| Titel: | Bemerkungen über den von Hrn. J. S. Clémandot gemachten Vorschlag bei der Runkelrübenzuker-Fabrikation den Macerationsproceß mit der alten Methode zu verbinden. Von Hrn. de Beaujeu. | 
| Fundstelle: | Band 55, Jahrgang 1835, Nr. XXV., S. 131 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXV.
                        Bemerkungen uͤber den von Hrn. J. S. Clémandot gemachten Vorschlag bei der
                           Runkelruͤbenzuker-Fabrikation den Macerationsproceß mit der alten Methode
                           zu verbinden. Von Hrn. de Beaujeu.
                        Aus dem Journal des
                                 connaissances usuelles. November 1834, S. 232.
                        Clémandot's Vorschlag bei der
                           Runkelruͤbenzuker-Fabrikation etc.
                        
                     
                        
                           Hr. Clémandot, der beruͤhmte Fabrikant von
                              Arras, raͤth in einem kleinen Aufsaze, den er kuͤrzlich uͤber
                              die Runkelruͤbenzuker-Fabrikation bekannt machte,Wir haben diesen Aufsaz des Hrn. Clémandot
                                    im Polyt. Journale Bd. LIV. S. 451
                                    mitgetheilt, und bitten unsere Leser, gegenwaͤrtige Bemerkungen des
                                    Hrn. de Beaujeu damit zusammenzuhalten, so wie
                                    wir wiederholt auch auf die uͤbrigen Aufsaze und Abhandlungen des
                                    Hrn. de Beaujeu hinweisen. A. d. R. jenen Fabrikanten, deren Anstalten nicht fuͤr den neuen, von mir in
                              Anregung gebrachten Macerationsproceß eingerichtet sind, das neue Verfahren mit dem
                              alten zu verbinden. Ich sehe mich veranlaßt, diesem Aufsaze im Interesse des
                              schoͤnen Industriezweiges, um den es sich hier handelt, einige
                              Erlaͤuterungen beizufuͤgen, und dem Urtheile des Publicums zu
                              unterlegen.
                           Wie Hr. Clémandot sagt, gibt der
                              gewoͤhnliche Reibproceß kaum mehr als 60 bis 65 und selten 70 Proc. Saft; der
                              Ertrag an Zuker betraͤgt 4 1/2, hoͤchstens 5 Proc. – Durch die
                              Maceration im Wasser hingegen, welche zuerst von Markgraff angedeutet, von Hrn. de Dombasle in
                              Ausfuͤhrung gebracht, und durch meine im Großen angestellten Versuche bewahrt
                              und verbessert wurde, erhaͤlt man 90 bis 92 Proc. einer zukerhaltigen
                              Fluͤssigkeit, und 7 bis 8 Proc. und daruͤber Zuker.
                           Ich gestehe zu, daß Hr. Clémandot nach Annahme
                              dieser Thatsachen alle die Vortheile, die fuͤr den Fabrikanten bei der neuen
                              Methode aus einer Verminderung des Arbeitslohnes um die Haͤlfte, aus der
                              Thunlichkeit eines kleineren Gebaͤudes, und aus der Einfachheit eines
                              Verfahrens erwachsen, bei welchem keine complicirten und kostspieligen Maschinen
                              erforderlich sind, gehoͤrig in Anschlag bringt; allein ich erlaube mir dessen
                              ungeachtet die Nachtheile, die er aufgefunden zu haben glaubt, etwas
                              ausfuͤhrlicher zu beleuchten.
                           Hr. Clémandot behauptet zuerst, daß man bei dem
                              neuen Verfahren viel mehr Holz verbraucht, als bei dem gewoͤhnlichen, und daß
                              dieser Mehrverbrauch auf 1/4 angeschlagen werden kann. – Dieser Einwurf
                              scheint mir leicht zu widerlegen, und ich darf es um so mehr, als ich der Einzige
                              bin, der bisher nach dem Macerationsprocesse gearbeitet, und der die Resultate einer ganzen Campagne
                              vorlegen kann. Ich gebe nun allerdings zu, daß man bei dem neuen Verfahren zur
                              Behandlung einer und derselben Quantitaͤt Runkelruͤben beinahe um den
                              vierten Theil mehr Brennmaterial braucht; allein man wurde sich sehr irren, wenn man
                              glaubte, daß dieser Mehrbetrag an Brennmaterial zur Erzielung einer und derselben
                              Quantitaͤt Zuker noͤthig ist. Wenn eine Quantitaͤt
                              Ruͤben, welche sonst nur 4 1/2 bis 5 Proc. Zuker gab, jezt 7 1/2 bis 8 Proc.
