| Titel: | Ueber den Einfluß, welchen das Wasser bei einer großen Anzahl chemischer Reactionen ausübt, von Hrn. J. Pelouze. | 
| Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XII., S. 63 | 
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                        XII.
                        Ueber den Einfluß, welchen das Wasser bei einer
                           großen Anzahl chemischer Reactionen ausuͤbt, von Hrn. J. Pelouze.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. Julius 1832, S.
                              314 und August S. 434.
                        Pelouze, uͤber den Einfluß des Wassers bei chemischen
                           Reactionen.
                        
                     
                        
                           Hr. Kestner, Fabrikant chemischer Producte in Thann,
                              schikte mir eine große Quantitaͤt Traubensaͤure (acide racémique), womit ich vor einigen Monaten
                              zahlreiche Versuche anstellte, in der Hoffnung diese Saͤure in
                              Weinsteinsaͤure und leztere wieder in Traubensaͤure umaͤndern
                              zu koͤnnen. Wenn ich dieses Resultat aber auch nicht erzielte und einige
                              hundert Grammen von einem eben so seltenen als merkwuͤrdigen Koͤrper
                              verlor, so hatte ich wenigstens das Vergnuͤgen eine Thatsache zu entdeken,
                              die ihrer Sonderbarkeit wegen gewiß die Aufmerksamkeit der Chemiker erregen wird:
                              sie besteht darin, daß eine siedendheiße Aufloͤsung von Traubensaͤure
                              in Alkohol nicht nur die blaue Farbe des Lakmus nicht roͤthet, sondern auch
                              kein kohlensaures Salz zersezen kann.
                           Anfangs glaubte ich diese Eigenschaft einem isomerischen Zustande zuschreiben zu
                              muͤssen, bald uͤberzeugte ich mich aber, daß die
                              Weinsteinsaͤure genau dieselbe Eigenschaft darbietet. Ich
                              vervielfaͤltigte nun meine Versuche, dehnte sie auch auf andere
                              Saͤuren aus und fand zu meinem großen Erstaunen, daß eine darunter,
                              naͤmlich die Essigsaͤure, im Zustande ihrer hoͤchsten
                              Concentration (wo sie nur noch das einzige zu ihrer Bestehung noͤthige Atom
                              Wasser enthaͤlt) die blaue Farbe eines ganz troknen Lakmuspapieres nicht
                              veraͤndert und mit Kreide gekocht werden kann, ohne auch nur eine Blase
                              Kohlensaͤure zu entbinden.
                           
                           Proust hat vor langer Zeit eine Thatsache beobachtet,
                              welche wahrscheinlich mit einigen der vorher angefuͤhrten analog ist. Er
                              fand, daß Salpetersaͤure von 1,410 spec. Gew. das Zinn nicht angreift, daß
                              sich aber auf Zusaz von ein wenig Wasser die Wirkung ploͤzlich und mit
                              außerordentlicher Heftigkeit einstellt.
                           Bekanntlich roͤthet auch die wasserfreie Schwefelsaͤure weder in festem
                              noch in dampffoͤrmigem Zustande ein ganz troknes Lakmuspapier und es muß
                              durchaus Wasser enthalten, wenn die saure Reaction Statt finden soll.
                           Chevreul fand,Recherches chimiques sur les corps gras d'origine
                                       animale. Paris, 1823. A. d. O. daß man durch Erhizen von 0,02 Grammen zweifach stearinsaurem Kali mit 5 Gr.
                              Alkohol von 0,792 spec. Gew. eine Aufloͤsung erhaͤlt, welche 0,20 Gr.
                              waͤsserigen Lakmus-Extracts nicht roͤthet; daß das Lakmus roth
                              wird, wenn man 5 Gr. Wasser in die Aufloͤsung gießt, daß es aber auf Zusaz
                              von 10 Gr. Wasser neuerdings blau wird. Aus diesen Thatsachen schloß Chevreul, daß die Quantitaͤt Stearinsaͤure,
                              welche das neutrale stearinsaure Salz in ein zweifach stearinsaures verwandelt, von
                              dem stearinsauren Kali staͤrker angezogen wird, als von dem Kali des Lakmus,
                              wenn das zweifach stearinsaure Salz in concentrirtem Alkohol aufgeloͤst ist;
                              waͤhrend das Gegentheil Statt findet, wenn das zweifach stearinsaure Salz in
                              schwachem Alkohol aufgeloͤst ist. Chevreul
                              uͤberzeugte sich außerdem, daß die geistigen Aufloͤsungen der fetten
                              Saͤuren die Farbe des Lakmus nicht veraͤndern.
