| Titel: | Die Kunst des Baumwoll- und Leinengarn-Färbens. Von Hrn. Professor Laugier. | 
| Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XL., S. 207 | 
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                        XL.
                        Die Kunst des Baumwoll- und
                           Leinengarn-Faͤrbens. Von Hrn. Professor Laugier.
                        Aus dem Dictionnaire technologique. Bd. XX. S.
                              325.
                        Laugier, die Kunst des Baumwoll- und
                           Leinengarn-Faͤrbens.
                        
                     
                        
                           Fortsezung von S. 138 des vorigen
                                 Heftes.Drittes Kapitel.Von den rothen Farben.
                           Wir haben schon fruͤher gesagt, daß wir alle Farben in falschfaͤrbige,
                              gutfaͤrbige und aͤchtfaͤrbige theilen; diese Eintheilung
                              wiederholt sich nun auch wieder bei den rothen Farben. Wir wollen hier von jedem
                              dieser verschiedenen Roth ein Beispiel geben und die verschiedenen Manipulationen
                              dabei beschreiben. Alle uͤbrigen guten Methoden, deren man sich fuͤr
                              verschiedene Schattirungen bedient, sey es, daß man andere Faͤrbestoffe oder
                              andere Beizen dazu anwendet, oder daß man andere Manipulationen befolgt, werden wir
                              in der Tabelle angeben.
                           
                              §. 1. Von dem
                                    falschfaͤrbigen Roth mit Brasilienholz.
                              Das Brasilienholz gibt vergaͤngliche Farben, die etwas mehr Festigkeit
                                 erhalten, wenn man die Baumwolle gallirt und alaunt, und wenn man
                                 salpeter-salzsaures Zinn als Beize anwendet, besonders aber mit der Beize
                                 N. 6. Kap. IX.
                              Noch groͤßere Festigkeit erhaͤlt diese Farbe, wenn man, wie es Dambourney bei der Wolle that, gepulverte Birkenrinde
                                 anwendet. Man nimmt auf jede Unze (2 Loth) Brasilienholz 2 Pfund trokene, grob
                                 gestoßene Birkenrinde: ein Verhaͤltniß, welches auch uns vollkommen gute
                                 Resultate gab. Die Birkenrinde laͤßt man eine halbe Stunde lang sieden;
                                 dann laͤßt man das Bad auf 30 bis 40° abkuͤhlen, worauf man
                                 das Brasilienholz hineinwirft, und so sieden laͤßt, wie es im neunten
                                 Kapitel bei der Bereitung der faͤrbenden Baͤder angegeben ist. Nur
                                 diese geringe Abaͤnderung bringt man an allen den Vorschriften, die wir
                                 in diesem Paragraphen geben werden, an.
                              
                                 (1)Die
                                          in Parenthesen beigefuͤgten Zahlen entsprechen jenen der
                                          alphabetischen Tabelle, und dienen zum Auffinden der Methoden, auf
                                          welche wir zur Vermeidung von Wiederholungen in dieser Tabelle
                                          verweisen. A. d. O.
                                    Fleischfarb (Rouge
                                       incarnat). Man taucht die gegallirte, alaunte und ausgewaschene
                                    Baumwolle in ein auf die angegebene Weise bereitetes Brasilienholzbad von
                                    40° R., und laͤßt sie darin, so wie dieß in der
                                    Seidenfaͤrberei geschieht, um die Farbe gleichmaͤßig zu
                                    machen, durchlaufen. Dann taucht man sie ganz unter, und laͤßt sie so
                                    lange untergetaucht, bis man merkt, daß sie keine hoͤhere Farbe mehr
                                    annimmt, worauf man sie herausnimmt und am Carvilirstoke auswindet, um zu
                                    sehen, ob sie die wahre Schattirung hat. Findet man die Farbe zu schwach, so
                                    taucht man die Baumwolle in ein zweites Bad, zu welchem man etwas weniger
                                    Brasilienbruͤhe nimmt, als das erste Mal, und wiederholt die eben
                                    beschriebene Manipulation so lange, bis die Farbe gehoͤrig
                                    gesaͤttigt ist, und die Baumwolle die verlangte Schattirung erreicht
                                    hat.
                                 Wenn die Baumwolle aus dem lezten Bade kommt, so windet man sie aus, und
                                    haͤngt sie eine Viertelstunde lang an einer Stange auf, damit die
                                    Farbe etwas abtroknen und gleichmaͤßig werden kann. Dann erst
                                    waͤscht man sie leicht aus, um sie zulezt an der Luft und im Schatten
                                    zu troknen.
                                 Andere Methoden um mit Brasilienholz, Safflor, Orlean verschiedene Roth zu
                                    faͤrben, und die Veraͤnderungen, welche diese Farben, die
                                    saͤmmtlich falschfaͤrbig sind,
                                    durch verschiedene Reagentien erleiden, sehe man in der alphabetischen
                                    Tabelle nach. Das hier gegebene Beispiel reicht hin, um alle in dieser Art
                                    von Faͤrberei gebraͤuchlichen Manipulationen
                                    verstaͤndlich zu machen.
                                 
                              
                           
                              §. 2. Von dem
                                    gutfaͤrbigen Roth mit Krapp.
                              (2) Nach dem Entschaͤlen und nach dem Gallen mit 4 Unzen (8 Loth)
                                 Gallaͤpfel in Sorten auf 1 Pfund Baumwolle alaunt man zwei Mal mit
                                 gesaͤttigtem Alaune. Nach der ersten Alaunung, zu welcher man 4 Unzen
                                 gesaͤttigten AlaunDen gesaͤttigten (neutralisirten) Alaun erhaͤlt man im
                                       Handel, wo man ihn nicht haben kann, stellt man sich denselben auf
                                       folgende Weise her: Man loͤst in 2 Pfunden Wasser durchs Kochen 1
                                       Pfund gewoͤhnlichen Alaun auf und sezt der Aufloͤsung nach
                                       und nach 3 Loth Potasche oder 4 Loth krystallisirtes kohlensaures Natron
                                       (Soda) hinzu, und seiht dann diese Aufloͤsung durch ein reines
                                       Baumwollentuch. A. d. R. auf jedes Pfund Baumwolle nimmt, troknet man, und laͤßt die
                                 Baumwolle 3 oder 4 Tage mit ihrem Alaune ruhen. Dann alaunt man ein zweites Mal
                                 mit 2 Unzen (4 Loth) gesaͤttigten Alaunes auf ein Pfund Baumwolle,
                                 troknet hierauf neuerdings, laͤßt wieder 3 bis 4 Tage lang liegen, und
                                 waͤscht endlich mit all der empfohlenen Sorgfalt aus.
                              Nach dem Auswaschen bereitet man in einem ovalen Kessel ein erstes Bad aus
                                 Provencer Krapp, der hiezu den Vorzug verdient. Wenn das Wasser des Bades eine
                                 Temperatur von 25 bis 30° erreicht hat, so ruͤhrt man das
                                 Krapppulver hinein, und zwar im Verhaͤltnisse von drei Viertelpfund auf
                                 jedes Pfund Baumwolle, worauf man das Bad einige Minuten lang umruͤhrt.
                                 In dieses Bad bringt man nun die Straͤhne auf Durchlaͤufern, um
                                 sie durchlaufen zu lassen, wobei man jene Theile derselben, die sich außer dem Bade befanden,
                                 von Zeit zu Zeit wechselt, damit alle Stellen gleichfoͤrmig eingetaucht
                                 werden. Waͤhrend dieser Zeit, welche ungefaͤhr eine Stunde dauern
                                 muß, erhoͤht man die Temperatur allmaͤhlich bis zur Siedhize; dann
                                 taucht man die Straͤhne ganz unter, um sie 10–12 Minuten lang
                                 sieden zu lassen, wohl darauf achtend, daß Alles gleichmaͤßig
                                 untergetaucht ist. Hierauf laͤßt man die Baumwolle eine Stunde lang
                                 abkuͤhlen, um sie dann herauszunehmen, abtropfen zu lassen, auszuringen,
                                 auszuwaschen, am Carvilirstoke auszuringen, und endlich in einem zweiten
                                 aͤhnlichen Bade noch ein Mal zu krappen. Nach dieser zweiten Krappung,
                                 welche auf dieselbe Weise, wie die erste vorgenommen wird, wird die Baumwolle
                                 wieder herausgenommen, nach dem Abtropfen ausgedruͤkt, ausgewaschen, am
                                 Carvilirstoke ausgerungen, und endlich unter den angegebenen Vorsichtsmaßregeln
                                 getroknet.
                              Es bleibt nun nichts weiter mehr uͤbrig, als die Farbe des Rothes zu
                                 schoͤnen oder zu erhoͤhen, was dadurch geschieht, daß man in einen
                                 Kessel so viel lauwarmen Wassers bringt, als zum Traͤnken der Baumwolle
                                 noͤthig ist. Dieses Wasser muß auf jedes Pfund Baumwolle 2 oder 3 Unzen
                                 (4 bis 6 Loth) Seife aufgeloͤst enthalten; man weicht Bund fuͤr
                                 Bund in dasselbe, arbeitet sie einen Augenblik darin ab, nimmt sie dann heraus,
                                 ringt sie aus und troknet sie.
                              Hieraus ersieht man nun die Hauptmanipulationen fuͤr diese Art, von Roth;
                                 in der alphabetischen Tabelle findet man die Methoden, nach welchen man die
                                 verschiedenen Schattirungen erhaͤlt, und die Modificationen, welche man
                                 in verschiedenen Faͤrbereien daran anbringt. Bei allen uͤbrigen
                                 Farben wird derselbe Gang befolgt werden.
                              
                           
                              §. 3. Von dem achtfarbigen
                                    Roth: Tuͤrkisch- oder Adrianopelroth.
                              (3) Auch dieses schoͤne und hoͤchst dauerhafte Roth, welches von
                                 den Laͤndern, in deren es erfunden wurde, den Namen
                                 Tuͤrkisch- oder Adrianopelroth erhielt, wird mit Krapp
                                 gefaͤrbt. Die Adrianopelroth-Faͤrberei ist eine der
                                 complicirtesten Faͤrbemethoden, oder vielmehr sie besteht aus einer Reihe
                                 von Manipulationen, von denen alle unerlaͤßlich sind, wenn man zu der
                                 bekannten gesaͤttigten, glaͤnzenden und dauerhaften Farbe gelangen
                                 will.
                              Man hat das Verfahren, welches hiezu noͤthig ist, sehr lange geheim
                                 gehalten; endlich kam man aber doch darauf, und das Adrianopelroth, welches
                                 gegenwaͤrtig in Frankreich gefaͤrbt wird, ist schoͤner und
                                 glaͤnzender, als das griechische, und wenigstens eben so haltbar, als
                                 dieses. Einige Abweichungen findet man jedoch auch hier in einigen Faͤrbereien;
                                 besonders gibt man der Baumwolle in einigen Faͤrbereien einige
                                 Zubereitungen mehr, als in anderen.
                              Wir halten uns hier an das von Vitalis angegebene
                                 Verfahren, weil es uns das beste und am meisten methodische scheint, und weil
                                 man zu Rouen allgemein mit dem besten Erfolge darnach arbeitet. Einige andere
                                 Methoden wird man in der alphabetischen Tabelle finden. Um unsere Beschreibung
                                 jedoch genau zu verstehen, muß man die in §. 2. Kap. I. gegebene
                                 Beschreibung der Einrichtung des Beizsaales wohl inne haben.
                              
                                 Erste Operation. Entschaͤlung. Wie
                                    §. 3. Kap. I. Man siedet die Baumwolle 5 bis 6 Stunden lang in einer
                                    Sodalauge, welche 1° am Araͤometer zeigt; dann laͤßt
                                    man sie uͤber dem Kessel abtropfen, um sie hierauf in fließendem
                                    Wasser auszuschwemmen und an der Luft zu troknen.
                                 In den Tuͤrkischroth-Faͤrbereien wendet man statt der
                                    Sodalauge die Entfettungsbruͤhe, auf
                                    welche wir bei der fuͤnften Operation zuruͤkkommen werden, an;
                                    man kann die Baumwolle auf diese Weise mit Vortheil und einiger Ersparniß
                                    entschalen.
                                 
