| Titel: | Ueber den Widerstand, welchen das Wasser den auf Canälen und in anderen Gewässern fahrenden Schiffen und Bothen leistet. Auszug aus einem Werke des Hrn. John Macneill M. R. J. A. | 
| Fundstelle: | Band 50, Jahrgang 1833, Nr. LXXII., S. 326 | 
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                        LXXII.
                        Ueber den Widerstand, welchen das Wasser den auf
                           Canaͤlen und in anderen Gewaͤssern fahrenden Schiffen und Bothen leistet.
                           Auszug aus einem Werke des Hrn. John
                              Macneill M. R. J. A.Die Broschuͤre erschien unter folgendem Titel: On the Resistance of Water to the
                                       Passage of Boats on Canals and other Bodies of Water etc. By
                                    John Macneill M. R. J. A. London, by Roak and Vartz.
                                 
                           
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions.
                              November 1833, S. 305.
                        Ueber den Widerstand des Wassers auf Canaͤlen und in anderen
                           Gewaͤssern fahrenden Schiffen und Bothen.
                        
                     
                        
                           Wir haben unsere Leser, sagt das Repertory, schon bei
                              Gelegenheit, wo wir von den an der Adelaide Gallery of
                                 Practical Science angestellten Versuchen sprachen, auf den Gegenstand
                              dieses Werkes so wie auf die Moͤglichkeit, den Bothen auf den Canaͤlen
                              eine groͤßere Geschwindigkeit zu geben, aufmerksam gemacht.Vergl. Polytechn. Journal Bd. XLIX. S.
                                       183. Die vorliegende Schrift enthaͤlt nun einen detaillirten Bericht
                              uͤber diese Versuche sowohl, als uͤber jene, welche an dem
                              Paisley-Canale und an anderen Canaͤlen angestellt wurden. Die großen
                              Verbesserungen und Fortschritte, welche in den lezten Jahren in dem Transporte von
                              Reisenden und Guͤtern auf den gewoͤhnlichen Straßen und in der
                              Dampfwagenfahrt auf den Eisenbahnen gemacht wurden, fuͤhrten
                              natuͤrlich zur Untersuchung der Frage, ob nicht auch die Canalschifffahrt
                              aͤhnlicher Verbesserungen faͤhig sey. Bei dem ungeheueren Capitale,
                              welches in dieser Art von Unternehmungen stekt, und welches durch die Fortschritte
                              der uͤbrigen Transport- und Communicationsmittel, besonders aber durch
                              die auf den Eisenbahnen erreichte Geschwindigkeit, so sehr an Werth verlor, war die
                              Entdekung, welche Hr. Houston machte, und nach welcher
                              Canalschiffe mit Leichtigkeit auf der Oberflaͤche des Wassers hinschweben
                              koͤnnen, ohne daß die Triebkraft im Verhaͤltnisse zur Geschwindigkeit
                              bedeutend erhoͤht zu werden brauchte, von hoͤchster Wichtigkeit. Und
                              doch scheint es, daß die
                              Inhaber der Canalactien bisher noch nicht mit dem Eifer, den man von ihnen erwarten
                              konnte, in diese Entdekung eindrangen. Hr. Macneill
                              bemerkt daher in dieser Hinsicht: „Es duͤrfte wohl sehr
                                 uͤberraschen, daß die Canaleigenthuͤmer, deren Eigenthum in Folge
                                 der Vorzuͤge des Transportes auf den Eisenbahnen taͤglich mehr und