                              gibt, so darf eine Zunahme des Brennmateriales um ein Viertel wohl nicht Wunder
                              nehmen. Uebrigens berechnet Hr. Clémandot die
                              Quantitaͤt des Brennmateriales wahrscheinlich auch noch darnach, daß man, wie
                              er irriger Weise sagt, das zum Auswaschen der Runkelruͤben dienende Wasser
                              beinahe siedend anwenden muͤsse. Daß dem nicht so ist, erhellt daraus, daß
                              bei dem Verfahren, welches ich gegenwaͤrtig befolge, das Wasser
                              bestaͤndig kalt auf die Runkelruͤben gelangt, und erst beim Uebergange
                              von einem Bottiche zum anderen erhizt wird. Aus diesem hoͤchst wichtigen
                              Punkte, der das Ergebniß des von mir verbesserten Apparates ist, folgt, daß der
                              Ruͤkstand, der aus den Bottichen herausgeschafft wird, nur 30 bis 32°
                              hat, und daß dieses aller Waͤrmestoff ist, der verloren geht, indem die
                              hoͤhere Temperatur, die der Saft erhaͤlt, die beim Klaͤren
                              noͤthige Erhizung um eben so viel geringer macht. Ueberdieß wird man, wenn
                              man den Ruͤkstand alsogleich und noch warm zur Fuͤtterung verwendet,
                              bald bemerken, daß auch dieser wenige Waͤrmestoff nicht verloren ist, indem
                              das warme Futter weit besser zur Mastung mithilft. – Es bleibt mir demnach,
                              nachdem ich diesen Punkt in's Reine gesezt, nur noch jener Unterschied zu
                              eroͤrtern, der sich aus der Verschiedenheit der Dichtheit des ausgepreßten
                              und des ausgezogenen Saftes ergibt. Dieser Unterschied bedingt, wie ich in meiner
                              groͤßeren Abhandlung gezeigt habe, einen Mehrbedarf an Kohle, der
                              beilaͤufig 1/8 betraͤgt.
                           Hr. Clémandot behauptet ferner, daß das
                              Klaͤren bei dem neuen Verfahren schwieriger sey, als bei dem alten. Auch dieß
                              ist ganz irrig. Wuͤrde Hr. Clémandot den Gang der Arbeit in meiner
                              Fabrik beobachtet haben, so haͤtte er sich uͤberzeugen koͤnnen,
                              daß die mit dem Klaͤren beschaͤftigten Arbeiter hiebei durchaus auf
                              keine neue Schwierigkeit gestoßen sind. Der Saft war viel reiner; es bildete sich
                              weniger Schaum und dieser schied sich im Kessel besser ab; in der Mitte blieb der
                              Saft klar; kurz so lange die Runkelruͤben nicht verdorben sind, ist die ganze
                              Operation sehr leicht.
                           Der Ruͤkstand, der bei dem neuen Verfahren bleibt, waͤre, wie Hr. Clémandot weiter aufstellt, nie zur Mastung eben
                              so tauglich, wie der
                              Ruͤkstand des geriebenen Markes. Diese scheinbare sehr triftige Meinung, der
                              auch ich anfaͤnglich beipflichtete, fand in der Praxis ihre Widerlegung; denn
                              die Resultate, zu denen ich gelangte, bewiesen mir, daß der Ruͤkstand, den
                              ich bei meinem Verfahren erhielt, eine groͤßere Menge Rindvieh schneller
                              maͤstete, als der Ruͤkstand einer gleichen Menge geriebener
                              Runkelruͤben. Die macerirten Ruͤben scheinen naͤmlich in Folge
                              der Waͤrme, der sie ausgesezt waren, und wegen des groͤßeren Gehaltes
                              an Eiweißstoff ein der Qualitaͤt nach besseres Futter abzugeben. Thatsachen
                              sprechen jedoch auch hier besser als alles Theoretisiren. Ich bemerke daher, daß ich
                              im vergangenen Jahre 120 Stuͤk Rindvieh maͤstete, die mir von Mezgern
                              und Landwirthen geliefert wurden, die in das Gelingen meiner Methode großen Zweifel
                              sezten, und die daher nicht sehr geneigt waren, meine Absichten zu
                              unterstuͤzen. Dieselben Leute kamen nun in diesem Jahre wieder, und boten mir
                              mehr Vieh zur Mastung an, als ich brauchen konnte. Ich hatte, um den Versuch noch
                              schlagender zu machen, im vergangenen Jahre dem zur Mastung bestimmten Viehe nur
                              Runkelruͤbenruͤkstand als Futter, und zum Spuͤlen etwas Stroh
                              in die Krippe geben lassen. Dessen ungeachtet und obschon es allgemein angenommen
                              ist, daß zum sicheren Gelingen der Mastung ein Wechsel des Futters noͤthig
                              ist, erfolgte die Mastung so schnell und gut, daß man sich jezt mit Mastvieh in
                              meine Fabrik draͤngt.
