| Titel: | Ueber eine neue, augenbliklich zerplazende Handgranate. Von Hrn. Robert Mallet zu Dublin. | 
| Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XLIX., S. 273 | 
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                        XLIX.
                        Ueber eine neue, augenbliklich zerplazende
                           Handgranate. Von Hrn. Robert
                              Mallet zu Dublin.
                        Aus dem Mechanics' Magazine N. 477. S.
                              442.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
                        Mallet's zerplazende Handgranate.
                        
                     
                        
                           Die in Vorschlag gebrachten Methoden Sprengkugeln verschiedener Art abzufeuern, sind,
                              wie Jedermann weiß, bereits sehr zahlreich, und doch hat man es in dieser Kunst eben noch nicht sehr
                              weit gebracht. Weniger haͤufig dachte man aber daran, die Granaten so zu
                              vervollkommnen, daß man sich derselben mit Sicherheit bedienen, und sie zugleich
                              auch mit groͤßerer Gewißheit an einen bestimmten Ort schleudern
                              koͤnnte. Ich sah vorzuͤglich zwei hierauf bezuͤgliche
                              Erfindungen, von denen jedoch die eine zu kostspielig und zu complicirt ist,
                              waͤhrend die andere keinen militaͤrischen Transport aushalten
                              duͤrfte. Ich nehme mir daher die Freiheit, dem Publicum eine von mir
                              erfundene Handgranate mitzutheilen, welche zerplazen muß, so wie sie auf den Boden
                              faͤllt, oder so wie sie gegen einen anderen festen Koͤrper
                              geschleudert wird.
                           In der Zeichnung Fig. 27, welche meine Erfindung versinnlichen soll, ist a ein Durchschnitt durch die Mitte einer aus Gußeisen
                              gegossenen Granate von beinahe natuͤrlicher Groͤße. b ist ein kurzes Stuͤk einer gewoͤhnlichen
                              duͤnnen Gasroͤhre, welche aus Eisen, besser aber aus Kupfer bestehen
                              kann. In das obere Ende dieser Roͤhre wird ein Stab aus Eschenholz, der
                              sogenannte Schwanz der Granate eingefuͤgt und mittelst des Querdrahtes d darin festgemacht. Das untere Ende der Roͤhre
                              ist gesagt, und etwas weniges duͤnner zulaufend, so daß ein Kuͤgelchen
                              Seidenpapier, welches darauf geklebt wird, in die Oeffnung der Granate gelangen
                              kann. Dieses Papier verhindert, daß kein Pulver aus der Granate in die Roͤhre
                              gelangen kann. Innerhalb dieser Roͤhre haͤngt lose ein
                              allmaͤhlich duͤnner zulaufender Cylinder aus Schmied- oder
                              Gußeisen e, an dessen Ende eine mit knallsaurem
                              Queksilber gefuͤllte Zuͤndkapsel aus Zinnfolio angebracht ist, herab.
                              Der Cylinder wird mittelst eines feinen Spiraldrahtes in einiger Entfernung
                              uͤber dem Boden der Roͤhre aufgehangen, und um alle Gefahr zu
                              vermeiden, noch durch den Querdraht oder Bolzen h, der
                              erst beim Abfeuern der Granate entfernt wird, festgehalten. Dieser Spiraldraht
                              braucht sich bei der Entfernung des Querdrahtes h
                              keineswegs auszudehnen; er braucht nicht als Feder zu wirken, sondern er dient bloß
                              als ein ausdehnbarer Traͤger. An dem oberen Ende des Stabes oder Schwanzes
                              befinden sich vier Fluͤgel aus sehr leichtem Zinne, welche so gebogen sind,
                              daß die Granate dadurch eine drehende Bewegung erhaͤlt, und daß ihr Flug auf
                              diese Weise sicherer wird.
