| Titel: | Bericht des Hrn. Héricart de Thury über die hohlen Eisenstangen der HH. Gandillot und Roy (rue Pétrelle Nr. 3, 5 und 7 faubourg Poissonière in Paris). | 
| Fundstelle: | Band 44, Jahrgang 1832, Nr. LXI., S. 274 | 
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                        LXI.
                        Bericht des Hrn. Héricart de Thury uͤber die
                           hohlen Eisenstangen der HH. Gandillot und Roy (rue Pétrelle Nr. 3, 5 und 7 faubourg Poissonière in Paris).
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement. Februar 1832, S. 41.
                        Héricart de Thury, Bericht uͤber die hohlen
                           Eisenstangen.
                        
                     
                        
                           Die HH. Gandillot und Comp.
                              uͤberreichten der Gesellschaft den Prospectus eines Etablissements, welches
                              sie in Paris zur Fabrikation hohler Eisenstangen fuͤr alle Schlosserarbeiten
                              bei Gebaͤuden, wie Gittern, Gelaͤndersaͤulen, Altanen,
                              Treppengelaͤndern u.s.w. errichtet haben.
                           Dieser Industriezweig, welchen jene Fabrikanten schon seit mehreren Jahren mit Erfolg
                              zu Besançon trieben und worauf sie ein Brevet
                                 d'invention fuͤr 15 Jahre erhalten haben, ist fuͤr die
                              Architectur wegen der großen Vortheile, die er darbietet, hoͤchst wichtig;
                              dahin gehoͤren:
                           1) Eine Ersparung von ungefaͤhr zwei Drittel an den Auslagen fuͤr
                              massives Eisen, indem der Preis zweier gleichen Gitter, wovon das eine aus hohlem
                              und das andere aus massivem Eisen verfertigt ist, in dem Verhaͤltniß von 116
                              Fr. 50 C. zu 326 Fr. 60 C. steht.Es sey ein Gitter von hohlen Eisenstangen 6 Fuß breit, und bestehe aus eilf
                                    Stangen von 7 Fuß Laͤnge auf 13 Linien Dike, mit drei
                                    horizontalenQuerstuͤken von 16 Linien im
                                          Gevierte, so ergebensich die Kosten fuͤr die 77 Fuß
                                          runder Stangen von 13 Linien Dike, den Fuß zu 81 Cent.
                                          gerechnet, zu  62 Fr.35 C.Fuͤr die 18 Fuß
                                          Querstuͤke von 16 Linien Dike  37 –45 –Und fuͤr die
                                          Zusammenfuͤgung, 33 Stuͤke von Nr. 13, zu 50 Cent.  16 –50 –––––––––––––Der Preis des Gitters aus hohlem
                                          Eisen betraͤgt116 –30 –Fuͤr ein aͤhnliches
                                          Gitter aus massivem Eisen wuͤrdendie 77 runden Stangen
                                          von 13 Linien Dike (die 6 Fuß zu80 Cent., dem
                                          gewoͤhnlichen Preis der Schlosser gerechnet)
                                          kosten224 ––
                                            –Und die 18 Fuß eiserner
                                          Querstuͤke von 16 Linien im Gevierte102 –60 –Der Preis des Gitters aus massivem
                                          Eisen betraͤgt326 –60 –Derjenige des Gitters aus hohlem
                                          Eisen116 –30 –––––––––––––Die Ersparung macht also210 –30 –A. d. O.
                              
                           2) Die Festigkeit des hohlen Eisens steht zu derjenigen des massiven in einem so
                              vortheilhaften Verhaͤltnisse, daß bei zwei Stangen, wovon die eine hohl und die
                              andere massiv ist, damit sie in der Staͤrke einander gleich werden, die
                              Durchmesser zu einander nur in dem Verhaͤltniß von 9 zu 8 zu seyn brauchen,
                              vorausgesezt daß die Dike der Roͤhren der dreizehnte Theil ihres Durchmessers
                              ist.
                           3) Die Staͤrke der hohlen Stangen ist dem Cubus ihres Durchmessers
                              proportional, waͤhrend der Preis nur wie der Durchmesser zunimmt; man kann
                              folglich mit geringem Aufwand die Verschoͤnerung sowohl als die Festigkeit
                              der Gebaͤude sehr weit treiben, was bei Anwendung des massiven Eisens nur mit
                              großen Kosten moͤglich ist.