                           Der lezte Vorwurf endlich, den Hr. Clémandot dem
                              neuen Verfahren macht, ist der, daß eine groͤßere QuantitaͤtQuantiaͤt Wasser dabei verbraucht wird. Dieser Uebelstand ist fuͤr die
                              meisten Fabriken null und nichtig, und nur fuͤr die schlecht gelegenen in der
                              Wirklichkeit begruͤndet. Uebrigens betraͤgt die Quantitaͤt
                              Wasser, deren man bedarf, nicht mehr als die Quantitaͤt des Saftes, welche
                              man zu verarbeiten im Stande ist, und noch ein Zehntel daruͤber.
                           Es ist zum Erstaunen, sagt Hr. Clémandot, daß
                              selbst jene, die dem neuen Verfahren am meisten das Wort reden, nur einen Ertrag von
                              8 Procent Zuker angeben; wenn es wahr ist, daß die Runkelruͤbe, wie Payen behauptet, 10 bis 11 Procent Zuker enthaͤlt,
                              wie geschieht es denn, daß 2 bis 3 Procent Zuker waͤhrend der Operationen
                              verschwinden? Wir unsererseits erstaunen mehr daruͤber, wie ein so
                              geuͤbter und gelehrter Fabrikant, wie Hr. Clémandot ist, eine solche Frage stellen konnte. Wie kann man die
                              Resultate eines im Laboratorium im Kleinen angestellten Versuches mit einer
                              Fabrikarbeit vergleichen? Es handelt sich bei lezterer aus dem einfachen Grunde,
                              weil es zu kostspielig seyn wuͤrde, nicht immer darum, auch das lezte Atom
                              Zuker zu gewinnen; sondern die Ersparniß erfordert Schnelligkeit der Arbeit, und man
                              ist oft gezwungen, etwas
                              weniger zu gewinnen, um schnell zu gewinnen. Und ist es uͤberdieß nicht
                              allgemein bekannt, daß bei den Operationen, die mit dem Safte vorgenommen werden,
                              selbst bei den besten Apparaten ein Theil des Zukers immer in Melasse umgewandelt
                              wird?
                           Die von mir angedeutete Methode liefert, wie ich gesagt habe, eine groͤßere
                              Quantitaͤt besseren Saftes, als das alte Verfahren; um aber aus diesem Safte
                              allen Zuker zu gewinnen, ist die weitere Behandlung, welche in verschiedenen
                              Fabriken, und je nach den Geraͤthen, deren man sich bedient, sehr verschieden
                              seyn kann, von hoͤchster Wichtigkeit; und wenn die Runkelruͤbe
                              wirklich 10 bis 11 Procent Zuker enthaͤlt, so zweifle ich nicht, daß man
                              diese Quantitaͤt durch die Filtration beinahe ausmitteln wird, wenn man zu
                              diesem Behufe eigene Versuche anstellt.
                           Hr. Clémandot schließt seinen Aufsaz endlich damit,
                              daß er den Fabrikanten, die sich nicht gleich den neuen Apparat anschaffen
                              koͤnnen, raͤth, beide Methoden mit einander zu verbinden, und zwar um
                              so mehr, damit man mit mehr Geduld abwarten koͤnne, bis die Erfahrung das,
                              was man von der neuen Methode zu erwarten hat, bewaͤhrt habe. Dieser Rath ist
                              wohl an und fuͤr sich sehr weise; doch wollen wir sehen, welche Vortheile man
                              denn eigentlich davon erwarten darf.
