| Titel: | Miszellen. | 
| Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. LXXII., S. 391 | 
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                        LXXII.
                        Miszellen.
                        Miszellen.
                        
                     
                        
                           Koͤnigl. bayer. Verordnung, die Gewerbs- und
                              polytechnischen Schulen betreffend.
                           Das bayerische Regierungsblatt vom 23. Februar
                              enthaͤlt folgende koͤnigliche Verordnung, die Gewerbs- und
                              polytechnischen Schulen betreffend: „Ludwig, von
                                    Gottes Gnaden Koͤnig von Bayern
                                 . Wir haben Unsere ernste Fuͤrsorge fuͤr den landwirthschaftlichen
                              und gewerblichen Unterricht bereits durch fruͤhere Verordnungen
                              bewaͤhrt, und es gereicht Uns zum beruhigenden Gefuͤhle, schon
                              gegenwaͤrtig in einzelnen Staͤdten des Reiches gedeihliche Erfolge
                              Unserer Anordnungen zu erbliken. In der Absicht nun, diesen wichtigen Gegenstand zur
                              gleichmaͤßigen Reife zubringen, und insbesondere das amtliche Inslebentreten
                              der von Uns angeordneten Gewerbeschulen mit genauer Beachtung der
                              budgetmaͤßigen Mittel und mit moͤglichster Erleichterung der
                              betreffenden Stadtgemeinden und der Kreisfonds zu bewirken, verfuͤgen Wir was
                              folgt: I. Die polytechnischen sowohl, als die Gewerbsschulen sind nicht bestimmt,
                              Kunstschulen zu seyn, oder in das Gebiet der eigentlichen kuͤnstlerischen
                              Ausbildung einzugreifen; ihre Aufgabe ist vielmehr, die Kunst in die Gewerbe zu
                              uͤbertragen, und den Gewerbstrieb selbst auf jene Stufe zu bringen, welche
                              den Fortschritten der Technik und der nothwendigen Concurrenz mit der Industrie des
                              Auslandes entspricht. II. Der Grund einer tuͤchtigen technischen Ausbildung
                              soll bereits in den Elementarschulen dadurch gelegt werden, daß a) die Zeichnungslehre und die Ausbildung der
                              Schullehramts-Candidaten fuͤr diesen Zweig auf die
                              Anfangsgruͤnde des Linear- und Ornamentenzeichnens
                              zuruͤkgefuͤhrt, und daß b) der Unterricht
                              in den sogenannten nuͤzlichen Gegenstaͤnden nach den einstigen
                              Beduͤrfnissen gebildeter Landwirthe und Gewerbsleute bemessen und als
                              Vorbereitung zu den kuͤnftigen Lehrvortraͤgen bei den
                              landwirthschaftlichen und Gewerbsschulen behandelt werde. III. Die erste Stufe und
                              zugleich die Hauptgrundlage des technischen Unterrichtes bilden die Gewerbsschulen. Der Unterricht
                              in diesen Schulen beginnt mit der gesteigerten Rechenkunst, mit der einfachen
                              geometrischen Zeichnung und der Cirkellehre, mit einfachen Ornamentenumrissen, mit
                              den Anfangsgruͤnden der Naturgeschichte, und endet mit der architektonischen
                              Zeichnung, mit dem fertigen freien Handzeichnen, mit der Uebung in dem
                              Geschaͤftsstyle und in der Buchhaltung, und nach Maßgabe des von einem
                              Schuͤler ergriffenen Berufes auch mit den noͤthigen Kenntnissen in der
                              Chemie. Unser Staatsministerium des Innern wird diese Gegenstaͤnde sowohl,
                              als die entsprechenden Uebungen in der Sprache, Geographie und Geschichte auf die
                              drei Jahreskurse der Gewerbsschulen in der Art vertheilen, und die Fleiß- und
                              Fortgangszeugnisse in der Art regeln, daß die Schuͤler, und namentlich die
                              den Gewerbsunterricht genießenden Lehrlinge von jeder einzelnen Gewerbsschule in
                              alle uͤbrigen des Kreises ohne irgend einen Nachtheil uͤberzutreten
                              vermoͤgen. Die Mittel zur Begruͤndung der Gewerbsschulen werden
                              entnommen: a) aus den Fonden der allenthalben in
                              Gewerbsschulen oder mindestens in einzelne Kurse der lezteren umzuwandelnden
                              hoͤheren Buͤrgerschulen; b) aus den etwa
                              dargebotenen und in jeder Weise zu ermunternden freiwilligen Beitraͤgen von
                              Privaten; c) aus dem maͤßigen Schulgelde der
                              zahlungsfaͤhigen Schuͤler; d) aus den etwa
                              disponibeln Mitteln der Unterrichtsstiftungen; e) aus
                              etwanigen Beitraͤgen der Gemeinden, und f) aus
                              den nach Anhoͤrung der Landraͤthe etwa bewilligten
                              Kreisfondszuschuͤssen. V. Es ist Unser Wille, die Gemeinden in
                              Begruͤndung von Gewerbsschulen auf jede moͤgliche Weise erleichtert zu
                              sehen. Zu dem Ende gestatten Wir nicht nur unter analoger Anwendung des hinsichtlich
                              der lateinischen Schulen aufgestellten Grundsazes, daß minder bemittelte
                              Staͤdte sich auf Errichtung unvollstaͤndiger, d. i. nur den untersten
                              oder die zwei ersten Kurse umfassenden Gewerbsschulen beschraͤnken, sondern
                              Wir wollen auch uͤberhaupt die Lehrkraͤfte der Volksschulen und der
                              hoͤheren Lehranstalten, so weit es nur immer unbeschadet des Hauptzwekes
                              geschehen kann, fuͤr den gewerblichen Unterricht verwendet wissen, und lassen
                              insbesondere auch den nicht als Lehrlinge eingeschriebenen, einer hoͤheren
                              technischen Ausbildung sich widmenden Juͤnglingen unbenommen, auf den Grund
                              der vollstaͤndig absolvirten lateinischen Schule, und mit Unterwerfung unter
                              die Rectoratsgeseze und Disciplin, den Gymnasialunterricht in den sogenannten
                              Realgegenstaͤnden gemeinsam mit den Gymnasialschuͤlern zu
                              hoͤren, wodurch jede Nothwendigkeit eines gesteigerten Realunterrichtes an
                              den hiezu nicht bemittelten Gewerbsschulen von selbst hinwegfaͤllt, und
                              fuͤr die Lehrlinge neben den Lehrvortraͤgen der Gewerbsschulen der
                              Besuch der Feiertagsschule und insbesondere der moͤglichst zu
                              beguͤnstigenden Handwerks-Feiertagsschule genuͤgt. VI. In jedem
                              Kreise soll jedenfalls, und zwar unverzuͤglich Eine vollstaͤndige
                              Gewerbsschule unter dem Namen „Kreis-Gewerbsschule“
                              errichtet werden. Diese Schule erhaͤlt ihren Siz fuͤr den Rezatkreis
                              in Nuͤrnberg, fuͤr die uͤbrigen Kreise in der Kreishauptstadt.
                              Ihnen fließen vorzugsweise die neben den in dem Art. IV unter a, b, c, d und e erwaͤhnten Fonden auch
                              angemessene Beitraͤge aus der fuͤr Landwirthschaft und Industrie, dann
                              insbesondere fuͤr Gewerbsschulen bestimmten und 5000 fl. betragenden Position
                              jedes einzelnen Kreisbudgets zu. Die Gewerbsschule zu Muͤnchen bildet sich
                              insbesondere aus der von dem dortigen Magistrate laͤngst begruͤndeten
                              Handwerksschule, und tritt demnach auch zu dem Magistrate der Haupt- und
                              Residenzstadt Muͤnchen in das angemessene Verhaͤltniß. VII. Um neben
                              dem gewerblichen auch den landwirtschaftlichen Unterricht angemessen zu
                              foͤrdern, und auch dem so wichtigen akerbauenden Stande einen Beweis Unserer
                              vaͤterlichen Fuͤrsorge zu geben, wollen Wir nicht nur jede
                              unvollstaͤndige und vollstaͤndige Gewerbsschule Unseres Reiches auch
                              jungen Landwirthen hinsichtlich der ihrem Berufe verwandten
                              Unterrichtsgegenstaͤnde geoͤffnet, sondern auch an dem Size jeder
                              Kreis-Gewerbsschule einen eigenen Landwirthschaftslehrer aus dem fuͤr
                              Landeskultur bestimmten Kreisfonde aufgestellt, und durch ihn alle jene Theile der
                              Bewirthschaftungslehre theoretisch und praktisch vorgetragen wissen, welche nicht,
                              wie Chemie, Naturlehre, Productenlehre, Sprachlehre, Zeichnen, Geschichte u.s.w. den
                              gewerbetreibenden und akerbauenden Staͤnden gemeinsam, und somit in dem Plane
                              der Kreis-Gewerbsschule bereits einbegriffen sind. VIII. Wir legen einen
                              besonderen Werth darauf, die technischen Schulen ihrem wahren Standpunkte erhalten,
                              und nicht bloße Theoretiker, sondern auch praktische, ihrem kuͤnftigen Berufe
                              wahrhaft gewachsene Landwirthe und Gewerbsleute aus selben hervorgehen zu sehen.
                              Darum soll nicht nur der einzelne Schuͤler der seinem speziellen Berufe
                              fremden Lehrgegenstaͤnde auf Verlangen enthoben, sondern es sollen auch die
                              Gewerbsstaͤtten einzelner ausgezeichneter Meister und der Wirthschaftsbetrieb
                              einiger in der Naͤhe des Schulortes beguͤterter gebildeter Landwirthe