                              
                                 Zweite Operation. Mistbad oder schwarzes Bad (bain de fiente oder bain
                                       bis). Der Zwek dieser Operation ist, die Baumwolle einiger Maßen zu
                                    animalisiren, und ihr dadurch so viel als thunlich, eine der
                                    vorzuͤglichsten Eigenschaften der thierischen Substanzen
                                    mitzutheilen, naͤmlich: mit den Faͤrbestoffen leichter
                                    Verbindungen einzugehen und festere und dauerhaftere Verbindungen damit zu
                                    bilden.
                                 Man bedient sich zu diesem Zweke des Schaafmistes, der eine gewisse Menge
                                    Eiweißstoff und auch eine eigene thierische Substanz enthaͤlt. Auf
                                    100 Pfund Baumwolle nimmt man gewoͤhnlich 25 bis 30 Pfund Schaafmist.
                                    Man beginnt damit, daß man ihn einige Tage in eine Sodalauge von 8 oder
                                    10° weicht, und dann diese Lauge mit beilaͤufig 500 Pinten
                                    (300 Pfund) schwaͤcherer Lauge verduͤnnt, wobei man den Mist
                                    zugleich in einem kupfernen Kessel mit durchloͤchertem Boden mit der
                                    Hand zerdruͤkt. Diese Fluͤssigkeit gießt man nun in einen
                                    Kuͤbel, in welchen man vorher 5 bis 6 Pfd. fettes Oehl gebracht hat,
                                    und wenn dieß geschehen, so mengt man das Ganze durch oͤfteres
                                    Umruͤhren gut unter einander, d.h. man ruͤhrt so lang, bis die
                                    Fluͤssigkeit ganz gleichartig, und in allen ihren Theilen
                                    gleichmaͤßig gefaͤrbt ist.
                                 Mit dem auf diese Weise bereiteten Bade impraͤgnirt man hierauf die
                                    Baumwolle gehoͤrig, indem man sie Bund fuͤr Bund gut darin
                                    durcharbeitet, wie dieß beim Galliren und Alaunen geschieht. Hierauf ringt
                                    man sie an dem Carvilirstoke aus, und legt sie auf einen Tisch, auf welchem
                                    man sie 10 bis 12 Stunden lang liegen laͤßt; jedoch mit der Vorsicht,
                                    daß nicht mehr als zwei oder drei Gebinde auf einander zu liegen kommen,
                                    damit die eigene Schwere das Bad nicht wieder auspresse. Nach Ablauf dieser
                                    Zeit traͤgt man die Baumwolle auf Stangen aus weichem Holze auf den
                                    Trokenplaz, wo die Gebinde von Zeit zu Zeit geschuͤttelt und
                                    umgekehrt werden muͤssen, damit das Troknen so gleichmaͤßig
                                    als moͤglich erfolge. Wenn nun die Baumwolle an der Luft einen
                                    gewissen Grad von Trokenheit erlangt hat, so bringt man sie in eine auf
                                    50° R. erhizte Trokenstube, damit sie hier jene Feuchtigkeit
                                    verliere, die sie sonst hindern wuͤrde, sich mit den spaͤter
                                    noͤthigen Beizen zu verbinden. Was von dem Bade uͤbrig bleibt,
                                    nennt man den Vorschuß (avance), den man dem naͤchsten Bade zusezt.
                                 Solcher Mistbaͤder gibt man der Baumwolle zwei und manchmal sogar
                                    drei, wenn man will, daß die Farbe sehr gesaͤttigt werde. Wenn die
                                    Baumwolle ein Mal die Mistbaͤder erhalten hat, so muß man sich
                                    uͤbrigens wohl huͤten, sie laͤngere Zeit uͤber
                                    aufgehaͤuft zu lassen, indem es schon einige Mal geschah, daß sie
                                    sich in Folge der hiebei eintretenden Gaͤhrung
                                    entzuͤndete.
                                 
                              
                                 Dritte Operation. Oehlbad oder weißes Bad. Dieses
                                    Bad bereitet man, indem man auf 6 Pfund fettes Oehl 50 Pinten (75 Pfund)
                                    Soda-Aufloͤsung von 1°, oder zuweilen auch etwas
                                    weniger, gießt, je nachdem man sich durch einen vorhergehenden Versuch von
                                    der Guͤte des Oehles uͤberzeugt hat. Dieses Gemisch vermengt
                                    man sorgfaͤltig mittelst einer Kruͤke, oder indem man es
                                    mehrere Male aus einem Zuber in einen anderen gießt. Das Bad ist so, wie es
                                    seyn soll, wenn die Sodalauge 4 oder 5 Stunden lang und daruͤber mit
                                    dem Oehle verbunden bleibt, und wenn sich dieses nicht wieder auf der
                                    Oberflaͤche zeigt. In diesem Bade nimmt man dann die Baumwolle wie in
                                    dem Mistbade durch, um sie dann 10 bis 12 Stunden lang auf dem Tische liegen
                                    zu lassen, und hierauf aufzuhaͤngen und zu troknen. – Dieses
                                    weiße Bad muß zwei, drei Mal und selbst oͤfter wiederholt werden, je
                                    nachdem man der Farbe mehr oder weniger Koͤrper geben will.
                                 
                              
                                 Vierte Operation. Salze. Dem Ruͤkstande von
                                    den weißen Baͤdern, den mait gleichfalls Vorschuß (avance) nennt, werden
                                    ungefaͤhr 100 Pinten Sodalauge von 2 oder 3° zugesezt, und in
                                    dieser Fluͤssigkeit nimmt man, wenn sie gut umgeruͤhrt worden,
                                    die Baumwolle so wie in den vorhergehenden Baͤdern durch. Ehemals
                                    pflegte man 2, 3 und selbst noch mehrere solche Salze zu geben: eines oder
                                    zwei reichen jedoch hin. Der Ruͤkstand dieser Baͤder wird Sikiou genannt, und dient zum
                                    Schoͤnen.
                                 
                              
                                 
                                 Fuͤnfte Operation. Entfettung. Man weicht
                                    die Baumwolle 5–6 Stunden lang in eine lauwarme
                                    Soda-Aufloͤsung, welche am Araͤometer hoͤchstens
                                    1° zeigt, laͤßt sie dann auf einem Trageboke ablausen, und
                                    wirft zu wiederholten Malen Wasser auf dieselbe, so daß sie ganz davon
                                    durchdrungen wird. Nach einer Stunde waͤscht man sie hierauf Gebind
                                    fuͤr Gebind gut aus, damit sie von allem nicht damit verbundenem,
                                    sondern bloß an der Oberflaͤche haͤngendem Oehle gereinigt
                                    werde. Dieß ist deßhalb noͤthig, weil dieses bloß anhaͤngende
                                    Oehl die Baumwolle hindern wuͤrde die Gallirung anzunehmen. Nach dem
                                    Auswaschen ringt man am Carvilirstoke aus und troknet.
                                 Die entfettete Baumwolle muß schoͤn weiß seyn. Was von der
                                    Entfettungsbruͤhe uͤbrig bleibt, dient zum Entschaͤlen
                                    der Baumwolle.
                                 
                              
                                 Sechste Operation. Gallirung. Auf 100 Pfd.
                                    Baumwolle laͤßt man 20–25 Pfd. gestoßene Gallaͤpfel in
                                    Sorten in beilaͤufig 100 Pinten (150 Pfd.) Wasser sieden. Die
                                    Bereitungsart des Bades siehe uͤbrigens §. 1 Kap. II. Die
                                    Manipulation ist uͤbrigens ganz so, wie bei den Oehlbaͤdern;
                                    man traͤgt die Baumwolle sogleich zum Aufhaͤngen in freier
                                    Luft, wenn das Wetter dieß gestattet, oder auf einen Haͤngeboden,
                                    wenn das Wetter feucht und regnerisch ist. Man muß hiebei die schon
                                    fruͤher angegebene Vorsichtsmaßregel anwenden, weil, wenn das Troknen
                                    ungleich erfolgen wuͤrde, auch beim Krappen Ungleichheiten in der
                                    Farbe entstehen wuͤrden.
                                 Die Gallirung kann auch, obgleich mit derselben Menge Gallaͤpfel, auf
                                    zwei Mal geschehen, wo man die Baumwolle dann zwischen den beiden
                                    Gallirungen troknen laͤßt. Bei diesem Verfahren wird die Farbe
                                    meistens mehr gesaͤttigt und gleichfoͤrmiger. –
                                    Zuweilen ersezt man einen Theil der Gallaͤpfel durch Sumach; man
                                    erhaͤlt dadurch einige Schattirungen, die sehr geschaͤzt
                                    werden.
                                 
                              
                                 Siebente Operation. Alaunung. Auf 100 Pfd.
                                    Baumwolle sind 25–30 Pfd. reiner, von
                                    allen Eisensalzen freier Alaun noͤthig. Man soll daher zu dieser
                                    Operation nur roͤmischen Alaun oder Alaun von erster Guͤte,
                                    wie ihn gegenwaͤrtig auch unsere Fabriken liefern, anwenden. Die
                                    Gegenwart der geringsten Menge eines Eisensalzes im Alaune wuͤrde dem
                                    Roth des Krapps einen Strich in's Weinhefenfarbige (couleur lie de vin)
                                    geben, und folglich den ganzen Zwek vereiteln. Man muß sich deßhalb vor
                                    Allem von der Reinheit des Alaunes uͤberzeugen, indem man eine
                                    geringe Menge desselben in Wasser aufloͤst, und dieser
                                    Aufloͤsung dann einige Tropfen blausaures Kali zusezt. Erzeugt dieser
                                    Zusaz naͤmlich auch nach einigen Stunden keinen blauen Niederschlag,
                                    so darf man den Alaun ungescheut anwenden; erzeugt er hingegen
                                    fruͤher oder spaͤter einen solchen Niederschlag, so
                                    ist der Alaun unrein, und unbrauchbar, außer man reinigt ihn auf die im IX.
                                    Kap. angegebene Weise.
                                 Es ist aber nicht genug, daß der Alaun vollkommen rein ist, sondern man muß
                                    demselben auch noch seine uͤberschuͤssige Saͤure
                                    nehmen, und ihn in sogenannten gesaͤttigten Alaun verwandeln. Das
                                    Verfahren hiezu, so wie jenes bei der Alaunung selbst, findet man §.
                                    2. Kap. II.
                                 
                              
                                 Achte Operation. Auswaschen des Alaunes. Um die
                                    Baumwolle von dem Alaune zu befreien, welcher nicht wirklich mit ihr
                                    verbunden ist, weicht man sie einige Stunden lang in Wasser, um sie hierauf,
                                    wenn sie gut abgetropft ist, bundweise 3–4 Mal in fließendem Wasser
                                    auszuwaschen, und zulezt am Carvilirstoke auszuringen und zu troknen.
                                 
                              
                                 Neunte Operation. Krappung (garançage) oder Ausfaͤrben. Diese Operation erfordert die groͤßte
                                    Sorgfalt, wenn man eine Farbe erhalten will, welche moͤglichst
                                    gleichfoͤrmig ist.
                                 Man faͤrbt hoͤchstens 50 Pfund Baumwolle auf ein Mal, meistens
                                    nimmt man gar nur 25 Pfund, und unter dieser Voraussezung wollen auch wir
                                    diese Operation beschreiben. Man gießt in einen Kessel von laͤnglich
                                    vierekiger Gestalt beilaͤufig 400 Pinten (600 Pfund) Wasser, und
                                    vermengt damit 25 Pinten (38 Pfund) Ochsen- oder Schaafblut. So wie
                                    nun dieses Wasser lauwarm zu werden beginnt, sezt man 50 Pfund Krapp zu,
                                    welchen man sorgfaͤltig im Bade verruͤhrt. Unmittelbar hierauf
                                    taucht man dann die Baumwolle, auf Durchlaͤufer gebracht, in dieses
                                    Bad, in welchem man die Buͤnde von Zeit zu Zeit von End zu End
                                    umkehrt, damit sich die Farbe uͤberall gleichmaͤßig verbinden
                                    kann. Mit dieser Manipulation faͤhrt man eine Stunde oder 3/4 Stunden
                                    lang fort, waͤhrend welcher Zeit man das Feuer so leitet, daß das Bad
                                    nach Ablauf derselben zum Sieden kommt. Man nimmt nun die Gebinde von den
                                    Durchlaͤufern, welche man durch die Bindfadenringe, mit denen die
                                    Gebinde vereinigt sind, stekt, und unterhaͤlt das Sieden noch 3/4
                                    Stunden oder hoͤchstens 1 Stunde lang. Nach dieser Zeit nimmt man die
                                    Baumwolle aus dem Kessel, um sie waͤhrend des Abtropfens
                                    abkuͤhlen zu lassen, und um sie hierauf im Flusse so lang
                                    auszuwaschen, bis das Wasser ganz klar ablaͤuft. Ist dieß der Fall,
                                    so troknet man sie zulezt.
                                 Man faͤrbt sehr haͤufig auch auf zwei Mal aus, wo man dann die
                                    angegebene Menge Krapp auch in zwei Theile theilt. Man erzielt auf diese
                                    Weise eine gleichfoͤrmigere Farbe. Es ist nicht noͤthig
                                    zwischen den beiden Operationen zu troknen; es genuͤgt, wenn man die
                                    Baumwolle gut auswaͤscht.
                                 
