| Titel: | Das Seilbohren im Kalkgebirge; von Friedrich von Alberti, königl. würtemb. Bergrathe und Salinenverwalter in Wilhelmshall. | 
| Autor: | Friedrich Alberti | 
| Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. VII., S. 33 | 
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                        VII.
                        Das Seilbohren im Kalkgebirge; von Friedrich von Alberti,
                           koͤnigl. wuͤrtemb. Bergrathe und Salinenverwalter in
                           Wilhelmshall.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Alberti, uͤber das Seilbohren im Kalkgebirge.
                        
                     
                        
                           Das Auffinden des Steinsalzes am Neckar gab Veranlassung zu einer Menge Bohrarbeiten
                              in und außer Deutschland. Durch die Masse von Versuchen, namentlich auch durch die
                              Bemuͤhungen von Flachet u.a. wurde die Kunst des
                              Bohrens auf einen fruͤher nie gekannten Standpunkt gebracht. Bei all diesen
                              Unternehmungen diente das Gestaͤnge und die Vorrichtungen, welche Garnier, Selbmann, Langsdorf, Schimming, Boner, Blume,
                                 Waldauf, Spetzler, Gugler, v. Jacquin, Poppe, v.
                              Bruckmann u.a. mehr oder weniger gut beschrieben und
                              abgebildet haben.
                           ImbertAnnales de l'Association pour la propagation de la
                                       foi, No. 16, Janvier 1829. gab uns Nachrichten uͤber die chinesischen Bohrbrunnen, welche 5 bis
                              6 Zoll weit mit einer Rammkeule, d.h. einem Kronenbohrer von 3 bis 4 Cntr. Schwere
                              niedergeschlagen werden. Diese ist mittelst eines Rotangseiles an dem kurzen Arme
                              eines Hebels aufgehaͤngt, welcher niedergedruͤkt und dann seinem
                              Gewichte uͤberlassen wird. Das Seil wird beim Heben des Bohrers gedreht, und
                              das Bohrmehl sammelt sich in einer nach Oben geoͤffneten Hoͤhlung des
                              Bohrers. So wie man mit lezterem 3 Zoll weit vorgeruͤkt ist, wird Wasser in das Bohrloch
                              geschuͤttet. Auf diese Weise werden bei guter Beschaffenheit des Gesteins in
                              24 Stunden 2 Schuh gebohrt. Einzelne dieser Bohrloͤcher, deren es in der
                              Provinz Szu Tchhouan viele Tausende geben soll, sind bis 3000 Schuh tief.
                           Aus diesen sehr unvollstaͤndigen Nachrichten geht hervor, daß das Gebirge
                              uͤber den Salzquellen in Szu Tchhouan sehr wasserleer ist, eine gleiche,
                              maͤßige Festigkeit hat, und daß, weil sich so tief bohren laͤßt, wenig
                              Gestein nachrollt. Bei diesen Umstaͤnden moͤgen die Vorrichtungen der
                              Chinesen ganz zwekmaͤßig seyn. Ob sie aber auch eine Anwendung auf unser
                              Salzgebirge zulassen, fing ich an im Jahre 1832 zu versuchen. Meine Maschine bestand
                              aus einem Haspel zum Seile; von diesem aus ging lezteres uͤber eine Rolle,
                              welche an einem federnden Balken befestigt war, ins Bohrloch. An dem Seile
                              uͤber der Bohrbuͤhne war ein Kruͤkchen (Handhebe) angebracht.
                              Da nun das Seil am Haspel mittelst eines Nagels festgestekt war, so mußte, wenn das
                              Kruͤkchen unter sich gedruͤkt wurde, auch der federnde Balken
                              herabgedruͤkt werden. Dieser ging in seine alte Lage zuruͤk, wenn am
                              Kruͤkchen losgelassen wurde. Bei mehr oder weniger Anspannung des Seils
                              konnte der Hub vergroͤßert oder verkleinert werden. Nach der Tiefe des
                              Bohrlochs wurde das Hypomochlion des federnden Balkens veraͤndert. Diese
                              Vorrichtung war außerordentlich einfach, und sie eignet sich auch wohl fuͤr
                              wenig tiefe Bohrloͤcher; mit der Tiefe wachsen jedoch die Schwierigkeiten,
                              und ich mußte zu anderen Vorrichtungen schreiten.
                           Im Jahre 1833 und 1834 machte Hr. Sello
                              Karsten's Archiv VI. Bd. S. 343–369,
                                    ebendas. Bd. VII. 2. H., S. 526–553. seine Versuche uͤber Seilbohren bekannt. Seine Ideen wurden von Hrn.