                              den Schulen zugaͤnglich gemacht werden, damit diese dort unter Anleitung
                              ihrer Lehrer die angewandte Seite der Lehrvortraͤge erkennen, und mit der
                              Nuzanwendung des Gehoͤrten sich vollkommen vertraut machen koͤnnen.
                              Insbesondere ist auch die Benuzung der an dem Size der Schule etwa befindlichen
                              Modellensammlungen und Musterwirthschaften des landwirtschaftlichen oder
                              polytechnischen Vereines zu erwirken. IX. Den eine vollstaͤndige oder
                              unvollstaͤndige Gewerbsschule aus ihren Mitteln begruͤndenden
                              Gemeinden wird das durch ihre Magistrate auszuuͤbende
                              Praͤsentationsrecht zu erledigten Lehrstellen gegen genaue Beobachtung der
                              von Uns festgesezten oder etwa noch festzusezenden Qualifikationsbestimmungen
                              eingeraͤumt. Gleiches Recht gestehen Wir den mit einer
                              Kreis-Gewerbsschule versehenen Gemeinden fuͤr den Fall zu, wo die
                              Gesammtdotation mit alleiniger Ausnahme des bewilligten Kreisfonds-Zuschusses
                              aus Stiftungs- und sonstigen Mitteln dieser Gemeinden geschoͤpft ist.
                              Den Scholarchaten der mit vollstaͤndigen oder unvollstaͤndigen
                              Gewerbsschulen versehenen Staͤdte werden fuͤr Gegenstaͤnde
                              dieser Schulen zwei Gewerbskundige von dem Magistrate gewaͤhlte
                              Gemeindemitglieder beigegeben. Besteht in einem Kreise ein Bezirksausschuß des
                              polytechnischen Vereins, so sendet selber ein, und falls der Verein durch Beitrage
                              oder besondere Mitwirkung sich auszeichnet, zwei seiner Mitglieder in das
                              Orts-Scholarchat. Gleiche Auszeichnung unter gleichen Voraussezungen werde
                              den landwirtschaftlichen Kreis-Committeen bezuͤglich auf den
                              landwirtschaftlichen Unterricht zu Theil. Uebrigens gestatten Wir dem Ministerium,
                              einzelne durch namhafte Stiftungen, durch dargebotene Benuzung wichtiger Sammlungen,
                              oder in sonst einer Weise um die landwirtschaftlichen und gewerblichen Schulen ganz
                              vorzuͤglich verdiente Privaten Uns zur Aufnahme im Scholarchat fuͤr
                              Gewerbe und landwirtschaftliche Gegenstaͤnde in Antrag zu bringen. X. Der
                              hoͤhere Gewerbsunterricht (Unterricht der bayerischen polytechnischen
                              Schulen) beginnt mit der hoͤheren Zeichnungskunde (architectonische,
                              geometrische und perspectivische Zeichnung), mit der Mathematik, der descriptiven
                              Geometrie, der Experimental-Physik und den Anfangsgruͤnden der
                              Civilbaukunde. Er schließt mit dem eigentlichen Maschinen- und
                              Architecturzeichnen, mit der Mathematik und Maschinenlehre, mit der technischen
                              Chemie und nach Maßgabe des Berufes der Schuͤler mit Bossiren und Modelliren,
                              dann mit den wichtigsten Kenntnissen aus der Straßen-, Wasser- und
                              Bruͤkenbaukunde. Unser Staatsministerium des Innern wird auch bei diesen
                              Schulen die Eintheilung der Lehrgegenstaͤnde in die dreijaͤhrigen
                              Kurse nach den unter Ziffer III festgesezten Standpunkten bewirken. XI. Aus dem
                              durch das Finanzgesez hiefuͤr bestimmten Fonds werden auch fortan
                              unterstuͤzt: die polytechnischen Schulen zu Muͤnchen, Nuͤrnberg
                              und Augsburg. Diese theilen sich in den budgetmaͤßigen
                              Aerarial-Beitrag von 27,000 fl. nach dem von Uns unterm Heutigen
                              bestaͤtigten Maßstabe. Unser Wille ist es, daß neben den gleichheitlich zu
                              betreibenden allgemeinen Gegenstaͤnden jede dieser Schulen jene
                              Industriezweige vorzugsweise behandle, welche der betreffenden Stadt und deren
                              Umgegend zunaͤchst eigentuͤmlich sind, wonach denn Muͤnchen,
                              vermoͤge der vielen in der Haupt- und Residenzstadt vorhandenen
                              Huͤlfsmittel, den Baugewerken und den in das Artistische einschlagenden
                              Gegenstaͤnden, Nuͤrnberg den Guß- und Metallgewerken, nebst
                              vielen dort einheimischen Industrie-Arten, – Augsburg endlich der
                              Woll- und Baumwollen-Fabrikation, der Kunstweberei und der
                              Faͤrberei nicht nur in der Gewerbs-, sondern auch, so ferne es die
                              hoͤheren Sphaͤren beruͤhrt, in der polytechnischen Schule eine
                              vorzugsweise Aufmerksamkeit zuzuwenden hat. XII. Fuͤr die Bildung technischer
                              Beamten und sogenannter technischer Ingenieurs besteht auch fortan in Unserem Staate
                              keine besondere geschlossene Anstatt. Dagegen haben Wir bereits durch
                              Verfuͤgung vom 17. Januar d. J. an Unserer Hochschule zu Muͤnchen eine
                              eigene Lehrstelle fuͤr allgemeine Laͤnder- und
                              Voͤlkerkunde errichtet. Ferner haben Wir unterm Heutigen Unserem
                              Staatsministerium des Innern aufgetragen, die Lehrvortrage an der kameralistischen
                              Fakultaͤt Unserer Ludwigs-Maximilians-Universitaͤt
                              dadurch zu vervollstaͤndigen, daß unbeschadet Unserer einstigen
                              Beschluͤsse uͤber die allenfallsige Wiedereinfuͤhrung oder
                              Nichtwiedereinfuͤhrung von Forstschulen, von den Professoren der
                              aufgeloͤsten Forstschule zu Aschaffenburg mit Beibehaltung des aus den Fonden
                              jener Schule fließenden Gehaltes fuͤr das specielle Lehrfach der
                              Forstwissenschaft nach Muͤnchen versezt, und einem der hoͤheren Baubeamten neben
                              seinen Berufsgeschaͤften, und gegen angemessene Gratifikation aus dem Fonds
                              der polytechnischen Centralschule, das Lehrfach der hoͤheren Mechanik
                              uͤbertragen werde, und indem Wir den mit einem guͤnstigen Absolutorium
                              einer Kreisschule versehenen nach Art. V uͤber den vollendeten Unterricht der
                              lateinischen Schule und uͤber die Erlernung der sogenannten
                              Realgegenstaͤnde an einem Gymnasium sich ausweisenden Gewerbs- und
                              Landwirthschaftsschuͤlern, dann den Bau-Eleven Unserer Akademie der
                              bildenden Kuͤnste den Besuch der ihrem kuͤnftigen Berufe
                              entsprechenden Universitaͤtsvorlesungen einraͤumen, indem Wir ferner
                              Unseren Staatsminister des Innern beauftragen, die Lehrkraͤfte sowohl der
                              oben erwaͤhnten kameralistischen Fakultaͤt als der uͤbrigen
                              hiezu geeigneten Lehrstuͤhle, namentlich der Chemie, der Mathematik, der
                              Physik u.s.w. zu einem kraͤftigen Ganzen zu verbinden, und mit den
                              Modellensammlungen und sonstigen Attributen des landwirthschaftlichen und
                              polytechnischen Vereines, dann der landwirthschaftlichen Schule zu Schleißheim in
                              angemessene Verbindung zu bringen, bieten Wir nicht nur den Landwirthen und
                              Gewerbsschulen Unseres Reiches eine Pflanzschule tuͤchtiger, theoretisch
                              sowohl als praktisch gebildeter Lehrer, den zu ausgedehnterem Guts- und
                              Fabriks-Betriebe sich vorbereitenden Juͤnglingen Gelegenheit zu
                              vollstaͤndiger Ausbildung in ihrem kuͤnftigen Berufe, sondern auch den
                              einstigen technischen Beamten und den bisher in Bayern nicht vorhanden gewesenen
                              Privat-Ingenieuren, die Moͤglichkeit dar, all dasjenige ohne
                              Belaͤstigung der oͤffentlichen Fonds in Unserer Haupt- und
                              Residenzstadt zu erlernen, was in verschiedenen auswaͤrtigen Staaten mit sehr
                              namhaften Kosten durch geschlossene Institute bezwekt wird. XIII. Wir beauftragen
                              Unseren Staatsminister des Innern, gegenwaͤrtige Verfuͤgung zum
                              baldigen Vollzuge zu bringen, und vertrauen zu dem Eifer und den Einsichten sowohl
                              Unserer General-Kommissaͤre und Regierungs-Praͤsidenten,
                              als auch der verschiedenen Gemeinden Unseres Koͤnigreiches; dieselben werden
                              namentlich durch eifrige Vollstrekung der erhaltenen Auftraͤge, so wie durch
                              kluge Benuzung aller vorhandenen Lehrkraͤfte, das baldige Zustandekommen
                              jener Institute bewirken, deren Nothwendigkeit Staatsregierung und Staͤnde zu
                              wiederholten Malen dringend ausgesprochen haben, und durch deren Wirksamkeit das
                              Aufbluͤhen der vaterlaͤndischen Landwirthschaft und Industrie
                              wesentlich bedingt wird. Muͤnchen, den 16. Febr. 1833. Ludwig. – Fuͤrst von Oettingen-Wallerstein. – Auf koͤniglich
                              allerhoͤchsten Befehl: der Generalsekretaͤr: Fr. v. Kobell.
                           