                           4) Daß bei Anwendung des hohlen Eisens das Gewicht des Metalles um ungefaͤhr
                              drei Viertel vermindert wird, und zwar ohne Beeintraͤchtigung der Festigkeit,
                              ein in vielen Faͤllen, wo es darauf ankommt die Gebaͤude
                              moͤglichst wenig zu beschweren, hoͤchst schaͤzbarer
                              Vortheil.Die Erfahrung lehrt, daß wenn man eine massive Eisenstange von dem Gewicht
                                    einer hohlen verfertigen wuͤrde, die Festigkeit dieser lezteren
                                    fuͤnf Mal groͤßer als die der massiven von gleichem Gewicht
                                    waͤre.A. d. O.
                              
                           5) Endlich daß man eine Reihe von Roͤhren in einander steken und sich dadurch
                              eine Stange verschaffen kann, deren Staͤrke bei weitem groͤßer ist als
                              die einer massiven Stange von demselben Durchmesser, obgleich jene ein viel
                              geringeres Gewicht hat als diese.Eine solche Stange, wenn sie nach Bedarf nur doppelt oder dreifach
                                    waͤre, wuͤrde z.B. den Vortheil darbieten, daß man sie an
                                    gewissen Stellen in einem Gitter anbringen und dadurch, ohne daß sie diker
                                    als die Zwischenstangen waͤre, die Strebepfeiler beseitigen
                                    koͤnnte; uͤberdieß haben die Strebepfeiler bei einem Gitter
                                    aus hohlem Eisen auch ein viel geringeres Gewicht zu tragen, und
                                    koͤnnen schon deßwegen viel schwaͤcher seyn.A. d. O.
                              
                           Ich wurde als Director der Stadtbauten von Paris von dem mechanischen Comité
                              der Gesellschaft mit der Pruͤfung der hohlen Eisenstangen der HH. Gandillot beauftragt und bei diesen Versuchen von
                              mehreren meiner Collegen unterstuͤzt. Die HH. Gandillot uͤberschikten Buͤndel hohler Stangen von
                              verschiedenem Caliber, wovon einige leer und andere mit KittDieser Kitt ist demjenigen der Brunnenmacher aͤhnlich, und besteht aus
                                    Harz, Terpenthin und gestoßenen Ziegeln.A. d. O. ausgefuͤllt waren; man pruͤfte sie mit einer aͤhnlichen
                              Maschine, wie sie Duleau zu seinen Versuchen
                              anwandte.
                           Diese Maschine besteht in der Hauptsache aus einem eisernen Hebel, durch dessen eines
                              Ende ein Bolzen geht, welcher dem Hebel als Stuͤzpunkt dient; das andere Ende
                              ist mit einer Wagschale, auf welche die Gewichte gebracht werden, versehen. Die
                              Wagschale ruht auf einem Messer (Wagzapfen) in einem in dem Hebel angebrachten
                              Einschnitt, so daß die Reibung vermieden wird; die Entfernung ihres
                              Aufhaͤngepunktes vom Stuͤzpunkte betraͤgt 4 Meter.
                           Die Wirkung, welche das Gewicht der Maschine allein auf die Eisenstangen
                              ausuͤbt, ermittelte man durch eine Wage, die uͤber dieser Maschine
                              angebracht wurde. Das Ende des großen eisernen Hebels wurde an einer der Schalen
                              befestigt und in die andere Schale brachte man so viele Gewichte als noͤthig
                              waren, um der Maschine das Gleichgewicht zu halten. Es waren 213 K., 05
                              erforderlich, um den großen Hebel mit seiner Wagschale ins Gleichgewicht zu
                              bringen.Da diese Maschine auch zum Probiren von Bolzen bestimmt ist, so hat man sie
                                    am Ende des Hebels auf der anderen Seite des Stuͤzpunktes mit einem
                                    Schraubstokbaken versehen, worin die Koͤpfe der Bolzen befestigt
                                    werden. Dieser Theil der Maschine wiegt 66 K., 45, und ist 8 Centimeter von
                                    der Achse entfernt. Die Kraft, welche er ausuͤbt, um die in der
                                    Schale befindlichen Gewichte ins Gleichgewicht zu bringen, steht in
                                    umgekehrtem Verhaͤltniß mit den Hebelarmen: er haͤlt also das
                                    Gleichgewicht einem Gewichte vonTextabbildung Bd. 44, S. 275das man in die Schale legen wuͤrde.A. d. O.