                              Frommann
                              Die Bohrmethode der Chinesen, oder das Seilbohren. Coblenz 1835. weiter ausgefuͤhrt. Zur Beurtheilung ihrer Leistungen ist zu
                              bemerken:
                           1) daß die Versuche in Kohlensandstein mit den diesem untergeordneten Schiefern und
                              in buntem Sandsteine in beim Bohren wenig nachrollenden und so weichen Gesteinen
                              angestellt sind, daß in 12 Stunden 3 bis 7 Schuh, taͤglich also 6 bis 14
                              Schuh niedergebracht wurden;
                           2) daß die geringste Weite eines Sello'schen Bohrloches 4
                              1/2 Zoll rheinl., die eines von Frommann 7 Zoll betragen
                              habe, und
                           3) daß die Versuche des ersteren nur eine Tiefe von 163 Sch. 10 Zoll, die des
                              lezteren von 266 Sch. 10 Zoll erreicht haben.
                           Ob bei einem viel weicheren Gebirge als in Szu Tchhouan mit aͤhnlichen Instrumenten
                              so tief als dort gebohrt werden koͤnnte, muß dahin gestellt bleiben.
                           Mein Augenmerk ging dahin, das Seilbohren fuͤr enge und tiefe
                              Bohrloͤcher im Muschelkalkgebirge in Anwendung zu bringen, und bald fand ich,
                              daß von den chinesischen Werkzeugen und den Vorrichtungen der HH. Sello und Frommann fuͤr
                              mich nur das Seil anwendbar blieb. Der Scheibenhaspel der lezteren dient nur
                              fuͤr wenig tiefe Bohrloͤcher; die Wuͤlste an den Leitstangen,
                              welche das ganze Bohrloch ausfuͤllen, so daß beim Nachrollen von Steinchen,
                              was bei festem Gebirge oft geschieht, das Gestaͤnge sich einkeilen
                              wuͤrde, konnten mir nicht taugen; die gußeisernen Werkzeuge nehmen im festen
                              Gesteine ein schlechtes Ende, und die Kronbohrer aus einem Stuͤke bestehend
                              zerfallen zulezt in Stuͤke, da, wenn der Bohrer oͤfters ins Feuer
                              kommt, die Schweißen der Verstaͤhlung ganz abstehen. Die Bohrer mit
                              Kernstuͤken und Schließen sind hier eben so wenig tauglich, indem durch die
                              heftigen Schlaͤge die Meißel ihrer Laͤnge nach gestaucht und lose
                              werden. Die Instrumente endlich, an denen Bohrer und Loͤffel zugleich
                              angebracht sind, wuͤrden in engen Bohrloͤchern sehr hinderlich
                              seyn.
                           In Nachstehendem will ich
                           1) eine Beschreibung meines Bohrapparates und der Behandlung desselben;
                           2) der Schwierigkeiten beim Seilbohren;
                           3) Notizen uͤber den Effect und die Kosten der beschriebenen Methode, so
                              wie
                           4) uͤber das Erweitern der Bohrloͤcher mittelst des Seils geben.
                           Der Bohrapparat besteht aus Bohrer, Gestaͤnge,
                              Seil, Rad sammt Bremsvorrichtung, Schwengel, Buͤchse und Loͤffel.
                           Die Schneide des Bohrers hat, Fig. 1, a, die Form eines Z; Fig. 1
                              b, c zeigt die Vorder- und Seitenansicht
                              desselben. Dieser Bohrer hat den Vortheil, daß er großen Theils die Stelle der
                              Buͤchse versieht, so daß diese nur wenig mehr zu thun hat; daß er mehr
                              Angriffspunkte darbietet, sich selten stekt, und kleinere Stuͤkchen Gebirg
                              durch ihn fallen koͤnnen. Er muß uͤbrigens natuͤrlich wie alle
                              Bohrer fuͤr festes Gestein gut gehaͤrtet seyn.
                           An dem Bohrer ist ein gewoͤhnliches Gestaͤnge von nur 1 Zoll Dike angeschraubt. An diesem wird so lange
                              gebohrt, bis es etwa 4 Cntr. schwer ist; bei dem Versuch, welchen ich unten
                              naͤher beschreiben werde, wurden 6 Stangen zu 80 Schuh Laͤnge
                              angewendet.