                           Dieß sind meines Wissens die einzigen Thatsachen, welche den von mir beobachteten und
                              oben angefuͤhrten analog sind.
                           Man goß Essigsaͤure von 1,063 spec. Gew. in eine Glasroͤhre, die man
                              uͤber Queksilber umkehrte und brachte dann kohlensauren Kalk hinein, welcher
                              durch Faͤllen von Chlorcalcium mit kohlensaurem Kali, erhalten und bei
                              100° C. getroknet worden war. Nach Verlauf eines Monats hatte sich noch nicht
                              eine einzige Blase Kohlensaͤure entwikelt.
                           Nachdem der kohlensaure Kalk auf ein Filter gebracht und mit Alkohol
                              ausgesuͤßt worden war, zeigte sich sein Gewicht unveraͤndert. Kreide
                              und weißer Marmor lieferten dasselbe Resultat.
                           Ein aͤhnliches Gemenge wurde in eine gekruͤmmte Glasroͤhre
                              gebracht und laͤngere Zeit gekocht, ohne daß die Saͤure auf das
                              kohlensaure Salz wirkte. Dasselbe war der Fall im luftleeren Raum. Endlich wurde das
                              Gemenge noch auf 10 Atmosphaͤren in Oerstedt's
                              Apparat comprimirt, ohne die geringste Veraͤnderung zu erleiden.
                           
                           Wenn man an Statt concentrirte Essigsaͤure mit kohlensaurem Kalk in
                              Beruͤhrung zu bringen, sie auf Aezkalk gießt, der durch Gluͤhen von
                              Marmor erhalten wurde, so bildet sich sogleich essigsaurer Kalk, der sich in der
                              uͤberschuͤssigen Saͤure aufloͤst.
                           Es ist sehr schwer eine genuͤgende Erklaͤrung dieser verschiedenen
                              Erscheinungen zu finden. Es fragt sich, warum die Essigsaͤure im Zustande
                              ihrer groͤßten Concentration und bei einer Temperatur von 119° C.
                              nicht Kraft genug hat, um die Kreide zu zersezen, waͤhrend sie sich leicht
                              mit dem Kalk verbindet. Es ist wahr, daß hier die Saͤure und die Basis kein
                              Hinderniß zu uͤberwinden haben, keinen Koͤrper ausscheiden
                              muͤssen, um sich zu vereinigen. Warum gehorcht aber im ersteren Falle das
                              kohlensaure Gas nicht seiner Elasticitaͤt? warum thut die starke
                              Saͤure nicht, was die schwache Saͤure thut? und durch welche
                              unbekannte Kraft entzieht sich der kohlensaure Kalk dem gewoͤhnlichen Geseze?
                              Dieß ist ein schwer zu loͤsendes Raͤthsel.
                           Die kohlensauren Salze des Kalis, Natrons, Bleies, Zinks, Strontians, Baryts und der
                              Bittererde werden durch die krystallisirbare Essigsaͤure zersezt. Die drei
                              lezteren außerordentlich langsam. In allen Faͤllen findet aber die Zersezung
                              lebhaft Statt, wenn man die Saͤure mit Wasser verduͤnnt. Loͤst
                              man sie hingegen in ihrem mehrfachen Gewicht absoluten Alkohols auf, so verliert sie
                              vollkommen die Eigenschaft, die Saͤure aus obigen kohlensauren Salzen
                              auszutreiben, und erhaͤlt sie neuerdings, wenn man das Gemenge mit Wasser
                              versezt. Jedenfalls ist die Menge dieser Fluͤssigkeit, welche man nothwendig
                              anwenden muß, um die Reaction zu veranlassen, nicht gleichguͤltig, wovon
                              folgender Versuch ein merkwuͤrdiges Beispiel liefert.
                           Man brachte in eine Roͤhre eine gewisse Menge einer gesaͤttigten
                              Aufloͤsung von kohlensaurem Kali in Wasser, fuͤllte sie dann mit
                              Queksilber ganz auf und kehrte sie hierauf im Queksilberbade um. Alsdann trieb man
                              durch eine Saugroͤhre ein Gemisch von Alkohol mit concentrirter
                              Essigsaͤure hinein; nachdem man sie eine halbe Minute lang
                              geschuͤttelt hatte, fiel das kohlensaure Kali als ein weißes koͤrniges
                              Pulver nieder, und es entwikelte sich nicht die geringste Menge kohlensaures
                              Gas.