                              
                           Die eisernen Stangen, welche in aufrechter Stellung gepruͤft wurden, brachte
                              man zwischen den Stuͤzpunkt und die Schale. Auf der eisernen Welle wurde
                              mittelst Schließen eine Gabel in wandelbarer Entfernung vom Stuͤzpunkt
                              befestigt. In dem unteren Ende dieser Gabel machte man einen Einschnitt senkrecht
                              auf den Hebel, so daß sie die Schneide eines Keiles aufnehmen konnte, dessen Kopf
                              sich auf die zu pruͤfende Stange stuͤzte: diese Anordnung
                              gewaͤhrt den Vortheil, daß der Kopf der Stange immer vierekig traͤgt,
                              wenn auch die Neigung des Hebels variirt oder die Stange sich kruͤmmt.
                           Man beruͤksichtigte bei den Versuchen das Gewicht des Keiles und der Gabel,
                              welches direct auf die Stange wirkt. Dieses Gewicht betraͤgt 12 K.,90.Bezeichnet man mit P ein in die Schale gelegtes
                                    Gewicht, mit R das Verhaͤltniß der beiden
                                    Entfernungen des Stuͤzpunktes von der Schale und der Stange, mit P' die Wirkung des ganzen Systems auf die
                                    Stange, so ergibt sichTextabbildung Bd. 44, S. 275Mittelst dieser Formel fand man die Belastung, welche die Stangen in der
                                    Tabelle Nr. 4 trugen.A. d. O.
                              
                           
                           Bei den sieben ersten Versuchen war der Kopf der Stange 0 M., 40 vom
                              Stuͤzpunkte entfernt; in diesem Falle war das Verhaͤltniß zwischen den
                              beiden Hebelarmen oder R. = 10 Kil.
                           Wenn man schwache Stangen zu probiren hatte, war das Gewicht der Maschine allein
                              fuͤr die anfaͤngliche Belastung zu groß, und man ruͤkte daher
                              den Kopf der Stange auf 1 M. vom Stuͤzpunkte zuruͤk, so daß das
                              Verhaͤltniß zwischen den beiden Hebelarmen nur noch wie 1 zu 4 war.
                           Die Pfeile wurden auf die Art beobachtet, daß man auf die Stange auf der Seite der
                              Hoͤhlung ihrer Kruͤmmung ein gerades Lineal auflegte und die
                              groͤßte Entfernung zwischen dem Lineal und der Stange maß.
                           Ich muß bemerken, daß der groͤßte Pfeil sich fast immer gegen das Drittel der
                              Hoͤhe einstellte, und daß die Richtung des Hebels und der Laͤngenspalt
                              der Stange auf seine Lage keinen Einfluß hatte. Wenn die in aufrechter Stellung
                              gepruͤften Stangen einen Spalt hatten, so schien dieß keinen Einfluß auf ihre
                              Staͤrke zu aͤußern; waren aber die Stangen durch Fehler bei ihrer
                              Verfertigung schwach gekruͤmmt, so bogen sie sich auch immer auf der Seite
                              dieser Kruͤmmung. Das Krachen, welches durch das Brechen des Kittes
                              verursacht wurde, zeigte immer die eintretende Biegung im Voraus an.
                           Ein Unfall, der uns bei der Maschine begegnete, verhinderte die Beendigung der
                              Versuche mit Stangen in aufrechter Stellung, und wir konnten eine lezte Stange von
                              gleichen Dimensionen wie die zehnte, welche wahrscheinlich analoge Resultate gegeben
                              haben wuͤrde, nicht mehr probiren.
                           Man unterwarf sodann die Stangen einer auf ihre Richtung senkrechten Belastung.
                           Behufs dieser Versuche befestigte man zwei starke Gestelle so, daß sie ihre Lage
                              nicht veraͤndern konnten; auf diese Gestelle brachte man zwei umgekehrte
                              eiserne Keile, deren Kopf cylindrisch geformt und deren Achse senkrecht auf die
                              Richtung der Stangen war. Auf die Schneide dieser Keile wurden die Stangen gelegt;
                              kleine Strebestuͤke aus Eisenblech verhinderten das Ausgleiten derselben.
                           Man sieht hieraus, daß die Schwere auf diese Stuͤzen in Ebenen wirkt, welche
                              senkrecht durch die Achse und die Erzeugungsflaͤchen der den Kopf der Keile
                              bildenden Cylinder gehen und daß die Stangen, wenn sie sich biegen, die Messer so
                              mitziehen, daß alle Reibung, welche die Resultate ungenau machen koͤnnte,
                              vermieden wird. Die Entfernung zwischen den beiden Stuͤzpunkten
                              betraͤgt 0 M., 90.