                           Die Scheibe a, Fig. 3, und der
                              Bohrteichel s sind so weit von einander entfernt, daß bequem 2
                              Stangen zugleich ausgezogen werden koͤnnen.Bei einem demnaͤchst zu beginnenden Bohrloche werde ich einen
                                    Standbaum aufstellen lassen, um das Ausziehen von 80 Schuh Gestaͤnge
                                    mit einem Zuge zu bewerkstelligen.
                              
                           An der obersten Stange ist ein Wirbel, Fig. 2, angeschraubt, an
                              dem das Seil befestigt ist. Wenn das Gestaͤnge gerade gerichtet und gehalten
                              wird, kann das Bohrloch nie schief werden, so tief es auch niedergesenkt werden
                              soll. Dieß ist ein großer Vorzug, welchen diese Bohrweise vor der chinesischen
                              voraus hat, wo nicht selten die senkrechte Richtung des Bohrloches verloren geht,
                              und das Bohren dann eingestellt werden muß.
                           Das Seil ist einen schwachen Zoll dik, aus langem
                              Schleißhanf gut geschlagen. Gegen Einwirkung des Wassers wird es durch eine Salbe
                              von Unschlitt, Wachs und Oehl geschuͤzt. Zu einem Seile von 600 Schuh
                              Laͤnge wurden 10 Pfd. Unschlitt, 5 Pfd. Wachs und 4 1/2 Maaß Oehl, Alles wohl
                              unter einander gemischt und in heißem Zustande angewendet verbraucht. Durch diese
                              Salbe erhaͤlt es viel mehr Geschmeidigkeit als durch Theer. Das Seil leidet
                              vorzuͤglich da, wo es am Wirbel befestigt ist; deßhalb wird es hier mit Draht
                              wohl umflochten, und dennoch bricht es zuweilen an dieser Stelle. Leidet dasselbe
                              sonst wo Noth, so wird es mit Schnuͤren fleißig umwikelt. Zu dem 502 1/2
                              Schuh tiefen Bohrloche wurden 2 Seile gebraucht, von denen das erste 262 Pfd. schwer
                              nicht ganz gut gemacht, das zweite 306 Pfd. schwer nach Vollendung der Arbeit noch
                              vollkommen gut war, so daß anzunehmen ist, daß im guͤnstigen Falle mit einem
                              guten Seile 500 Schuh tief in festem Gebirge niedergeschlagen werden kann.
                           Das Rad, 10 Schuh hoch, ist in Fig. 3 von Vorne, in Fig. 4 von der
                              Seite, und in Fig.
                                 5 von Oben abgebildet. Der Kranz besteht aus doppelt zweizoͤlligen
                              Dielen, in welche hoͤlzerne Naͤgel eingezapft sind, an denen die
                              Arbeiter das Rad in Bewegung sezen. Auf dem Wellbaume desselben ist das Bohrseil
                              aufgelegt, welches von da uͤber die Scheibe a
                              (Fig. 3,
                              4, 5) ins Bohrloch
                              geht.
                           Die Bremsvorrichtung dient dazu, das Rad zu arretiren, oder Gestaͤnge und Seil
                              geschwinder oder langsamer einlassen zu koͤnnen. Bei b, Fig.
                                 3, ist ein eichenes Stuͤk Holz in Form eines Radschuhs, welches
                              sperrt, wenn der Hebel c, Fig. 6, welcher bei h in einem Nagel laͤuft, und mittelst einer in
                              eisernen Gewerken laufenden Stelze d, d mit dem Hebel
                              e in Verbindung steht, herabgelassen wird. Der Hebel
                              c wird mittelst eines Seiles f uͤber der Rolle g aufgezogen.
                           Der Schwengel ist in Fig. 3
                              i von der Seite, in Fig. 7 aber vergroͤßert sowohl von
                              der Seite (A) als von Vorne (B) dargestellt. Er besteht aus einem Hebel, welcher sich nach Vorne in
                              einen Kruͤmmling endet. Der Hub kann durch Verruͤken der Bohrdoke h, h in Fig. 3 veraͤndert
                              werden; zu diesem Ende sind auch im Schwaͤngel, Fig. 7
                              A, bei o, o Loͤcher
                              angebracht.
