| Titel: | Ueber Verbesserungen an den Eisenbahnen. Von Hrn. Jessop. | 
| Fundstelle: | Band 50, Jahrgang 1833, Nr. LXXIII., S. 334 | 
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                        LXXIII.
                        Ueber Verbesserungen an den Eisenbahnen. Von Hrn.
                           Jessop.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No.
                              520.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Ueber Verbesserungen an den Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           Das gewoͤhnliche Verfahren bei dem Baue von Eisenbahnen ist, daß, nachdem der
                              Boden gehoͤrig nivellirt worden, dessen Oberflaͤche beinahe einen Fuß
                              hoch mit zerschlagenen Steinen oder Kies beschuͤttet wird. Auf diese Weise
                              sucht man naͤmlich ein Lager fuͤr die Steinbloͤke, auf denen
                              die Schienen zu ruhen haben, und welche auf diese zerschlagenen Steine gelegt
                              werden, herzustellen. Die Schienen werden mittelst gußeiserner Lager oder Piedestals
                              an diesen Bloͤken befestigt, indem man durch die Lager oder Piedestals
                              eiserne Bolzen in Loͤcher eintreibt, welche vorher zu deren Aufnahme in die
                              Steinbloͤke gebohrt wurden, und indem man alle Zwischenraͤume mit Holz
                              verkeilt.
                           In Betreff der Veraͤnderung der Stellung, welche die Bloͤke entweder
                              wegen einer Senkung des Bodens oder aus irgend einer anderen Ursache erleiden,
                              wurden nie gehoͤrige Vorkehrungen getroffen.
                           
                           In der Praxis zeigt sich's, sagt Hr. Wood in seiner
                              trefflichen Abhandlung uͤber die Eisenbahnen, daß es außerordentlich schwer
                              ist, als Unterlage fuͤr den Stein eine Flaͤche herzustellen, welche
                              solche Festigkeit und Gleichfoͤrmigkeit besize, daß sie unter dem Druke der
                              Wagen nicht nachgibt, und daß sich der Stein weder an der einen noch an der anderen
                              Seite senken und dadurch seinen Parallelismus mit der Hauptlinie der Bahn verlieren
                              kann. Die Stoͤße, welchen die Wagenraͤder hierdurch ausgesezt sind,
                              die Beeintraͤchtigung der freien Wirkung der Triebkraft, die sich hieraus
                              ergibt, und endlich die Beschaͤdigungen, welche sowohl die Wagen als die
                              Schienen hierbei erleiden muͤssen, sind so offenbar, daß sie Jedermann von
                              selbst auffallen muͤssen. Außerdem zeigte aber auch noch die Reibung des
                              Lagers oder Piedestals auf der Oberflaͤche des Steinblokes, welche durch die
                              Bewegung, in die die Schiene durch eine uͤber sie hinrollende Last versezt
                              wird, entsteht, sehr merkliche schaͤdliche Einfluͤsse.
                           Die in der beigefuͤgten Zeichnung ersichtliche neue Art von Eisenbahn soll nun
                              allen diesen Uebel staͤnden und Unvollkommenheiten abhelfen, und folgende
                              Vortheile gewaͤhren:
                           1) Eine große Genauigkeit in dem Richtmaße der Eisenbahn.
                           2) Die Oberflaͤche der Schienen wird dadurch in einer geraden Linie erhalten,
                              so daß die Raͤder also immer sicher und gehoͤrig ausruhen.
                           3) Die Schienen werden in der Stellung, in welcher sie die groͤßte
                              Staͤrke besizen, erhalten, indem deren Tiefe senkrecht gegen den Druk
                              steht.
                           4) Die Piedestals ruhen unter allen Umstaͤnden einer unregelmaͤßigen
                              Depression fest auf dem Bloke, und der Druk der Last ist immer ein senkrechter, so
                              daß der Blok also keine so große Neigung haben kann, sich unter diesem Druke zu
                              verschieben.
                           5) Zwischen dem Piedestal und dem Bloke findet keine Bewegung und keine Reibung
                              Statt.
                           6) Die Zusammenfuͤgung ist sehr leicht.