                                 Das Ausfaͤrben geschieht gewoͤhnlich mit
                                    Provencer-Krapp: um aberfeine oder mehr oder weniger rosenrothe
                                    Schattirungen zu erhalten, vermengt man den Provencer-Krapp zuweilen
                                    mit Smyrner-Krapp, cyprischem Krapp etc., und zwar entweder zu
                                    gleichen Theilen oder im Verhaͤltnisse von 2 Theilen des ersteren zu
                                    1 Theile des zweiten oder dritten.
                                 
                              
                                 Zehnte Operation. Aviviren oder Schoͤnung. Die Schoͤnung geschieht
                                    nach verschiedenen Methoden.
                                 1) ließ man die Baumwolle, welche mit Krapp roth gefaͤrbt worden war,
                                    ehemals bei kleinem Feuer in den Vorschuͤssen oder in der
                                    Fluͤssigkeit, welche von dem lezten weißen Bade uͤbrig
                                    geblieben war, sieden, indem man derselben noch 4 bis 5 Pfund
                                    Marseiller-Seife, welche in so viel Wasser aufgeloͤst worden
                                    war, daß das Ganze ungefaͤhr 600 Pinten (900 Pfund)
                                    Fluͤssigkeit ausmachte, zusezte. Dabei wurde der Kessel gut zugedekt,
                                    jedoch so, daß der Dampf entweichen konnte, indem man zu diesem Behufe
                                    entweder grobe Tuͤcher zwischen den Rand des Kessels und dessen Dekel
                                    brachte, oder indem man an dem Dekel selbst eine Klappe anbringen ließ. Heut
                                    zu Tage scheint diese Methode jedoch gaͤnzlich aufgegeben worden zu
                                    seyn.
                                 2) bereitet man, wenn die Baumwolle gefaͤrbt ist, ein
                                    gewoͤhnliches weißes Bad, welches Sikiou
                                    genannt wird. In diesem Bade nimmt man die ausgewaschene, gekrappte
                                    Baumwolle durch, um sie dann zu troknen. Man nennt dieses Verfahren auch das
                                    Sikioutiren (sikiouter). Wenn die Baumwolle getroknet worden, siedet man sie
                                    endlich noch auf die angegebene Weise in einem Bade von 6 bis 8 Pfd.
                                    Seife.
                                 3) endlich bereitet man sich das Schoͤnungs- oder
                                    Avivir-Bad jedes Mal auf 100 Pfd. Baumwolle aus 4–5 Pfd.
                                    fettem Oehle, 6 Pfd. weißer Marseiller-Seife und 600 Liter (1200
                                    Pfund) Sodaaufloͤsung von 2°. Uebrigens verfaͤhrt man
                                    dann, wie bei der ersten Methode.
                                 Wenn man sich nach einem aus dem Kessel genommenen Muster uͤberzeugt
                                    hat, daß die fruͤher braͤunliche und dunkle Farbe der
                                    Baumwolle in ein helles Roth (gros rouge) verwandelt worden, und daß das Roth
                                    ganz geoͤffnet ist, so hoͤrt man zu feuern auf und
                                    laͤßt die Baumwolle im Kessel abkuͤhlen. Darauf druͤkt
                                    man sie aus, waͤscht sie am Flusse gut ab, ringt sie am Carvilirstoke
                                    aus, und schreitet dann sogleich, ohne sie zu troknen, zum Rosiren.
                                 
                              
                                 Eilfte Operation. Rosiren. Der Zwek dieser
                                    Operation ist, der Farbe Feuer, d.h. Lebhaftigkeit und Glanz zu geben.
                                 
                                 Man bedient sich zu derselben eines aͤhnlichen Kessels wie zum
                                    Schoͤnen oder Aviviren, und gießt in diesen beilaͤufig 600
                                    Pinten (800 Pfund) Wasser, worin man, je nach der Staͤrke der Farbe
                                    16 bis 18 Pfund weiße Seife aufloͤst. Wenn die Seife vollkommen
                                    aufgeloͤst ist, und das Bad einige Waller gemacht hat, so gießt man
                                    nach und nach eine Aufloͤsung von beilaͤufig 1 1/2, Pfd.
                                    oxydirtsalzsaurem ZinnDie Chemiker nennen dieses Salz salpeter-salzsaures Zinn. Wir haben mehrere
                                          Vorschriften zur Bereitung desselben angegeben, welche
                                          saͤmmtlich zum Behufe des Rosirens
                                          gut sind; da man jedoch nach jeder Vorschrift eine andere
                                          Schattirung erhaͤlt, so muß sich der Faͤrber Muster
                                          davon machen, und diese, gegen Licht geschuͤzt, aufbewahren,
                                          um sich nach Umstaͤnden jenes Salzes bedienen zu
                                          koͤnnen, welches diese oder jene Schattirung gibt. A. d.
                                          O. in 2 Pinten lauwarmen mit 6–8 Unzen (12 bis 16 Loth)
                                    Salpetersaͤure von 20° gesaͤuerten Wassers zu.
                                    Waͤhrend dieses Zugießens muß ein Arbeiter das Bad
                                    fortwaͤhrend mit einem Stoke umruͤhren, damit sich die
                                    Zinnsalzaufloͤsung gehoͤrig mit dem Seifenbade vermenge. Ist
                                    dieß geschehen, so wirft man die Baumwolle, aus welcher man mehrere große
                                    Paͤke gebildet hat, in das Bad, um sie darin, bei gelindem Feuer und
                                    wie dieß beim Schoͤnen geschieht, so lange zu sieden, bis ein Muster,
                                    nachdem man es ausgedruͤkt hat, ein schoͤnes lebhaftes Roth
                                    zeigt. Hierauf nimmt man die Baumwolle aus dem Kessel, waͤscht sie
                                    noch heiß aus, und troknet sie, womit die Baumwolle fertig ist.
                                 Nach eben dieser Methode und eben demselben Verfahren kann man auch
                                    Flachs- und Hanfgarn sehr schoͤn tuͤrkischroth
                                    faͤrben; nur muͤssen diese Garne, ehe man sie den
                                    oͤhligen Zubereitungen unterwirft, wenigstens halbweiß gebleicht
                                    seyn.
                                 
                              
                                 Bemerkungen. Das Faͤrbesystem, welches wir
                                    hier so eben entwikelt haben, ist jedoch nicht das einzige, welches sich
                                    befolgen laͤßt; es gibt noch ein zweites, welchem man in vielen
                                    Werkstaͤtten den Vorzug gibt, und welches Berthollet in seinen Élémens
                                       de l'art de la Teinture 2 edit. T. II.
                                       S. 137 beschrieben hat. Man wendet diese beiden Systeme zu Rouen
                                    unter dem Namen von Gaͤngen (marches) an; Ersteres nennt man den grauen Gang (marche en
                                       gris), weil die Baumwolle bei demselben unmittelbar nachdem sie die
                                    oͤhligen Zubereitungen erlitten, und die Gallaͤpfel-
                                    und Alaun-Beize erhalten hat, die ihr eine graue Farbe geben,
                                    gekrappt wird. Das zweite System hingegen nennt man den gelben Gang, weil hier die Baumwolle, nachdem sie
                                    die oͤhligen Zubereitungen, die Gallaͤpfel- und die
                                    Alaun-Beize erhalten hat, noch ein Mal geoͤhlt, gegallt und
                                    alaunt wird, ehe sie die Krappung erhaͤlt, und weil die Baumwolle
                                    hiebei vor der Krappung eine gelbe Farbe erhaͤlt. Diese zweite
                                    Methode Tuͤrkischroth zu faͤrben, nennt man auch das Aufsezen auf Gallaͤpfel (remonter sur galle). Den gelben Gang findet man
                                    im IX. Kap. angegeben.
                                 Das hier beschriebene Verfahren gehoͤrt, wie bereits gesagt, Hrn. Vitalis an, der dasselbe mehrere Jahre hindurch
                                    zu Rouen mit dem besten Erfolge anwenden ließ. Wir muͤssen
                                    uͤbrigens mit diesem gelehrten Chemiker bemerken, daß eine gute
                                    Vorschrift noch nicht Alles ist, was man braucht, sondern daß die einzelnen
                                    Operationen auch mit einer Sorgfalt und Aufmerksamkeit ausgefuͤhrt
                                    werden muͤssen, welche nie zu weit getrieben seyn kann. Jede der
                                    beschriebenen Manipulationen erfordert auch noch eine Gewandtheit in der
                                    Ausfuͤhrung, welche einen besonderen, theoretisch
                                    unerklaͤrlichen Einfluß auf das endliche Resultat hat. Man muß daher
                                    diese Operationen nicht nur selbst in den Faͤrbereien betrieben
                                    gesehen, sondern man muß selbst mit eigener Hand gearbeitet haben.
                                 Unter allen Faͤrbern arbeiten diejenigen mit dem besten Erfolge,
                                    welche sich Muͤhe geben, die Ingredienzien, deren sie sich bedienen,
                                    genau kennen zu lernen, und welche dieselben im richtigen
                                    Verhaͤltnisse anwenden, ohne aus falscher Sparsamkeit
                                    bestaͤndig die Menge der Farbestoffe, deren sie sich zu ihren
                                    Baͤdern bedienen, zu vermindern zu streben. Nichts ist in dieser
                                    ganzen Methode ohne Belang; saͤmmtliche Operationen stehen in innigem
                                    Zusammenhange mit einander, und alle muͤssen sie zusammentreffen,
                                    wenn das Resultat vollkommen gelungen seyn soll. Die Baumwolle ist sehr
                                    schwer zu faͤrben; nur indem man die Beizen vervielfaͤltigt,
                                    und indem man ihnen Zeit laͤßt, die Baumwolle gehoͤrig zu
                                    durchdringen, gelingt es deren Natur einiger Maßen zu veraͤndern, und
                                    sie geneigt zu machen die Faͤrbestoffe aufzunehmen und fest zu
                                    halten.
                                 Wir muͤssen, ehe wir diesen Artikel schließen, noch mit Vitalis bemerken:
                                 1) daß das Troknen eine der wichtigsten Operationen ist, und daß sie am Ende
                                    immer in einer Trokenstube zu geschehen hat, deren Temperatur man zulezt bis
                                    auf 55° R. erhoͤhen soll.
                                 2) daß das Adrianopelroth viel schoͤner wird, wenn man die Baumwolle
                                    nach Beendigung der Faͤrberei einen oder zwei Monate lang in
                                    Saͤke aus einem etwas dichten Zeuge bringt, und wenn man diese
                                    Saͤke durch mehrere, sehr nahe an einander gelegte, aber etwas lokere
                                    Buͤnde oder Ligaturen zusammenpreßt. Eine lange Erfahrung hat diese
                                    Beobachtung bestaͤttigt, und es ist dieß ein neuer Beweis, daß man
                                    die Operationen nicht zu sehr beschleunigen, sondern zwischen jeder
                                    derselben einen gehoͤrigen Zeitraum verstreichen lassen soll, damit
                                    die Beizen Zeit haben, ihre volle Wirkung zu aͤußern, und die groͤßte
                                    Verwandtschaftskraft zwischen der Baumwolle und dem Faͤrbestoffe
                                    hervorzurufen.
                                 3) geschieht es zuweilen, daß die Baumwolle aus Mangel an den
                                    gehoͤrigen Vorbereitungen nur mit einer mageren und durchschlagenden
                                    Farbe aus der Krappung kommt. Solcher Baumwolle muß man, ehe man sie
                                    schoͤnt, neue Oehlbaͤder geben, und dann weiter damit
                                    verfahren, als waͤre sie noch nicht gefaͤrbt worden. Die
                                    Schoͤnung und die Roͤthung werden in solchen Faͤllen
                                    etwas weniger Kraft haben, als in den gewoͤhnlichen Faͤllen.
                                    Man wird naͤmlich von selbst einsehen, daß, wenn die Farbe nicht so
                                    gesaͤttigt und dunkel ist, als sie geworden waͤre, wenn die
                                    vorbereitenden Operationen gehoͤrig geschehen waͤren, man auch
                                    keine so große Menge uͤberschuͤssiger Farbe wegzuschaffen hat,
                                    um ihr das Lebhafte zu geben, was sie haben soll.
                                 4) ist die tuͤrkischroth gefaͤrbte Baumwolle zuweilen zu stark
                                    mit Oehl uͤberladen, so daß das Oehl manchmal mit der Zeit auf die
                                    Oberflaͤche des Garnes oder der daraus verfertigten Zeuge steigt. In
                                    diesem Falle bemerkt man auf der Oberflaͤche des Garnes oder der
                                    Zeuge eine große Menge kleiner weißer Punkte, welche der Schoͤnheit
                                    der Farbe großen Eintrag thun. Diesem Uebelstande ist leicht abgeholfen:
                                    denn man braucht solche Baumwolle oder die daraus verfertigten Zeuge nur in
                                    ein heißes Seifenbad zu bringen. 10 bis 12 Pfd. Seife reichen auf 100 Pfd.
                                    Baumwolle hin.
                                 5) das allenfalls im Alaun enthaltene schwefelsaure Eisen faͤrbt die
                                    von dem Krapp erzeugte Farbe mehr oder weniger braun; vergebens
                                    wuͤrde man in einem solchen Falle die reine rothe Farbe durch
                                    wiederholtes Schoͤnen und Rosiren wieder herzustellen suchen. Es
                                    bleibt in einem solchen Falle durchaus nichts Anderes mehr uͤbrig,
                                    als der Baumwolle eine andere Farbe zu geben, und sie z.B. Violet oder
                                    Palliacat zu faͤrben.
                                 6) wie sorgfaͤltig man auch bei saͤmmtlichen Operationen zu
                                    Werke gegangen seyn mag, so gelingt es doch fast nie, daß saͤmmtliche
                                    Buͤnde einer ganzen Fracht Baumwolle von 125 bis 200 Pfd. durchaus
                                    eine vollkommen gleiche Schattirung haben; sondern die Gebinde wechseln oft
                                    im Tone und in dem groͤßeren oder geringeren Reichthume der Farbe.
                                    Dieß scheint von einigen leichten Unregelmaͤßigkeiten
                                    herzuruͤhren, welche auch der sorgfaͤltigste Arbeiter nicht
                                    immer zu vermeiden im Stande ist. Um diesem Uebelstande, der bisher zu den
                                    unvermeidlichen gehoͤrt, so gut als moͤglich abzuhelfen,
                                    sortirt man die Gebinde nach dem Faͤrben nach ihren verschiedenen
                                    Schattirungen.
                                 7) endlich, ist wohl zu beruͤcksichtigen, daß die fuͤr die
                                    Kette gesponnene Baumwolle die Farbe viel schwerer annimmt, als die
                                    fuͤr den
                                    Eintrag gesponnene Baumwolle; was davon herruͤhrt, daß erstere
                                    staͤrker gedreht ist, als leztere, und daß die Beizen und die
                                    Faͤrbestoffe folglich in erstere weit schwerer eindringen, als in
                                    leztere. Es erhellt daher schon hieraus allein, daß die Kettenbaumwolle
                                    etwas laͤnger in den Oehlbaͤdern und den
                                    Gallaͤpfel- und Alaun-Bruͤhen verbleiben muß,
                                    daß man die Kraft und die Zahl dieser Baͤder etwas zu
                                    erhoͤhen, und auch die Einwirkung des Farbbades laͤnger
                                    andauern zu lassen hat.
                                 Wir haben uns hier bei der Adrianopelroth-Faͤrberei in viele
                                    Details eingelassen, uͤberdenkt man dieselben aber mit etwas mehr
                                    Aufmerksamkeit, so wird man finden, daß keines derselben ohne wesentlichen
                                    Nuzen ist.Wer sich mit der Tuͤrkischroth-Faͤrberei noch
                                          naͤher bekannt machen will, den verweisen wir auf die im
                                          vorigen Hefte S. 131 angefuͤhrte deutsche Uebersezung des
                                          Vitalischen Faͤrbebuchs, so wie auch auf Bancroft's
                                          Faͤrbebuch, aus dem Englischen mit Anmerkungen und
                                          Zusaͤzen von Dingler und Kurrer; Nuͤrnberg bei Schrag.
                                          Bd. II. S. 350 bis 468. A. d. Red.
                                 