                           Fuͤr die ganze Tiefe von mehr als 500 Schuh wurde das Verhaͤltniß des
                              Hebelarmes der Kraft zu dem der Last = 8 1/2 : 2 = 4,25: 1 beibehalten, wodurch 1
                              Schuh Hub erzielt wurde. Da das Gewicht der Bohrstangen etc. = 400 Pfd. betrug, und
                              1 Mann mit 50 Pfd. Kraft wirkt, so waren erforderlich 400/(4,25 × 50) = 1,88
                              Arbeiter; zur Erleichterung des Geschaͤfts wegen der Reibung bei Bewegung des
                              Schwengels und des Gestaͤnges, wegen des Gewichts und der Elasticitaͤt
                              des Seils, und weil bei der Manipulation so viel Leute unentbehrlich sind, wurden
                              jedoch waͤhrend des Absenkens des ganzen Bohrloches 3 Mann in 1 Schicht
                              unterhalten.
                           Aus Fig. 7, B sieht man, daß bei h am
                              Zirkelabschnitte des Kruͤmmlings eine Hohlkehle angebracht ist. Soll gebohrt
                              werden, so wird das Seil in diese Hohlkehle geruͤkt und uͤber dasselbe
                              ein ausgekehltes Stuͤk Eisen i, i, i gelegt,
                              welches bei k durch einen eingestekten Nagel gehalten
                              wird, worauf man vor dasselbe eine Platte l, l sezt, und
                              mit der Schraube m, m die Platte und eiserne Hohlkehle
                              gegen das Seil druͤkt, so daß dieses arretirt ist. Damit die Platte nicht
                              nachgeben kann, ist bei n eine Schließe vorgestekt.
                           In Fig. 8 ist
                              die Buͤchse von Vorne und von Unten abgebildet.
                              Sie ist aus einem Stuͤke verfertigt und an der Peripherie scharf und gut
                              gestaͤhlt. Damit nachrollende Steinchen sie nicht einklemmen, hat sie vier
                              Ausschnitte p, p, p, p, so daß sie die Form eines
                              Kreuzes erhaͤlt, woher die Benennung Kreuzbuͤchse.
                           Der Loͤffel zum Reinigen des Bohrloches ist ein hohler 6 bis 8 Schuh langer,
                              etwa 2 Zoll im Lichten weiter Cylinder von starkem Messingblech, welcher unten ein
                              Ventil, oben ein Gewinde hat, in das der Wirbel (Fig. 2) paßt.
                           Die Manipulation beim Bohren ist folgende: das Seil wird
                              auf den Wellbaum uͤber die Scheibe a, Fig. 3, gelegt,
                              mittelst des Wirbels an Stangen und Bohrer angeschraubt und durch das Rad
                              eingelassen. Sizt der Bohrer im Tiefsten auf, so wird, wenn das Seil schraff
                              angezogen ist, gebremst, der Schwengel eingesezt, das Seil in die Hohlkehle h, Fig. 7
                              B geruͤkt, die eiserne Hohlkehle i, i mittelst des Nagels k,
                                 k darauf gesezt, die Platte l, l mit der
                              Schraube m angezogen, und so das Seil arretirt. Die
                              Bremse wird nun aufgezogen, das Seil lose gemacht und mittelst des Schwengels
                              gebohrt. Damit das Seil
                              sich nicht zu sehr kruͤmmt, ist am Ende des langen Hebels ein Prellriemen q, q, Fig. 3, angebracht,
                              welcher den Schwengel auf gewisser Hoͤhe erhaͤlt, und so wird
                              fortgefahren bis entweder der Bohrer stumpf zu seyn scheint, oder geloͤffelt
                              oder gebuͤchst werden muß.
                           Je nach der Festigkeit des Gesteins muͤssen die Bohrer in 8 Stunden 1 bis 4
                              Mal ausgewechselt werden. Je weicher das Gebirge, desto mehr muß natuͤrlich
                              geloͤffelt werden. Gebuͤchst wird regelmaͤßig ein Mal
                              woͤchentlich.
                           Beim Einhaͤngen und Ausziehen des Seils ist zum Auf- und Abschrauben 1
                              Mann, am Rade aber sind 2 Arbeiter beschaͤftigt. Beim Bohren selbst sind, da
                              sich das Seil beim Anziehen immer so viel dreht, daß der z Bohrer keine Fuͤchse stehen laͤßt, alle 3 am
                              Schwengel.
                           Die Mannschaft wurde alle 8 Stunden gewechselt; in jeder Schichte waren ein Obmann
                              mit 40 kr. und zwei gemeine Arbeiter mit je 30 kr. Schichtlohn. Zur Aufmunterung des
                              Fleißes wurde ihnen von 100 zu 100 Schuh, wenn sie auf eine bestimmte Zeit ihre
                              Aufgabe erfuͤllten, Praͤmien ertheilt.