                           Die Art und Weise, auf welche die Explosion bewirkt wird, wird hieraus Jedermann
                              einleuchten. Wenn naͤmlich der Bolzen h
                              herausgezogen ist, und die Granate von einer Hoͤhe herabgeworfen, oder mit
                              der Hand oder einem Wurfgeraͤthe gegen irgend einen festen Koͤrper
                              geschleudert wird, so wird der eiserne Cylinder e,
                              welcher sein Bewegungsmoment noch beibehaͤlt, wenn die Granate bereits auf den Widerstand
                              getroffen hat, den Spiraldraht ausdehnen und gegen den Boden oder Grund der
                              Sprengkugel oder Granate stoßen; und dadurch wird die Zuͤndkapsel mit einer
                              solchen Gewalt detoniren, daß das auf die Roͤhre geklebte Papier zerrissen,
                              und das in der Granate enthaltene Pulver entzuͤndet wird.
                           Es ist offenbar, daß der Spiraldraht leicht so regulirt werden kann, daß er dem
                              Schlage des eisernen Cylinders nur einen sehr geringen Widerstand darbietet. Um
                              Weitlaͤuftigkeiten zu vermeiden, will ich hieruͤber nicht in weitere
                              Details eingehen.
                           An meiner Granate wird beinahe die ganze Kraft der Ladung gegen die Sprengkugel
                              wirken, indem die Roͤhre nicht zum Entweichen geneigt ist. Das Pulver wirkt
                              naͤmlich mit seiner ganzen Kraft gegen die convexe Oberflaͤche der
                              Roͤhre und kann nur bei den gesaͤgten Oeffnungen am Boden entweichen;
                              dadurch wird der eiserne Cylinder gewiß mit solcher Gewalt aus der Roͤhre
                              geschleudert werden, daß er ein sehr zu fuͤrchtendes Geschoß bildet.
                              Vergessen habe ich jedoch zu bemerken, daß die Roͤhre genau in die
                              Sprengkugel eingepaßt werden muß, und daß es am besten ist, wenn man dieselbe rings
                              herum mit einer Schichte starken Patronenpapieres fuͤttert.
                           Ich habe mehrere Versuche mit diesen Granaten angestellt, und jedes Mal gefunden, daß
                              dieselben mit Sicherheit zerplazten. Die Handgranaten werden noch allgemein als eine
                              furchtbare Waffe anerkannt, und da nun die Gruͤnde, wegen welcher man
                              dieselben aufgab (die Gefahr ihrer Anwendung und die Ungewißheit des Abbrennens der
                              Lunte), durch meine Erfindung beseitigt sind, so duͤrften sie, wie ich nicht
                              zweifle, gewiß wieder in Aufnahme kommen. Bei der Vertheidigung von Breschen u.
                              dgl., bei der Vertheidigung der Infanterie gegen Cavallerie, bei Angriffen von
                              bewaffneten Banden gegen Haͤuser, auf Schiffen etc., muͤßten meine
                              Granaten gewiß sehr gute Dienste leisten.
                           Die Kosten der neuen Granaten duͤrften sich bei der Fabrikation im Großen kaum
                              hoͤher belaufen, als jene der gewoͤhnlichen Granaten.
                           Es scheint mir ferner auch nicht sehr schwierig zu seyn, diese Abfeuerungsmethode bei
                              einer gehoͤrigen Einrichtung der Fuͤtterung auch an Haubizen etc.
                              anzubringen.
                           Die beiden Hauptvortheile meiner Granate sind jedoch, daß sie bis zu dem Augenblike,
                              in welchem sie fortgeschleudert werden, nicht die geringste Gefahr darbieten, und
                              auch nicht leicht dadurch abgefeuert werden koͤnnen, daß sie mit einer
                              brennenden Substanz in Beruͤhrung kommen, und endlich, daß sie in dem
                              Augenblike, in welchem sie treffen, zerplazen, so daß man denselben
                              unmoͤglich entfliehen kann. Große, nach meiner Erfindung zubereitete Sprengkugeln
                              koͤnnten auch mit Congreve'schen Raketen verbunden, oder aus
                              Wurfgeschuͤzen geschleudert werden. Auf bemannte Verdeke geschleudert,
                              muͤßten sie eine fuͤrchterliche Wirkung hervorbringen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