                           
                           Um die Stangen zu belasten, zog man sie durch einen starken Ring, den man in der
                              Mitte zwischen den Stuͤzpunkten anbrachte, und an welchen man eine Wagschale
                              zur Aufnahme der Gewichte hing.
                           Um die Kruͤmmung der belasteten Stangen zu messen, brachte man uͤber
                              ihnen ein bewegliches Lineal an, das mit zwei den Keilen, worauf die Stange lag,
                              entsprechenden Stuͤzen versehen war. Diese Stuͤzen waren eben so lang
                              als der Ring, durch welchen die zu pruͤfende Stange ging, dik; so daß wenn
                              keine Belastung Statt fand, der Ring das Lineal beruͤhren mußte. Wenn die
                              Wagschale beschwert wurde, kruͤmmte sich die Stange und die Entfernung
                              zwischen dem Ring und dem Lineal gab das Maß des den Gewichten entsprechenden
                              Pfeiles.
                           Fuͤr kleine Kruͤmmungen ist dieses Maß genau, und dieser Fall fand auch
                              bei der Maschine Statt, wenn man gußeiserne Stangen pruͤfte oder die
                              Kruͤmmungspfeile blecherner Stangen nicht betraͤchtlich waren; wenn
                              aber die Kruͤmmung sehr groß wurde, neigte sich die Stange auf ihren
                              Stuͤzen, der senkrechte Durchschnitt der Stange auf diesen beiden Punkten
                              wurde eine Ellipse und die Stuͤzen des Lineales wurden durch diese
                              Kruͤmmung gehoben und zeigten einen etwas groͤßeren Pfeil an als die
                              Gewichte allein hervorgebracht haͤtten. Uebrigens ist dieser Irrthum wenig
                              merklich.
                           Da bei diesen Versuchen die Gewichte direct auf die Stangen wirkten (man sehe die
                              Tabelle Nr. 2), so mußte man das Gewicht der Schale
                              hinzurechnen. Die Tabelle uͤber diese Versuche enthaͤlt acht Spalten;
                              in der ersten ist die Nummer der hohlen Eisenstangen angegeben; in der zweiten ihr
                              innerer Durchmesser; in der dritten die Dike des Eisenbleches, woraus sie verfertigt
                              sind; in der vierten die Last, welche sie in ihrer Mitte tragen mußten; in der
                              fuͤnften die den Gewichten entsprechenden Pfeile wie sie der Versuch ergab;
                              die sechste enthaͤlt die denselben Gewichten entsprechenden Pfeile, wie sie
                              sich nach den Formeln von Duleau fuͤr
                              aͤhnliche hohle, aber nicht mit Kitt ausgegossene Roͤhren ergeben; aus
                              der siebenten ersieht man das Maximum des Pfeiles, den eine Stange annehmen kann,
                              ohne daß ihre Elasticitaͤt veraͤndert wirdDie Formel Duleau's fuͤr das Maximum des
                                    Pfeiles, den eine Stange annehmen kann, ohne daß ihre Elasticitaͤt
                                    veraͤndert wird, ist F = 0,00005 L²/c: wenn
                                    man mit L die Entfernung zwischen den
                                    Stuͤzpunkten und mit c die senkrechte
                                    Hoͤhe der Stange bezeichnet.Fuͤr die erste und zweite Stange, welche gepruͤft wurden, hat
                                    manF = 0,81/0,034 × 0,00005 = 0,0000405/0,034 = 0 M., 0012.Die beobachteten Pfeile sind aber alle groͤßer als diejenigen, welche
                                    sich aus der Formel F = 0,00002122 (c4³/D²
                                    – d⁴) ergeben.Es ist wahrscheinlich, daß als man die Belastung von 35 Kilogrammen
                                    anbrachte, die Stange schon eine Kruͤmmung von 0 M., 003 hatte; denn
                                    wenn man diese 0 M., 003 von allen beobachteten Pfeilen abzieht, so stimmen
                                    sie mit denjenigen, welche die Berechnung ergibt, sehr nahe
                                    uͤberein.Man darf sich um so weniger wundern, daß die beobachteten Pfeile
                                    groͤßer als die berechneten sind, weil die Graͤnze, innerhalb
                                    welcher die Elasticitaͤt unveraͤndert bleibt,
                                    uͤberschritten wurde. Noch auffallender sind diese Resultate bei der
                                    zehnten und eilften Stange. Man sieht, daß bei einer kleinen Belastung eine
                                    fast vollkommene Uebereinstimmung zwischen den berechneten und beobachteten
                                    Resultaten Statt findet; die Differenzen nehmen mit der Belastung und in dem
                                    Maße zu, als die Pfeile sich von der Graͤnze, innerhalb welcher die
                                    Elasticitaͤt unveraͤndert bleibt, entfernen; gegen den Punkt,
                                    wo die Stangen sich biegen, werden die Differenzen sehr groß.A. d. O.; die achte endlich enthaͤlt die Bemerkungen.
