| Titel: | Ueber den Kaolin und die Thone; von P. Berthier. | 
| Fundstelle: | Band 63, Jahrgang 1837, Nr. LXXVIII., S. 384 | 
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                        LXXVIII.
                        Ueber den Kaolin und die Thone; von P. Berthier.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. Julius 1836,
                              S. 225.
                        Berthier, uͤber den Kaolin und die Thone.
                        
                     
                        
                           Der Kaolin, welchen man in der Porzellanfabrik in Sèvres anwendet, ist solcher von
                              Limoges; er ist von erster Qualitaͤt und so sorgfaͤltig zubereitet,
                              daß man durch das aufmerksamste Schlaͤmmen nichts davon abzusondern vermag.
                              Bei einer schon vor langer Zeit angestellten Analyse fand ich ihn folgender Maßen
                              zusammengesezt:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 46,8
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 37,3
                                 
                              
                                 Kali
                                 2,5
                                 
                              
                                 Wasser
                                 13,0
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,6
                                 
                              
                           und ich vermuthete damals wegen seines Kaligehalts, er moͤchte, obgleich
                              scheinbar homogen, doch Feldspath beigemengt enthalten, so daß der reine plastische
                              Theil das Silicat AS + Aq
                              waͤre. Durch dieselbe Formel druͤkte auch Forchhammer die Zusammensezung des Kaolins von Bornholm aus. Da ich aber
                              seitdem fand, daß der Kaolin von Limoges eine ziemlich betraͤchtliche Menge
                              Bittererde enthaͤlt, so untersuchte ich diesen Gegenstand neuerdings, und
                              dieß veranlaßte mich zugleich uͤber das Verhalten der Thone zur
                              Schwefelsaͤure und den Alkalien einige Versuche anzustellen, die ich hier
                              mittheilen will.
                           Der Halloisit von Noutron, welcher besteht ans:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 41,2
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 28,8
                                 
                              
                                 Kalk
                                 1,6
                                 
                              
                                 Wasser
                                 28,4
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           zersezt sich vollstaͤndig, wenn man ihn mit einem Ueberschuß von concentrirter
                              Schwefelsaͤure kocht; der Ruͤkstand ist reine Kieselerde, wovon sich
                              nur eine unbedeutende Menge in der Saͤure aufloͤst.
                           Kocht man dasselbe Mineral einige Zeit mit einer Quantitaͤt
                              Aezkaliloͤsung, welche sein fuͤnfzehnfaches Gewicht Aezkali
                              enthaͤlt so loͤst es sich fast vollstaͤndig auf. Der
                              Ruͤkstand sah nach dem Aussuͤßen  und Troknen wie unangegriffener Halloisit aus und wog nur
                              14 Proc.; ohne Zweifel haͤtte er sich in einer neuen Quantitaͤt Alkali
                              ebenfalls aufgeloͤst.
                           Man findet im Bezirk von Siegen (Rheinpreußen) einen Thon, welcher eben so weiß wie
                              der schoͤnste Kaolin ist, sich aber viel sanfter anfuͤhlt. Er besteht
                              aus:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 46,8
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 37,2
                                 
                              
                                 Bittererde
                                 0,8
                                 
                              
                                 Wasser
                                 14,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,0
                                 
                              
                           und entspricht also der Formel 2(AS2 + ½Aq) + A Aq. Concentrirte und kochende Schwefelsaͤure
                              greift diesen Thon beinahe vollstaͤndig an, ohne eine bemerkenswerthe Wenge
                              Kieselerde aufzuloͤsen.
                           Die vulkanische Formation des Bezirks von Siegen enthaͤlt an vielen Stellen
                              eine thonartige Substanz, die man Wake nennt und
                              fuͤr den Ruͤkstand von der Zersezung der Basalte haͤlt. Diese
                              Wake, welche compact, zart, sanft anzufuͤhlen, graulich weiß ist und bie und
                              da rein weiße, runde Fleken zeigt, besizt alle Eigenschaften der Thone. Sie gab bei
                              der Analyse:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 38,2
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 28,3
                                 
                              
                                 Kali und Natron
                                 4,5
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 12,2
                                 
                              
                                 Wasser
                                 16,4
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,6.
                                 