                              
                           
                        
                           Viertes Kapitel.Von den gelben Farben.
                           Es gibt eine außerordentliche Menge vegetabilischer und anderer Substanzen, welche
                              einen gelben Faͤrbestoff liefern, der sich mit Huͤlfe gewisser Beizen
                              auf eine mehr oder weniger haltbare Weise auf Wolle befestigen laͤßt. Nicht
                              so verhaͤlt es sich mit der Baumwolle, denn diese laͤßt sich nur durch
                              einige wenige Faͤrbestoffe haltbar gelb faͤrben. Am besten eignen sich
                              noch der Wau, die italiaͤnische Pappel und auch das Eisen.
                           Einige Faͤrber faͤrben auch mit Curcuma,
                                 Sumach oder Gelbholz gelb: allein alle diese
                              Faͤrbestoffe geben nur vergaͤngliche Farben, wenigstens gelang es
                              bisher noch nicht, dieselben auf eine dauerhafte Weise auf der Baumwolle zu fixiren.
                              Wir werden jedoch auch fuͤr diese falschfaͤrbigen Farben die besten
                              Faͤrbemethoden angeben.
                           Die Quercitronrinde, welche erst in den lezten Jahren mehr
                              in Anwendung kam, gibt aͤußerst haltbare gelbe Farben, woruͤber wir
                              die schoͤnen Versuche Bancroft's anfuͤhren
                              werden.
                           
                              §. 1. Von dem
                                    gutfaͤrbigen Gelb mit Wau.
                              (4) Die in ganz Europa allgemein eingefuͤhrte Methode mit Wau gelb zu
                                 faͤrben besteht darin, daß man die Zeuge oder das Garn in eine
                                 Fluͤssigkeit einweicht, zu deren Bildung der 4te Theil ihres Gewichtes
                                 gesaͤttigten (neutralisirten) Alaunes in einer hinreichenden Menge Wassers
                                 aufgeloͤst wurde. Ist die Baumwolle in dieser Fluͤssigkeit
                                 gehoͤrig durchweicht, so nimmt man sie heraus und troknet sie vollkommen,
                                 worauf man sie ausspuͤlt und in einem Waubade ausfaͤrbt, welches
                                 man sich dadurch bereitete, daß man fuͤr jedes Pfund Baumwolle oder Faden
                                 1 1/4 Pfund Wau in Wasser aussott. Hat die Baumwolle die gehoͤrige
                                 Schattirung erlangt, so nimmt man sie aus dem Bade, und weicht sie
                                 hoͤchstens eine Stunde lang in eine Aufloͤsung von schwefelsaurem
                                 Kupfer, welche man sich aus 3–4 Unzen dieses Salzes auf jedes Pfund
                                 Baumwolle bereitete. Aus dieser Aufloͤsung bringt man die Baumwolle dann,
                                 ohne sie auszuwaschen, in siedendes Seifenwasser, in welchem auf jedes Pfund
                                 Garn 3–4 Unzen Seife enthalten sind. In diesem Seifenwasser haͤlt
                                 man sie hoͤchstens 3/4 Stunden gut untergetaucht, worauf man sie
                                 auswaͤscht und troknet. – Man hat sich aus vielfach wiederholten
                                 Erfahrungen uͤberzeugt, daß diese Methode das Kupferoxyd auf das mit Wau
                                 und Alaun hervorgebrachte Gelb niederzuschlagen, dieses Gelb viel dauerhafter
                                 macht, daß der Ton der Farbe dadurch aber etwas dunkler wird.
                              Die Vorschrift zur Verfertigung des Waubades findet man im IX. Kapitel.
                              
                           
                              §. 2. Vom
                                    aͤchtfaͤrbigen Gelb mit Wau und essigsaurer
                                    Thonerde.
                              (5) Durch Anwendung der essigsauren Thonerde als Beize erhaͤlt man eine
                                 schoͤnere und dauerhaftere Schattirung von Gelb, bei welcher man
                                 uͤberdieß die Kosten der Seife und des schwefelsauren Kupfers erspart.
                                 (Die Bereitung der essigsauren Thonerde siehe IX. Kapitel.)
                              Die beste Methode das ebengenannte Beizmittel anzuwenden, um auf diese Weise
                                 lebhafte und dauerhafte gelbe Farben zu erhalten, besteht darin, daß man der
                                 essigsauren Thonerde eine gleiche Menge heißes Wasser zusezt, daß man dann die
                                 Baumwolle oder den Faden, welche bereits entschaͤlt und gebleicht seyn
                                 muͤssen, in diesem Gemenge gut einweicht, und daß man Lezteres 2 Stunden
                                 lang auf einer solchen Temperatur erhaͤlt, daß man die Hand darin
                                 untergetaucht lassen kann. Nach dieser Zeit nimmt man die Baumwolle oder den
                                 Faden heraus, um sie uͤber dem Bade gut abtropfen zu lassen, worauf man
                                 sie dann auspreßt oder leicht ausringt, um die uͤberschuͤssige
                                 Fluͤssigkeit daraus zu entfernen. Nach dieser Behandlung troknet man die
                                 Baumwolle in der Trokenstube, um hierauf diese Operation in der essigsauren
                                 Thonerde auf dieselbe Methode noch ein Mal zu wiederholen, und nach dieser die
                                 Baumwolle auszuspuͤlen, in Kalkwasser zu weichen und zulezt zu
                                 troknen. Will man eine solide und sehr dauerhafte gelbe Farbe erhalten, so ist
                                 es gut, die Baumwolle selbst noch ein drittes Mal in essigsaure Thonerde
                                 einzuweichen, sie wieder zu troknen, ein zweites Mal mit Kalkwasser zu benezen,
                                 und endlich wieder zu troknen. Man mag nun diese Operation 2 oder 3 Mal
                                 vornehmen, so muß die Baumwolle und der Faden nach der lezten Eintauchung sehr
                                 gut in reinem Wasser ausgewaschen werden, damit alle nicht verbundenen, sondern
                                 bloß anhaͤngenden Theilchen der Beize, welche dem zunaͤchst
                                 folgenden Faͤrbebade nur schaden wuͤrden, dadurch vollkommen
                                 weggeschafft werden. Das Kalkwasser, dessen man sich bei diesem Verfahren
                                 bedient, bezwekt einen haͤufigeren Niederschlag von Thonerde in der
                                 Baumwolle und dem Faden, und gewaͤhrt uͤberdieß noch den Vortheil,
                                 daß es die Thonerdebasis mit etwas Kalkerde vermischt, was bei der folgenden
                                 Operation von großem Nuzen ist.
                              Man muß wohl bemerken, daß wenn man die thonerdehaltige Fluͤssigkeit
                                 siedend anwendet, die Farbe nie so schoͤn wird, als wenn die
                                 Fluͤssigkeit bloß die Temperatur des Blutes hat.
                              Wenn nun die Baumwolle auf diese Weise zubereitet worden, so gibt man ein kleines
                                 Feuer unter den Faͤrbekessel, und bringt auf 100 Pfund Baumwolle 125
                                 Pfund Wau in das Wasser: doch erleidet dieses Verhaͤltniß nach der
                                 Schattirung, welche man erhalten will, einige Abaͤnderungen. Man bringt
                                 die Gebinde, so lange das Wasser noch kalt ist, auf Durchlaͤufern in
                                 dasselbe, und laͤßt sie 1 1/2 Stunden lang darin durchlaufen.
                                 Waͤhrend dieser Zeit soll die Temperatur fortwaͤhrend
                                 hoͤher werden, ohne jedoch je so hoch zu steigen, daß man die Hand nicht
                                 mehr im Faͤrbebade zu halten vermag. Erst nach dieser Zeit
                                 verstaͤrke man das Feuer nach und nach so sehr, daß die Temperatur des
                                 Bades auf 70°, und endlich bis zur Siedehize steigt. Wenn die Siedehize
                                 ein Mal eingetreten, so darf man die Baumwolle nur mehr einige Minuten darin
                                 lassen, und selbst dieß nur dann, wenn man eine sehr lebhafte Farbe erhalten
                                 will, indem ein laͤngeres Verweilen der Baumwolle im siedenden Bade
                                 derselben eine in's Braͤunliche ziehende Farbe gibt. Wenn nun die
                                 Baumwolle die verlangte Schattirung erreicht hat, so nimmt man sie aus dem Bade
                                 und troknet sie auf die gewoͤhnliche Weise.
                              Wenn die gelbe Farbe langsam, bei maͤßiger Hize, nach der beschriebenen
                                 Methode erzielt worden, so scheinen sich die Molecule des Faͤrbestoffes
                                 genauer und inniger mit den Moleculen der Basis zu verbinden, und auf diese
                                 Weise eine festere und dauerhaftere Farbe zu geben, als man sie erhaͤlt,
                                 wenn man die Operation uͤbereilt, und die Faͤllung des
                                 Faͤrbestoffes in der Siedehize bewirkt. Vielleicht erfolgt in diesem
                                 lezteren Falle die Verbindung des Faͤrbestoffes mit der Basis nur auf der
                                 Oberflaͤche der gefaͤrbten Zeuge, und keineswegs bis in das Innere
                                 der Fasern.
                              Wir verdanken dieses Verfahren, welches sehr glaͤnzende und sehr
                                 dauerhafte Schattirungen von Gelb gibt, Hrn. Bancroft.
                              