                        
                           Georgs des III Statue.
                           Im Laufe des vergangenen Sommers wurde auf dem hoͤchsten Punkte von Snowhill
                              die colossale Reiter-Statue Georgs des III aufgestellt, die man nun auf 3 1/2
                              engl. Meilen weit sehen kann. Sie steht auf einer Masse von Steinen, die zusammen
                              einen Felsen vorstellen sollen, und ist mit dem Piedestal 50 Fuß hoch. Wie man
                              voraussagte, macht jedoch diese Statue nicht den Eindruk, den man ihrer
                              Groͤße nach von derselben vermuthen sollte. Man bemerkt naͤmlich erst,
                              wenn man sich ihr auf ein Paar Hundert Fuß genaͤhert hat, ihre colossale
                              Groͤße, obschon sie nicht weniger als 26 Fuß hoch ist, und obschon deren
                              Zeigefinger allein so dik seyn soll, daß man ihn kaum umspannen kann. Man schreibt
                              den geringen Effect, den dieses riesenhafte Kunstwerk macht, hauptsaͤchlich
                              der Thorheit zu, daß man dasselbe mit ziemlich hohen Baͤumen umgab, obschon
                              uͤbrigens auch der Aufstellpunkt selbst, nach dem Urtheile
                              Sachverstaͤndiger, schlecht gewaͤhlt seyn soll. (Mechanics' Magazine, N. 487.)
                           
