnften Theil so viel, als einer aus Stein, und ist eben so feuerfest.
                              Ich werde in meiner Encyclopaedia of Cottage
                                 Architecture) welche naͤchstens erscheinen wird, ausfuͤhrlich
                              uͤber diese Methode handeln, da ich nicht zweifle, daß dieselbe wegen ihrer
                              großen Vortheile bald allgemein werden muß, so großen Widerstand sie auch von Seite
                              der Holzhaͤndler, der Zimmerleute, der Bleigießer, und aller jener, die bei
                              der alten Methode interessirt sind, erfahren duͤrfte. Die Methode des Hrn.
                              Frost taugt eben so gut auch zum Deken der
                              Daͤcher, und gewaͤhrt hier den Vortheil, daß man die Daͤcher leicht und
                              ohne allen Nachtheil flach, und zu einem Blumengarten oder anderen nuͤzlichen
                              Zweke geeignet machen kann.
                           Der Kitt des Hrn. Frost wird in Kuͤrze auf folgende
                              Weise verfertigt: Man mahlt den Kalk auf einer Muͤhle sehr fein, und mischt
                              ihn, so wie er gemahlen ist, mit Wasser, welches die leichteren Theilchen in einen
                              Behaͤlter fuͤhrt. Auf dieselbe Weise wird auch der Thon gemahlen. Von
                              diesem Thone mischt man 30 Procent unter den Kalk, und laͤßt dann dieses
                              Gemenge troknen. Nach dem Troknen wird es in einem Ofen gebrannt, wieder
                              gepuͤlvert, und in Faͤsser eingepreßt. In diesem Zustande haͤlt
                              sich der Kitt Jahre lang, und kann in beliebige Entfernung versendet werden. Es ist
                              viel wohlfeiler, als der roͤmische Kitt, und hat auch noch den großen
                              Vortheil, daß er nicht mit Sand vermischt zu werden braucht, was auf dem Lande oft
                              sehr schwer faͤllt. Ich glaube, daß sich dieser Kitt in heißen Klimaten ganz
                              besonders zum Bauen von Haͤusern eignen duͤrfte.
                           Eine andere wichtige Erfindung, die noch nicht hinlaͤnglich bekannt zu seyn
                              scheint, und auf welche ich bei dieser Gelegenheit aufmerksam machen zu
                              muͤssen glaube, ist die Heizmethode des Hrn. Witty, deren ich bereits im Gardener's Magazine
                              erwaͤhnte. Bei der gewoͤhnlichen Methode dringt, so wie die
                              Thuͤre des Ofens geoͤffnet wird, ein Strom kalter Luft durch die
                              Feuerzuͤge oder unter den Kessel, und nimmt mithin eine große Menge Hize mit
                              sich. Dann wird in die Mitte des Feuers kalte oder vielleicht feuchte Kohle
                              geworfen, und dadurch nicht bloß die Hize vermindert, sondern auch diker Rauch
                              erzeugt, der, wenn er sich ein Mal gebildet hat, nur mehr bei einer Temperatur von
                              3000° F. (bei welcher das Eisen zum Schmelzen kommt) verbrannt werden kann!
                              Das Gemisch von 1/12 atmosphaͤrischer Luft mit gekohlstofftem
                              Wasserstoffgase, woraus der Rauch und die Kohle groͤßten Theils besteht, ist
                              bei einer hohen Temperatur verbrennlich. Allein, wenn man unzubereitete Kohle auf
                              das Feuer wirft, so erzeugt sich nicht bloß brennbares Gas, sondern auch Nitrogen,
                              kohlensaures Gas, und andere nicht brennbare Gasarten. Welchen Einfluß die
                              Entstehung dieser Gasarten ausuͤbt, erhellt daraus, daß der Rauch, wenn er
                              nur 1/6 Nitrogen oder kohlensaures Gas enthaͤlt, unverbrennbar wird, oder
                              sich nicht entzuͤnden laͤßt. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, theilt
                              Hr. Witty die Verzehrung der Kohle in zwei verschiedene
                              Processe ab: naͤmlich in die Carbonisation oder Verkohlung, durch welche die
                              Kohlen vorher getroknet, und von ihren waͤsserigen und gasartigen
                              Bestandtheilen befreit werden, und in die Verbrennung, bei der die verkohlten
                              Steinkohlen oder die Kohks zugleich mit den waͤsserigen und gasartigen Theilen, die
                              sich aus den der Verkohlung unterworfenen Steinkohlen entwikeln, verbrannt werden.