                           
                              §. 3. Von dem gutfarbigen
                                    Gelb mit italiaͤnischer oder virginischer Pappelrinde.
                              Vitalis hat die Versuche, welche Dambourney uͤber die Anwendung der Rinde und
                                 der jungen Zweige des Pappelbaumes in der Wollenfaͤrberei anstellte,
                                 wieder aufgenommen, und es gelang ihm auch die gelbe Farbe dieser Substanz mit
                                 Huͤlfe gehoͤriger Beizen auf der Baumwolle und dem Flachse zu
                                 fixiren. Sein Verfahren hiezu, welches sehr einfach ist, ist folgendes:
                              (6) Man gallirt mit zwei Unzen weißer Gallaͤpfel auf ein Pfund Baumwolle,
                                 und nimmt das Garn in salzsaurem Zinne von 5° am Araͤometer durch.
                                 Diese Beize allein gibt schon ein sehr schoͤnes Gelb, wenn man die
                                 Baumwolle beilaͤufig 1/4 Stunde lang in einen Pappelrindenabsud bringt,
                                 der durch ein Sieb geseiht worden. Im Nothfalle kann man die Baͤder auch
                                 wiederholen.
                              Das Pappelgelb ist viel glaͤnzender, als das Waugelb, und widersteht dem
                                 Einfluͤsse der Luft, des Lichtes und der Seife eben so gut wie
                                 dieses.
                              
                           
                              §. 4. Von dem
                                    aͤchtfaͤrbigen Gelb mit Quercitronrinde.
                              (7) Dasselbe Verfahren, welches wir im 1sten §. dieses Kapitels No. (4) zum Gelbfaͤrben mit Wau beschrieben
                                 haben, findet auch seine Anwendung, wenn man mit Quercitronrinde gelb
                                 faͤrben will; nur mit dem einzigen Unterschiede, daß man diese Rinde in
                                 einem anderen Verhaͤltnisse anwendet, und daß der Faͤrbestoff auf
                                 eine andere Weise daraus ausgezogen wird. Man bringt naͤmlich das
                                 Quercitronpulver, in einen Sak eingebunden, in einen mit einer hinreichenden
                                 Menge Wasser gefuͤllten Kessel, und zwar in einem solchen
                                 Verhaͤltnisse, daß je nach der Intensitaͤt des gewuͤnschten
                                 Gelb 12–18 Pfund Quercitronrinde auf 100 Pfund Baumwolle oder Flachs
                                 kommen. Das ganze uͤbrige Verfahren ist ganz so, wie wir es fuͤr
                                 das Gelbfaͤrben mit Wau beschrieben haben.
                              Man kann mit der Quercitronrinde alle Schattirungen von Gelb erzielen. Wenn man
                                 dieselbe sparsam anwendet, wenn man die Hize nur auf eine geringe Hoͤhe
                                 treibt, und wenn man die Operation nur eine halbe Stunde lang fortsezt, so
                                 erhaͤlt man ein blasses Gelb; nimmt man hingegen eine groͤßere
                                 Menge davon, und laͤßt man die Operation laͤnger dauern, so wird
                                 die Farbe viel gesaͤttigter werden, so daß man sie am Ende durch Erhoͤhung
                                 der Quantitaͤt der Rinde, durch Erhoͤhung der Temperatur und
                                 Verlaͤngerung der Operation bis zum Braͤunlichen bringen kann. Bei
                                 einiger Erfahrung wird jeder Faͤrber leicht lernen, wie weit er in dieser
                                 Hinsicht zu gehen hat.
                              Bancroft, dem wir auch die Faͤrberei mit der
                                 Quercitronrinde verdanken, hat eine wichtige Beobachtung gemacht, welche wir
                                 hier gleichfalls mittheilen wollen. Er saͤttigte zwei gleiche
                                 Stuͤke Baumwollzeug mit essigsaurer Thonerde und Kalkwasser,
                                 faͤrbte hierauf das eine mit Quercitronrinde, das andere mit Wau aus, und
                                 schnitt dann von beiden, so wie sie aus dem Bade kamen, ein Muster ab. Dann
                                 brachte er dieselben Stuͤke wieder in dieselben Baͤder, in denen
                                 er unterdessen 1 Unze schwefelsaures Kupfer auf 5 Pfunde Baumwolle hatte
                                 aufloͤsen lassen, und deren Temperatur er nun beinahe bis zur Siedehize,
                                 die er 10 Minuten lang unterhielt, erhoͤhte. Das Resultat dieser
                                 Behandlung war, daß beide Zeuge eine braͤunliche Schattirung erhielten;
                                 allein nachdem er diese Zeuge zugleich mit den Mustern, die vor dem Zusaze des
                                 schwefelsauren Kupfers abgeschnitten worden waren, der Sonne und der Luft
                                 ausgesezt hatte, bemerkte er, daß die braͤunliche Faͤrbung
                                 verschwand, und daß nach einem vierwoͤchentlichen Einflusse der Sonne und
                                 der Luft die Farbe der Zeuge weit schoͤner war, als jene der
                                 abgeschnittenen Muster, welche ohne Zusaz von schwefelsaurem Kupfer
                                 gefaͤrbt worden waren. Hierdurch waͤre also bewiesen, daß die
                                 maͤßige Anwendung des schwefelsauren Kupfers, nach der Anwendung der
                                 essigsauren Thonerde und des Kalbwassers die Dauerhaftigkeit, und vielleicht
                                 auch die Schoͤnheit der gelben Farben auf Baumwolle und Flachs
                                 erhoͤhe.
                              Wenn man die thonerdige Beize ohne Zusaz von Wasser anwendet, so braucht man die
                                 Baumwolle nur Ein Mal einzuweichen, und sie dann auch nur ein einziges Mal in
                                 Kalkwasser einzutauchen, um sie hierauf auf die beschriebene Weise zu troknen,
                                 auszuspuͤlen und auszufaͤrben. Doch scheint es, daß die Resultate
                                 besser werden, wenn man die Beize mit Wasser verduͤnnt, und sie
                                 dafuͤr lieber zwei Mal einwirken laͤßt. Wenn es die Kosten
                                 zulassen, sollte man die Baumwolle sogar lieber noch oͤfter abwechselnd
                                 in verduͤnnte thonerdige Beizen und in Kalkwasser eintauchen, und sie
                                 nach jedesmaligem Eintauchen troknen. Die Erfahrung hat naͤmlich gelehrt,
                                 daß jede Eintauchung der Farbe mehr Koͤrper und eine groͤßere
                                 Dauerhaftigkeit gibt.
                              Bancroft gibt noch ein anderes Verfahren an, nach
                                 welchem man oͤfters auf eine vortheilhafte Weise mit Quercitronrinde sehr
                                 dauerhafte gelbe Farben erhalten kann. Er wendet naͤmlich
                                 Gallaͤpfel und eine Thon- und Kalkerde-Aufloͤsung
                                 als Beize an, und beobachtet dabei folgendes Verfahren.
                              
                              Die beste Methode die Aleppogallaͤpfel anzuwenden, besteht, wie Bancroft sagt, darin, daß man beilaͤufig 1
                                 Pfund solcher grobgestoßener Gallaͤpfel eine Stunde lang in 8 oder 12
                                 Pinten weichem Wasser mit einem halben Pfunde Soda sieden laͤßt, daß man
                                 dann den Absud filtrirt, und die Baumwolle eine oder zwei Stunden lang darin
                                 weichen laͤßt. Die Soda befoͤrdert nicht nur die Ausziehung des
                                 Gerbestoffes aus den Gallaͤpfeln, sondern veranlaßt, da sie von der
                                 Baumwolle eingesogen wird, auch einen haͤufigeren Niederschlag von
                                 Thonerde, wenn die Baumwolle spaͤter in die Alaunaufloͤsung
                                 getaucht wird, die man sich dadurch bereitet, daß man 8 Pfund Alaun und 1 Pfund
                                 Kreide in 24 Pinten (36 Pfund) Wasser bringt.
                              Wenn die Baumwolle aus dem Gallaͤpfelabsude kommt, so wird sie getroknet,
                                 dann zwei Stunden lang in die thon- und kalkerdehaltige Aufloͤsung
                                 eingeweicht, hierauf neuerdings getroknet, und dann wieder einige Minuten lang
                                 in Kalkwasser getaucht. Nach dieser Behandlung wird sie wieder getroknet, zum
                                 zweiten Mal in die thon- und kalkerdehaltige Aufloͤsung
                                 eingeweicht, neuerdings getroknet und vollkommen ausgewaschen. Zum Schlusse wird
                                 dann die Baumwolle in das Quercitronbad gebracht, und in diesem langsam und mit
                                 ebendenselben Vorsichtsmaßregeln behandelt, welche wir bei der vorhergehenden
                                 Methode beschrieben haben. Man erhaͤlt auf diese Weise sehr dauerhafte
                                 und sehr lebhafte Farben, welche dem wiederholten Waschen mit Seifenwasser, dem
                                 Einflusse der Sonne und der Luft, so wie der Einwirkung des staͤrksten
                                 Essiges und selbst des Chlors sehr gut widerstehen.
                              Wenn man die Baumwolle in eine Aufloͤsung von 1/2 Pfund Soda und 1 1/2
                                 Pfund Gallaͤpfel und Sumach taucht, dann troknet, hierauf in die
                                 thon- und kalkerdehaltige Aufloͤsung bringt, und dabei die eben
                                 vorher angegebenen Operationen befolgt, so erhaͤlt man dann mit
                                 Quercitronrinde eine Farbe, welche beinahe eben so dauerhaft ist, wie jene, zu
                                 der man sich nur des Gallaͤpfelabsudes allein bediente, wobei man noch
                                 uͤberdieß den Vortheil hat, daß man nicht befuͤrchten darf, daß
                                 die Farbe dunkel wird.
                              