                           Die Gegenwart des Alkohols modificirt also unter diesen Umstaͤnden die
                              Verwandtschaften so, daß derselbe eine groͤßere Tendenz hat, das Wasser
                              anzuziehen als die Essigsaͤure (eine starke Saͤure), das kohlensaure
                              Kali zu zersezen, welches sie im wasserhaltigen Zustande so leicht zersezt.
                           Eine rationelle Erklaͤrung einer so sonderbaren Thatsache scheint mir nicht
                              leicht zu finden. Da das essigsaure Kali sowohl im Alkohol als in einem Gemisch desselben
                              mit Essigsaͤure aufloͤslich ist, so begreift man nicht, was sich
                              seiner Bildung widersezen sollte.
                           Was uͤbrigens auch die Ursache des Einflusses seyn mag, den der Alkohol in
                              Beruͤhrung mit Essigsaͤure und kohlensauren Salzen ausuͤbt, und
                              welcher aufhoͤrt, sobald man diese Salze durch ihre Basen ersezt, so ist so
                              viel gewiß, daß waͤhrend der ganzen Dauer der Beruͤhrung die
                              Eigenschaften der Essigsaͤure, wo nicht aufgehoben, doch gaͤnzlich
                              maskirt sind. Ich habe noch folgenden Versuch angestellt, der so zu sagen das
                              Umgekehrte des ersten ist. Ich loͤste essigsaures Kali in Alkohol von 97
                              Centesimalgraden auf und leitete durch die Fluͤssigkeit einen Strom
                              Kohlensaͤure. Nach einigen Augenbliken erhielt ich einen reichlichen
                              Niederschlag von kohlensaurem Kali, welcher ungeachtet der frei gewordenen
                              Essigsaͤure bestand, weil diese Saͤure, wie ich schon gesagt habe, die
                              kohlensauren Salze nicht mehr zersezt, wenn sie in Alkohol aufgeloͤst ist.
                              Wenn die bei diesem Versuche angewandten Substanzen wasserfrei sind, entsteht eine
                              große Menge Essigaͤther.
                           Man kann also bei demselben Druk und bei derselben Temperatur das essigsaure Kali
                              durch Kohlensaͤure und das kohlensaure Kali durch Essigsaͤure
                              zersezen. Man braucht die chemische Reaction naͤmlich nur in einem
                              verschiedenen Aufloͤsungsmittel vorgehen zu lassen.
                           Da die Kreide weder in der Waͤrme noch in der Kaͤlte durch concentrirte
                              Essigsaͤure zersezt wird, so vermuthete ich, daß der essigsaure Kalk seine
                              Basis wohl an die Kohlensaͤure abgeben koͤnnte; ich ließ daher bei
                              verschiedenen Temperaturen eine große Menge Kohlensaͤure uͤber
                              essigsauren Kalk, sowohl troknen als feuchten und durch eine concentrirte
                              Aufloͤsung desselben streichen, erhielt aber nur negative Resultate.
                           Wasserfreier Alkohol, Schwefelaͤther, Essigaͤther maskiren mehr oder
                              weniger vollstaͤndig die Eigenschaften der staͤrksten Saͤuren.
                              Ihre Aufloͤsung roͤthet das blaue Lakmuspapier nicht und greift eine
                              große Anzahl kohlensaurer Salze nicht an.
                           Ein Gemisch von ungefaͤhr 6 Theilen absoluten Alkohols und 1 Theil
                              concentrirter Schwefelsaͤure wirkt auf kein neutrales kohlensaures Salz,
                              zersezt aber augenbliklich das essigsaure Kali und entbindet daraus reichliche
                              Daͤmpfe von Essig, mit Essigaͤther gemischt.
                           Man weiß durch die Untersuchungen von Hennell und Serullas, daß die Schwefelweinsaͤure sich in der
                              Kaͤlte in einem Gemisch von Alkohol und concentrirter Schwefelsaͤure
                              bildet, daß aber, der Ueberschuß von Alkohol mag noch so groß seyn, immer freie
                              Schwefelsaͤure in dem Chemisch zuruͤkbleibt. Man darf daher aus dem oben
                              angefuͤhrten Versuch folgern, daß eine geistige Aufloͤsung von
                              Schwefelweinsaͤure und Schwefelsaͤure ein kohlensaures Salz nicht
                              zersezen kann. Die Dazwischenkunft des Wassers ist noͤthig, damit sich die
                              Reaction einstellt.
