| Titel: | Ueber den Transport schwerer Lasten über Eis. Von Thomas Jefferson Cram, Professor an der Militärakademie der Vereinigten Staaten. | 
| Fundstelle: | Band 63, Jahrgang 1837, Nr. LI., S. 250 | 
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                        LI.
                        Ueber den Transport schwerer Lasten uͤber
                           Eis. Von Thomas Jefferson
                              Cram, Professor an der Militaͤrakademie der Vereinigten
                           Staaten.
                        Aus dem Franklin Journal im Mechanics' Magazine No.
                              686.
                        Cram, uͤber den Transport schwerer Lasten uͤber
                           Eis.
                        
                     
                        
                           Es handelte sich im Januar 1835 darum, einen eisernen Vierundzwanzigpfuͤnder
                              uͤber den Hudson zu schaffen, der damals gefroren war. Man befestigte, um
                              dieß mit Sicherheit bewerkstelligen zu koͤnnen, zwei Ochsenschlitten hinter
                              einander, legte der Laͤnge nach zwei Balken daruͤber, und
                              haͤngte dann zwischen diesen die von der Lafette abgenommene Kanone so auf,
                              daß die Zapfen auf die Balken zu liegen kamen, und daß folglich der Druk der ganzen
                              Last so gleichmaͤßig als moͤglich auf das Eis, uͤber welches
                              sie zu gleiten hatte, verbreitet wurde. Um das Ganze fortzuschaffen, wurden zwei
                              Pferde an einen Schlitten gespannt, der mit den beiden eben beschriebenen  Schlitten durch ein Tau
                              von beilaͤufig 30 Fuß Laͤnge in Verbindung stand.
                           Das Eis, uͤber welches die Kanone transportirt werden sollte, hatte sich
                              waͤhrend einer Woche des kalten Januars vom Jahre 1835 bei einem
                              Thermometerstande von 2½ bis 15° F. gebildet. Um aus dem Vorgange
                              fuͤr kuͤnftige aͤhnliche Faͤlle einen praktischen Nuzen
                              zu ziehen, beobachtete ich auf der ganzen Ueberfahrtsstreke die Wirkungen des Drukes
                              auf das Eis mit groͤßter Genauigkeit. Ich ließ das Eis zu diesem Zweke
                              wenigstens alle 200 Schritte weit durchbohren, und nahm dann dessen Dike bis auf
                              1/10 Linie.
                           Von der Abfahrtstelle bis zu dem Rinnsale des Flusses nahm die Dike des Eises von
                              16,5 bis 8 Zoll herunter fortwaͤhrend ab; nirgendswo war aber bei dieser Dike
                              und bei einer Geschwindigkeit der Pferde von beilaͤufig 4 engl. Meilen in der
                              Zeitstunde ein Zerspringen oder Biegen des Eises bemerklich. Jenseits des Rinnsales
                              stieg die Dike des Eises von 8 auf 12 Zoll, und auch hier entstanden bei einer
                              Geschwindigkeit der Last von 8 engl. Meilen in der Zeitstunde weder Spruͤnge
                              noch Biegungen. Von hier bis in die Naͤhe der Einmuͤndung einer Bucht
                              hatte das Eis 12 bis 15 Zoll Dike; die Pferde durchliefen diese Streke in einem
                              leichten Trotte, unter welchem das Eis gleichfalls nirgendswo nachgab. Ganz in der
                              Naͤhe der Bucht hingegen hatte das Eis im Durchschnitte nur 5,56 Zoll Dike;
                              auch war es uͤberdieß mit einer 2 Zoll tiefen Schichte Wassers bedekt. Auf
                              dieser Streke nun, die gegen 50 Fuß lang gewesen seyn mochte, entstand durch die
                              Last der Kanone eine so bedeutende Einbiegung des Eises, daß Gefahr des Durchbruches
                              entstand, und daß auch gewiß ein solcher erfolgt waͤre, wenn die Last auch
                              nur einige Secunden lang an einem Punkte still gestanden waͤre. Die
                              Einbiegung des Eises betrug hier wenigstens 2 Zoll, und war unter dem vorderen
                              Schlitten, auf welchem die Kanone ruhte, geringer, als unter dem hintersten, indem
                              dieser das Eis bereits geschwaͤcht traf. Beim Zuruͤklegen dieser
                              schwachen Stelle waren die Pferde bereits so ermuͤdet, daß es mit vielem
                              Peitschen nicht moͤglich war, sie mit einer groͤßeren Geschwindigkeit
                              als mit 4 engl. Meilen in der Zeitstunde mit der ihnen angehaͤngten Last
                              vorwaͤrts zu treiben.
                           Bei der Bestimmung des Drukes, den eine bestimmte Eisoberflaͤche in dem
                              fraglichen Falle auszuhalten hatte, war zu beruͤksichtigen: 1) daß die
                              Eisoberflaͤche, welche mit den Bodenflaͤchen der 4 Kufen der
                              Schlitten, auf denen sich die Kanone befand, in Beruͤhrung stand, 6,458
                              Quadratfuß betrug; 2) daß das Gewicht der Kanone 5579 Pfd. ausmachte, wozu noch
                              jenes der Schlitten und der dazu gehoͤrigen Theile mit 1624 Pfd. kam; 3)
                              endlich daß die  Pferde
                              und der vorderste Schlitten sich so weit voraus befanden, daß der durch sie bedingte
                              Druk, als von jenem der Kanone ganz verschieden, vollkommen unberuͤksichtigt
                              bleiben konnte.
                           Der ganze Druk, den die 6,458 Quadratfuß Eis auf ein Mal auszuhalten hatten, betrug
                              daher 5579 + 1624 oder 7203 Pfd., wonach, wenn man annimmt, daß dieser Druk
                              gleichmaͤßig vertheilt war, auf jeden Quadratfuß Eis 1115,361 Pfd. kamen. Aus
                              den oben angefuͤhrten Erscheinungen, welche sich an der 50 Fuß langen,
                              schwachen, mit Wasser bedekten Eisdeke beobachten ließen, kann man abnehmen, welche
                              Last sich mit Sicherheit auf die duͤnnste Eisdeke bringen laͤßt. Es
                              ergibt sich naͤmlich aus den mit aller Genauigkeit angestellten
                              Beobachtungen:
                           1) daß man uͤber festes Eis von 8 Zoll Dike mit aller Sicherheit jede Last
                              schaffen kann, wenn man die Last so vertheilt, daß auf jeden Quadratzoll des mit den
                              Bodenflaͤchen der Schlittenkufen in Beruͤhrung stehenden Eises nicht
                              mehr als beilaͤufig 1115 Pfd. kommen.
                           2) daß eine Last nicht mit Sicherheit uͤber Eis von 5,56 Zoll Dike geschafft
                              werden kann, wenn dieselbe so vertheilt ist, daß auf jeden Quadratfuß der mit den
                              Kufen in Beruͤhrung stehenden Flaͤche ein Druk von beilaͤufig
                              1125 Pfd. kommt. 1125 Pfd. sind hier angenommen,, weil in dem beobachteten Falle 2
                              Zoll hoch Schneewasser auf dem Eise stand, und weil fuͤr dieses ein Druk von
                              10 Pfd. auf den Quadratzoll gerechnet werden mußte.