                                 mehr im Werthe sank, so blind und sorglos waren, und beinahe drei volle Jahre
                                 voruͤbergehen ließen, ohne daß sie thaͤtig bemuͤht waren,
                                 einem so guͤnstigen Beispiele Folge zu geben. Allein dieß ist leider zu
                                 wahr, und diese Nachlaͤssigkeit herrscht selbst gegenwaͤrtig noch,
                                 obschon es, wenn das vorgeschlagene System wirklich so gut und
                                 ausfuͤhrbar ist, als es zu seyn scheint, wohl nicht leicht ein
                                 gluͤklicheres Mittel geben duͤrfte, um die Dividenden ihrer Aktien
                                 fortwaͤhrend zu erhalten, und um ihrem Eigenthume einen hoͤheren
                                 Werth zu verschaffen, als es seit dem Beginne der Canalschifffahrt in England
                                 noch je hatte. In manchen jener Gegenden Englands, in welchen es
                                 hauptsaͤchlich auf den schnellen Transport von Reisenden und leichteren
                                 Guͤtern ankommt, wuͤrde die Canalschifffahrt bei diesem Systeme
                                 nicht bloß mit den gewoͤhnlichen Fahrstraßen concurriren, sondern
                                 wahrscheinlich auch der Errichtung von neuen Eisenbahnen vorbeugen
                                 koͤnnen.“ Der Gegenstand scheint uns von groͤßtem und
                              eingreifendstem Interesse; durch ihn und durch andere den Verkehr erleichternde und
                              beguͤnstigende Mittel werden saͤmmtliche Glieder unserer kleinen Insel
                              in immer innigere Beruͤhrung mit einander kommen, und dadurch in Stand gesezt
                              werden, mit jedem lande concurriren zu koͤnnen. Wenn wir gegenwaͤrtig
                              schon, obgleich wir so sehr gegen den hohen Arbeitslohn und gegen den hohen Preis
                              der Lebensmittel anzukaͤmpfen haben, bei dem jezigen Zustande unserer Straßen
                              und Canaͤle auf unseren eigenen sowohl, als auf fremden Maͤrkten mit
                              Vortheil erscheinen koͤnnen, so wird jede Vervollkommnung der
                              Communicationsmittel noch mehr zu unseren Gunsten den Ausschlag geben.
                           Mag Hr. Gaskell auch in seinem neuesten Werke uͤber
                              den Zustand der fabricirenden Classe in England besorgen, daß die ausgedehntere
                              Benuzung der Maschinen endlich zu großem Elende fuͤhren muͤsse; mag
                              Miß Martineau auch 100 Mal behaupten, daß man der Zunahme
                              der Bevoͤlkerung Einhalt thun muͤsse, so muͤssen wir doch
                              gestehen, daß uns jede neue Erfindung um so innigere Freude macht, je groͤßer
                              und eingreifender sie ist; denn jede neue und große Erfindung, jedes neue Mittel,
                              wodurch wir die Producte der Natur besser zu benuzen lernen, wird von dem
                              wohltaͤtigsten Einfluͤsse auf den moralischen Zustand der Menschen
                              seyn. Es waͤre sehr interessant, wenn ein tuͤchtiger Schriftsteller
                              sich die Muͤhe nehmen wuͤrde, zu zeigen, welchen Einfluß z.B. die
                              Vervollkommnung der Schifffahrt, der Straßen etc. auf die Fortschritte der
                              Civilisation in England hatte. Wir wollen jedoch zu Hrn. Macneill's Werk zuruͤkkehren und ihn in dieser Hinsicht selbst
                              sprechen lassen.
                           
