| Titel: | Ueber die Bereitung von Brod aus den Erdäpfeln. Von den HH. J. A. Rozière, Apotheker zu Tarbes, und A. Latour zu Trie. | 
| Fundstelle: | Band 50, Jahrgang 1833, Nr. XXXI., S. 123 | 
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                        XXXI.
                        Ueber die Bereitung von Brod aus den
                           Erdaͤpfeln. Von den HH. J. A.
                              Rozière, Apotheker zu Tarbes, und A. Latour zu Trie.
                        Aus dem Journal des connaissances usuelles. August
                              1833, S. 104.
                        Ueber die Bereitung von Brod aus den Erdaͤpfeln.
                        
                     
                        
                           Seitdem die unermuͤdeten Anstrengungen und Bemuͤhungen Parmentier's die Vorurtheile, die fruͤher gegen
                              die Cultur und die Benuzung der Erdaͤpfel in Frankreich bestanden,
                              gluͤklich uͤberwunden und beseitigt haben, ließen es sich bereits
                              viele ausgezeichnete Maͤnner angelegen seyn, die Cultur dieses so
                              hoͤchst nuͤzlichen Gewaͤchses immer mehr zu verbreiten, und die
                              Benuzung seiner Knollen immer mehr und mehr zu vervollkommnen.
                           Von dem Wunsche beseelt, auch unsererseits etwas hierzu beizutragen, und der
                              unbemittelten und arbeitenden Classe ein wohlfeiles und gesundes Nahrungsmittel mehr
                              zu verschaffen, haben wir zahlreiche Versuche uͤber die Bereitung von Brod
                              aus den Erdaͤpfeln angestellt, die uns aͤußerst genuͤgende
                              Resultate gaben. Wir nehmen daher keinen Anstand unser Verfahren oͤffentlich
                              mitzutheilen, obschon dasselbe jenem Verfahren, welches einer von uns (Hr. Rozière) bereits im Jahre 1817 in den Annales du Bigorre bekannt gemacht hat, aͤußerst
                              aͤhnlich ist.
                           Man nimmt 50 Kilogr. weiße ErdaͤpfelDiese Sorte scheint uns die beste, und unter allen uͤbrigen die
                                    reichste an Sazmehl und Mark. 100 Pfund gaben 18 Pfund Sazmehl und 8 Pfund
                                    Mark.A. d. O., waͤscht sie mit groͤßter Sorgfalt ab, und zerreibt sie dann
                              mit einem Instrumente, welches man eben zur Hand hat. In kleinen Haushaltungen kann
                              dieß mittelst gewoͤhnlicher blecherner Reibeisen mit den Haͤnden
                              geschehen.
                           
                           Der Brei muß, so wie er von dem Reibeisen kommt, in kaltes Wasser gebracht, und so
                              lange damit ausgewaschen werden, bis das Wasser farblos ablaͤuft. Das
                              Waschwasser laͤßt man. bevor man es weggießt, sich sezen, weil man auf diese
                              Weise am Boden des Gefaͤßes eine Quantitaͤt Sazmehl erhaͤlt,
                              die sonst verloren gehen wuͤrde. Dieses Sazmehl wird zugleich mit dem Breie
                              in geringen Quantitaͤten auf ein Seihtuch gebracht, auf welchem man es gut
                              ausdruͤkt; das ablaufende Wasser seze noch Sazmehl ab, welches unter die zur
                              Brodbereitung dienende Masse gemengt wird.
                           Der ausgewaschene und ausgedruͤkte Kartoffelbrei wird hierauf in den Baktrog
                              gebracht, in welchen man auch 1 1/2 Kilogr. Hefen, die mit etwas wenigem siedenden
                              Wasser verduͤnnt worden, gibt. Dieses Gemenge wird stark abgeschlagen, worauf
                              man es dann 6 Stunden lang bei einer Temperatur von 15 bis 16° gaͤhren
                              laͤßt. Die Hefen muͤssen frisch seyn, d.h. sie muͤssen 6
                              Stunden nach ihrer Bereitung angewendet werden; gewoͤhnlich, und
                              vorzuͤglich im suͤdlichen Frankreich, wendet man zu alte und zu sauer
                              gewordene Hefen an, was dem Geschmake des Brodes sehr nachtheilig ist. Mittelst
                              dieser Gaͤhrung wird der Kartoffelbrei in eine gleichartige, schwammige Masse
                              umgewandelt, welche ein gutes und leicht verdauliches Brod gibt.
                           Nach Ablauf der zur Gaͤhrung bestimmten Zeit nimmt man 25 Kilogr. Weizenmehl
                              und 325 Grammen Kochsalz, die man den 50 Kilogr. gegohrnen Kartoffelbreies zusezt,
                              und bereitet dann daraus einen gleichmaͤßigen Teig, den man theilweise
                              abknetet, indem dieser Teig ein laͤngeres Kneten erfordert, als der Teig aus
                              reinem Weizenmehle. Nach dem Kneten laͤßt man die Masse, je nach der
                              Hoͤhe der Temperatur, 2 bis 3 Stunden lang Zaͤhren, und bringt sie
                              dann in den Ofen. Drei Stunden reichen zum Baken hin, wenn die Brode
                              hoͤchstens 15 bis 16 Pfunde waͤgen. Das Brod, welches man aus der
                              angegebenen Menge Mehl erhaͤlt, wird nach dem Erkalten 76 bis 77 Kilogr.
                              waͤgen.Der angewendeten Menge von Ingredienzien gemaͤß, haͤtte man
                                    einen groͤßeren Ertrag an Brod erwarten sollen.
                              