                              
                           Das Eisenoxyd ist darin bloß eingemengt. Man sollte hienach glauben, daß diese Wake
                              aus einem Gemenge von Feldspath und Alaunerdesilicat AS
                              + Aq besteht; ihre chemischen Eigenschaften beweisen
                              aber, daß dieß nicht der Fall seyn kann, und daß die Kieselerde, Alaunerde, das
                              Alkali und Wasser darin innig mit einander verbunden sind. Concentrirte und kochende
                              Schwefelsaͤure zersezt naͤmlich den Stein vollstaͤndig und
                              loͤst alles außer der Kieselerde auf. Der Ruͤkstand betraͤgt
                              nur 38 Proc. und loͤst sich in Aezkali gaͤnzlich auf, so daß die
                              schwefelsaure Loͤsung nur eine unbedeutende Menge Kieselerde enthalten kann.
                              Behandelt man diese Wake abwechselnd mit Salzsaͤure und mit beilaͤufig
                              ihrem 20fachen Gewicht Aezkali (in successiven Dosen und als kochende
                              Aufloͤsung angewandt), so zersezt sie sich ebenfalls vollstaͤndig.
                           Aus den vorhergehenden Versuchen ersieht man, daß die Thone im Allgemeinen durch
                              concentrirte und kochende Schwefelsaͤure vollstaͤndig zersezt werden
                              koͤnnen, und daß sie sich auf nassem Wege mit Beihuͤlfe der
                              Waͤrme in beilaͤufig ihrem 20fachen Gewicht Aezkali  anfloͤsen lassen. Wenn
                              man sie hingegen stark calcinirt, so werden sie von Aezkaliloͤsung durchaus
                              nicht mehr angegriffen und auch nicht von den staͤrksten Saͤuren;
                              erhizt man sie aber nur so weit, daß sie alles gebundene Wasser abgeben, so
                              verlieren sie nichts von ihrer chemischen Wirksamkeit und loͤsen sich in
                              Schwefelsaͤure und den fixen aͤzenden Alkalien dann noch eben so
                              leicht auf wie im natuͤrlichen Zustande.
                           Behandelt man einen Thon mit einer Quantitaͤt Aezkali, welche nicht hinreicht,
                              um ihn ganz aufzuloͤsen, so gelatinirt der gut ausgesuͤßte
                              Ruͤkstand mit den Saͤuren, selbst nachdem er der Rothgluͤhhize
                              ausgesezt wurde, und schlaͤgt man zu seinem Gewicht das aller
                              aufgeloͤsten Substanzen und des gebundenen Wassers, so ergibt sich immer eine
                              Zunahme von mehreren Procenten. Hieraus muß man schließen, daß bei Behandlung der
                              Thone mit Alkalien auf nassem Wege zuerst ein Doppelsilicat von Alaunerde und Alkali
                              entsteht und daß sich von diesem Silicat daun mehr oder weniger aufloͤst, je
                              nachdem die Fluͤssigkeit uͤberschuͤssiges Alkali
                              enthaͤlt.
                           Um uͤber das Verhalten der Alkalien zu den Thonen auf trokenem Wege Aufschluß
                              zu erhalten, erhizte ich Kaolin von Limoges in einem Silbertiegel mit reinem Aezkali
                              in folgenden Verhaͤltnissen:
                           
                              
                                 Kaolin, nicht calcinirt
                                 1
                                 1
                                 1
                                 
                              
                                 Kali,
                                 3
                                 5
                                 10
                                 