                           
                              §. 5. Von dem
                                    gutfaͤrbigen Gelb mit Eisen.
                              (8) Die Chemiker haben sich bereits sehr vielfach mit dieser Art von
                                 Faͤrberei beschaͤftigt. Chaptal hat in
                                 den Annales de Chimie T. XXVI. S. 271 ein sicheres
                                 und vortheilhaftes Verfahren angegeben, indem er sagt: man erhaͤlt diese
                                 Arten von Gelb, wenn man die Baumwolle abwechselnd aus einer Aufloͤsung
                                 von Eisenvitriol zu 3° in eine Potaschenaufloͤsung von 2°
                                 bringt, welche man bis zur Saͤttigung mit Alaunaufloͤsung versezt.
                                 In diesem Bade laͤßt man die Baumwolle 4–5 Stunden lang, um sie dann
                                 herauszunehmen, auszudruͤken, auszuwaschen und zu troknen.
                              Vitalis beschreibt ein anderes Verfahren mit
                                 folgenden Worten:
                              (9) Man nimmt die Baumwolle, nachdem sie mit heißem Wasser getraͤnkt
                                 worden, kalt in einem frisch bereiteten und vollkommen klaren Eisenvitriolbade
                                 von 3° durch, wobei einige Minuten hinreichen, um die Baumwolle
                                 gehoͤrig damit zu saͤttigen. Nach Verlauf dieser Zeit nimmt man
                                 sie heraus, windet sie mit der Hand aus, und taucht sie dann in ein kaltes
                                 Potaschenbad, welches gleichfalls 3° am Araͤometer zeigt. In
                                 diesem lezteren Bade nimmt die Baumwolle eine schmuzig gruͤne Farbe an,
                                 welche an der Luft dann mehr oder minder schnell in's Rostgelbe
                                 uͤbergeht.
                              Diese beiden Operationen reichen hin, wenn es sich bloß um lichte Schattirungen
                                 handelt; bezwekt man hingegen dunklere Schattirungen, so muß man die
                                 Eisenvitriol- und Potaschenbaͤder abwechselnd so oft wiederholen,
                                 bis das Gelb hinreichend gesaͤttigt ist, was man an einem kleinen Muster
                                 erkennt, welches man, da sich die Farbe erst dann offenbart, wenn man die
                                 Baumwolle eine halbe Stunde lang frei der Einwirkung der Luft ausgesezt hat,
                                 vorher ausfaͤrbt. So wie die Baumwolle nun aus dem lezten Potaschenbade
                                 kommt, ringt und waͤscht man sie aus, um sie hierauf zu troknen. Wenn die
                                 Baumwolle rostgelb bleiben soll, so gibt man ihr 2–3 Minuten lang ein
                                 leichtes Seifenbad, ohne sie jedoch darin sieden zu lassen. Soll das Rostgelb
                                 aber nur als Grund fuͤr eine andere Farbe, z.B. fuͤr Blau mit
                                 Berlinerblau, dienen, so braucht man nicht mit Seife aufzufrischen.
                              Um alle die verschiedenen Schattirungen auf diese Weise zu erhalten, braucht man
                                 nur staͤrkere oder schwaͤchere Baͤder anzuwenden, und diese
                                 mehr oder minder oft zu wiederholen. Die Schattirung haͤngt
                                 uͤbrigens auch noch von der hoͤheren oder niedrigeren
                                 Oxydationsstufe des Metalles ab. So gibt naͤmlich das schwefelsaure
                                 Eisenoxydul (Eisenvitriol) eine hellere Schattirung, als das schwefelsaure
                                 Eisenoxyd, und dieses wieder hellere, als die Aufloͤsung, welche aus
                                 Oxydul- und Oxydsalz gemischt ist. Die hellen Schattirungen verlangen
                                 außerdem auch ein schwaͤcheres alkalisches Bad, so daß man in diesen
                                 Faͤllen statt des Potaschenbades auch ein Kalkbad anwenden kann.
                              Die Theorie dieses Verfahrens zum Rostgelbfaͤrben ist sehr leicht zu
                                 begreifen. Das schwefelsaure Eisen, womit die Baumwolle zuerst gesaͤttigt
                                 worden, wird durch die Potasche oder das Kalkwasser zersezt, indem sich diese
                                 Alkalien der Schwefelsaͤure bemaͤchtigen, waͤhrend das
                                 Eisenoxyd, welches eine große Verwandtschaft zur Baumwolle hat, auf derselben
                                 zuruͤkbleibt. Daher die Haltbarkeit dieser Farbe.
                              (10) Unter allen Schattirungen von Rostgelb ist die Nankinfarbe diejenige, welche
                                 fruͤher am beliebtesten war, welche sich auch jezt noch in großer Gunst
                                 erhaͤlt, und welche ungeachtet des Eigensinnes der Moden noch
                                 laͤnger gefallen zu wollen scheint.
                              Es ist mir, sagt Hr. Vitalis, gelungen der Baumwolle
                                 auf eine eben so einfache als haltbare Weise die Nankinfarbe ohne Anwendung des
                                 Eisens zu geben, und zwar zugleich auch den Ton des ostindischen Nankins
                                 beizubehalten. Mein Verfahren ist folgendes: Ich gebe der Baumwolle zuerst ein
                                 halbes Weiß, und lasse sie dann eine halbe Stunde lang in einem Bade kochen,
                                 welches ich mir dadurch bereite, daß ich auf 1 Pfund Baumwolle 8–10 Unzen
                                 in einen Sak eingebundene Lohe oder gemahlene Eichenrinde nehme. In diesem Bade
                                 nimmt die Baumwolle eine sehr dunkle falbe Farbe an. Hierauf laͤßt man
                                 die Baumwolle abkuͤhlen, waͤscht sie gut aus, und frischt die
                                 Farbe endlich durch ein leichtes mittelmaͤßig heißes Seifenbad auf. Um
                                 der Nankinfarbe den kleinen Stich in's Roͤthliche zu geben, welcher dem
                                 ostindischen Nankin eigen ist, seze ich dem Lohbade 1/100 Krapp, im
                                 Verhaͤltnisse zum Gewichte der Baumwolle, zu.
                              In Betreff der uͤbrigen Schattirungen von Gelb sehe man das alphabetische
                                 Farbenregister.
                              
                           
                        
                           Fuͤnftes Kapitel.Von den blauen Farben.
                           Man wendete anfangs zum Blaufaͤrben der Baumwolle die Waidkuͤpe an,
                              deren man sich zum Blaufaͤrben der Wolle bediente; da diese Kuͤpe
                              jedoch keine schoͤnen Schattirungen gab, so nahm man zu anderen Methoden, hie
                              wir nun hier angeben wollen, seine Zuflucht.
                           
                              §. 1. Von der warmen
                                    Indigokuͤpe.
                              (11) Diese Kuͤpe ist ganz dieselbe, deren sich der Seidenfaͤrber
                                 bedient; sie wird auf eben dieselbe Weise bereitet und geleitet.Man fuͤllt naͤmlich einen gewoͤhnlichen Kessel, der
                                       2–2 1/2 Muid (576 bis 726 Pinten) faßt, mit Wasser, wirft 6 Pfd.
                                       gute kaͤufliche Potasche, 2 Pfd. Kleie und eben so viel Provencer
                                       Krapp hinein, und erwaͤrmt dieß nach und nach bis auf 75°
                                       Réaumur. Wenn das Bad diese Temperatur erreicht hat, laͤßt
                                       man dasselbe mit dem Bodensaze in eine kupferne Kuͤpe fließen,
                                       die eben so vorgerichtet ist wie eine Waidkuͤpe, damit man rund
                                       um sie herum heizen kann. In diese Kuͤpe, welche ungefaͤhr
                                       3 1/2–4 Muid (1008 bis 1152 Pinten) zu fassen vermag, wirft man
                                       sogleich 5 oder 6 Pfd. fein geriebenen Indigo; die Kuͤpe
                                       fuͤllt man bis auf 6 Finger breit von ihrem Rande mit heißem
                                       Wasser an, ruͤhrt eine halbe Stunde lang gut um, dekt sie zu und
                                       macht ein hinlaͤnglich starkes Feuer, um das Bad in einer
                                       Temperatur zwischen 30 und 35° zu halten. Zwoͤlf Stunden
                                       darauf ruͤhrt man neuerdings um und so fort alle zwoͤlf
                                       Stunden, bis die Kuͤpe gut geworden ist, d.h. bis das Bad der
                                       Kuͤpe eine gruͤnlichgelbe Farbe bekommen hat, und sich
                                       auf der Oberflaͤche desselben kupfrige Fleke, blaue Adern und
                                       eine sehr schoͤn blaue Blume gebildet haben, was
                                       gewoͤhnlich nach Verlauf von 48 Stunden geschieht.Diese Kuͤpe muß, wenn man aus derselben zu faͤrben
                                       aufhoͤrt, umgeruͤhrt und fortwaͤhrend warm erhalten
                                       werden.Wenn das Bad schwach wird, so erhizt man 4 1/2 Pfd. Potasche, 1/2 Pfd.
                                       Kleie und 1/2 Pfd. Krapp mit 3 oder 6 Schoͤpfeimern Wasser bis
                                       aus 75°, gießt das Ganze in die Kuͤpe und ruͤhrt
                                       sie um.Von Zeit zu Zeit sezt man auch einige Pfunde Indigo zu, um denjenigen zu
                                       ersezen, welcher zum Faͤrben verwendet wurde. Die Kleie und der
                                       Krapp sind hier die Substanzen, welche zur Desoxydation des Indigos
                                       dienen und die Potasche loͤst denselben dann auf. A. d. R.
                                 
                              
                              Die Baumwolle wird aus dieser Kuͤpe ganz so gefaͤrbt, wie man die
                                 Seide ausfaͤrbt: man traͤnkt die Baumwolle zuerst mit lauwarmem
                                 Wasser und druͤkt dann dieses durch starkes Ausringen aus. Hierauf bringt
                                 man die Straͤhne auf Durchlaͤufer, die man quer uͤber die
                                 Kuͤpe legt, und mit welchen man genau dieselben Operationen unternimmt,
                                 wie bei der Seidenfaͤrberei. Zulezt ringt man die Baumwolle aus, und
                                 luͤftet sie einige Minuten lang, um sie gut vergruͤnen zu
                                 lassen.
                              In gut eingerichteten Faͤrbereien hat man mehrere solcher Kuͤpen,
                                 welche verschiedene Quantitaͤten Indigo, 2–4 Pfund, enthalten.
                              Die Manipulationen, die man bei der Faͤrberei mit der warmen Kuͤpe
                                 befolgt, sind dieselben, wie jene, deren man sich zur Faͤrberei mit der
                                 Vitriolkuͤpe bedient.
                              
                           
                              §. 2. Von der kalten
                                    Indigokuͤpe oder der Vitriolkuͤpe.
                              (12) Diese Kuͤpe, welche hauptsaͤchlich nur zum Blaufaͤrben
                                 des Flachses und der Baumwolle bestimmt ist, wird auf folgende Weise
                                 bereitet:
                              Man fuͤllt ein Faß, welches ungefaͤhr 500 Liter (1000 Pfund) Wasser
                                 zu fassen im Stande ist, zur Haͤlfte mit Wasser, und sezt dann 3 Pfund
                                 geloͤschten Kalk, 1 Pfd. kaͤufliche Soda oder Potasche, 6 Pfd.
                                 gruͤnen Eisenvitriol, und 4–5 Pfd. gemahlenen Indigo zu. Alles
                                 dieses ruͤhrt man eine Viertelstunde lang um, um es dann 2–3
                                 Stunden lang ruhig stehen zu lassen. Wenn das Bad gelblichgruͤn geworden,
                                 und wenn sich auf dessen Oberflaͤche blaue Adern, kupfrige Fleke und eine
                                 schoͤne Blume zeigen, so fuͤllt man die Kuͤpe vollends mit
                                 Wasser, ruͤhrt sie gut um, und faͤrbt aus derselben aus, nachdem
                                 man sie vorher 5–6 Stunden stehen ließ.
                              Wenn man statt des kalten Wassers Wasser von 35 bis 40° Waͤrme
                                 anwendet, so kann man sich der Kuͤpen um einige Stunden fruͤher
                                 bedienen.
                              Das Verfahren, dessen man sich zu Rouen bedient, um mit diesen Kuͤpen zu
                                 faͤrben, ist nach Vitalis folgendes:
                              
                              
                                 „Die Zahl der kalten Kuͤpen muß mit der Arbeit, die man zu
                                    verlichten hat, im Verhaͤltnisse stehen. Man kann dieselben auch in
                                    einfachen Faͤssern, an deren einer Seite man den Boden herausgenommen
                                    hat, zubereiten; man stellt diese Faͤsser naͤmlich nach
                                    einander in zwei, drei oder vier parallelen Reihen auf Ganter, welche so
                                    weit von einander entfernt sind, daß man bequem um die Kuͤpen
                                    herumgehen kann. In allen diesen Kuͤpen nun vertheilt man den Indigo
                                    so, daß, von der schwaͤchsten angefangen, die uͤbrigen immer
                                    staͤrker und staͤrker werden, damit man, wenn man beim
                                    Ausfaͤrben von einer Kuͤpe zur anderen fortgeht, leicht die
                                    staͤrksten Schattirungen erhalten kann. Die hellen Schattirungen von
                                    Blau faͤrbt man bloß in den schwaͤchsten Kuͤpen aus,
                                    und laͤßt dabei die Baumwolle auch nur kuͤrzere Zeit hindurch
                                    darin, als man sie fuͤr die dunkleren Schattirungen darin
                                    laͤßt.
                                 
                              
                                 „Nachdem die Baumwolle vorher in reinem Wasser, oder hoͤchstens
                                    in einer schwachen Soda- oder Potaschenlange, von 1/4 Grad z.B.,
                                    abgekocht, hierauf gut ausgewaschen, getroknet, und dann wieder in laues
                                    Wasser eingeweicht worden, bringt man die Gebinde auf Stoͤke, welche
                                    quer uͤber die Kuͤpe gelegt worden, und taucht sie dann in das
                                    Bad, von welchem man die Blume vorher sorgfaͤltig abgenommen hat. Man
                                    fuͤhrt nun die Gebinde 2 bis 3 Minuten lang von einem Ende der
                                    Kuͤpe zum anderen, mit der Vorsicht, daß auch jener Theil der
                                    Baumwolle, welcher fruͤher außen war, in die Kuͤpe gebracht
                                    wird, und daß jede der beiden Haͤlften so gleichmaͤßig als
                                    moͤglich durchgenommen werde, indem man sie gleichlange Zeit, d.h.
                                    2–3 Minuten lang in der Kuͤpe eingetaucht haͤlt. Nach
                                    Ablauf dieser Zeit nimmt man die Gebinde heraus und ringt sie uͤber
                                    einer Wanne, welche sich neben der Kuͤpe befindet, an dem
                                    Carvilirstoke aus, um das Bad selbst dadurch nicht zu truͤben. Man
                                    luͤftet die Baumwolle nun einige Minuten um sie gut vergruͤnen
                                    zu lassen, und haͤngt sie dann auf.
                                 
