| Titel: | Ueber den verbesserten Tintenzeug des Hrn. Henry Stephens, und über die Tinte desselben Erfinders. Von Hrn. William Baddeley. | 
| Fundstelle: | Band 63, Jahrgang 1837, Nr. LVII., S. 279 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LVII.
                        Ueber den verbesserten Tintenzeug des Hrn.
                           Henry Stephens, und
                           uͤber die Tinte desselben Erfinders. Von Hrn. William Baddeley.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No.
                              673.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Stephens verbesserter Tintenzeug.
                        
                     
                        
                           Tintenzeuge nach dem Principe der sogenannten Vogelwasserbehaͤlter (bird's water-fountain) gebaut, sind
                              laͤngst bekannt, und namentlich zum Aufbewahren von rother Tinte
                              gebraͤuchlich. Der Vorzuͤge ungeachtet, welche sie besizen,
                              laͤßt sich doch gegen sie einwenden, daß sie wegen des
                              eigenthuͤmlichen Baues ihrer Muͤndung nur eine sehr seichte
                              Tintenmasse enthalten; daß die Tinte, indem sie stets offen steht, immer mit einer
                              Staubschichte bedekt ist, und daß sich aus dieser auch ein Bodensaz abscheidet, der
                              beim Eintauchen die Federn verunreinigt; daß man endlich wegen der Seichtigkeit der
                              Tintenmasse bei raschem Eintauchen die Spizen der Federn leicht auf das Glas
                              aufstoͤßt und sie dadurch verdirbt. Hr. Stephens
                              hat neuerlich nach demselben Principe einen Tintenzeug erfunden, der allen diesen
                              Maͤngeln abhilft, ohne daß irgend etwas von den Vorzuͤgen verloren
                              ginge.
                           Fig. 52 gibt
                              eine Ansicht dieses Tintenzeuges, aus welcher erhellt, daß die fuͤr die Feder
                              bestimmte Muͤndung eine senkrechte und keineswegs eine horizontale ist; und
                              daß die Feder schief in eine keineswegs seichte Tintenmasse eingesenkt wird.
                              Ueberdieß vermindert diese Vorrichtung auch das Verdampfen und das Eindringen von
                              Staub. Hr. Stephens hat diesen Schreibzeug
                              hauptsaͤchlich fuͤr die von ihm erfundene Tinte oder, wie er sich
                              ausdruͤkt, fuͤr seine Schreibfluͤssigkeit (writing fluid), welche alle wuͤnschenswerthen
                              Eigenschaften besizt, erfunden. Die Klagen uͤber die zahlreichen
                              Maͤngel unserer gewoͤhnlichen Tinten waren nie haͤufiger und
                              gegruͤndeter als seit der Einfuͤhrung der metallenen Schreibfedern,
                              welche bei der Gleichfoͤrmigkeit, die die Schrift bei deren Anwendung
                              bekommt, eine noch viel groͤßere Ausdehnung erlangt haben wuͤrde, wenn
                              es nicht so haͤufig an entsprechenden Tinten gefehlt haͤtte. Hrn. Stephens ist es nach mehrjaͤhrigen Versuchen
                              gelungen, dem Publicum eine der besten bekannten Tinten liefern zu koͤnnen:
                              eine Tinte, welche mit groͤßter Leichtigkeit aus der Feder fließt, und welche
                              sich  waͤhrend
                              des Schreibens durch eine glaͤnzende blaue Farbe, nach dem Troknen hingegen
                              durch ein schoͤnes Schwarz auszeichnet. Wenige Erfindungen dieser Art haben
                              deßhalb auch in so kurzer Zeit so große Gunst gefunden, wie die Tinte des Hrn. Stephens, welche ihre Guͤte eben so sehr der
                              gluͤklichen Wahl der Substanzen, aus denen sie zusammengesezt ist, als der
                              Genauigkeit der Verhaͤltnisse derselben und der auf ihre vollkommene Reinheit