                              
                           Das erste Gemenge blieb eine teigartige Masse; sie weichte sich aber in Wasser sehr
                              gut auf, und die Aufloͤsung enthielt 8 Proc. Kieselerde und 3 Proc.
                              Alaunerde; der gut ausgesuͤßte Ruͤkstand wog nach dem Gluͤhen
                              90 Proc. und loͤste sich vollstaͤndig und sehr leicht in der
                              Kaͤlte in Salzsaͤure auf. Bringt man nun den Wassergehalt des Kaolins
                              in Anschlag, so stellt sich eine Gewichtszunahme von 24 Proc. heraus, welche dem
                              Alkali entspricht, das mit dem unaufloͤslichen Theile verbunden blieb.
                           Das zweite Gemenge wurde außerordentlich fluͤssig. Es war etwas
                              olivengruͤn, weil sich Kaliumsuperoxyd gebildet hatte; es brauste auch auf,
                              als man es mit Wasser anruͤhrte. Die Fluͤssigkeit enthielt 15 Proc.
                              Kieselerde und 10 Proc. Alaunerde, und der Ruͤkstand wog 85 Proc. Dieser
                              Ruͤkstand loͤste sich schon in der Kaͤlte, sehr leicht in
                              Salzsaͤure auf und hinterließ dabei nur ein wenig Chlorsilber. Bei diesem
                              Versuche betrug die Gewichtszunahme hoͤchstens 23 Proc.
                           Das dritte Gemenge wurde noch fluͤssiger als das vorhergehende; nach dem
                              Erkalten war es auffallend gruͤnlichgrau, weil sich viel Kaliumsuperoxyd
                              gebildet hatte. Es brauste sehr lebhaft auf, als man es mit Wasser anruͤhrte.
                              Man fand in der Fluͤssigkeit 25 Proc. Kieselerde und eben so viel Alaunerde.
                              Der unaufloͤsliche Ruͤkstand  enthielt viel Silberoxyd (in Folge der Einwirkung des
                              Kaliumsuperoxyds auf den Tiegel), und war olivenfarbig.
                           Wenn man die Thone in einem Silbertiegel mit ihrem fuͤnffachen Gewichte
                              wasserfreien kohlensauren Natrons der Kirschrothgluͤhhize aussezt, so
                              schmelzen sie nicht, und wenn man die Masse dann In Wasser aufweicht, so findet man
                              in der Fluͤssigkeit nur eine Spur Kiesel- und Alaunerde. Wird dasselbe
                              Gemenge hingegen in einem Platintiegel der Weißgluͤhhize ausgesezt, so sind
                              die Resultate fast ganz dieselben wie mit den aͤzenden Alkalien. Die Masse
                              kommt in Folge der Entbindung des kohlensauren Gases ins Kochen; dieses hoͤrt
                              aber nach einiger Zeit auf und man sieht dann auf dem Boden des Tiegels eine teigige
                              Materie, uͤber welcher sehr duͤnufluͤssiges kohlensaures Natron
                              schwimmt. Um die Masse vollstaͤndig in Wasser aufzuweichen, sind
                              beilaͤufig 24 Stunden noͤthig; der unaufloͤsliche
                              Ruͤkstand wiegt nach dem Aussuͤßen und Gluͤhen 95 Proc.; er
                              loͤst sich sehr leicht schon in der Kaͤlte in Salzsaͤure auf.
                              Das Aussuͤßwasser enthaͤlt 80 Proc. Kieselerde und 35 Proc. Alaunerde;
                              die Gewichtszunahme betraͤgt 19 bis 20 Proc.
                           Aus dem Vorhergehenden ersieht man, daß die Doppelsilicate von Alaunerde und Alkali
                              sich auf nassem Wege wie auf trokenem bilden koͤnnen, und daß sie sich in
                              uͤberschuͤssigem Alkali leichter aufloͤsen als man vermuthen
                              sollte, indem sie zur vollstaͤndigen Aufloͤsung davon
                              hoͤchstens ihr 20faches Gewicht erheischen.
                           Durch diese Daten sind wir im Stande auszumitteln, ob der Kaolin fremdartige
                              Substanzen als bloße Beimengung enthaͤlt, wie ich dieses fruͤher
                              vermuthete. Es stehen uns dazu zwei Verfahrungsarten zu Gebot. Wir koͤnnen
                              ihn naͤmlich entweder abwechselnd mit einem aͤzenden Alkali, welches