                           
                           Wir haben oben gesehen, daß die Maschine, welche sehr kleine Kruͤmmungen bei
                              gußeisernen Stangen anzeigt, weniger genaue Resultate gibt, wenn es sich darum
                              handelt, die Kruͤmmungen von Stangen aus Eisenblech zu messen, die sich stark
                              biegen, ohne zu brechen. Deßwegen mußten auch die Pfeile, welche man gegen den
                              Punkt, wo die Stangen ganz einsanken, beobachtete, noch fehlerhafter ausfallen, und
                              es ist in dieser Hinsicht zu bemerken, daß da die Formeln fuͤr geschweißte
                              Roͤhren, wie Flintenlaͤufe, berechnet sind, sie vortheilhaftere
                              Resultate geben mußten als man mit Roͤhren erhielt, die aus einer Stange von
                              Eisenblech bestanden, deren beide Raͤnder nur an
                                 einander gelegt sind.
                           Die Uebereinstimmung unter den Pfeilen beweist ferner, daß so lange die Gestalt einer
                              Roͤhre sich nicht merklich veraͤndert hat, der Kitt ihren Widerstand
                              nicht vermehrt. Vergleicht man naͤmlich die erste und siebente Stange, welche
                              gleichen Durchmesser haben, wovon aber die eine mit Kitt ausgefuͤllt und die
                              andere leer ist, so findet man, daß bei kleinen Belastungen die Pfeile ziemlich
                              gleich sind.
                           Die Ausfuͤllung der Stangen mit Kitt zeigt sich also erst bei großen
                              Belastungen vortheilhaft: so wird eine Last, welche die Gestalt einer hohlen
                              Roͤhre zu veraͤndern im Stande ist, sie platt machen und
                              ploͤzlich biegen, waͤhrend diese Roͤhre, wenn sie mit Kitt
                              ausgefuͤllt ist, nicht ganz verunstaltet werden und sich erst unter einem
                              viel groͤßeren Gewicht anfangen wird zu biegen; hieraus folgt, daß der Kitt
                              um so nuͤzlicher ist, je groͤßer der Durchmesser der Stangen ist.
                           Waͤhrend aller Versuche veraͤnderte sich die Temperatur der Luft wenig:
                              sie betrug 1° bis 3° Reaumur. Wahrscheinlich wuͤrde bei hohen
                              Temperaturen, z.B. wenn ein Gitter an heißen Sommertagen der Sonne ausgesezt ist,
                              der Widerstand des Kittes geringer seyn.
                           Endlich gewaͤhrt dieser Kitt noch einen anderen sehr wesentlichen Vortheil; er
                              verhindert naͤmlich die Oxydation im Innern der Stange so wie die des Eisenblechs in
                              der Fuge, welche der schmelzende Kitt vollkommen ausfuͤllt.
                           Damit man zwischen der Staͤrke des hohlen und massiven Eisens leicht eine
                              Vergleichung anstellen kann, habe ich nach der Formel Duleau's
                              Bezeichnet man mit D und d den inneren und aͤußeren Durchmesser einer hohlen Stange,
                                    mit R ihren Widerstand, mit R' den Widerstand einer massiven Stange von
                                    gleichem Durchmesser, mit R'' und D' den Widerstand und den Durchmesser einer
                                    anderen massiven Stange von gleicher Laͤnge und verschiedenem
                                    Durchmesser, so hat man R/R' = (D⁴ – d⁴)/D⁴
                                    und R'/R'' = D⁴/D'⁴, folglich R/R'' = (D⁴
                                    – d⁴)/D⁴ und macht man R = R'', so
                                    ergibt sich der Werth des gesuchten Durchmessers,Textabbildung Bd. 44, S. 279Mittelst dieser Formel wurden die Zahlen in der
                                    Tabelle Nr. 3 berechnet.Hiebei ist aber die Staͤrke, welche die Ausfuͤllung der Stange
                                    mit Kitt hervorbringt, nicht beruͤksichtigt, und diese
                                    vergroͤßert den Widerstand der Stangen aus Eisenblech sehr.A. d. O. berechnet, welchen Durchmesser man massiven Eisenstangen geben muß, damit
                              sie einen gleichen Widerstand leisten wie verschiedene hohle Eisenstangen der HH.