                              „Die Geseze des Widerstandes und des Impulses der Fluͤssigkeiten
                                 sind noch in solches Dunkel gehuͤllt, daß alle aufrichtigen
                                 Foͤrderer dieses Zweiges der Wissenschaften gestehen muͤssen, daß
                                 die Abhandlungen der Physico-Mathematiker in dieser Hinsicht noch wenig
                                 praktischen Nuzen brachten, und daß selbst die Schluͤsse der Logiker
                                 beinahe ohne allen Erfolg waren. Die Annahmen der ersteren, aus denen mehrere
                                 Saͤze und Theorien abgeleitet wurden, sind im besten Falle nur auf eine
                                 Hypothese begruͤndet; die Schluͤsse der lezteren hingegen beruhen
                                 auf sehr beschraͤnkten Erfahrungen, und in einigen Faͤllen sogar
                                 auf falschen Beobachtungen. Ja man kann sagen, daß es nicht leicht eine
                                 Wissenschaft gebe, die die Gelehrten so sehr beschaͤftigte, und in der
                                 dessen ungeachtet so Weniges von praktischem Werthe geleistet wurde.
                              
                           
                              „Jeder, der die Schriften der Gelehrten in der Absicht durchstudirt, um
                                 sich praktische Belehrung zu verschaffen, wird am Ende seines muͤhevollen
                                 Forschens gestehen muͤssen, daß sich die fragliche Wissenschaft, selbst
                                 nachdem sie durch den neuen algebraischen Calcul und durch die schoͤnen,
                                 von den Franzosen daraus abgeleiteten Resultate erlaͤutert worden,
                                 dennoch erst in ihrer Kindheit befindet. Nur eine lange Reihe von Versuchen,
                                 welche mit aller Geduld und Sorgfalt angestellt worden, kann die Annahme von
                                 Formeln sicher stellen, und doch hat in Betreff des Widerstandes der
                                 Fluͤssigkeiten, die praktische Anwendung der von den Mathematikern
                                 aufgestellten Geseze noch zu keiner Form von Schiffen gefuͤhrt, die mit
                                 dem Bothe des Indianers, mit dem Canoe der Esquimaux oder mit der Junke der
                                 Chinesen einen Vergleich aushalten koͤnnte.
                              
                           
                              „Diese Bemerkungen treffen alle jene Bothe und Schiffe, die durch irgend
                                 eine andere Kraft, als durch den Wind in Bewegung gesezt werden, und
                                 duͤrfen auch bei der Canalschifffahrt nicht unberuͤksichtigt
                                 bleiben. Jeder Koͤrper, welcher sich in oder auf dem Wasser bewegt,
                                 befindet sich unter gleichen Gesezen, und obschon sich die Resultate, welche
                                 hier folgen sollen, vorzuͤglich auf die Bothe auf Canaͤlen
                                 beziehen, so finden sie dessen ungeachtet doch auch auf jeden anderen
                                 Koͤrper, der sich im Wasser bewegt, ihre Anwendung.
                              
                           
                              „Der Zwek, den wir unmittelbar im Auge haben, wenn wir ein Both oder eine
                                 Barke auf das Wasser sezen, liegt in der sicheren Fortschaffung von Menschen und
                                 Guͤtern; eben dieß ist auch der Fall, wenn wir ein Raͤderfuhrwerk
                                 auf eine Straße, oder einen Schlitten auf den Schnee bringen. Der
                                 Unterschied zwischen den Methoden, diesen Zwek zu erlangen, ist jedoch sehr
                                 auffallend. In allen diesen Faͤllen ruht der Koͤper, welcher in
                                 Bewegung gesezt werden soll, auf einer weichen oder nachgiebigen Substanz;
                                 allein waͤhrend in den beiden lezteren Faͤllen kein Mechaniker die
                                 Raͤder des Wagens oder die Kufen des Schlittens so einzurichten
                                 bemuͤht war, daß dieselben in die darunter befindliche weichere Substanz
                                 eindrangen, scheint der Schiffbaumeister im Gegentheil studirt zu haben, auf
                                 welche Weise sein Schiff das Wasser am besten durchschneiden koͤnne. An
                                 Seeschiffen, welche durch den Wind getrieben werden, und an Kriegsschiffen,
                                 deren Verdek mit schweren Kanonen belastet ist, ist es zwar nothwendig, daß das
                                 Schiff bedeutend tief im Wasser gehe; allein selbst in diesem Falle
                                 duͤrfte der Bau der Schiffe vielleicht noch dadurch, daß die Schiffe
                                 weniger tief gehen, bedeutend verbessert werden. Es gibt jedoch gewiß viele
                                 Faͤlle, in welchen ein Both mit einem scharfen Wasserbrecher eben so
                                 unverstaͤndig gebaut ist, wie z.B. ein Rad, dessen Reif so schneidend wie
                                 ein Messer ist. Das Rad eines Karrens wird in Kies oder irgend einer anderen
                                 nachgiebigen Substanz gewiß eben so bis zur bestimmten Schwerlinie einsinken,
                                 als ein Both in das Wasser einsinkt, und ein im Wasser befindliches Both wird je
                                 nach der Geschwindigkeit, die man ihm gibt, und je nach der Form seines
                                 Vorderteiles und seines Bodens naͤher an die Oberflaͤche des
                                 Wassers emporsteigen, gleichwie auch das Wagenrad weniger tief einsinken wird,
                                 wenn man dasselbe in eine raschere Bewegung versezt. Die Dichtigkeit ist zwar
                                 nicht in beiden Faͤllen gleich; allein das Wasser widersteht dem
                                 Einsinken des Bothes, wenn auch in geringerem Grade, so doch auf gleiche Weise,
                                 wie der weiche Boden oder der lose Kies dem Eindringen des Rades widersteht. So
                                 einleuchtend dieser Schluß allen denen, die mit den Gesezen der Schwere und den
                                 Eigenschaften der Materie vertraut sind, auch seyn mußte, so wurde er doch bei
                                 der Bestimmung des Gesezes, nach welchem sich die Bewegung eines auf gleiche
                                 Tiefe untergetauchten Koͤrpers bei allen Geschwindigkeiten richtet,
                                 gaͤnzlich vernachlaͤssigt.
                              