                              eine gewisse Menge Alaunerdesilicat aufloͤst, und mit Salzsaͤure,
                              welche das gebildete Alaunerde- und Kalisilicat aufloͤst, behandeln
                              — oder auch concentrirte Schwefelsaͤure und Alkaliloͤsung
                              abwechselnd darauf einwirken lassen. Die zweite Methode fuͤhrt schneller zum
                              Ziele und ist besser als die erste. Man uͤbergießt den Kaolin mit einem
                              großen Ueberschuß von concentrirter Schwefelsaͤure, erhizt einige Zeit
                              beinahe bis zum Kochen, verduͤnnt mit viel Wasser, suͤßt durch
                              Decantiren aus und kocht dann den Ruͤkstand mit Aezkali oder Aeznatron,
                              welche die durch die Schwefelsaͤure frei gemachte Kieselerde
                              aufloͤsen; man suͤßt aus, und damit keine Spur von Alkali in der
                              unangegriffenen Masse zuruͤkbleibt, digerirt man sie warm mit
                              Salzsaͤure oder Schwefelsaͤure; endlich suͤßt man sie mit viel
                              Wasser aus und calcinirt sie, um sie dann zu wiegen.
                           Als Kaolin von Limoges auf die angegebene Weise mit Schwefelsaͤure etc.
                              behandelt wurde, wog der unaufgeloͤste Theil 25 Proc.;  die alkalische
                              Fluͤssigkeit enthielt 30 Proc. Kieselerde und die schwefelsaure 3l,5 Proc.
                              Alaunerde und Bittererde, mit ein wenig Kieselerde. Hieraus ersieht man schon, daß
                              der aufgeloͤste Theil des Kaolins dem Silicat A S
                              ziemlich nahe kommt. Bei einem anderen Versuche, welcher absichtlich angestellt
                              wurde, um zu erfahren, in welcher Verbindung das Kali und die Bittererde im Kaolin
                              vorkommen, behandelte man denselben mit kochender Schwefelsaͤure,
                              verduͤnnte dann mit Wasser und filtrirte; hierauf dampfte man die
                              Fluͤssigkeit zur Trokniß ab, um die uͤberschuͤssige
                              Saͤure zu verjagen, und nahm den Ruͤkstand wieder in Wasser auf; so
                              wurde die Kieselerde abgeschieden, wovon man nur ½ Proc. fand. Hierauf
                              faͤllte man die Alaunerde durch schwefelwasserstoffsaures Ammoniak und
                              erhielt davon 23 Proc. Sodann wurden die Fluͤssigkeiten zur Trokniß
                              abgedampft und der Ruͤkstand gegluͤht, um die Ammoniaksalze zu
                              verjagen; es hinterblieben 7,8 Proc. vollkommen neutrale schwefelsaure Bittererde,
                              worin man nicht die geringste Spur Alkali fand und die folglich 2,4 Bittererde
                              enthielt. Dieser Versuch beweist, daß das im Kaolin enthaltene Kali daraus durch
                              Saͤuren nicht unmittelbar abgeschieden werden kann, waͤhrend dieselben
                              den groͤßten Theil der Bittererde aufloͤsen.
                           Um mir eine gewisse Menge von der steinartigen Substanz, welche das Alkali
                              enthaͤlt, zur Untersuchung zu verschaffen, behandelte ich 100 Gramme Kaolin
                              mehrmals abwechselnd mit Schwefelsaͤure und Alkali. Dieses Mal wog der
                              Ruͤkstand, nachdem er mit Schwefelsaͤure gut ausgesuͤßt und
                              gegluͤht worden war, nur 20 Gramme = 20 Proc. Derselbe sah ganz wie Kaolin
                              aus und bildete keinen Teig mit Wasser; er bestand hauptsaͤchlich aus
                              blaͤtterigen, glaͤnzenden, Perlenmutterweißen Theilchen, die aber
                              nicht den metallartigen Glanz des Glimmers hatten und man unterschied darin auch
                              noch eine geringe Menge von einer anderen Substanz in kleinen weißen und matten
                              Koͤrnern. Die Analyse dieses Ruͤkstandes mittelst Kali und
                              kohlensauren Baryts gab:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Sauerstoff.
                                 