                              verwendeten Sorgfalt verdankt. Zahlreiche Verfaͤlschungen sind die Folge
                              dieser taͤglich wachsenden Gunst; leicht erkennt man die verfaͤlschten
                              Praͤparate jedoch, wenn man die damit geschriebenen Proben mit
                              Chlorkalkaufloͤsung befeuchtet, indem sie durch diese gebleicht werden. Man
                              hat der neuen Tinte den Vorwurf gemacht, daß sie wegen ihres hoͤheren Grades
                              von Fluͤssigkeit staͤrker in das Papier eindringe; allein dieß
                              scheint, da es nicht in zu hohem Grade Statt findet, eher einer ihrer
                              Vorzuͤge. Eine Farbe, welche dauern soll, muß sich mit der Substanz, auf die
                              sie aufgetragen wird, gewisser Maßen verbinden, und darf keinen firnißartigen, durch
                              Reiben und Waschen leicht zu entfernenden Ueberzug bilden. Alle Aufloͤsungen
                              lassen nach laͤngerem Stehen einen Bodensaz fallen; auch mit der neuen Tinte
                              ist dieß der Fall; allein dieser Bodensaz ist hier leicht aufloͤslich, so daß
                              es hiezu nur eines Schuͤttelns bedarf, welches an den neuen Tintenzeugen sehr
                              gut moͤglich ist.
                           Ich schließe diesen Aufsaz mit den Bemerkungen, welche Hr.Stephens uͤber die zerstoͤrende Wirkung, die manche Tinten
                              auf das Papier ausuͤben, macht. Bekanntlich, sagt derselbe naͤmlich,
                              wird beschriebenes Papier nach Ablauf mehrerer Jahre durch die Tinte oͤfter
                              zerstoͤrt,. Man schrieb diese Zerstoͤrung gewoͤhnlich auf
                              Rechnung der in der Tinte enthaltenen Saͤure, und stellte sich damit
                              zufrieden, obschon diese Erklaͤrung unstatthaft ist. Es ist naͤmlich
                              in der gewoͤhnlichen Tinte keine ungebundene Saͤure enthalten,
                              ausgenommen es wurde etwas Essig zugesezt; waͤre, aber wirklich eine solche
                              vorhanden, so wuͤrde sich ihre zerstoͤrende Wirkung in viel
                              kuͤzerer Zeit zeigen, als dieß zu geschehen pflegt. Die wirkliche Ursache der
                              Zerstoͤrung scheint mir vielmehr in Folgendem gelegen. Die Verwandtschaft
                              zwischen dem vegetabilischen und dem mineralischen Principe ist gering, und daher
                              wird deren Verbindung leicht aufgehoben; die Wirkung der Sonne, der Zeit und
                              verschiedene andere Ursachen reichen hin das Eisen frei zu machen. Nun ist es aber
                              eine beinahe allen Stoffen zukommende Eigenschaft nach Verbindung mit anderen zu
                              streben; und so geht es denn auch hier. Das der Gallaͤpfelsaͤure
                              entledigte Eisenoxydul, welches in dieser Verbindung keine aͤzende Wirkung
                              hatte, verbindet sich mit Sauerstoff zu Eisenoxyd, und wird  als solches den Stoffen, auf
                              welche mit der Tinte geschrieben worden ist, mehr oder weniger schaͤdlich.
                              Ist das Eisen nur in geringer Quantitaͤt vorhanden, so ist dieser Nachtheil
                              nur gering; so wie hingegen diese Quantitaͤt zunimmt, tritt die
                              aͤzende Wirkung immer mehr und mehr hervor. Es ist bekannt, daß Tinten,
                              welche zu viel Eisen enthalten, schnell braun werden; diese Thatsache genuͤgt
                              als Beweis fuͤr das Gesagte. Ich fuͤge daher nur noch bei, daß die
                              zerstoͤrende Wirkung der eisenhaltigen Farben, welche man in der
                              Faͤrberei anwendet, gleichfalls auf einer Zersezung des Farbstoffes und der
                              aͤzenden Wirkung des zuruͤkbleibenden Oxydes beruht.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