                              
                                 „Was die sehr dunklen Schattirungen von Blau betrifft, welche man in
                                    den Werkstaͤtten Violblau (bleus viols)
                                    und Sattblau (bleus violens) nennt, so gibt man
                                    denselben zuerst einen starken Grund von Blau, indem man dieselben in drei
                                    oder vier Kuͤpen von immer groͤßerer und groͤßerer
                                    Staͤrke durchnimmt. – Hierauf erst nimmt man sie dann in einer
                                    neuen und sehr stark mit Indigo beladenen Kuͤpe durch, um sie dann
                                    auszuringen, zu luͤften und zu troknen.
                                 
                              
                                 „In jedem Falle darf man es nie vernachlaͤssigen die getroknete
                                    und gut vergruͤnte Baumwolle in einem Bade durchzunehmen, welches mit
                                    1/50 oder 1/60 seines Gewichtes concentrirter Schwefelsaͤure, welche
                                    man gut mit dem Wasser vermischt, gesaͤuert worden. Dieses Bad nimmt
                                    naͤmlich den Kalk weg, welcher der Baumwolle immer anhaͤngt,
                                    und welcher das Blau matt macht. So wie die Baumwolle aus diesem
                                    gesaͤuerten Bade kommt, waͤscht man sie alsogleich in
                                    fließendem Wasser aus, um sie hierauf auszuringen, und bei gutem Wetter an
                                    der Luft, oder noch besser in einer Trokenstube zu troknen, indem deren
                                    Waͤrme das Blau erhoͤht und die Schattirung desselben
                                    verstaͤrkt. Wenn man zu faͤrben aufhoͤrt, ruͤhrt
                                    man die Kuͤpen auf, und laͤßt sie sich sezen.
                                 
                              
                                 „Wenn das Bad schwaͤcher zu werden anfaͤngt, so speist
                                    man die Kuͤpe, indem man ihr 2–3 Pfund gruͤnen
                                    Eisenvitriol und 2 Pfund geloͤschten Kalk zusezt, damit jene
                                    Quantitaͤt Indigo, die sich dadurch, daß sie mit der Luft in
                                    Beruͤhrung kam, unter der Form der sogenannten Blume, oxydirte,
                                    wieder aufgeloͤst werde, indem man diese Blume vor dem
                                    Aufruͤhren wieder in die Kuͤpe zuruͤkwirft. Eben so muß
                                    man von Zeit zu Zeit auch neuen Indigo zusezen, um jenen zu ersezen, der
                                    durch das Ausfaͤrben verschwand. Wir wiederholen uͤbrigens
                                    hier noch ein Mal, daß sich die kalte blaue Kuͤpe viel besser eignet,
                                    als die warmen Kuͤpen, um der Baumwolle ein lebhafteres und helleres
                                    Blau zu geben, und daß das kalte Blau mit dem Gelben ein viel
                                    glaͤnzenderes Gruͤn gibt, als das heiße.“
                                 
                              Die vorzuͤglichsten Schattirungen von Blau sind das Weißlichblau (bleu blanchi), welches das
                                 schwaͤchste von allen ist, das Himmelblau, das
                                 Koͤnigsblau, das Dunkelblau, das Violblau oder Sattblau. Zwischen diesen Schattirungen gibt es aber
                                 noch eine Unzahl anderer, die man in den Faͤrbereien mit den Namen Blau
                                 von 10, 15, 20, 25 etc. Sous bezeichnet.
                              Baumwolle in Fladen (en nappes) laͤßt sich
                                 sehr gut in der kalten Kuͤpe faͤrben. Wenn man sie dann mit weißer
                                 Baumwolle oder Wolle kardaͤtscht, und dieses Gemisch hierauf spinnt, so
                                 kann man Zeuge daraus verfertigen, welche gegenwaͤrtig sehr gesucht
                                 sind.
                              In der kalten blauen Kuͤpe faͤrbt man ferner auch die leinenen,
                                 hanfenen und baumwollenen Zeuge. Die Kuͤpen hiezu sind aber aus
                                 Kieselsteinen mit Kalk und Moͤrtel erbaut. Ihre Waͤnde
                                 muͤssen wenigstens 6 Zoll dik seyn; auch muß der Moͤrtel oder Kitt
                                 von guter Beschaffenheit und durch ein Sieb getrieben seyn. Der Aezkalk muß mit
                                 einer gewissen Menge an der Luft geloͤschten Kalkes gemengt werden; auch
                                 muß man diese Kuͤpen vollkommen troken werden lassen, ehe man dieselben
                                 anwendet.
                              Die Form dieser Kuͤpen ist ein Vierek von 3–4 Fuß im Gevierte; ihre
                                 Tiefe betraͤgt gewoͤhnlich 5–6 Fuß, wobei sie jedoch nur so
                                 weit uͤber die Erde emporragen duͤrfen, daß man sich darauf lehnen
                                 kann. Man muß eine gewisse Anzahl solcher Kuͤpen von verschiedener
                                 Staͤrke haben, die man am besten in parallele Linien bringt, und von
                                 denen eine jede beilaͤufig 6 Muid (1728 Piten) zu fassen im Stande ist. Mittelst
                                 Querstangen, welche sich um ihre Achse bewegen lassen, und die in
                                 gehoͤrigen Zwischenraͤumen von einander angebracht sind
                                 (sogenannte Haͤspel), kann man die Zeuge in die Kuͤpen hinablassen
                                 und dann wieder herausnehmen, um sie hierauf wieder in eine andere zu
                                 tauchen.
                              Man befestigt die Zeuge an den Raͤndern auf Rahmen (Haͤspeln),
                                 welche mit kleinen Haͤkchen versehen sind, indem man bei einem Ende
                                 anfaͤngt, und beim anderen aufhoͤrt. Die Stangen des oberen
                                 Theiles dieser Rahmen bewegen sich in Falzen, damit sie je nach der Breite der
                                 Zeuge befestigt und gespannt werden koͤnnen. Mittelst dieser Vorrichtung
                                 werden die Falten der Zeuge durch Zwischenraͤume von beilaͤufig
                                 einem Zoll von einander getrennt, so daß die Farbe ohne Hinderniß auf beide
                                 Seiten des Zeuges wirken kann, wenn man die Zeuge senkrecht in das Bad
                                 untertaucht. Diese Rahmen sind uͤbrigens in allen Faͤrbereien so
                                 bekannt, daß es keiner weiteren Beschreibung bedarf. An diesen Rahmen wird ein
                                 Strik befestigt, mit welchem man sie mit Beihuͤlfe der beschriebenen
                                 Querstangen und einer Rolle in die Hoͤhe ziehen oder herablassen, oder
                                 von einer Kuͤpe in die andere bringen kann. Eine Eintauchung von
                                 7–8 Minuten reicht hin, weil die Zeuge innerhalb dieses Zeitraumes all
                                 das Blau aufnehmen, welches sie aufzunehmen im Stande sind. Wenn man die
                                 verlangte Schattirung erreicht hat, so hebt man den Rahmen aus der Kuͤpe,
                                 und laͤßt den Zeug uͤber derselben abtropfen; dann nimmt man den
                                 Zeug vom Rahmen ab, und bringt ihn sogleich in ein schwaches, mit
                                 Schwefelsaͤure gesaͤuertes Bad, um ihn von allen den Kalktheilchen
                                 zu befreien, welche demselben anhaͤngen. So wie der Zeug aus diesem Bade
                                 kommt, waͤscht man ihn in fließendem Wasser aus und haͤngt ihn
                                 auf.
                              Eine Kuͤpe von der oben angegebenen Groͤße richtet man mit 20 Pfund
                                 Aezkalk, 36 Pfund gruͤnem Eisenvitriol und 18–20 Pfund Indigo zu.
                                 Der gestoßene Indigo muß vorher 8–10 Tage lang in eine aͤzende
                                 Sodalauge von 20 bis 25° nach dem Araͤometer eingeweicht werden,
                                 nachdem er in einer kupfernen Schale mit eisernen Kugeln gemahlen worden, und
                                 durch ein Sieb in die Kuͤpe gebracht werden. Man ruͤhrt die
                                 Kuͤpe sieben bis acht Mal des Tages auf und laͤßt sie dann
                                 beilaͤufig 36 Stunden lang ruhen, nach welcher Zeit man damit
                                 faͤrben kann.
                              Diese Kuͤpe wird eben so gespeist, wie wir oben gesagt haben. Wenn man
                                 bemerkt, daß sie keine blauen Adern mehr gibt, oder daß sie schwarz wird, so
                                 sezt man derselben 4 Pfund Eisenvitriol und 2 Pfund Kalk zu, und ruͤhrt
                                 sie zwei Mal auf. Man vermindert diese Speise gradweise und in dem Maße, als die
                                 Kuͤpe schwaͤcher wird. Sobald das Bad truͤb zu werden
                                 anfaͤngt, muß man aus der kalten Kuͤpe zu faͤrben
                                 aufhoͤren, und erst dann wieder damit beginnen, wenn das Bad wieder klar
                                 geworden. Man kann auf diese Weise eine Kuͤpe ganz erschoͤpfen
                                 oder ihr allen Faͤrbestoff entziehen. Die Nuͤancen, welche immer
                                 schwaͤcher werden, dienen dazu, um gewisse Schattirungen zu bekommen oder
                                 um fuͤr andere hoͤhere Schattirungen einen Grund zu bilden.
                              Das Garn und die Zeuge haben, so wie sie aus der Kuͤpe kommen, eine
                                 gelbliche Farbe, gleich jener des Bades. Diese Farbe geht jedoch durch die
                                 Vermischung des Gelben und des Blauen bald in's Gruͤne, und endlich in
                                 ein reines Blau uͤber, indem sich der Indigo auf Kosten des Sauerstoffes
                                 der Luft wieder oxydirt.
                              Beinahe dieser ganze Artikel uͤber die blauen Farben gehoͤrt dem
                                 sel. Vitalis an, welcher mit einer sehr gelehrten
                                 Theorie eine vollendete praktische Kenntniß verband, und der meine Arbeiten
                                 immer mit der ihm eigenen Gefaͤlligkeit leitete, so daß ich mich auch
                                 hier wieder verpflichtet fuͤhle, den Dank, den ich ihm schulde,
                                 oͤffentlich zu bekennen.
                              (13) Scheffer und Bergmann
                                 haben eine Kuͤpe beschrieben, mit welcher man die Baumwolle haltbar blau
                                 faͤrben kann. Sie wenden in dieser Kuͤpe das Operment oder den
                                 gelben Schwefelarsenik zur Desoxydation des Indigos an. Bancroft ersezt den Schwefelarsenik, der der Kuͤpe einen
                                 unangenehmen Geruch gibt, und dessen Anwendung nicht ohne Gefahren ist, durch
                                 raffinirten Zuker oder braune Cassonade.
                              
                           
                              §. 3. Von dem
                                    Blaufaͤrben mit Berlinerblau:
                                 
                              (14) Die gluͤkliche Anwendung, welche Raymond
                                 in der Seidenfaͤrberei vom Berlinerblau machte, brachte Vitalis auf die Idee, die aͤußerst feinen und
                                 zarten Schattirungen von Blau, welche man mittelst dieses Faͤrbestoffes
                                 auf Seide erhaͤlt, und welche man durch kein anderes Mittel zu erreichen
                                 im Stande ist, auch auf die Baumwolle zu uͤbertragen. Die Versuche, die
                                 er in dieser Hinsicht anstellte, ergaben zweierlei Methoden, die wir hier
                                 angeben wollen: bei der ersten Methode wird das Berlinerblau direct angewendet,
                                 bei der zweiten hingegen wird es nach Raymond's
                                 Methode gebildet.
                              
                                 Erstes Verfahren. Man ruͤhre gepulvertes
                                    Berlinerblau von feinster Qualitaͤt mit 3–4 Gewichtstheilen
                                    Salzsaͤure an, und lasse es 24 Stunden lang in der Kaͤlte
                                    damit digeriren, waͤhrend welcher Zeit man jedoch fuͤnf bis
                                    sechs Mal umruͤhrt. Das auf diese Weise behandelte Berlinerblau gibt
                                    eine Composition von herrlichem Blau, die Vitalis
                                    auf folgende Weise anwendet.
                                 