                              
                                 Gebundene Kieselerde
                                 61,4
                                 32,0
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 20,8
                                 9,6
                                 
                              
                                 Kali
                                 7,5
                                 1,3
                                 
                              
                                 Bittererde
                                 2,8
                                 1,1
                                 
                              
                                 Gallertartige Kieselerde
                                 4,5
                                 
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit
                                 1,0
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 98,0
                                 
                                 
                              
                           Rechnet man zu dem Feldspath (R, M) S3 + 3 A S3 das Kali und die
                              Bittererde, so findet man davon 81,7, und es bleiben noch 5,2 Alaunerde und 6,14
                              Kieselerde, welche ohne Zweifel von beigemengtem Quarz und einem Rest
                              unangegriffenen Kaolins herruͤhren. Die  gallertartige Kieselerde entstand offenbar durch die
                              Einwirkung der Saͤure, welche man zulezt zum Zersezen des Kaolins
                              anwandte.
                           Der Kaolin von Limoges ist also wirklich mit Feldspath gemengt, wie ich dieses
                              vermuthet hatte, und enthaͤlt davon ungefaͤhr 16 Proc. Dieser
                              Feldspath ist uͤbrigens merkwuͤrdig, erstens, weil er zugleich Kali
                              und Bittererde enthaͤlt; und zweitens wegen seiner einfachen Zusammensezung,
                              indem er die Bittererde und das Alkali sehr nahe im Verhaͤltnisse eines Atoms
                              enthaͤlt. Er besteht in 100 Theilen ans:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 67,7
                                 
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 19,1
                                 
                                 
                              
                                 Kali
                                 9,8
                                 hoͤchstens.
                                 
                              
                                 Bittererde
                                 3,4
                                 wenigstens.
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,0.
                                 
                                 
                              
                           Nach allen unserm Resultaten besteht der Kaolin von Limoges aus:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 063, S. 388
                              Kieselelde; Alaunerde; Bittererde;
                                 Wasser; Kieselerde; Alaunerde; Bittererde; Kali; Thon; Feldspath
                              
                           und der reine thonartige Theil enthaͤlt:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Sauerstoff.
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 45,05
                                 22,39
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 40,00
                                 18,68
                                 
                              
                                 Bittererde
                                 2,89
                                 1,10
                                 
                              
                                 Wasser
                                 14,06
                                 12,50
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                                 
                              