                           
                              „Der Streit uͤber die Vorzuͤge des Transportes auf
                                 Eisenbahnen und auf Canaͤlen kam zu einer Zeit vor das Publicum, zu
                                 welcher man allgemein der Meinung war, daß der Widerstand, welchen ein Fahrzeug
                                 im Wasser erleidet, im doppelten Verhaͤltnisse der Geschwindigkeit der
                                 Bewegung des Fahrzeuges durch das Wasser zunehme. Man stellte verschiedene
                                 Versuche an, welche dieses Gesez des Widerstandes beweisen sollten; allein
                                 keiner derer, die diese Versuche unternahmen, kam auf die Idee, daß man zwar das
                                 Wasser nicht haͤrter machen koͤnne, wie dieß mit den Straßen
                                 geschah, daß man aber doch den relativen Widerstand des Wassers erhoͤhen
                                 koͤnne, wenn
                                 man dem Bothe eine solche Geschwindigkeit gibt, daß dessen Bauch nicht so
                                 schnell in das Wasser eindringen kann, und sich also aus demselben emporheben
                                 muß. So wie man bei dem Transporte zu Lande nicht die Absicht hat den Kies zu
                                 durchschneiden, sondern sich oben auf demselben wegzubewegen, so haͤtte
                                 man bei großen Geschwindigkeiten auch nicht suchen sollen, das Wasser zu
                                 durchschneiden, sondern vielmehr das Both auf die Oberflaͤche des Wassers
                                 emporzuheben.
                              
                           
                              „Diese Thatsachen werden allen denen einleuchten, welche je ein Mal einen
                                 Knaben Steine uͤber eine Wasserflaͤche hinhuͤpfen machen
                                 sahen, welche die Wirkung einer flach auf die glatte See abgefeuerten
                                 Kanonenkugel beobachteten, welche sich uͤberzeugten, wie schwer ein aus
                                 der kleinen Muͤndung des Rohres einer Feuersprize ausgetriebener
                                 Wasserstrahl Eindruͤke annimmt, oder mit einem Worte allen denen, die
                                 einen gehoͤrigen Begriff von den Eigenschaften der Materie haben. Und
                                 doch wurden dieselben nie auf die Schifffahrt angewendet, bis Hr. Houston von Johnstone Castle mit einem leichten
                                 gigfoͤrmigen Bothe auf einem Canale Versuche anzustellen Gelegenheit
                                 hatte. Noch sonderbarer ist es jedoch, daß selbst die eifrigsten Vertheidiger
                                 dieser Art von Bothen die oben angefuͤhrten Daten noch immer als
                                 geringfuͤgig verwerfen!
                              
                           
                              „Im Monate Junius 1830 errichtete Hr. Houston
                                 auf dem Ardrossanischen Canale in Schottland zwischen Paisley und Glasgow ein
                                 langes, leichtes und seichtes schmiedeisernes Noch. Seit dieser Zeit fuhren
                                 dergleichen Bothe regelmaͤßig auf diesem Canale, wobei sie 60 Passagiere
                                 12 Meilen weit fuhren, und zwar mit einer Geschwindigkeit, welche mit Einschluß
                                 des Aufenthaltes 8 Meilen per Stunde betrug.
                                 Spaͤtere Verbesserungen in dem Baue der Bothe und in der Fuͤhrung
                                 der Pferde machen es moͤglich, daß die eben angefuͤhrte Leistung
                                 als das Minimum angenommen werden kann. Wie wohlfeil das Fuhrlohn bei diesen
                                 Fahrten ist, geht aus folgender Angabe hervor:
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 50, S. 330
                              Entfernung engl. Meilen.
                                 Cajuͤte. Hintertheil des Schiffes. Fuhrlohn zwischen Glasgow und Paisley;
                                 Glasgow und Johnstone; Paisley
                              
                           
                              „Diese Bothe fuͤhren manchmal 1200 Personen an einem Tage, und im
                                 Jahre 1832 betrug die Zahl der Passagiere der ungluͤklichen Cholerazeiten
                                 ungeachtet 126,000, so daß also auf jeden Monat 15,750 kamen.
                              