                        
                           Fox's Methode Dampfkessel zu speisen.
                           Man hat bekanntlich schon fruͤher versucht, die Dampfkessel durch einen
                              Cylinder oder einen kegelfoͤrmigen Pfropf zu speisen, welcher sich wie der
                              Schluͤssel eines Hahnes in einem gehoͤrigen Gehaͤuse bewegt,
                              und an welchem sich an einer bestimmten Stelle eine Aushoͤhlung befindet, die
                              bei den Umdrehungen aus einem oberhalb angebrachten Behaͤlter mit Wasser
                              gefuͤllt wird, und die dieses Wasser dann in den Kessel abgibt. Dieser
                              Speisungs-Methode naͤhert sich nun auch jene, auf welche Hr. Jesse Fox zu Lowell im Staate Massachusetts am 14. Maͤrz
                              1832 ein Patent erhielt, und welche auch dem Repertory of
                                 Patent-Inventions, Januar 1833, S. 26 neu und sinnreich ausgedacht zu seyn
                              scheint. Nach dieser Erfindung besteht naͤmlich das kreisende Stuͤk,
                              in welchem sich die zur Aufnahme und Abgabe des Wassers dienenden
                              Aushoͤhlungen befinden, aus einem eisernen Cylinder von 4 1/2 Zoll im
                              Durchmesser und 1 1/2 Zoll Dike. Dieser Cylinder dreht sich an einer
                              gehoͤrigen Welle, und ist fuͤr mehr als die Haͤlfte seines
                              Umfanges von einem Gehaͤuse umgeben, welches mit einem Randstuͤke,
                              wodurch es an dem Kessel befestigt wird, versehen ist. In dem Kessel ist ein Loch
                              angebracht, welches zur Aufnahme des hervorragenden Theiles des kreisenden
                              Speisungs-Rades dient. Dieses Rad ist an den gegenuͤberliegenden
                              Seiten so durchbrochen, daß ungefaͤhr die Haͤlfte feiner Substanz
                              weggenommen ist. Sezen wir nun, das Rad sey in vier Quadranten getheilt, so besteht
                              der weggenommene Theil aus zwei gegenuͤberstehenden Quadranten, wobei jedoch
                              nach Außen ein Reifen von 1/4 Zoll Dike und nach Innen gegen den Mittelpunkt zu eben
                              so viel fuͤr die Buͤchse belassen ist. Diese Aushoͤhlungen
                              werden, so wie sich das Rad umdreht, abwechselnd dem Druke des Wassers des
                              Behaͤlters, aus welchem sie gefuͤllt werden, und dem Druke des Inneren
                              des Kessels, in welches sich das Wasser entleert, ausgesezt, indem der Dampf auf
                              beide Seiten des Rades gleichmaͤßig einwirkt. Die Oeffnung in dem Kessel
                              befindet sich an der fuͤr die Wasserhoͤhe oder Wasserlinie bestimmten
                              Stelle, damit das Rad, wenn der Kessel bereits hinreichend gefuͤllt ist,
                              wieder eben so viel Wasser aus demselben entferne, als es ihm zufuͤhrte.
                              – Der Haupt-Einwurf, den man diesen Speisungs-Raͤdern
                              machen kann, besteht darin, daß sie sich allmaͤhlich abnuͤzen, und daß
                              sie daher, wie genau sie anfangs auch arbeiten moͤgen, mehr oder weniger
                              schnell an dieser Genauigkeit verlieren. Wenn sich diesem Einwurfe begegnen ließe,
                              so waͤre dieses Princip allerdings eines der besten.
                           
                        
                           John Poole's
                              Ruderraͤder.
                           In der Kunst-Ausstellung, die zu London, Adelaide-Street,
                              eroͤffnet ist, befindet sich gegenwaͤrtig ein Modell von
                              Ruderraͤdern, welche nach dem Principe der
                              Windmuͤhl-Fluͤgel erbaut und an beiden Seiten eines Bothes
                              angebracht sind. Dem Erfinder dieser Ruderraͤder bemerkt nun Hr. John Poole, Commander in der koͤnigl. Marine (nicht der
                              Schmid Poole, dessen Ruderraͤder wir im polyt.
                              Journ., Bd. XXXIV, S. 90 beschrieben), im
                              Mechanics' Magazine, N. 486, S. 141, daß er bereits
                              vor 2 Jahren der Philosophical Society of the Mauritius
                              ein Modell von Ruderraͤdern vorlegte, die nach einem aͤhnlichen
                              Principe erbaut, aber nicht an den Seiten, sondern an dem Vorder- und
                              Hintertheile des Schiffes angebracht und ganz untergetaucht waren. Hr. Poole schreibt seinen Ruderraͤdern, welche durch
                              eine Welle, die mit der innerhalb des Schiffes befindlichen Triebkraft in Verbindung
                              stand, bewegt wurden, folgende Vorzuͤge zu: 1) kommt es bei denselben wenig
                              darauf an, wie weit sich das Schiff innerhalb oder außerhalb des Wassers befindet;
                              2) sind die Ruderraͤder, da sich wenigstens eines immer unter dem Wasser
                              befindet, bestaͤndig in Thaͤtigkeit, waͤhrend
                              gegenwaͤrtig beim Rollen des Schiffes das eine Rad oft deßwegen nicht
                              arbeitet, weil es zu sehr untergetaucht ist, und das andere deßhalb still steht,
                              weil es sich außerhalb des Wassers befindet, so daß das Schiff nothwendig an
                              Schnelligkeit verlieren muß; 3) endlich sind diese Ruderraͤder, wenn sie an
                              Dampf-Kriegsschiffen angebracht werden, wenigen oder gar keinen
                              Beschaͤdigungen ausgesezt. – Wie Schiffe dieser Art gesteuert werden
                              koͤnnen, wie das Lekwerden verhindert werden kann, und wie man die Ruder
                              ersezen kann, im Falle sie Schaden leiden, Alles dieses betrachtet Hr. Poole als Kleinigkeiten, wenn sein Princip als gut
                              befunden wird.
                           
                        
                           Wood's Methode gußeiserne Walzen zu verfertigen.
                           Ein Hr. James Wood zu Philadelphia in den Vereinigten
                              Staaten ließ sich am 20. Julius 1831 ein Patent auf eine neue Methode gußeiserne
                              Walzen fuͤr Strekwerke etc. zu verfertigen geben, die kuͤrzlich in
                              Folgendem besteht. Er bereitet sich eine Welle aus Guß- oder
                              Schmied-Eisen oder Stahl, und gießt um diese Welle dann so viel Gußeisen, daß
                              er eine Walze von gewuͤnschter Groͤße erhaͤlt. Dieses Gießen
                              verrichtet er in einer oder in mehreren Operationen. Die Oberflaͤche der Walze
                              vollendet er in einem Model, welcher glatt ausgedreht ist, oder an welchem sich jene
                              Vorspruͤnge oder Vertiefungen befinden, die man der Walze geben will. Die auf
                              diese Weise gegossenen Walzen werden dann nach der gewoͤhnlichen Methode
                              abgerieben, die Anwellen oder Zapfen kann man abdrehen. Worin besteht nun eigentlich
                              das Neue dieser Methode? (Repertory of
                                 Patent-Inventions. November 1832, S. 277.)
                           