                           Da der Sauerstoff der Basen zu dem der Kieselerde in keinem einfachen
                              Verhaͤltniß steht, so koͤnnen sich die Alaunerde und Bittererde nicht
                              in demselben Saͤttigungszustande befinden; wenn leztere ein Trisilicat
                              bildet, so entspricht die Zusammensezung des reinen Kaolins sehr genau der Formel
                              (A S + ½ Aq) +
                              (M S3+ Aq) oder der Formel (AS +
                              ⅔ Aq), MS3, welche atomistisch uͤbersezt (AS + 2Aq), MS wuͤrde und einfach waͤre; man muß
                              hieraus schließen, daß allerdings das Silicat AS den
                              plastischen Theil des Kaolins von Limoges bildet, wie ich es vermuthet hatte. Wenn
                              dieser Kaolin durch freiwillige Zersezung des bittererde- und kalihaltigen
                              Feldspaths entstand, womit er noch gemengt ist, so hat sich dieser Feldspath
                              wahrscheinlich zuerst in ein Gemenge von AS, KS9 und MS9 verwandelt,  welchem dann KS9 durch eine
                              unbekannte aufloͤsende Ursache entzogen wurde, worauf sich auch das Silicat
                              MS9 zersezte,
                              naͤmlich in MS3
                              welches im Thone zuruͤkblieb und in ein Supersilicat, welches sich wie das
                              alkalische Silicat aufloͤste. Es steht auch wirklich im Kaolin die Bittererde
                              zur Alaunerde in einem viel geringeren Verhaͤltniß als in dem Feldspath,
                              woraus er entstand.
                           Bei der oben angefuͤhrten fruͤheren Analyse hatte ich den
                              Bittererdegehalt nicht bestimmt, weil ich ihn nicht fuͤr so
                              betraͤchtlich hielt, und dieselbe war zum Theil bei der Alaunerde und zum
                              Theil bei dem Alkali geblieben.
                           Im Dept. de l'Allier kommt ein Kaolin vor, welcher ein
                              aͤhnliches Gemenge wie der von Limoges enthaͤlt. Er ist merklich
                              gelblich gefaͤrbt, wird aber durch Gluͤhen in seiner ganzen Masse
                              vollkommen weiß. Das Muster, welches ich besize, scheint geschlaͤmmt worden
                              zu seyn, denn es enthaͤlt keine fuͤhlbaren Sandkoͤrner; durch
                              sehr sorgfaͤltiges Schlaͤmmen konnte ich daraus jedoch
                              perlenmutterweiße Schuppen (Flimmer) ausziehen, welche ganz so aussehen wie die aus
                              dem Kaolin von Limoges, und welche nicht mit Quarz gemengt zu seyn scheinen. Als ich
                              diese Schuppen mit Flußsaͤure analysirte, gaben sie beilaͤufig 30
                              Proc. Alaunerde, 9 Proc. Kali (ohne Natron) und 4 Proc. Bittererde. Es mußte dieses
                              kali- und bittererdehaltiger Feldspath seyn, der noch mit Kaolin gemengt war.
                              Im suspendirten Theil befanden sich noch feldspathhaltige Schuppen, die aber so fein
                              waren, daß man sie unmoͤglich durch Schlaͤmmen absondern konnte.
                              Mittelst Schwefelsaͤure etc. fand man davon 6 bis 7 Proc. 100 Theile der
                              suspendirten plastischen Substanz, welche in der Waͤrme getroknet worden
                              waren, verloren durch Gluͤhen 12,3 Wasser, und lieferten bei der Analyse
                              annaͤhernd 56 Kieselerde auf 37 Alaunerde und eine betraͤchtliche
                              Menge Bittererde. Ihre Zusammensezung weicht offenbar von der Kaolins von Limoges
                              ab.
                           Der Kaolin von Elbogen in Boͤhmen, welchen man in der Porzellanfabrik der HH.
                              Haidinger anwendet, ist davon noch weit mehr
                              verschieden. Dieser Kaolin ist zerreiblich und vollkommen weiß. Durch
                              Schlaͤmmen lassen sich davon 45 Proc. Sand absondern, welcher fast bloß aus
                              amorphen Koͤrnern von Milchquarz besteht und der in Wasser suspendirte
                              plastische Theil liefert mit Schwefelsaͤure nur 2,5 steinartigen
                              Ruͤkstand. Bei der Analyse gab der plastische Theil uͤbrigens:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 6l,4
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 23,2
                                 
                              
                                 Bittererde
                                 0,5
                                 
                              
                                 Wasser
                                 13,8
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 98,9
                                 
                              
                           
                           welche Zahlen sehr gut mit der Formel AS3 + Aq
                              uͤbereinstimmen. Wenn dieser Thon aus einem Feldspath entstand, so muß
                              derselbe auf eine ganz andere und einfachere Art zersezt worden seyn, als der zu
                              Saint-Yrieix; denn es mußte sich davon das Silicat KS3 absondern, so daß das
                              Alaunerdesilicat AS3
                              zuruͤkbleiben konnte. Es kommt auch wirklich Feldspath in Ueberfluß bei
                              Elbogen vor: man verwendet ihn in der Porzellanfabrik zur Glasur und zur Anfertigung
                              der Massen; er bildet große blaͤtterige fleischrothe Stuͤke. Es ist
                              dieses ein fast reiner Kali-Feldspath, worin man nur 4/10 Proc. Bittererde
                              und ½ bis 6/10 Proc. Eisenoxyd findet.
                           Das Porzellan von Elbogen ist vortrefflich, sehr hart und
                              zaͤh, und steht in dem Rufe, dem Wechsel von Hize und Kaͤlte
                              vollkommen zu widerstehen. Im vergluͤhten Zustande
                              ist es vollkommen wasserfrei, aber noch leicht zu pulvern. Es besteht aus:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 70,6
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 25,2
                                 
                              
                                 Kali
                                 2,8
                                 
                              
                                 Bittererde
                                 1,8
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,4
                                 