                                 Er nimmt die gut gebleichte Baumwolle in einer lauwarmen Beize von
                                    essigsaurer Thonerde von 5–6 Grad durch, und laͤßt sie dann
                                    troknen, um hierauf die uͤberschuͤssige Beize wieder
                                    abzuwaschen. Dann mengt er eine hinlaͤngliche Menge der oben
                                    angegebenen Composition unter 20 bis 25 Gewichtstheile heißes Wasser,
                                    welches man mit der Hand gut umruͤhrt. Wenn nun ein Tropfen der
                                    Fluͤssigkeit, auf der Spize des Fingers gegen das Licht gehalten, die
                                    gehoͤrige Schattirung zu haben scheint, so taucht er die Baumwolle,
                                    die er, um die Farbe gleichmaͤßig zu machen, vorher gut durchlaufen
                                    ließ, in dieselbe. Nach dem Durchlaufen nimmt er die Baumwolle ab, und
                                    laͤßt sie so lange untergetaucht, bis sie keine Farbe mehr aufnimmt,
                                    worauf er sie herausnimmt, ausringt, 1/4 Stunde lang luͤftet, und
                                    dann auswaͤscht und troknet. Hierauf bringt er sie in ein Bad,
                                    welches mit 1/60 Schwefelsaͤure gesaͤuert ist, und wie sie aus
                                    diesem Bade kommt, wird sie ausgerungen, sorgfaͤltig ausgewaschen und
                                    getroknet.
                                 
                              
                                 Das zweite Verfahren ist folgendes. 1) Man gibt
                                    der Baumwolle einen mehr oder weniger starken Grund von Rostgelb (Kap. IV.
                                    §. 5), indem man sie abwechselnd und 2 bis 3 Male in einer
                                    Aufloͤsung von schwefelsaurem Eisen von 3–4° und in
                                    einer Potaschenlauge von 2° durchnimmt, und hierauf ausdruͤkt,
                                    troknet und auswaͤscht.
                                 2) Man loͤst 1/10 (in Bezug auf das Gewicht der Baumwolle)
                                    eisenblausaures Kali in warmem Wasser auf, sezt dem Bade 1/60 concentrirte
                                    Schwefelsaͤure zu, mengt dieß gut unter einander, und nimmt dann die
                                    Baumwolle mit rostgelbem Grunde in diesem Bade durch, wobei man noch
                                    eisenblausaures Kali und Saͤure zusezt, wenn das Blau langsam steigt.
                                    Die Baumwolle laͤßt man so lange untergetaucht, bis deren Farbe nicht
                                    mehr steigt.
                                 3) endlich, luͤftet man die Baumwolle 1/4 Stunde lang, um sie dann
                                    auszuwaschen und zu troknen.
                                 Bei diesem Verfahren bildet sich offenbar eisenblausaures Eisen
                                    (Berlinerblau), welches sich auf die Baumwolle niederschlaͤgt, und
                                    derselben ihre schoͤne Farbe gibt. Die Baumwolle erhaͤlt auf
                                    diese Weise so schoͤne und so glaͤnzende Farben, daß die
                                    schoͤnsten Kuͤpenblau keinen Vergleich damit aushalten
                                    koͤnnen. Allein leider entspricht die Dauerhaftigkeit nicht dem
                                    Glanze dieser Farbe; sie wird naͤmlich durch Alkalien
                                    gaͤnzlich zerstoͤrt, ohne daß auch nur eine Spur davon
                                    zuruͤkbliebe. Wir wuͤrden aus diesem Grunde dieser
                                    Faͤrberei gar nicht erwaͤhnt haben, wenn hie Schoͤnheit
                                    der Schattirungen, die man dadurch erhaͤlt, nicht so auffallend
                                    waͤre, und wenn wir nicht hoffen wuͤrden, daß es doch
                                    vielleicht noch einem gewandten Chemiker gelingt, diesen
                                    schoͤnen Farben auch Haltbarkeit zu geben: ein Dienst, der nicht
                                    genug gelohnt werden koͤnnte.Es ist uns unbegreiflich, daß ein so ausgezeichneter Chemiker wie Hr.
                                          Laugier eine solche Hoffnung hegen
                                          kann; das Berlinerblau mag auf den Faserstoffen auf was immer
                                          fuͤr eine Art befestigt werden, so kann es doch nie
                                          aufhoͤren durch Alkalien zersezt zu werden, ohne seine
                                          chemische Constitution zu veraͤndern, oder mit anderen Worten
                                          ein ganz anderer Koͤrper zu werden. A. d. R.
                                    
                                 
                              
                           
                        
                           Sechstes Kapitel.Von den falben Farben.
                           Das Falbe, welches auf Wolle und Seide so geschaͤzt
                              ist, ist auf Baumwolle beinahe gar nicht gebraͤuchlich; denn man wendet diese
                              Farbe, die man aus den Nußschalen, den Gallaͤpfeln, der Nußwurzel, der
                              Erlenrinde, dem rothen Sandelholze, dem Sumach, dem Ruße und einer Menge anderer
                              Substanzen gewinnt, in der Baumwollfaͤrberei beinahe nur zu
                              Braͤunungen an.
                           Das Falbe dient dazu, gewissen Farben je nach der Art und Menge des
                              Faͤrbestoffes, den man hiezu anwendet, eine mehr oder weniger
                              braͤunliche Schattirung zu geben. Diese Braͤunung muß mit Vorsicht
                              angewendet werden. Die leichteste und sicherste Methode hiezu besteht darin, daß man
                              ein Braͤunungsbad zurichtet, und in diesem die Gebinde oder Straͤhne
                              so lange durchnimmt, bis sie die gehoͤrige Schattirung erlangt haben. Auf
                              diese Weise ist man vollkommen Herr seiner Sache und kann man die Braͤunung
                              jedes Mal auf den gehoͤrigen Grad bringen, was nicht der Fall ist, wenn man
                              die Substanzen, welche das Falbe erzeugen sollen, gleich unter das Faͤrbebad
                              mischt: denn hier laͤuft man Gefahr die Farbe zu stark zu braͤunen
                              oder jedenfalls nur durch Zufall zu einer bestimmten Schattirung zu gelangen.
                           Die verschiedenen adstringirenden oder zusammenziehenden Mittel, deren man sich in
                              diesem Falle bedient, wirken nur als einfache Huͤlfsmittel, die man zur
                              Bestimmung einer gewissen Schattirung anwendet, welche man mittelst eines anderen
                              Mittels nur mit großer Schwierigkeit und oft nicht mit solcher Dauerhaftigkeit zu
                              erhalten im Stande waͤre.
                           Wir beschraͤnken uns hier auf diese wenigen Bemerkungen; alles was der Leser
                              zu seiner Aufklaͤrung uͤber diese Farben zu wissen wuͤnscht,
                              wird er in der Seidenfaͤrberei finden. Die Faͤrbebaͤder und die
                              Manipulationen sind hier naͤmlich ganz dieselben, wie dort.
                           
                        
                           
                           Siebentes Kapitel.Von dem aͤchtfaͤrbigen Schwarz.
                           Ein schoͤnes Schwarz auf Baumwolle ist, wenn es dauerhaft seyn soll, sehr
                              schwer zu faͤrben, und dieß ist wohl auch der Grund, daß es so viele
                              Vorschriften dafuͤr gibt, daß wir gar kein Ende finden wuͤrden, wenn
                              wir sie saͤmmtlich angeben wollten. Wir werden mehrere dieser Vorschriften in
                              dem alphabetischen Farbenregister angeben, weil vielleicht doch einige derselben dem
                              Leser nuͤzlich werden koͤnnten, und damit er wenigstens den
                              Unterschied zwischen diesen Methoden und jener sehe, welche die beste ist, welche
                              wir hier beschreiben wollen, und welche wir gleichfalls wieder dem vortrefflichen
                              Vitalis verdanken.
                           Wer nur einiger Maßen mit der Faͤrbekunst vertraut ist, wird bemerkt haben,
                              daß die Baumwolle, welche nach einer der gewoͤhnlichen Methoden schwarz zu
                              faͤrben, behandelt wurde, troken, bruͤchig und rauh anzufuͤhlen
                              ist, und daß dieselbe an der Luft allmaͤhlich einen sehr unangenehmen Stich
                              in's Rothe bekommt, und endlich wohl gar in ein Flohbraun uͤbergeht. Es war
                              daher von hoͤchstem Belange ein Verfahren auszumitteln, nach welchem man
                              durch eben so einfache, als leicht anwendbare Mittel ohne große Kosten auf Flachs,
                              Hanf und Baumwolle ein dauerhaftes und glaͤnzendes Schwarz fuͤr
                              Trauerzeuge, fuͤr welche wir fruͤher besonders den Hollaͤndern
                              zinsbar waren, faͤrben koͤnnte. Vitalis hat
                              ein solches Verfahren gefunden, und man bedient sich desselben gegenwaͤrtig
                              in allen guten Faͤrbereien, und besonders zu Rouen. Obschon dieses Verfahren
                              schon im J. 1807 bekannt gemacht wurde, so wendet man dasselbe doch erst seit
                              2–3 Jahren in Paris an, und nur bei wenigen Fabrikanten findet man noch
                              baumwollene Struͤmpfe, welche haltbar schwarz gefaͤrbt sind, und
                              fuͤr deren Farbe gutgestanden wird. Wir haben uns durch sehr gelungene
                              Versuche von der Guͤte dieser Methode, nach welcher man auf folgende Weise
                              verfaͤhrt, uͤberzeugt.
                           (15) Man beginnt damit, daß man die Baumwolle, die vorher bloß entschaͤlt
                              worden, mit dem vierten Theile ihres Gewichtes guten schwarzen Gallaͤpfeln
                              oder wenigstens mit Gallaͤpfeln in Sorten gallirt. Eine Gallirung mit
                              Gallaͤpfeln, Sumach und Campeschenholz ist noch besser, und vermindert
                              uͤberdieß auch noch die Kosten, indem man dann eine geringere Menge
                              Gallaͤpfel noͤthig hat. Man nimmt die Baumwolle sorgfaͤltig in
                              diesem Absude, der so weit erhizt seyn muß, daß man die Hand kaum darin zu halten im
                              Stande ist, durch, und laͤßt sie sogar einige Stunden lang darin eingeweicht;
                              dann nimmt man sie heraus, ringt sie leicht aus, und troknet sie bei gutem Wetter an der freien
                              Luft, bei feuchtem regnerischem Wetter hingegen auf einem Haͤngeboden. Wenn
                              nun die Baumwolle vollkommen troken geworden, bringt man sie in ein laues Wasserbad,
                              in welches man 1/10 ihres Gewichtes kaͤufliches holzsaures Eisen gegossen und
                              gut damit vermengt hat. In diesem Bade arbeitet man die Baumwolle beinahe eine halbe
                              Stunde lang gut ab, waͤhrend welcher Zeit man sie mehrere Male herausnimmt,
                              einige Minuten an der Luft luͤftet und dann wieder eintaucht. Ist dieß
                              geschehen, so nimmt man sie heraus und luͤftet sie 10–12 Minuten
                              lang.
                           Nach dieser Behandlung gallirt man die Baumwolle zum zweiten Male, und gibt ihr
                              hierauf, ohne sie zu troknen, ein zweites Bad mit holzsaurem Eisen. Das Verfahren
                              hiebei ist ganz dasselbe, wie das erste Mal, nur ist die Gallirung und das Bad etwas
                              schwaͤcher. Diese beiden Operationen werden hierauf noch ein drittes Mal
                              wiederholt, und zwar ohne zu troknen; nach ihnen nimmt man die Baumwolle heraus,
                              luͤftet sie eine Viertelstunde, waͤscht sie aus und troknet sie
                              endlich.
                           Wenn die Baumwolle auf diese Weise schwarz gefaͤrbt worden, macht man sie
                              dadurch milder und die Farbe glaͤnzender, daß man sie kalt in einem weißen
                              Bade durchnimmt, aͤhnlich jenem, dessen man sich auch bei der
                              Tuͤrkischroth-Faͤrberei bedient, und welches man sich dadurch
                              bereitet, daß man 36–40 Gewichtstheile Sodawasser von 1° mit Einem
                              Theile fetten Oehle vermischt, so daß kaum 1 Unze Oehl auf 1 Pfund Baumwolle kommt.
                              So wie die Baumwolle aus diesem Bade kommt, ringt man sie aus, um sie dann zu
                              troknen und endlich im Flusse auszuwaschen. Die auf diese Weise behandelte Baumwolle
                              hat dann ein Schwarz, welches so dauerhaft und so vollkommen ist, als man es
                              wuͤnschen kann.
                           Die Société d'encouragement faͤllte
                              uͤber diese wichtige Erfindung ein sehr guͤnstiges Urtheil, und
                              druͤkte sich folgender Maßen aus: „diese Farbe haͤlt sich
                                 sehr lange und wird nicht roth, wie dieß mit den gewoͤhnlichen Arten von
                                 Schwarz der Fall ist.“ Die Akademie zu Lyon und zu Caen, das Athénée des Arts zu Paris, die Société libre d'émulation zu Rouen,
                              haben Hrn. Vitalis gleichfalls die groͤßten
                              Lobes-Erhebungen fuͤr seine Erfindung ertheilt.
                           
                              (Der Beschluß folgt im naͤchsten
                                       Hefte.)