                           Eine Aufloͤsung von salzsaurem Gas in Alkohol, die so concentrirt ist, daß die
                              Fluͤssigkeit mit ihrem vierhundertfachen Volumen Wasser verduͤnnt, das
                              Lakmuspapier noch roͤthet, greift mit außerordentlicher Heftigkeit den
                              kuͤnstlichen kohlensauren Kalk und selbst den Marmor an. Sie greift auch,
                              obgleich weniger lebhaft, die kohlensauren Salze des Baryts, Strontians, der
                              Bittererde und des Natrons an, selbst dann wenn diese Salze zuvor gegluͤht
                              wurden. Sie zersezt hingegen das kohlensaure Kali nicht.
                           Ein Gemisch von concentrirter Salpetersaͤure mit Alkohol zersezt das
                              kohlensaure Kali ebenfalls nicht, wirkt aber kraͤftig auf den kohlensauren
                              Kalk und Strontian. Kohlensaurer Baryt, Bittererde und Natron werden auch
                              angegriffen, aber sehr langsam.
                           Ich habe schon gesagt, daß die Pflanzensaͤuren sich aͤhnlich verhalten
                              wie die Mineralsaͤuren. Ich stellte meine Versuche hauptsaͤchlich mit
                              Weinsteinsaͤure, Paraweinsteinsaͤure, Citronensaͤure und
                              Kleesaͤure an. Alle vier loͤsen sich in betraͤchtlicher Menge
                              in Alkohol auf. Die Aufloͤsung der beiden ersten Saͤuren in dieser
                              Fluͤssigkeit griff keines der vielen kohlensauren Salze an, womit ich sie in
                              Beruͤhrung brachte.
                           Die Citronensaͤure ist unter denselben Umstaͤnden ohne Wirkung auf den
                              kohlensauren Strontian, Kalk und Baryt, greift aber kohlensaures Kali und
                              kohlensaure Bittererde, leztere jedoch sehr langsam, an.
                           Die Kleesaͤure, welche die Kohlensaͤure aus dem kohlensauren Strontian,
                              Baryt und der kohlensauren Bittererde austreibt, ist auf kohlensaures Kali und
                              kohlensauren Kalk ganz unwirksam.
                           Die in dieser Abhandlung enthaltenen Beobachtungen duͤrften fuͤr die
                              praktische Chemie von einigem Nuzen seyn. Sie zeigen naͤmlich, daß man oft
                              mehr oder weniger bedeutende Schwierigkeiten finden wird, in Alkohol
                              aufgeloͤste Saͤuren zu neutralisiren, und daß man aus dem Verhalten
                              dieser Fluͤssigkeiten zu den Reactionspapieren nicht voreilig auf ihre
                              Neutralitaͤt schließen darf, was besonders bei organischen Analysen, wo man
                              so haͤufig Alkohol und Aether anwendet, beachtenswerth ist.