                           
                              „Man muß annehmen, daß die Canaleigenthuͤmer den verschiedenen Berichten, welche
                                 uͤber die Geschwindigkeit der Bothe auf dem Paisley-Canale,
                                 uͤber die Leichtigkeit des Dienstes der Pferde und uͤber das
                                 geringe dadurch veranlaßte Steigen des Wassers an den Ufern des Canales im
                                 Umlaufe waren, keinen großen Glauben schenkten. Es wurde zwar in diesen
                                 Berichten Manches uͤbertrieben; allein die Hauptsachen, die
                                 Geschwindigkeit und die Wohlfeilheit waren doch hergestellt, und waͤren
                                 diese den Canal-Inhabern bekannt gewesen, so haͤtten sie gewiß
                                 schon laͤngst eine Reihe von Versuchen zur Ermittelung des Widerstandes,
                                 welchen die Bothe bei großen Geschwindigkeiten und unter verschiedenen
                                 Umstaͤnden erleiden, zur Ermittelung der Hoͤhe und der Wirkungen
                                 des Anschlages des Wassers an den Ufern und zur Ermittelung vieler anderer
                                 Punkte von großer Wichtigkeit anstellen lassen. Die wenigen Versuche, welche auf
                                 den folgenden Blaͤttern mitgetheilt werden sollen, sind, obschon sie mit
                                 so großer Genauigkeit angestellt wurden, als es unter den gegebenen
                                 Umstaͤnden moͤglich war, und obschon sie in manchen Punkten
                                 entscheidend sind, doch keineswegs von solcher Ausdehnung und Mannigfaltigkeit,
                                 als es bei einem Gegenstande von solcher Wichtigkeit erforderlich ist. Die
                                 Summe, welche auf diese Versuche verwendet werden konnte, ließ keine
                                 groͤßere Ausdehnung derselben zu, und es bleibt daher anderen allerdings
                                 noch Vieles zu thun uͤbrig.
                              
                           
                              „Hr. Telford, der nichts, was von praktischem
                                 Werthe seyn konnte, ohne Aufmunterung ließ, veranlaßte mich einige
                                 vorlaͤufige Versuche im Kleinen anzustellen, zu welchen er allein mit
                                 seiner bekannten Liberalitaͤt die Mittel vorschoß, und welche in der National Gallery of Practical Science in der
                                 Adelaide Street unternommen wurden. Wir muͤssen hierbei den Vorstanden
                                 dieser Anstalt, und besonders Hrn. Payne, unseren
                                 innigsten Dank fuͤr die viele Einsicht, mit der sie uns hierbei
                                 unterstuͤzten, und fuͤr die Liberalitaͤt, mit der sie
                                 allen, fuͤr welche die Sache von Interesse seyn konnte, freien Zutritt
                                 gestatteten, bezeugen.
                              
                           
                              „Der Canal oder der Wasserbehaͤlter der National Gallery ist 70 Fuß lang und 4 Fuß breit. Das eine Ende einer
                                 Schnur wurde an dem Bothe befestigt, das andere hingegen um eine Trommel von 13
                                 Zollen im Durchmesser aufgewunden. Die Schnur, deren man sich fuͤr die
                                 Gewichte bediente, bestand aus einer Darmsaite von 1/8 Zoll im Durchmesser; die
                                 zum Ziehen der Bothe bestimmte Schnur hingegen bestand bei einigen Versuchen aus
                                 einer seidenen, bei anderen aus einer hanfenen Schnur von 1/4 bis zu 1/20 Zoll
                                 im Durchmesser. Die Spannung der Schnur bei jedem Versuche, oder die Kraft,
                                 welche durch ein bestimmtes in einen Kuͤbel oder Eimer gebrachtes Gewicht
                                 auf das Both ausgeuͤbt wurde, wurde nicht durch Berechnung, sondern
                                 praktisch und genau bestimmt, und zwar nicht bloß durch ein an der Schnur
                                 angebrachtes Federzifferblatt, sondern auch durch eine genaue Wage, welche Hr.
                                 Simms lieferte, und durch welche jedem Irrthume
                                 in der Schaͤzung der Kraft vorgebeugt wurde.
                              