                        
                           Ueber die Wirkung des Lichtes bei der Faͤllung des
                              salzsauren Platin-Oxyds mit Kalkwasser.
                           Wenn eine Aufloͤsung von Platin in Koͤnigswasser, deren
                              Saͤureuͤberschuß durch Zusaz von Kalk neutralisirt und welche durch
                              Filtriren ganz klar erhalten wurde, im Dunkeln mit Kalkwasser vermischt wird, so
                              entsteht lange Zeit kein bemerkenswerther Niederschlag; nach sehr langem Stehen
                              bildet sich jedoch ein schwacher flokiger Saz, worauf die Wirkung des Kalkwassers
                              gaͤnzlich aufhoͤrt. Sezt man aber entweder das frisch bereitete oder
                              das durch Absezen des Niederschlages klar gewordene Gemisch dem Sonnenscheine aus,
                              so wird es augenbliklich milchig, und es bildet sich eine reichliche Menge eines
                              weißen Niederschlages (oder ein blaßgelber, wenn die
                              Platina-Aufloͤsung in Ueberschuß ist), der sich schnell absezt und
                              leicht gesammelt werden kann. Dasselbe findet langsamer bei schwachem Tageslichte
                              Statt.
                           Diese merkwuͤrdige Wirkung beschraͤnkt sich auf das violette Ende des
                              Farbenbildes. Ich tauchte Roͤhren, welche mit den gemischten
                              Fluͤssigkeiten gefuͤllt waren, in die schwefelsaure Tinctur der rothen
                              Rosenblaͤtter, und sezte sie ganze Tage lang einem starken Sonnenschein aus;
                              nachdem sich der schon erwaͤhnte zuerst entstehende schwache Niederschlag
                              gebildet hat, welcher in der ersten Stunde aufhoͤrt, ist der Ruͤkstand
                              ganz unempfindlich gegen rothes Licht; in dem Augenblike aber, wo man das Gemisch
                              aus der rothen Fluͤssigkeit nimmt und in den freien Sonnenschein
                              haͤlt, findet die gewoͤhnliche Faͤllung so reichlich Statt, als
                              wenn die Fluͤssigkeit die ganze Zeit uͤber in gaͤnzlicher
                              Dunkelheit gehalten worden waͤre.
                           Der Niederschlag selbst ist eine Verbindung von Platinoxyd mit Kalk, worin ersteres
                              die Rolle einer Saͤure zu spielen scheint. Salzsaͤure loͤst ihn
                              auf und zwar ohne alle Zersezung, selbst wenn man von ihm eine zu geringe Menge
                              anwendet, als daß sie das Ganze aufnehmen koͤnnte. Salpetersaͤure
                              loͤst ihn ebenfalls auf (wenn er frisch gebildet und feucht ist,
                              gaͤnzlich, wenn er troken war, etwas Platinoxyd zuruͤklassend). Die
                              salpetersaure Aufloͤsung wird durch salpetersaures Silber gefaͤllt und
                              der dunkel orangefarbige Niederschlag ist platinsaures
                                 Silber, und kann leicht vom Chlorsilber nicht nur durch seine Farbe,
                              sondern auch durch seine Unaufloͤslichkeit in den fluͤssigen
                              unterschwefeligsauren Salzen unterschieden werden. (The
                                 London and Edinburgh philosophical Magazine and Journal of Science. Julius
                              1832, S. 58.)
                           
                        
                           Analyse der Datteln.
                           Hr. Bonastre gibt im Journal de
                                 Pharmacie, December 1833, S. 724, eine analytische Untersuchung der
                              Fruͤchte des Dattelbaumes, aus welcher hervorgeht, daß die Datteln aus
                              Pflanzenschleim, Gummi, Eiweißstoff, unkrystallisirbarem und krystallisirbarem, dem
                              Rohzuker aͤhnlichen Zuker, und endlich aus Parenchym bestehen.
                           
                        
                           Ueber die Benuzung des Ruͤkstandes, den man bei der
                              Fabrikation von Obstmost oder Cider erhaͤlt.
                           Hr. Regnault theilt im Journal des
                                 Connaissances usuelles, December 1832, S. 301 folgende
                              Benuzungs-Methoden mit, nach welchen sich der Ruͤkstand, den man bei
                              der Fabrikation des Obstmostes erhaͤlt, verwenden laͤßt, und von denen
                              vielleicht die eine oder die andere auch fuͤr einige unserer Leser von Nuzen
                              seyn koͤnnte. Wir glauben dieß um so mehr, als wir auch in einigen Gegenden
                              Deutschlands diesen Ruͤkstand eben so unbenuzt zu Grunde gehen sahen, wie
                              dieß in einigen Districten Frankreichs geschieht. – Dieser Ruͤkstand
                              oder das ausgepreßte Mark gibt naͤmlich einen sehr guten Duͤnger,
                              dessen Guͤte sich noch offenbarer zeigt, wenn man denselben vorher 12 bis 18
                              Monate lang faulen ließ. Man kann zwischen das Mark auch abwechselnd sehr
                              duͤnne Schichten Aezkalk bringen, wodurch man nach drei Monaten einen ganz
                              vorzuͤglichen Duͤnger erhaͤlt. – Wenn man das Mark
                              troknet, kann man daraus auch eine Art von Lohkuchen bereiten, die eine sehr gute
                              Asche geben. – Als Nahrungsmittel fuͤr das Vieh laͤßt es sich
                              gleichfalls sehr zwekmaͤßig verwenden; fuͤr Hornvieh vermengt man es
                              mit Haͤksel oder Haferspreue und befeuchtet es dann mit Wasser 5 die Schweine
                              sind sehr gierig darnach, wenn man es mit Erdaͤpfeln vermengt. Vermischt man
                              das Mark mit etwas Wasser und sezt man ihm dann Hefen zu, so kann man auch noch sehr
                              guten Essig daraus gewinnen. In einigen Gegenden Frankreichs, besonders in der
                              Normandie, brennt man selbst Branntwein daraus, der aber, weil man bei der
                              Destillation nicht sorgfaͤltig genug verfaͤhrt, meistens einen etwas
                              brennzeligen Geruch und Geschmak hat. – Auch die Kerne der Aepfel lassen sich
                              vortheilhaft anwenden; man sammelt sie, indem man das Mark mit Wasser
                              anruͤhrt, wo dann die Kerne zu Boden fallen, waͤhrend man das Mark
                              wieder mit hoͤlzernen Kellen auffaͤngt. Diese Kerne troknet man dann
                              schnell an der Luft oder auf einem Speicher, und wenn sie getroknet sind, bringt man
                              sie auf die Muͤhle, um sie hierauf auszupressen. Sie geben ein sehr gutes,
                              auch zum Kuͤchengebrauche sehr taugliches Oehl, welches dem
                              Haselnuß-Oehle etwas aͤhnlich und viel angenehmer ist, als das
                              Weinkern-Oehl. Die Oehlkuchen, welche als Ruͤkstand bleiben, lassen
                              sich gleichfalls als Viehfutter oder Duͤngmittel benuzen.
                           