                           Man empfiehlt das ausgepreßte Mark in Koͤrbe zu geben, und diese Koͤrbe
                              in kleine Bottiche zu tauchen, die mit Wasser von 80° gefuͤllt sind;
                              das Mark 15 Minuten lang gut umzuruͤhren, und es endlich, nachdem man es
                              neuerdings in Sake gebracht, zum zweiten Male auszupressen. Mit Huͤlfe dieser
                              Operation soll man aus dem Ruͤkstande noch 45 Procent Saft erhalten, und im
                              Ganzen also um 1/6 mehr Zuker gewinnen. Gesezt also, diese Berechnung waͤre
                              richtig, so wuͤrde man auch hier 8 Procent Zuker erzielen, und mithin durch
                              das Reiben und die nachtraͤgliche Behandlung eben so viel, als durch die
                              Maceration allein. Wir wollen in einige Erlaͤuterungen hieruͤber
                              eingehen.
                           Nach den Berechnungen des Hrn. Clémandot, welche
                              auf Laboratoriumsversuchen zu beruhen scheinen, die ich aber nicht in Abrede ziehen
                              will, waͤren zur taͤglichen Behandlung von 20,000 Pfd.
                              Runkelruͤben vier Arbeiter mehr nothwendig; waͤhrend ich daher zur
                              Gewinnung von 24,000 Liter Saft nur vier Arbeiter brauche, waͤren hier schon
                              eben so viele Arbeiter erforderlich, nur um 1350 Liter mehr zu erzielen.
                           Die Anschaffungskosten sind bloß auf drei kleine Bottiche und eine
                              Dampfroͤhre, die dieselben erhizen soll, berechnet; allein man muß dazu auch einen Mehrbedarf
                              an Triebkraft, an Pressen, an Saͤken, an Geflechten und an
                              Unterhaltungskosten schlagen. Denn da die Quantitaͤt des Saftes um den
                              siebenten Theil groͤßer ist, so muß auch das Material in demselben
                              Verhaͤltnisse vermehrt werden. In einer Fabrik, welche fuͤr 14,000
                              Liter eingerichtet ist, kann man nicht auch mit 16,500 Litern arbeiten, ohne
                              zugleich auch die Triebkraft, die Pressen, die Saͤke, die Geflechte, das
                              Brennmaterial, die Mampfkessel etc. verhaͤltnißmaͤßig zu
                              vergroͤßern oder zu vermehren. Man darf diese Bemerkungen ja nicht außer Acht
                              lassen, und ich muß noch hinzufuͤgen, daß ich die aus dem lezten Verfahren
                              erwachsende Vermehrung der Arbeit in gewissen Beziehungen noch hoͤher
                              anschlage, als jene, die bei dem Verfahren des Hrn. Demesmay Statt findet; denn bei lezterem braucht man die Saͤle nur
                              so wie sie sind der Einwirkung des Dampfes auszusezen, um das Mark vollkommen zu
                              erschoͤpfen: ein Verfahren, welches mir weit schneller von Statten zu gehen
                              scheint.
                           Ich halte daher das von Hrn. Clémandot in Vorschlag
                              gebrachte Verfahren allerdings fuͤr ein Mittel, wodurch man aus einer und
                              derselben Menge Runkelruͤben eine groͤßere Menge Zuker zu gewinnen im
                              Stande ist; allein diese Methode vermehrt auch die Kosten, das Brennmaterial, die
                              Arbeit, die Maschinen in solchem Maaße, daß es mir sehr zweifelhaft scheint, daß
                              eine in diesem Sinne geleitete Operation je mit Vortheil betrieben werden
                              koͤnnte.
                           Die Resultate, die ich in meiner fruͤheren Abhandlung uͤber meine
                              Operationsweise bekannt machte, sind die Ergebnisse der ersten Campagne, bei der die
                              Apparate noch unvollkommen waren, und bei der ich wegen der spaͤten
                              Jahreszeit zum Theil mit verdorbenen Ruͤben zu arbeiten hatte; man darf
                              dieselben also, ohne ungerecht zu seyn, nicht strenge mit einem schon seit lange in
                              geregeltem Gange befindlichen Verfahren vergleichen. Dessen ungeachtet
                              gewaͤhren schon diese Resultate bedeutende Vortheile, und ich darf hoffen,
                              daß diese Resultate heuer wegen der Verbesserungen, die ich an meinen Apparaten
                              anbrachte, noch besser und schlagender seyn werden.