                              Gandillot, die probirt worden waren.
                           Diese Formel fuͤhrte uns auf die wichtige Bemerkung, daß
                                 man viel mehr gewinnt, wenn man den Durchmesser der Stange vergroͤßert,
                                 als wenn man die Dike des Blechs verstaͤrkt. Vergleicht man
                              naͤmlich zwei Stangen von gleichem Widerstand, wovon die eine massiv und die
                              andere hohl ist, wobei wir annehmen, daß die Dike des Blechs bei lezterer ein
                              Dreizehntel ihres Durchmessers betraͤgt; so findet man, daß wenn der
                              Durchmesser des hohlen Eisens 100 ist, derjenige des massiven Eisens nur auf 84
                              vermindert werden kann. Wuͤrde die Dike des Blechs auf die Haͤlfte
                              reducirt, so daß sie also nur ein Sechsundzwanzigstel des Durchmessers
                              betruͤge, so muͤßte, wenn der Durchmesser der hohlen Stange noch immer
                              durch Hundert ausgedruͤkt wird, derjenige des massiven Eisens drei und
                              siebenzig seyn. Wenn man also die Dike des Blechs verdoppelt, so gewinnt man nur um
                              ein Siebentel an Staͤrke mehr, und es ist daher vortheilhaft, den Durchmesser
                              der Roͤhre auf Kosten der Dike des Bleches zu vergroͤßern.
                           
                        
                           Schlußbemerkungen.
                           Aus allen unseren Versuchen, welche durch die Theorie bestaͤtigt werden, geht
                              hervor, daß hohle Stangen bei einem viel geringeren Gewicht eine eben so große
                              Festigkeit darbieten als massive, daher man durch ihre Anwendung die Kosten vieler
                              Gegenstaͤnde außerordentlich vermindern kann. Dagegen haben sie freilich auch
                              einige Nachtheile.
                           
                           Erstens ist es unmoͤglich genau zu bestimmen, wie sich die Dauer des hohlen
                              Eisens zu derjenigen des massiven verhaͤlt. Die Erfahrung lehrt, daß
                              Gitterwerke an Denkmaͤlern etc., selbst wenn sie mit der groͤßten
                              Sorgfalt verfertigt wurden, nur eine sehr beschraͤnkte Dauer haben, indem sie
                              durch die Oxydation, welche die Feuchtigkeit verursacht und die sich bisher durch
                              keinen Ueberzug verhindern ließ, zerstoͤrt werden. Das Eisenblech ist seiner
                              Natur nach sehr leicht oxydirbar, und wenn es noch so gut uͤberfirnißt ist,
                              die Feuchtigkeit aber eine Fuge findet, wo sie durchdringen kann, so wird sie ihre
                              Zerstoͤrung unter dem Firniß fortsezen, und die Stange muß sich von dem
                              Kittcylinder, womit sie ausgefuͤllt ist, nach und nach abschuppen. Ein
                              auffallendes Beispiel wie schnell Gitter von massivem Eisen zerstoͤrt werden,
                              liefert dasjenige am Palais de Justice in Paris, welches
                              im J. 1790 aufgestellt wurde und im J. 1828 ganz zu Grunde gerichtet war. Da nun
                              dieses Gitter, welches mit der groͤßten Sorgfalt und Aufmerksamkeit
                              verfertigt worden war, in weniger als fuͤnfzig Jahren so ruinirt wurde, was
                              laͤßt sich nicht von der Oxydation bei Gitterwerken aus hohlem Eisen
                              befuͤrchten, welche nur aus Blech bestehen?