                           Fig. 34 gibt
                              eine Seitenansicht einer auf diese Weise erbauten Eisenbahn. Fig. 35 ist ein Grundriß
                              und Fig. 36
                              ein Querdurchschnitt. Zwei der steinernen Bloͤke sind in schief geneigter
                              Stellung dargestellt, um die Wirkung des verbesserten Piedestals anschaulich zu
                              machen. Fig.
                                 37 und 38 sind Durchschnitte des Piedestals und des Lagers fuͤr die
                              Schienen, woran man ein kreisfoͤrmiges Gefuͤge sieht, mittelst welchem
                              sich das Piedestal einer jeden unregelmaͤßigen Senkung der steinernen
                              Bloͤke anpaßt, waͤhrend eine Verbindungsstange die Schienen in ihm
                              gehoͤrigen Richtung, und deren Oberflaͤchen in einer und derselben
                              Ebene erhaͤlt. Fig. 39, 40 und 41 zeigen verschiedene
                              andere Ansichten des
                              Piedestals und des Lagers. Fig. 34, 35 und 36 sind in einem Maßstabe
                              von 1/2 Zoll auf 1 Fuß; die uͤbrigen Figuren hingegen in einem Maßstabe von 2
                              1/2 Zoll auf 1 Fuß gezeichnet.
                           Die Eisenbahnen werden, wie man ersieht, dadurch nach dem Richtmaße gestellt
                              erhalten, daß man die beiden gegenuͤberliegenden Lager mittelst eines
                              unbiegsamen Stabes mit einander verbindet, wodurch zugleich auch die senkrechte
                              Stellung der Schienen gesichert und deren Oberflaͤchen in einer und derselben
                              geraden Linie erhalten werden.
                           Das Piedestal und das Lager oder der Siz der Schiene sind aus zwei verschiedenen,
                              mittelst eines Universalgefuͤges mit einander verbundenen Theilen verfertigt,
                              so daß sich das Piedestal, gleich dem Knoͤchelgelenke des Fußes, einer jeden
                              Stellung, in welche der Steinblok gelangen mag, anpassen kann, und immer ein festes
                              und solides Lager sichert. Die Verbindungsstange und das Gelenk verhindern den
                              Seitendruk auf den Blok, wodurch dessen große Neigung in eine schiefe Stellung zu
                              gerathen aufgehoben wird. Die Bloke werden da, wo der Boden nicht gehoͤrig
                              consolidirt worden, einsinken; es ist aber zur Erhaltung des Niveaus der Schiene die
                              Vorrichtung getroffen, daß man zwischen den Blok und das Piedestal eine
                              hoͤlzerne Fuͤtterung von solcher Dike eintreiben kann, als es die
                              Senkung des Steines erfordert, ohne daß dabei die feste und solide Lage, welche der
                              Stein eingenommen hat, im Geringsten beeintraͤchtigt wird.
                           Da auf diese Weise die Neigung des Blokes zu Seitenbewegungen beseitigt ist, so kann
                              man da, wo Steinbloͤke wegen des Transportes zu hoch zu stehen kommen oder
                              schwer zu haben sind, gußeiserne Bodenplatten statt derselben anwenden.
                           Die hier beschriebenen Methoden eignen sich ebensowohl fuͤr gußeiserne, als
                              fuͤr schmiedeiserne Eisenbahnen, und eben so gut fuͤr flache Schienen
                              (edge-rails), als fuͤr Schienen mit
                              hervorstehendem Rande (tram-rails).