                              
                           Es unterscheidet sich von den meisten anderen Porzellanarte naurch, daß es keinen
                              Kalk enthaͤlt.
                           Das Dept. de l'Ariége ist sehr reich an Kaolin: man
                              bricht ihn an mehreren Orten fuͤr die Porzellanfabrik in Valentine. Der
                              Steinbruch in der Gemeinde Seignaux, nicht weit von Tarascon, scheint den besten
                              Kaolin zu liefern. Derselbe bildet zerreibliche Massen, welche die Finger beschmuzen
                              und ist vollkommen weiß; in Wasser zergeht er leicht und bildet damit sogleich einen
                              Teig. Er enthaͤlt viel Milchquarz und auch steinartige Schuppen wie der
                              Kaolin von Limoges, jedoch in geringer Menge. Ich ließ davon eine große Menge
                              schlaͤmmen und theilte den in Wasser suspendirten Theil nach dem Grade der
                              Feinheit in drei Portionen ab; der erste und dritte Absaz wurde mit
                              Schwefelsaͤure und Kaliloͤsung analysirt und lieferte:
                           
                              
                                 
                                 1ster Absaz.
                                 3ter Absaz.
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 33,1
                                 37,0
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 29,0
                                 33,0
                                 
                              
                                 Wasser
                                 9,4
                                 10,0
                                 
                              
                                 Unangegriffener Antheil
                                 28,5
                                 20,0
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 100,0.
                                 
                              
                           Der Theil des ersten Absazes, welcher von Schwefelsaͤure nicht angegriffen
                              wurde, bestand aus Quarz in sehr feinen Koͤrnern, mit steinartigen Schuppen
                              vermengt; er enthielt 8 Proc. Kieselerde auf 9 Alaunerde. Der unangegriffene Theil
                              des dritten Absazes bestand  hauptsaͤchlich aus steinartigen Schuppen mit etwas
                              Quarz und Thon. Man fand darin 60 Kieselerde auf 26 Alaunerde.
                           Nach den obigen zwei Analysen, welche sehr gut zusammenstimmen, entspricht die
                              Zusammensezung der plastischen Substanz fast genau der Formel A4S5 + 2Aq.
                           Es war unmoͤglich, aus dem Kaolin von Seignaux steinartige Schuppen, frei von
                              aller Beimengung, auszuziehen. So sorgfaͤltig man dieselben auch
                              schlaͤmmen mochte, so blieb darin doch immer eine große Menge Quarz in sehr
                              feinen, aber doch mit der Lupe bemerkbaren Koͤrnern zuruͤk. Das am
                              wenigsten gemengte Muster, welches ich davon erhielt, gab bei der Analyse 21
                              Alaunerde, 5 bis 6 Natron und eine betraͤchtliche Menge Kalk und Bittererde,
                              aber nicht die geringste Spur Kali.
                           Dieses Resultat beweist, daß die Schuppen im Kaolin von Seignaux keine
                              Feldspathstuͤke sind; es gibt uns aber keinen Aufschluß daruͤber, ob
                              sie von Albit oder einem anderen natronhaltigen Mineral herruͤhren. Ich war
                              jedoch im Stande, diese Frage durch die Untersuchung eines Kaolins zu loͤsen,
                              welcher mir von Pamiers, ohne Angabe des Fundorts, uͤberschikt wurde, aber
                              sicher der naͤmlichen geognostischen Formation angehoͤrt, wie der
                              Kaolin von Seignaux. Dieser gab beim Schlaͤmmen:
                           
                              
                                 Milchquarz
                                 1,8
                                 
                              
                                 Große Schuppen
                                 35,6
                                 
                              
                                 Kleine Schuppen
                                 14,0
                                 
                              
                                 Plastische Substanz
                                 48,6
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0.
                                 
                              
                           Die plastische Substanz, welche mit Aezkali im Silbertiegel geschmolzen wurde,
                              lieferte:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 45,0
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 38,0
                                 
                              
                                 Kalk und Bittererde
                                 1,2
                                 
                              
                                 Wasser
                                 11,7
                                 
                              
                                 Alkali und Verlust
                                 4,1
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0.
                                 