                           Um diesem großen Uebelstande abzuhelfen, schlagen die HH. Gandillot vor, die unteren Querstangen der Gitter aus massivem Eisen zu
                              verfertigen und in das untere Ende der hohlen Stangen ein Stuͤk einer engeren
                              Roͤhre einzusezen, durch welches der Stift ebenfalls hindurchginge. Diese
                              Vorsicht ist gewiß sehr gut, scheint uns aber ungenuͤgend, und kann die
                              Zerstoͤrung des Gitters verzoͤgern, aber nie verhindern;
                              uͤberdieß werden dadurch die Kosten des Gitters wieder
                              vergroͤßert.
                           Es lassen sich noch zwei gewichtige Einwendungen gegen die Anwendung dieser Gitter
                              machen: die erste ist, daß durch die Erschuͤtterungen bei ihrem Gebrauch die
                              Roͤhren sich mit der Zeit oͤffnen werden, so daß die Feuchtigkeit in
                              ihr Inneres gelangen kann; die zweite ist, daß solche Gitter keinen hinreichenden
                              Schuz gegen Einbruch gewaͤhren, da man bloß mit der Feile einen
                              ringfoͤrmigen Einschnitt zu machen braucht, um den Kitt zu entbloͤßen,
                              welcher dann kein Hinderniß mehr darbietet.
                           Die bezeichneten Nachtheile sind zwar groß, sie beziehen sich aber nur auf die
                              Anwendung des hohlen Eisens bei Gittern, die zur Sicherstellung des Eigenthums oder
                              an feuchten Orten angebracht werden; man kann sie vermeiden, wenn man solches Eisen
                              bloß fuͤr das Innere und die hoͤheren Theile der Gebaͤude
                              benuzt, wo es wegen seiner Leichtigkeit und Wohlfeilheit dem massiven vorzuziehen
                              ist.
                           Gitter aus hohlem Eisen haben im Allgemeinen vor solchen aus Gußeisen außerordentliche
                              Vorzuͤge; sie geben nie wie diese dem bloßen Druk eines Hebels nach, wenn sie
                              anders unversehrt sind. Wir wollen bei dieser Gelegenheit bemerken, daß man sich
                              wohl huͤten muß, gußeiserne Gitter als Verschließungsmittel anzuwenden. Ein
                              wenig bekannter Vorfall wird hinreichen, die Leser in dieser Hinsicht
                              aufzuklaͤren. Hr. Tranchant, ein Kaufmann zu
                              Paris, ließ sein Pferd an einem Tilbury angespannt frei in dem Hofe seines Landgutes
                              zu Villeneuve-Saint-Georges stehen. Das Geraͤusch von dem
                              Jagdgefolge des Koͤnigs machte das Pferd scheu, und es drang, ohne sich zu
                              verlezen, durch das Gitter, indem es die Querstange und sieben Stangen aus Gußeisen
                              zerbrach.
                           Die Kunst metallene Roͤhren zu verfertigen ist zwar nicht neu. Den 3. November
                              1828 erhielt Hr. Thompson ein Einfuͤhrungs-
                              und Verbesserungs-Patent auf Apparate und Maschinen zur Fabrikation von
                              Roͤhren und hohlen Cylindern aus Metall. Die HH. Gandillot haben aber dieselben zuerst im Großen verfertigt und zum
                              Aufschwung dieses Industriezweiges am meisten beigetragen.Wir haben schon im J. 1829 im Polytechnischen Journal (Bd. XXXIII. S. 47) einen Bericht
                                    uͤber die hohlen Eisenstangen der HH. Gandillot und Roy aus dem Recueil industriel mitgetheilt; es scheint aber
                                    nicht, daß er die Aufmerksamkeit der deutschen Architecten erregte.A. d. R. Die Vortheile, welche diese Roͤhren in der That bei Bauten wegen
                              ihrer Festigkeit, Leichtigkeit und Wohlfeilheit darbieten, werden sie ohne Zweifel
                              bald allgemein in Gebrauch bringen.
                           TabelleNr. 1.
                           Versuche mit den hohlen Eisenstangen der HH. Gandillot und Roy.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 44, S. 281
                              Nummern der senkrecht probirten
                                 Stangen; Durchmesser; Dike des Eisens; Belastung; Pfeile; Bemerkungen; 1ste
                                 senkrechte Stange von 0 M., 50 Laͤnge; Einsinken; Die Fuge auf der Seite
                                 der Wagschale; Die Fuge oͤffnete sich um 0,0065; 2te Stange; Die Fuge auf
                                 der Seite der Stuͤze, die Kruͤmmung war auf dieser Seite ehe die
                                 Gewichte in die Wagschale gelegt wurden; Einsinken nach Verlauf einer Minute;
                                 Die Fuge oͤffnete sich um 0 M., 002; 3te Stange; Ploͤzliches
                                 Einsinken; Die Stange war unter der Belastung der Wagschale vollkommen gerad,
                                 die Fuge auf der Seite der Wagschale; Die Stange oͤffnete sich auf der
                                 Fuge um 0,002.