                        
                           Erdaͤpfel-Mehl, ein fuͤr England neuer
                              Artikel.
                           Die neuesten englischen Blaͤtter, und darunter auch das Mechanics' Magazine, N. 489, enthalten Aufsaͤze uͤber ein
                              neues Fabrikat, welches in den lezten Zeiten aus dem noͤrdlichen Schottland
                              nach London zu Markt gebracht wurde, und dieses neue Fabrikat ist, – wer
                              moͤchte dieß bei uns in Deutschland glauben, – das laͤngst
                              bekannte Erdaͤpfel-Mehl! Waͤhrend
                              man in allen Laͤndern Deutschlands und in Frankreich das
                              Erdaͤpfel-Mehl seit vielen Jahren kennt, betrachtet man dasselbe in
                              England, wo doch kein Mittagsmahl ohne Erdaͤpfel Statt findet, als etwas ganz
                              Neues! Hr. J. Whately Esq. zu Cork in Irland soll der
                              erste gewesen seyn, der in Großbritannien Erdaͤpfel-Mehl bereitete;
                              gegenwaͤrtig wird aber in ganz Irland, in diesem Kartoffellande, kein solches
                              fabricirt, obschon man ein Gemenge aus 2 Theilen Erdaͤpfel-Mehl und 1
                              Theil Weizen-Mehl jezt in England fuͤr die beste Mischung fuͤr
                              Pasteten und andere derlei Gerichte haͤlt. – Der Sak
                              Erdaͤpfel-Mehl kostet gegenwaͤrtig in England 48 bis 50 Sh. (28
                              fl. 48 kr.–30 fl.)
                           
                        
                           Einfuhr von neuseelaͤndischem Flachse in
                              England.
                           Die Einfuhr des neuseelaͤndischen Flachses (der bekanntlich von Phormium tenax gewonnen wird) hat in den lezten Jahren
                              in England so rasch zugenommen, daß man große Unternehmungen darin erwarten darf,
                              und daß man selbst in England auf die Anpflanzung dieses nuͤzlichen
                              Gewaͤchses um so mehr Ruͤksicht zu nehmen geneigt ist, als es sich
                              fand, daß es auch die kalten Winter in der Grafschaft Inverneß sehr gut
                              uͤbersteht. Im Jahre 1828 betrug die Einfuhr des neuseelaͤndischen
                              Flachses nur 60 Tonnen, im Jahre 1830 schon 841, und im Jahre 1831 nicht weniger als
                              1062 Tonnen. Die Tonne gilt gegenwaͤrtig je nach dessen Guͤte 15 bis
                              25 Pfd. Sterl. (180–300 fl.). Die Taue, die man daraus verfertigt, sind bei
                              der Marine sehr geschaͤzt. (Mechanics' Magazine,
                                 N. 489.)
                           
                        
                           Meisterstuͤk eines Seidenwebers zu Norwich.
                           Ein Hr. Blakely zu Norwich hat kuͤrzlich einen
                              Mantel verfertigt, den er Ihrer Majestaͤt der Koͤnigin anbieten will,
                              und der dem Norwich Anglian zu Folge wirklich Alles an
                              Pracht und Schoͤnheit uͤbertreffen soll, was bisher in diesem
                              Industriezweige geleistet wurde. Der Zeug zu diesem kostbaren Mantel besteht aus
                              einer neuen Art von Seidenzeug mit Shawl-Borduͤren. Die Kette und der
                              Eintrag haben verschiedene Farben; d.h. der Grund ist taubenfarb mit Querstreifen
                              einer Seide, deren
                              Farbe zwischen braun und Hochroth steht, und aus diesem Grunde befinden sich die
                              schoͤnsten damascirten Baum-Muster. Die Theile sind so eingerichtet,
                              daß die schmalen Streifen diagonal laufen, waͤhrend die Muster in
                              entgegengesezter Richtung etwas schief gehen. Um den Kragen und den Rand des Mantels
                              laufen drei herrliche und aufs Reichste ausgestattete Borduͤren, von denen
                              die aͤußerste, die breiteste, 18 Zoll breit ist. Das Futter des Mantels
                              besteht aus einem ausgezeichnet gewesenen Seidenzeuge vom reinsten Weiß; die
                              Schnuͤre und Quasten sind gleichfalls aus schneeweißer Seide aufs
                              Kuͤnstlichste und Zierlichste gearbeitet. Der Werth dieses
                              Meisterstuͤks wird nicht genannt. (Galignani's
                                 Messenger, N. 5557.)
                           
                        
                           Patentirte Mißhandlung der Seide beim Faͤrben.
                           Ein Hr. Robert James Hendric, Seidenfaͤrber zu
                              Shoreditch in der Grafschaft Middlesex, ließ sich bekanntlich am 3. Mai 1832 ein
                              Patent auf eine oͤkonomische und verbesserte Methode Seide zu faͤrben
                              geben, in der wir jedoch nach der Notiz, die das Repertory of
                                 Patent-Inventions, December 1833, S. 341 daruͤber mittheilt,
                              keine Verbesserung, sondern nur eine Mißhandlung dieses kostbaren Productes erbliken
                              koͤnnen. Die sogenannte Verbesserung bezieht sich naͤmlich auf die
                              Ersparung der Handarbeit, die die Seide nach dem Ausfaͤrben erleiden muß,
                              besonders wenn dieselbe mit dem sogenannten Imperial- oder Blauschwarz
                              gefaͤrbt wurde. Ihr zu Folge soll man die Seide, nachdem sie
                              ausgefaͤrbt worden, und wenn sie nach der gewoͤhnlichen Methode
                              ausgewaschen werden sollte, beilaͤufig zu 6 und 6 Pfd. in Sake aus Canevaß
                              bringen, und diese Saͤte je zu 25, in den Trog einer Muͤhle, die
                              weiland schon dem wakeren Don Quixote eben so viele Bewunderung, als dem weisen
                              Sancho Schreken einjagte, d.h. in den Trog oder in die Kufe einer Walkmuͤhle
                              schaffen, um sie drei volle Stunden lang unter den Stampfen derselben unbarmherzig
                              abwalken zu lassen. In einigen Faͤllen empfiehlt der
                              Patent-Traͤger die Seide sowohl vor als nach dem Faͤrben unter
                              die Stampfen der Walkmuͤhle zu bringen. Er versichert, daß die Seide bei
                              dieser Behandlung all das Rauhe verliere, welches ihr bei der bloßen Abarbeitung mit
                              der Hand doch noch immer bleibt, und daß sie dadurch so weich und mild werde, als
                              man es nur wuͤnschen kann. Wir koͤnnen uns nicht uͤber diese
                              außerordentliche Weichheit wundern und freuen, sondern koͤnnen nicht
                              einsehen, wie man eine solche Weichheit nothwendig auf Kosten der Dauerhaftigkeit zu
                              bezweken suchen kann. – An der Einrichtung der Walkmuͤhle selbst hat
                              der Patent-Traͤger nichts veraͤndert und nichts verbessert.
                           