                              
                           Sie war aber nicht rein und man konnte daraus mittelst Schwefelsaͤure etc. 13
                              bis 14 Proc. außerordentlich feiner Schuppen ausziehen. In der reinen plastischen
                              Substanz ist also das Verhaͤltniß der Kieselerde zur Alaunerde in der That
                              geringer, als es die Analyse angibt. Diese Substanz scheint mit der von Seignaux
                              ganz identisch zu seyn.
                           Nachdem ich die großen Schuppen durch wiederholtes Schlaͤmmen so genau als
                              moͤglich gereinigt hatte, analysirte ich sie sowohl mit Aezkali als mit
                              salpetersaurem Blei. Sie lieferten:
                           
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 59,2
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 25,2
                                 
                              
                                 Kalk
                                 1,9
                                 
                              
                                 Bittererde
                                 0,5
                                 
                              
                                 Natron
                                 8,9
                                 
                              
                                 Verlust beim Gluͤhen
                                 3,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 98,9.
                                 
                              
                           Da sie einige matte Theile enthielten, welche sich nicht davon absondern ließen, so
                              muͤssen sie entweder mit etwas Thon vermengt gewesen seyn oder schon eine
                              anfangende Zersezung erlitten haben. Diese Analyse beweist, daß die Schuppen von
                              Pamiers, und folglich auch die von Seignaux, kein Albit sind, sondern dem Spodumen
                              angehoͤren. Der Kaolin kann also, wenn er wirklich das Product einer
                              Zersezung ist, aus verschiedenen alkalihaltigen Mineralien und nicht bloß aus
                              Feldspath entstehen.
                           Meine Analysen beweisen auch, daß der in den primaͤren Gebirgen vorkommende
                              weiße Thon, welchen man Kaolin genannt hat, nicht immer dieselbe Zusammensezung hat;
                              wahrscheinlich zersezen sich die Mineralien, woraus er entsteht, unter verschiedenen
                              Umstaͤnden in andere Producte.
                           Die Kaoline, welche bis jezt analysirt worden sind, zeigen sich in der Zusammensezung
                              den weißen Thonen sehr analog und enthalten nur wenig Wasser. Es scheinen jedoch
                              unter denselben Lagerungsverhaͤltnissen Alaunerdesilicate vorzukommen, welche
                              sich dem Holloisit und Allophan naͤhern. Hr. Brongniart uͤbergab mir als das Zersezungsproduct eines gut
                              charakterisirten Pegmatits eine alaunerdehaltige Substanz, welche in großer Menge in
                              Housscha bei Bayonne vorkommt und die man im Handel zur Porzellanfabrication zu
                              verbreiten sucht. Diese Substanz unterscheidet sich wesentlich von den
                              gewoͤhnlichen Kaolinen, indem sie mit Wasser keinen Teig bildet. Man
                              erhaͤlt sie in compacten, wenig harten Massen, die aber an den Fingern nicht
                              abschmuzen; sie laͤßt sich leicht zerdruͤken, obgleich sie einen
                              gewissen Grad von Elasticitaͤt besizt, ist schoͤn mattweiß und
                              undurchsichtig. Schwefelsaͤure greift sie vollstaͤndig und sehr leicht
                              an und scheidet daraus weder steinartige Schuppen noch irgend einen anderen
                              beigemengten Koͤrper ab. Sie enthaͤlt:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 43,6
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                 52,4
                                 
                              
                                 Wasser
                                 23,0
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,0.
                                 
                              
                           Diese Zusammensezung entspricht der Formel (AS3 + 2Aq) + A Aq, welche dem Holloisit angehoͤrt. Beim
                              Erwaͤrmen verliert diese Substanz den dritten Theil ihres Wassers. Ich weiß
                              nicht  von welcher Art
                              das alkalihaltige Mineral ist, womit sie in dem Pegmatit vorkommt.
                           Da der Thon von Housscha nicht plastisch ist, so duͤrste er sich nicht wohl
                              zur Porzellanfabrication eignen; man koͤnnte ihn aber sehr vortheilhaft zur
                              Bereitung von vollkommen eisenfreier schwefelsaurer Alaunerde benuzen.