                           Man hatte getheilte Ansichten daruͤber, ob Schienen aus Guß- oder aus
                              Schmiedeisen den Vorzug verdienen. Das Schmiedeisen wurde hauptsaͤchlich
                              wegen seiner groͤßeren Cohaͤsionskraft und seiner geringeren
                              Bruͤchigkeit empfohlen, und doch weicht die relative Faͤhigkeit beider
                              Metalle einer bestimmten Gewalt zu widerstehen, so lange deren Elasticitaͤt
                              keine Stoͤrung erlitten hat, nur um eben so viel, als der Unterschied
                              zwischen den Zahlen 178 und 153 betraͤgt, von einander ab. Welchen Vorzug nun
                              aber diese Eigenschaft auch gewaͤhren mag, so geben gußeiserne Schienen von
                              15 Fuß Laͤnge, welche in Entfernungen von 3 bis zu 3 Fuß gestuͤzt
                              werden, doch notwendig einen sehr unvollkommenen Bau, und zwar theils weil es sehr schwer ist, ein
                              regelmaͤßiges und gleichfoͤrmiges Lager zu erhalten, theils wegen der
                              wellenfoͤrmigen Oberflaͤche, welche durch die Biegung des Eisens, die
                              aus Mangel an gehoͤriger Staͤrke desselben eintritt, entsteht. Bei der
                              Bewegung eines Rades auf einer Eisenbahn wird die Last, so wie sich das Rad umdreht,
                              auf eine Reihe von Punkten, die sich in dem Reifen des Rades befinden,
                              uͤbergetragen, und diese Punkte treffen, so wie sie nach und nach mit der
                              Oberflaͤche der Schiene in Beruͤhrung kommen, die Schiene mir einer
                              Kraft, die mit der Geschwindigkeit, mit welcher sich die Last bewegt, im
                              Verhaͤltnisse steht. Die mechanische Wirkung dieser Beruͤhrung wird
                              daher in einem Schlage oder einer Percussion bestehen und die getroffene
                              Oberflaͤche wird dadurch beinahe eben so afficirt werden, als wie beim
                              Haͤmmern. Die Elasticitaͤt, die dem Gußeisen eigen ist, bewirkt, daß
                              dasselbe, unter uͤbrigens gleichen Verhaͤltnissen, den Schlag oder
                              Stoß mit geringerer Veraͤnderung der Form aushaͤlt, als dieß beim
                              Schmiedeisen der Fall ist. Denn dieses wird, indem es mehr haͤmmerbar und
                              weniger elastisch und folglich weniger faͤhig ist, die Bewegung, die es
                              erhaͤlt, durch die ganze Nasse fortzupflanzen, an dem Theile, auf welchen der
                              Druk wirkt, eine Veraͤnderung der Struktur erleiden, in Folge deren durch die
                              haͤufige Wiederholung nicht nur eine Veraͤnderung der Form, sondern im
                              Laufe der Zeit auch eine theilweise Laͤhmung (crippling) der Fasern des Eisens unvermeidlich scheint. Es scheint daher,
                              daß das Gußeisen der Abnuͤzung, die die Eisenbahnen erleiden, besser
                              widerstehen wird, und daß dasselbe, wenn die Bahnen nach dem hier vorgeschlagenen,
                              verbesserten Principe erbaut werden, durchaus nicht zu haͤufigen
                              Bruͤchen Anlaß geben wuͤrde. Da sich gußeiserne Schienen von 6 und
                              selbst von 9 Fuß Laͤnge gießen ließen, so wuͤrde die Senkung eines
                              Blokes in der Bahn eine nur halb oder zum dritten Theile so große Abweichung von dem
                              horizontalen Niveau bedingen, als sie eine und dieselbe Senkung an einer Bahn
                              hervorbringen muß, an welcher die Stuͤzen oder Traͤger in Entfernungen
                              von 3 Fuß von einander allgebracht sind. Gußeiserne Schienen von 9 Fuß Laͤnge
                              und verhaͤltnißmaͤßiger Staͤrke wuͤrden, wenn sie an
                              ihren Enden getragen werden, immer fest und solid liegen, und bei gehoͤrig
                              umkleideten Gefuͤgen eine Eisenbahn bilden, die an Vollkommenheit die
                              gewoͤhnlichen Bahnen mit den zahlreichen lagern bei Weitem
                              uͤbertreffen wuͤrde. Die groͤßere Laͤnge der Schienen
                              wuͤrde außerdem die Wirkung der Elasticitaͤt des Materiales
                              vollkommener machen. Lange Schienen, sagt Hr. Tredgold,
                              widerstehen der Erschuͤtterung besser, als kurze. An Arbeit beim Baue der
                              Bahnen und bei den Ausbesserungen derselben wuͤrde sich bei einer geringeren
                              Zahl von Stuͤzen oder Unterlagern eine bedeutende Ersparniß ergeben. Das
                              groͤßere Gewicht, welches man den Schienen bei der groͤßeren
                              Laͤnge derselben geben muͤßte, wuͤrde durch diese Ersparniß an
                              Arbeit, so wie durch die verringerte Anzahl von Bloͤken, Piedestals und
                              Verbindungsstaͤben mehr als hinreichend ersezt und aufgewogen werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