                        
                           Ueber die Industrie Frankreichs, und besonders uͤber
                              dessen Uhrenhandel.
                           Nach Lewis Goldsmith's Werk uͤber die Statistik
                              Frankreichs (Statistics of France, 8. London 1832)
                              betrug das Kapital, welches im Jahre 1828 in Frankreich auf Fabriken und Gewerbe
                              verwendet wurde, die Summe von 1820, 105,409 Franken, und davon kamen:
                           
                              
                                 auf inlaͤndische Materialien
                                 416,000,000 Fr.
                                 
                              
                                 auf eingefuͤhrte Materialien
                                 186,000,000  –
                                 
                              
                                 auf Arbeitslohn
                                 844,000,000  –
                                 
                              
                                 auf allgemeine Ausgaben, wie
                                    Abnuͤzung der Maschinen und
                                    Werkzeuge,    der Verbesserungen, des
                                    Brennmateriales, der Interessen etc.,
                                    wovon    nach Abzug von dem ganzen Betrage
                                    als Gewinn der Fabrikanten    182,105,409
                                    Franken blieben
                                 192,000,000 –
                                 
                              
                           Der jaͤhrliche Ertrag der verschiedenen Hauptgewerbe
                              belief sich im Jahre 1828 beilaͤufig auf die runde Summe von 820,000,000
                              Franken. – Hr. Goldsmith schoͤpfte diese
                              Angaben, wie er sagt, aus den officiellen Documenten, deren Einsicht ihm seine
                              Freunde Villéle, Polignac etc. gestatteten; es
                              bleibt daher, wie das Mechanics' Magazine, N. 489 sagt,
                              dahin gestellt, ob sie wirklich richtig sind, oder ob der Jesuitismus dieser Herren,
                              der Kammern und Volk so lange Jahre am Gaͤngelbande fuͤhrte, auch mit
                              diesen Daten seinen Spuk getrieben habe. – Von dem Verbrauche Frankreichs an
                              Gold und Silber sagt Hr. Goldsmith in eben diesem Werke,
                              daß derselbe im Jahre 1818 nur 20 Millionen, im Jahre 1826 hingegen schon 40
                              Millionen betragen habe. Im ersteren wurden naͤmlich 16,170 Hectogrammen Gold und
                              381,134 Hectogr. Silber; im lezteren hingegen 41,078 Hectogr. Gold und 696,075
                              Silber verbraucht. – Die Zahl der Taschen-Uhren, die jaͤhrlich
                              in Frankreich verfertigt wurden, schlaͤgt er auf 150,000 an, wozu aber noch
                              200,000 kommen, zu denen die Raͤderwerke in der Schweiz, die Gehaͤuse
                              hingegen in Frankreich verfertigt werden. Die Zahl der Stok-Uhren mit
                              bronzenen, vergoldeten, alabasternen oder sonstigen Gehaͤusen berechnet er
                              jaͤhrlich auf 550,000 Stuͤke.
                           
                        
                           Vergleichsweise Uebersicht der Staats-Einkuͤnfte
                              Großbritanniens in den Jahren 1832 und 33.
                           Galignani's Messenger gibt in N. 5564 eine ausfuͤhrliche Angabe des Netto-Ertrages der
                              Einkuͤnfte Großbritanniens in den beiden Jahren, die sich mit dem 5. Januar
                              1832 und demselben Tage des Jahres 1833 endigten, woraus wir unseren Lesern
                              folgenden Auszug mittheilen zu muͤssen glauben:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 47, S. 399
                              Jahr geendet mit dem 5. Jan. 1832;
                                 Jahr geendet mit dem 5. Jan. 1833; Zunahme; Abnahme; Total-Ertrag der
                                 Mauth; Accise; Staͤmpel; Taxen; Post; Verschiedene Einnahmen;
                                 Preß- und andere Gelder mit Einschluß der Ruͤkzahlung von
                                 Vorschuͤssen auf oͤffentliche Arbeiten
                              
                           Zieht man hiernach die Abnahme von der Zunahme ab, so bleibt
                              noch eine Zunahme von 546,169 Pfd. Sterl., die aber durchaus nicht
                              gleichmaͤßig auf das ganze Jahr vertheilt war, indem sich, wenn man das lezte
                              Vierteljahr des mit dem 5. Januar 1833 abgelaufenen Jahres fuͤr sich allein
                              betrachtet, fuͤr dieses lezte Vierteljahr nicht nur keine Zunahme, sondern
                              eine Abnahme von 29,473 Pfd. Sterl. ergibt.
                           
                        
                           Ueber die Erziehung der gewerbtreibenden Classe in
                              England.
                           Das Mechanics' Magazine enthaͤlt von N. 484 an eine Reihe von Aufsaͤzen, zu welchen
                              des Lordkanzlers Brougham Werk uͤber die Erziehung
                              der gewerbtreibenden Classen und uͤber die Einrichtung von
                              National-Schulen Anlaß gab, und die in mannigfacher Hinsicht sehr interessant
                              sind. Der Streit, der sich uͤber die Ansichten und das System des
                              Lordkanzlers entspann, wird hier naͤmlich von lauter Gewerbsmaͤnnern,
                              d. h, von Tischlern, Bildhauern, Schuhmachern u. dgl. auf eine Weise und in einem
                              Style fortgefuͤhrt, den man selbst in den Fehden der Gelehrten nur zu oft
                              vermißt, und der selbst jedem Erziehungsrathe zur Ehre gereichen wuͤrde. Den
                              Hauptgegenstand der Controverse bildet die Frage, ob ein geringer Grad von Wissen
                              und ein unvollkommener Unterricht besser sey, als vollkommene Unwissenheit, und ob
                              der Besuch der englischen National-Schulen, so wie sie jezt sind, mehr Nuzen
                              oder mehr Schaden bringe. Der nuͤchterne und durch Erfahrung belehrte Sinn
                              der meisten bisher bei dieser Gelegenheit aufgetretenen Gewerbsmaͤnner hat
                              sich, richtig erkennend, daß die Unterrichts-Methode nicht fuͤr
                              Genie's und ausgezeichnete Talente, sondern fuͤr die Mehrzahl, d.h.
                              fuͤr die Mittelmaͤßigkeit, berechnet seyn muͤsse, dahin
                              ausgesprochen, daß ein Mensch, der etwas weniges Brauchbares und zu weiterer
                              Belehrung Anregendes wisse, doch besser sey, als einer, der in allen Dingen
                              unwissend ist. Lesen, Schreiben, Rechnen und eine gute Moral wird Jedermann
                              nuͤzlich werden und gewiß Niemandem schaden. Wir empfehlen die oben
                              angefuͤhrten Aufsaͤze allen jenen zur Beherzigung, die etwas
                              fuͤr die Bildung einer der groͤßten und nuͤzlichsten Classe
                              unserer Mitbuͤrger thun koͤnnen oder wollen.
                           