                           In theoretischer Hinsicht ist zu bemerken, daß wenn auch einige der
                              angefuͤhrten Thatsachen genuͤgend erklaͤrt werden
                              koͤnnen, bei anderen dieses hingegen unmoͤglich ist. Wie soll man sich
                              z.B. erklaͤren, warum concentrirte Essigsaͤure den kohlensauren Kalk
                              nicht zersezt, waͤhrend dieselbe Saͤure sich so leicht mit dem Aezkalk
                              verbindet? Warum ist das
                              Wasser im ersten Falle noͤthig und im zweiten unnuͤz, waͤhrend
                              doch dasselbe Product entstehen muß? Man kann nicht sagen, daß die krystallisirbare
                              Essigsaͤure die Kreide schlecht befeuchtet, und daß ihre Unwirksamkeit diesem
                              Umstaͤnde zuzuschreiben ist, denn abgesehen davon, daß kein Grund vorhanden
                              ist, warum dieselbe Saͤure den Aezkalk besser befeuchten sollte,
                              haͤtte der Druk von 10 Atmosphaͤren, welchem man das Gemenge unterzog,
                              hingereicht, um eine vollkommene Beruͤhrung und folglich eine Zersezung
                              dieser beiden Koͤrper zu bewirken. Auf der anderen Seite machte es auch schon
                              das Kochen der Essigsaͤure uͤber Kreide im luftleeren Raume, wobei
                              keine Reaction Statt fand, unwahrscheinlich, daß der Luftdruk irgend einen Antheil
                              an der Erscheinung hat. Was uͤbrigens auch die wahre Ursache seyn mag, so
                              liefert die Thatsache selbst den unbestreitbaren Beweis, daß die Verwandtschaft der
                              Koͤrper zu einander mit der Natur der Aufloͤsungsmittel, worin ihre
                              Einwirkung gerade Statt findet, wechseln kann, und es waͤre unrichtig, wenn
                              man geradezu sagen wollte, daß diese oder jene Saͤure, diese oder jene Reihe
                              von Salzen zersezt, denn im isolirten Zustand und im Zustande der Aufloͤsung
                              sind die Resultate bisweilen ganz verschieden. So koͤnnen die in Alkohol und
                              die in Wasser aufgeloͤste Essigsaͤure in Bezug auf gewisse
                              Koͤrper, z.B. die Kreide, als ganz verschiedene Saͤuren betrachtet
                              werden. Die in Alkohol aufgeloͤste Essigsaͤure verhaͤlt sich zu
                              den kohlensauren Salzen wie die Kohlensaͤure zu den in Wasser
                              aufgeloͤsten essigsauren Salzen und umgekehrt die in Wasser
                              aufgeloͤste Essigsaͤure zu den kohlensauren Salzen wie die
                              Kohlensaͤure zu den in Alkohol aufgeloͤsten essigsauren Salzen; in dem
                              einen Falle findet naͤmlich gar keine Wirkung und in dem anderen eine
                              vollstaͤndige Zersezung Statt.
                           Diese Thatsachen scheinen wo moͤglich noch mehr Berthollets Gesez zu bekraͤftigen, naͤmlich das der
                              doppelten Zersezungen durch Unaufloͤslichkeit. In der That, wenn die KohlensaͤureKohensaͤure das in Alkohol aufgeloͤste essigsaure Kali zersezt, so geschieht
                              dieß, weil das kohlensaure Kali, welches sich bilden muß, in dieser
                              Fluͤssigkeit unaufloͤslich ist, abgesehen von der merkwuͤrdigen
                              Eigenschaft der Essigsaͤure, das kohlensaure Kali unter diesen
                              Umstaͤnden nicht zu zersezen.
                           Es ist nicht unmoͤglich, daß man durch Kohlensaͤure oder jede andere
                              schwache Saͤure, die in einem geeigneten Vehikel aufgeloͤst ist, die
                              staͤrksten Saͤuren aus ihren salzartigen Verbindungen wird trennen
                              koͤnnen. Indessen ist mir ein in dieser Absicht angestellter Versuch nicht
                              gelungen. Ich loͤste Chlorstrontium, auch Chlorkupfer und salpetersaures
                              Kupferoxyd in Alkohol auf und leitete lange Zeit einen Strom kohlensaures Gas
                              hindurch, ohne daß sich kohlensaurer Strontian oder kohlensaures Kupfer
                              bildete.Daß aus einer Aufloͤsung von (wasserfreiem) Chlorstrontium und
                                    Chlorkupfer in absolutem Alkohol durch kohlensaures Gas kein kohlensaurer
                                    Strontian und kein kohlensaures Kupferoxyd niedergeschlagen werden konnte,
                                    ist ganz natuͤrlich, weil die Basen in diesen Haloidsalzen als
                                    Metalle, die sich nicht mit Kohlensaͤure verbinden koͤnnen,
                                    enthalten sind! A. d. R.
                              
                           Die Gegenwart des Wassers scheint fuͤr die chemischen Reactionen nicht immer
                              noͤthig zu seyn. Viele koͤnnen auch in anderen
                              Aufloͤsungsmitteln vor sich gehen. Unter der Luftpumpe getroknete und in
                              absolutem Alkohol aufgeloͤste Kleesaͤure schlaͤgt den in
                              absolutem Alkohol aufgeloͤsten salpetersauren Kalk nieder. Schwefelcyankalium
                              faͤrbt sowohl das in Alkohol als das in Wasser aufgeloͤste
                              Eisenchlorid stark roth etc.