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 44, S. 282
                              Nummern der senkrecht probirten
                                 Stangen; Durchmesser; Dike des Eisens; Belastung; Pfeile; Bemerkungen; 4te
                                 Stange. Dauer des Versuches 1/4 Stunde; Einsinken; Ehe man Gewichte auflegte,
                                 betrug der Pfeil der Kruͤmmung in einer auf den Hebel senkrechten Ebene
                                 0,0015; die Fuge war auf der Seite des Stuͤzpunktes; 5te Stange; 6te
                                 Stange; Die Fuge auf der Seite der Wagschale. Der Pfeil auf der Seite der Achse;
                                 7te Stange; Die Fuge auf der Seite des Pfeils: bei einer Belastung von 2,942
                                 hoͤrte man ein betraͤchtliches Krachen; 8te Stange; Die Fuge
                                 oͤffnete sich nicht.; 9te Stange; 10te Stange; Bei einer Belastung von
                                 2,424 ging ein Ring der Kette auf und die Wagschale fiel mit einer heftigen
                                 Erschuͤtterung auf den Boden
                              
                           
                           TabelleNr. 2
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 44, S. 283
                              Nummern der nach der Quere
                                 belasteten Stangen; Durchmesser; Dike; Belastung; Pfeile welche der Versuch
                                 ergab; Pfeile nach der Formel von Duleau; Maximum des Pfeiles welchen die Stange
                                 mit Beibehaltung ihrer Elasticitaͤt annehmen kann, nach Duleau;
                                 Bemerkungen; 1ste Stange auf zwei Stuͤzpunkten angebracht, die 0,90 M.
                                 entfernt waren; Als man die Gewichte aufhob; Die nach Oben gerichtete Fuge
                                 oͤffnete sich um 0,003 M; 2te Stange; Die Fuge war nach Unten gerichtet
                                 und ging nicht auf; 3te Stange; Man legte den Gewichten der Wagschale Behufs
                                 einer groͤßeren Beschwerung eine Platte v. 10 Kil. zu, was b. d.
                                 Berechnung beruͤksichtigt wurde; Bei einer Belastung v. 765 Kil. ging d.
                                 Fuge ein wenig auf, vielleicht weil der Kitt zuruͤktrat; 4te Stange; Bei
                                 950 Kil. oͤffnete sich die Fuge um 0,003; die Stange hatte ihre
                                 Elasticitaͤt verloren; Die Fuge oberhalb drehte sich ohne aufzugehen; 5te
                                 Stange; Die Fuge nach Unten; 6te Stange, nicht mit Kitt ausgegossen; Die Fuge
                                 nach Oben; Bei einem Pfeil von 15 M. fing die Stange an Risse zu bekommen
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 44, S. 284
                              Nummern der nach der Quere
                                 belasteten Stangen; Durchmesser; Dike; Belastung; Pfeile welche der Versuch
                                 ergab; Pfeile nach der Formel von Duleau; Maximum des Pfeiles welchen die Stange
                                 mit Beibehaltung ihrer Elasticitaͤt annehmen kann, nach Duleau;
                                 Bemerkungen; 7te Stange, nicht mit Kitt ausgegossen; Die Fuge nach Oben; 8te
                                 Stange; 9te Stange; Die Fuge nach Unten; 10te Stange; 11te Stange
                              
                           
                           TabelleNr. 3.
                           Sie gibt die Durchmesser der massiven Stangen an, welche den
                                 Durchmessern der hohlen gepruͤften Stangen (in Tab. Nr. 1 und 2) entsprechen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 44, S. 285
                              Nummern der Stangen in der Tabelle
                                 Nr. 1; Durchmesser des hohlen Eisens; Dike; Verhaͤltniß der Dike zum
                                 Durchmesser; Durchmesser des massiven Eisens von gleicher Staͤrke;
                                 Durchmesser des massiven Eisens, wenn derjenige des hohlen Eisens von gleicher
                                 Staͤrke 1 ist; Nummern der Stangen in der Tabelle Nr. 2