                        
                           
                           Mißhandlung und Todtschlag von Kindern, wie sie in den
                              englischen Fabriken betrieben werden.
                           Wenn irgend Jemand den Vorschlag machen wuͤrde, den zehnten Theil der Kinder,
                              welche jaͤhrlich in England geboren werden, ihren Aeltern abzunehmen und
                              geradezu abzuschlachten, so wuͤrde dieß als die groͤßte Barbarei
                              betrachtet werden, und doch waͤre ein solches Verfahren, man darf wohl sagen
                              ein sehr humanes gegen jenes, nach welchem man die Kinder in mehreren
                              Manufactur-Districten Englands methodisch martert und langsam toͤdtet!
                              Man hat Geseze gegen Mißhandlungen der Thiere; es besteht eine Gesellschaft, welche
                              den gegen diese niedrigeren Schoͤpfungen veruͤbten Barbareien Einhalt
                              zu thun bestrebt ist; und den schaͤndlichen aller Auswuͤchse des
                              Eigennuzes, das Martern armer Kinder durch Leute, denen die Erhaltung einer Walze
                              oder einer Spindel mehr am Herzen liegt, als die Gesundheit und das Leben eines
                              Kindes, ließ man bis in die neuesten Zeiten nicht nur unbestraft, sondern ganz
                              unberuͤksichtigt! Jezt erst fing man an darauf aufmerksam zu werden, auf
                              welche schaͤndliche Weise viele Fabrikanten die Kinder eine Zeit uͤber
                              zu arbeiten zwingen, die deren Koͤrper nothwendig an ihrer Ausbildung und
                              Erstarkung hindern muß; jezt erst fraͤgt man auch Aerzte, ob eine solche
                              Behandlung keinen Schaden bringe, und wie lange man Kinder von gewissen Jahren ohne
                              Nachtheil zur Arbeit verwenden koͤnne! – Aus den beinahe einstimmigen
                              Angaben der Aerzte ergab sich, daß selbst erwachsene Leute nicht wohl laͤnger
                              als taͤglich 10 bis 12 Stunden, mit Ausschluß der Zeit fuͤr
                              Mittag- und Abendessen, arbeiten koͤnnen, ohne ihrer Gesundheit zu
                              schaden; daß die Entwikelung der Kinder durch nichts mehr leide, als durch
                              fruͤhzeitige Austrengungen; daß die Verkruͤppelung der
                              Menschen-Race in den Fabrikstaͤdten groͤßten Theils diesen
                              fruͤhzeitigen Anstrengungen zuzuschreiben sey, und daß, wenn man Kinder ja zu
                              solchen harten Arbeiten verwendet, dieß nur fuͤr sehr kurze Zeit erlaubt seyn
                              soll. In welchem grellen Widerspruche nun aber das in vielen Fabriken Englands
                              uͤbliche Treiben mit diesen, von allen Aerzten und Physiologen aufgestellten
                              Grundsaͤzen steht, wie sehr man die Menschheit daselbst mit Fuͤßen
                              tritt, wird Jedermann erkennen, wenn wir von den vielen Erklaͤrungen, die bei
                              der Commission, welche diesem Frevel endlich abhelfen soll, zu Protokoll gegeben
                              wurden, nur folgende des Hrn. Jakob Turner mittheilen.
                              Hr. Turner sagt naͤmlich: „Man verwendet
                                 in den Seidenmuͤhlen zu Manchester noch viel juͤngere Kinder, als
                                 in den Baumwoll-Spinnmuͤhlen, und zwingt selbst Kinder von 6
                                 Jahren und daruͤber zu taͤglicher 14stuͤndiger Arbeit! Ich
                                 sah in einer einzigen solchen Fabrik an 300 Kinder beschaͤftigt, welche
                                 saͤmmtlich 9 Jahre alt waren. Man beschraͤnkt sich
                                 uͤbrigens nicht darauf, diese ungluͤklichen Wesen die 14 Stunden
                                 uͤber an die Spinn-Maschinen zu ketten, sondern man ermuntert sie
                                 durch verschiedene andere Mittel zu noch groͤßeren Anstrengungen. So
                                 verspricht man z.B. jenem Knaben, der innerhalb 14 Tagen die meiste Arbeit
                                 liefert, einen Preis, der gewoͤhnlich in einer Erbaͤrmlichkeit
                                 besteht. Ich sah z.B. erst kuͤrzlich einen Knaben, der 14 Tage
                                 uͤber so gearbeitet hatte, daß er sich kaum nach Hause schleppen konnte,
                                 den erbaͤrmlichen Preis von 3 Pfund Spek und 60 Stuͤk Kartoffeln
                                 gewinnen; derselbe Knabe gewann schon fruͤher ein Mal durch
                                 aͤhnliche Anstrengungen einen halben Mezen Mehl und etwas Zuker. Den
                                 Maͤdchen haͤngt man gewoͤhnlich Doken oder Puppen
                                 uͤber der Spinnmaschine auf, die man dann jenem zuerkennt, welches die
                                 meiste Arbeit lieferte. Hat nun eines der Kinder einen solchen
                                 schmaͤhlichen und bluttriefenden Preis erworben, so geht erst das Leiden
                                 fuͤr alle uͤbrigen doppelt verstaͤrkt an; denn nun
                                 verlangen die unmenschlichen Aufseher von allen dieselben außerordentlichen
                                 Leistungen, und koͤnnen sie diesen Anforderungen nicht Genuͤge
                                 leisten, so fehlt es weder an Drohungen noch an koͤrperlichen
                                 Mißhandlungen!“ Dieß ist noch eines der milderen Bilder des
                              jammervollen Zustandes eines großen Theiles der zukuͤnftigen
                              Bevoͤlkerung der englischen Fabrikstaͤdte. Eine solche Race muß ganz
                              verkruͤppeln und aussterben, wenn die Regierung nicht bald Maßregeln trifft,
                              wodurch dieser schaͤndlichen Behandlung der Kinder abgeholfen wird. (Aus dem
                              Chronicle in Galignani's
                                 Messenger, N. 5569.)