                           Wir erhielten auf diese Weise immer ein Brod, welches alle Erwartungen
                              uͤbertraf; es war naͤmlich gehoͤrig gegangen, ziemlich weiß,
                              von angenehmen Geschmake; es sog beim Eintauchen leicht Feuchtigkeit ein; die Fasern
                              des Erdapfelbreies waren ganz darin verschwunden, und es war besser, als Brod,
                              welches aus Mehl von geringerer Guͤte bereitet worden. Das Brod bleibt 3 bis
                              10 Tage lang frisch, und
                              ist daher nicht so lang neugebaken als jenes Erdaͤpfelbrod, welches mit
                              Erdaͤpfeln, die in Wasser oder Dampf gelocht worden, bereitet wurde. Dieser
                              Umstand ist von Wichtigkeit, denn an manchen Orten scheint man die Brodbereitung aus
                              Erdaͤpfeln bloß deßwegen aufgegeben zu haben, weil das Brod laͤngere
                              Zeit frisch blieb, und daher in groͤßerem Maße verzehrt wurde.
                           Man bereitete das Kartoffelbrod bisher gewoͤhnlich aus gekochten Kartoffeln,
                              ein Verfahren, welches weit weniger vortheilhaft ist, indem man 1) zwei Mal so viel
                              Weizenmehl braucht, um ein gutes Brod daraus zu erhalten; indem das Brod 2) eine
                              groͤßere Menge von Brennmaterial zum Baken erfordert; indem das
                              Abschaͤlen 3) das Product um 15 bis 20 Proc. vermindert, und 4) endlich,
                              indem das Brod schneller verzehrt wird.
                           Erst nachdem einer von uns beiden eine chemische Analyse des Kartoffelfleisches
                              angestellt, und dabei gefunden Halle, daß dasselbe eine große Menge Nahrungsstoff
                              enthalte, entschlossen wir uns, dieses Fleisch oder Mark zugleich mit dem Sazmehle
                              anzuwenden. Wir glauben hierbei zu einem fuͤr die Haus- und
                              Landwirthschaft sehr vortheilhaften Resultate gelangt zu seyn, indem bei unserem
                              Verfahren 2/3 des sonst zur Brodbereitung noͤthigen Getreides, erspart
                              werden, ohne daß dasselbe besondere Handarbeit erforderte, da das Zerreiben der
                              Erdapfel sehr leicht und schnell geschehen kann, und das Auswaschen des Breies eine
                              der einfachsten Operationen ist.
                           Der Landmann wird nach diesem Verfahren ein Brod erhalten, welches dem Weizenbrote an
                              Nahrhaftigkeit nicht nachsteht, und dessen Kosten sich zu jenen des lezteren wie 1
                              zu 18 verhalten werden. Wir glauben daher, daß dieses Verfahren allerdings der
                              Beruͤksichtigung der Oekonomen wuͤrdig seyn duͤrfte, und
                              bemerken schließlich nur noch, daß das Pfund Kartoffelbrod bei unserer
                              Bereitungsmethode nicht hoͤher als auf 5 bis 6 Centimen zu stehen kommt.