                           
                              „Bei einigen vorlaͤufig angestellten Versuchen zeigte sich's, daß
                                 das Both von seinem Abfahrtspunkte aus eine bedeutende Streke durchlaufen mußte,
                                 ehe dasselbe eine gleichfoͤrmige Geschwindigkeit annahm. Die mit
                                 gleichfoͤrmiger Geschwindigkeit durchlaufene Streke beschraͤnkte
                                 sich hiernach auf eine Laͤnge von 50 Fuß, und bei einer so geringen
                                 Laͤnge war folglich sehr große Genauigkeit beim Messen der Zeit, welche
                                 das Both zum Durchlaufen desselben brauchte, noͤthig. Ich wendete mich
                                 daher an meine Freunde, die beruͤhmten Chronometermacher Arnold und Dent, welche
                                 mich mit vortrefflichen Chronometern versahen. Hr. Dent half mir oͤfter dann ein Mal beim Messen der Zeit und beim
                                 Vergleichen derselben mit den hoͤchst genauen Beobachtungen der HH. Turnbull und Bourns.
                              
                           
                              „Hart an diesen Chronometern und genau in einer Entfernung von 50 Fuß von
                                 denselben (welche Entfernung jedoch in den meisten Faͤllen auf 30 Fuß
                                 beschraͤnkt wurde) wurden 8 Zoll hoch uͤber dem Wasser zwei
                                 Messingdraͤhte quer uͤber den Wasserbehaͤlter gespannt.
                                 Mittelst dieser Draͤhte konnte der Beobachter naͤmlich genau den
                                 Zeitpunkt bestimmen, in welchem der Bug des Boches unter dieselben gerieth,
                                 indem die Draͤhte dann leise von einem Drahte beruͤhrt wurden, der
                                 sich zu diesem Behufe senkrecht von dem Vordertheile des Bothes empor
                                 erstrekte.
                              
                           
                              „Bei einigen der ersten Versuche war es, indem die Chronometer verschieden
                                 gingen, aͤußerst schwierig und muͤhsam, mit Genauigkeit die Zeit
                                 zu bestimmen, welche die Bothe zum Durchlaufen des zwischen den beiden Drahten
                                 befindlichen Raumes brauchten. Dieser Schwierigkeit wurde jedoch dadurch
                                 abgeholfen, haß wir nach einer bestimmten Anzahl von Versuchen die Stelle der
                                 Chronometer veraͤnderten, und die Versuche dann wiederholten. Bei den
                                 lezten Versuchen bedienten wir uns bloß eines einzigen Chronometers; dieses
                                 brachten wir an der Schlinge des ersten Drahtes an, und an diese Stelle ließen
                                 wir von dem zweiten Drahte her laͤngs der Seite des Behaͤlters
                                 eine Schnur laufen, so daß der Beobachter, wenn er die Schnur in der Hand hielt,
                                 und den Finger auf den ihm zunaͤchst gelegenen Draht legte, durch das
                                 Gefuͤhl den Durchgang des Bothes unter dem Drahte, und durch das
                                 Abzaͤhlen der Chronometerschlaͤge die zwischen beiden
                                 Draͤhten verstrichene Zeit genau bestimmen konnte. Die Versuche wurden
                                 mehrere Male wiederholt, die Zeiten von verschiedenen Beobachtern notirt, und am
                                 Ende und nach Vergleichung der einzelnen Beobachtungen mit einander das Mittel
                                 aus denselben genommen.
                              
                           
                              „Bei diesen Versuchen wurde nun die Schnur an dem Vordertheile des Bothes
                                 befestigt, und dieses dann an das andere Ende des Wasserbekens gezogen. Hierauf
                                 wurde das erforderliche Gewicht in den Eimer gebracht, und nach einem gegebenen Zeichen
                                 wurde das Both losgemacht, so daß es von dem in dem Eimer befindlichen Gewichte
                                 auf das entgegengesezte Ende des Wasserbekens gezogen, und daselbst von einem
                                 mit Korkabfaͤllen angefuͤllten Sake angehalten wurde. Bei einigen
                                 der Versuche ließ man, um eine groͤßere Geschwindigkeit zu erlangen, in
                                 den ersten 20 Fuß auch noch außerdem ein Gewicht auf das Both wirken, welches
                                 dann abgeschnitten wurde, so daß sich das Both mit gleichfoͤrmiger
                                 Geschwindigkeit vorwaͤrts bewegte. Dieß geschah dadurch, daß man einen
                                 bleiernen Ring von 20 Pfunden an dem Scheitel des Eimers, in welchem sich die
                                 Gewichte befanden, anbrachte, und diesen Ring mittelst vier Schnuͤren,
                                 welche gerade so lang waren, daß sich der Ring bis auf eine gewisse Streke mit
                                 dem Eimer bewegen konnte, an dem oberen Gestelle befestigte.
                              
