| Titel: | Untersuchung des schwarzen Kothes aus den Abzüchten; von Hrn. Heinrich Braconnot. | 
| Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XXVIII., S. 139 | 
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                        XXVIII.
                        Untersuchung des schwarzen Kothes aus den
                           Abzuͤchten; von Hrn. Heinrich
                              Braconnot.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. Junius 1832, S.
                              213.
                        Braconnot, Untersuchung des schwarzen Kothes.
                        
                     
                        
                           Die Reinigung der Abzuͤchte (Gossen) war in Nancy unumgaͤnglich
                              noͤthig geworden. Einige Personen befuͤrchteten dadurch Gefahr
                              fuͤr die Gesundheit in dem Augenblike wo die Cholera in unserer Stadt sich zu
                              zeigen anfing. Um zu erfahren, wie weit diese Meinung gegruͤndet sey,
                              untersuchte ich den Koth, welcher sich in den Abzuͤchten absezt. Dieser Saz
                              hat bekanntlich einen sumpfigen Geruch und eine sehr dunkle schwarze Farbe, die ich
                              verwesenen organischen Substanzen zuschreiben zu muͤssen glaubte; ich
                              uͤberzeugte mich aber bald, daß sie von einer anderen Ursache
                              herruͤhrt. Diese Farbe, welche er unter Wasser immer beibehaͤlt,
                              verschwindet naͤmlich gaͤnzlich in Beruͤhrung mit der Luft,
                              selbst noch ehe der Schlamm ganz austroknet, welcher auch schnell seinen Geruch
                              verliert und sich dann in der Farbe nicht mehr merklich von der gewoͤhnlichen
                              sandigen Akererde unterscheidet.
                           Bringt man den schwarzen Koth mit verduͤnnter Salzsaͤure in
                              Beruͤhrung, so entfaͤrbt er sich nach und nach ebenfalls
                              gaͤnzlich unter Aufbrausen, Kohlensaͤure und Schwefelwasserstoff
                              entwikelnd. In der uͤberstehenden Fluͤssigkeit ist Eisen und Kalk
                              aufgeloͤst; daraus geht hervor, daß dieser Koth durch Schwefeleisen
                              (wahrscheinlich das dem Eisenperoxyd entsprechende) gefaͤrbt ist. Nach dem
                              Austroknen entwikelt dieser Koth durch Saͤuren kein Schwefelwasserstoffgas
                              mehr und verbreitet beim Erhizen Schwefelgeruch, was der Umaͤnderung des
                              schwarzen Schwefelmetalles in Eisenoxyd und Schwefel zugeschrieben werden muß. Das
                              Schwefelwasserstoffgas, welches durch die Zersezung der organischen Substanzen
                              entsteht, erzeugt durch seine Einwirkung auf das in den erdigen Stoffen enthaltene
                              Eisenoxyd offenbar das den Koth schwarzfaͤrbende Schwefeleisen. Ich glaube
                              jedoch bemerken zu muͤssen, daß die meisten Koͤrper, welche sich
                              zufaͤllig in diesem schwarzen Schlamm befanden, wie große Knochen, Holz,
                              dichte und krystallinische Kalksteine, und selbst Kieselsteine ganz oder fast ganz
                              von demselben Schwefelmetall durchdrungen waren, das ihnen eine sehr dunkle schwarze
                              Farbe ertheilte. Ich konnte auf keinem dieser Stuͤke krystallisirten
                              Schwefelkies entdeken, fand ihn aber in schoͤnen goldgelben Krystallen auf
                              Stuͤken halbverfaulten Holzes, die auf das Ufer eines Flusses ausgeworfen
                              waren, worauf man seit undenklichen Zeiten dieses Brennmaterial fortschwemmt.
                           
                           Der erdige Koth der Abtritte, Graͤben, Baͤche, Teiche, Pfuͤzen,
                              verdankt seine mehr oder weniger dunkle Farbe ohne Zweifel auch dem Schwefeleisen,
                              so wie der fette schwarze Sand unter dem Straßen-Pflaster.
                           Der Koth der Abzuͤchte gibt, wenn man ihn durch Zeug beutelt, eine feine, dem
                              Tintensaz gleichende Substanz; kocht man diese mit Wasser, so faͤrbt sie es
                              kaum und die Fluͤssigkeit hinterlaͤßt beim Verdampfen eine geringe
                              Menge einer gelblichen, geruchlosen thierischen Substanz, die sich in ein wenig
                              kalten Wassers leicht aufloͤst und daraus durch Gallaͤpfelinfusion und
                              salpetersaures Silber schmuzigweiß gefaͤllt wird. Diese Substanz
                              hinterlaͤßt nach dem Verbrennen Spuren von salzsaurem Natron.
                           Kocht man den feinen Theil des schwarzen Gossenkothes mit einer schwachen
                              Aufloͤsung von Aezkali, so entwikelt sich kein Ammoniak. Die filtrirte
                              Fluͤssigkeit war braun. Laßt man einen Tropfen davon auf ein Silberblech
                              fallen, so bildet er darauf sogleich einen schwarzen Flek von Schwefelsilber. Gießt
                              man in diese Fluͤssigkeit eine Saͤure, so entwikelt sich
                              Schwefelwasserstoff und es faͤllt eine thierische Substanz in
                              braͤunlichgelben Floken nieder. Gut ausgesuͤßt, reagirt sie auf
                              Lakmuspapier nach Art der schwachen Saͤuren und neutralisirt die
                              Alkalien.
                           Die Aufloͤsung in verduͤnntem Ammoniak hinterlaͤßt nach dem
                              Verdampfen zur Trokniß eine firnißartige, braͤunliche, in kaltem Wasser
                              aufloͤsliche und das Lakmus roͤthende Verbindung.
                           Dieselbe Substanz, aus ihrer alkalischen Aufloͤsung durch eine Saͤure
                              niedergeschlagen, ist in kochendem Wasser wenig aufloͤslich, obgleich sie ihm
                              eine braͤunliche Farbe ertheilt.
                           Bei der Destillation gibt sie viel brenzliches Oehl, so wie ein schwefeligsaures
                              ammoniakalisches Product, und es hinterbleibt eine Kohle, welche nach dem Verbrennen
                              eine große Menge Eisenoxyd zuruͤklaͤßt.