                              Durch diese beiden Processe wird ohne Erzeugung von Rauch die groͤßte Menge
                              Hize aus einer bestimmten Menge Kohlen gewonnen. Nach Hrn. Witty's Plan hat die atmosphaͤrische Luft nur durch das Kohksfeuer
                              Zutritt, so daß sich alle jene gasartigen Substanzen, die sich waͤhrend der
                              Destillation der Kohlen entwikeln, entzuͤnden muͤssen.Jedermann wird finden, daß die neue Heizmethode des Hrn. Lieutenants Maw, die wir in diesem Hefte des polyt. Journ. S.
                                    257 mittheilten, lediglich eine Copie oder etwas modificirte Anwendung der
                                    Methode des Hrn. Witty ist.A. d. Ueb.
                              
                           Hr. R. Miller, ein ausgezeichneter Gaͤrtner zu
                              Alton Towers, heizt seine Treibhaͤuser auf diese Weise, und findet, daß diese
                              Methode allen uͤbrigen vorzuziehen ist, indem sie mit einer geringeren Menge
                              Kohlen und ohne allen Rauch eine sehr große Waͤrme gibt. Hr. Lee hatte in seinen schoͤnen Glashaͤusern
                              zu Hammersmith einen Ofen, der nie einen guten Zug hatte; er brachte nun einen
                              Witty'schen Ofen an den Feuerzuͤgen an, und nun geht Alles vortrefflich. Hr.
                              Henderson zu Edgware-road bedient sich
                              gegenwaͤrtig gleichfalls eines solchen Ofens, und versichert, daß er so viel
                              leiste, als fruͤher kaum drei Oefen bewirkten. Um mehrere Leute von
                              Sachkenntniß zu uͤberzeugen, daß der Rauch auch wirklich verbrennt werde,
                              nahm Hr. Chanter (der gegenwaͤrtige
                              Eigenthuͤmer von Hrn. Witty's Patent) ein Paar der
                              Dekziegeln an einem Feuerzuge in einem Ananashause des Hrn. Henderson weg, und statt alles Rauches zeigte sich hiebei auch wirklich
                              nur ein warmer feuchter Dampf ohne allen Geruch, der den Pflanzen nicht den
                              geringsten Nachtheil zufuͤgte.
                           Wer bedenkt, welche große Menge von Brennmaterial durch den Rauch schlechter Oefen
                              verloren geht; wer uͤberdieß die nachtheiligen Wirkungen dieses Rauches (der
                              nach d'Arcets Beobachtungen die ganze Luft um London
                              schwefelsauer reagiren macht) auf Menschen, Thiere und Pflanzen, und die Beschwerden
                              der Schornsteinfeger (die bei den neuen Oefen ganz entbehrlich werden) kennt, der
                              wird nicht anstehen, den Oefen des Hrn. Witty jene
                              Vorzuͤge zuzugestehen, die sie in so hohem Grade besizen. Da diese Oefen
                              uͤbrigens mehr Kohks erzeugen, als fuͤr deren Bedarf noͤthig
                              sind, so kann jede Familie in einem einzigen geschlossenen Ofen so viele Kohks
                              erzeugen, als sie fuͤr die offenen Feuerstellen des ganzen Hauses bedarf.
                           Ich schließe mit dem Wunsche etwas zur besseren Aufnahme des Planes de Junius Redivivus, zur regeren Theilnahme an demselben, und zu
                              einigen Verbesserungen daran beigetragen zu haben.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