                           Tabelle der Versuche, welche zur Ermittelung des Gesezes des
                              Widerstandes oder der Zugkraft bei verschiedenen Geschwindigkeiten auf dem
                              Wasserbeken in der National Gallerie angestellt
                              wurden.Wir haben diese Tabelle aus den 135 von Hrn. Macneill angestellten Versuchen ausgezogen. Anm. d. Repertory.
                                    
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 50, S. 333
                              Zahl der Versuche. Gewicht des
                                 Bothes und seiner Ladung. Raum, welcher mit gleichfoͤrmiger
                                 Geschwindigkeit durchlaufen wurde. Zeit in Secund. Meilen per Stunde.
                                 Treibkraft. Zugkraft od. Gewicht, welches sich bei jedem Versuche an dem
                                 Zugseile befand. Zugkraft, nach den Quadraten der Geschwindigkeit berechnet.
                                 Unterschied zwischen der Theorie u. dem Versuche. Allgemeine Bemerkungen. Pfd.
                                 Fuß. Sec.; Das Both wog leer 22,19 Pfd. Seine Laͤnge betrug 10 Fuß 2
                                 Zoll, seine Breite an der Wasserlinie 8,5 Zoll, seine Tiefe 3,5 Zoll, seine
                                 Tauchung in leerem Zustande 1,5 Zoll. Der zur Berechnung der Quadrate der
                                 Geschwindigkeiten angenommene Maßstab betraͤgt 2,087 Meilen per Stunde.
                                 Die Ladung betrug 17,06 Pfd. Bleischrote, welche in drei Saͤken in der
                                 Mitte des Bothes angebracht wurden.
                              
                           
                           
                              „Man wird aus dieser Tabelle finden, daß die Kraft bei der Zunahme der
                                 Geschwindigkeit durchaus nicht in doppeltem Verhaͤltnisse zunehmen mußte,
                                 und daß der Unterschied zwischen der Theorie und der wirklichen Beobachtung
                                 groͤßer wurde, so wie die Geschwindigkeit zunahm. Ich waͤhle nur
                                 folgende Versuche als Beispiele aus:
                              
                           
                              
                                             Bei
                                    einer Geschwindigkeit von
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                   2,763 Meilen   5,382
                                       –   5,382
                                       – 10,765
                                       –   6,392
                                       –12,784
                                       –
                                 per Stunde war
                                    –        –        –
                                    –        –        –
                                    –        –        –
                                    –        –        –
                                    –        –        –
                                   1 Pfd. oder   3,156
                                      –   3,156
                                      –   9,863
                                      –   3,156
                                      – 11,217   –
                                 0,180 mehr 0,045
                                       do. 0,045
                                       do. 2,583 weniger1,232    do.6,335    do.
                                 erforderlich
                                       –   –   –   –
                                       –
                                 
                                    
                                    
                                    
                                    
                                 als nach der Theorie des Quadrates.
                                 
                              
                           
                              „Ich mache hauptsaͤchlich auf diese einzelnen Versuche aufmerksam,
                                 damit man den großen Abstand sehe, und damit dadurch das Vertrauen der
                                 Anhaͤnger der alten Schule auf den Grundsaz, daß man auf den
                                 Canaͤlen keine große Geschwindigkeit mit Wohlfeilheit erreichen
                                 koͤnne, erschuͤttert werde. Das alte Gesez mag vollkommen richtig
                                 seyn, wenn das Both immer gleich tief im Wasser geht; wenn die Geschwindigkeit
                                 des Bothes aber bis uͤber einen gewissen Punkt hinaus erhoͤht
                                 wird, so wird sich das Both etwas aus dem Wasser erheben, naͤher an der
                                 Oberflaͤche desselben schwimmen, und folglich weniger Widerstand von dem
                                 Wasser erfahren, indem der Querdurchschnitt des untergetauchten Theiles dadurch
                                 kleiner wird.“