                           So einfach der beschriebene Bohrapparat und die Manipulation ist, so muͤssen
                              doch die Schwierigkeiten nicht uͤbersehen werden, welche das Bohren am Seile
                              im Gefolge hat. Sehr groß sind diese, wenn viel Gestein nachrollt. Kommt dieß
                              Nachrollen nur hie und da vor, so laͤßt sich dieser Uebelstand durch Geduld
                              und Vorsicht leicht uͤberwinden. Fuͤllt ein Stein nach, so wird der
                              Bohrer eingeklemmt; laͤßt sich durch Ruͤtteln der Stein nicht
                              entfernen, so darf keine Gewalt gebraucht werden, wodurch
                              das Seil zerreißen koͤnnte, sondern dasselbe muß vom Wellbaume abgenommen, im
                              Bohrloche schraff angezogen, das Gestaͤngseil aufgelegt und neben dem Seile
                              ein duͤnnes Bohrgestaͤnge eingehaͤngt werden, an dem unten ein
                              einfacher Haken Fig.
                                 9 (a von Unten, b
                              von der Seite) angeschraubt ist. Das Gestaͤng wird bis zum Wirbel unter dem
                              Seile eingelassen, dieses gepakt, das Gestaͤng angefesselt, und der Bohrer
                              sammt dem Seile herausgezogen. Dieser Fall kam sechs Mal vor.
                           Weil das Bohrloch nur 3 Zoll weit war, so litt ungeachtet des Einbindens mit Draht
                              das Seil am Wirbel Roth; deßhalb brach es auch zwei Mal an demselben, ohne daß die
                              Arbeit jedoch aufgehalten wurde, da mit dem oben beschriebenen Haken der Wirbel bald
                              gefaßt und somit das Gestaͤnge ausgezogen werden konnte.
                           Faͤllt ein Bruch vor, so wird zuerst mit einem hohlen mit Letten
                              angefuͤllten Cylinder, Lettenbuͤchse genannt, ein Abdruk von dem Bruche genommen und dann
                              je nach den Umstaͤnden ein Fanginstrument angewendet.
                           Mehrmals schraubten sich Stangen los, welche mit der FangbuͤchseAbgebildet in der Schrift: „Ueber artesische Brunnen von Bruckmann“ Tab. IV. Fig. 8,
                                    9,
                                    10. ausgebracht wurden.
                           Zwei Mal brach auch der Wirbel entzwei; ein Mal konnte er mit der Fangbuͤchse
                              gepakt werden, das andere Mal wurde er in die Lettenbuͤchse eingestaucht.
                           Wenn nicht zu viel Gestein nachrollt, so ist das Seilbohren mit weniger Gefahr als
                              das Bohren am Gestaͤnge verknuͤpft. Sehr erleichtert wird das Fangen,
                              wenn das Bohrloch 1/2 Zoll weiter, also auf 3 1/2 Zoll gebohrt wird. Bei
                              Schwenningen lasse ich gegenwaͤrtig eines von dieser Dimension
                              niederschlagen, und glaube, daß wenn hier noch so viel nachrollt, dieß die Arbeit
                              nicht wesentlich stoͤren werde.
                           Da die Rammkeule, mit der in China gebohrt wird, das ganze Bohrloch ausfuͤllt,
                              so kann sie, wenn der Ring zerbricht, an welchem sie haͤngt, nicht mit
                              Fanginstrumenten gepakt werden. Imbert sagt, daß man dann
                              5 bis 6 Monate brauche, um sie mit anderen Rammkeulen zu zermalmen.
                           Von der Schattenseite, von den Gefahren, welchen das Seilbohren unterworfen ist,
                              welche es aber vollkommen mit dem Bohren am Gestaͤnge gemein hat, komme ich
                              auf die Glanzseite, auf den Effect desselben.
                           Um diesen richtig beurtheilen zu koͤnnen, muß bemerkt werden, daß die ersten
                              250 Schuh beim Bohrloche Nr. 6 in Wilhelmshall bei Rottenmuͤnster, mit
                              anderen weniger zwekmaͤßigen Vorrichtungen abgebohrt wurden, und daß bis zu
                              dieser Tiefe mit dem boͤsen Willen der Arbeiter zu kaͤmpfen war;
                              deßhalb wurde sie auch erst in 645 Schichten oder in 215 Tagen erreicht,
                              waͤhrend man in dem 80 Schuh entfernten Bohrloche Nr. 5 zu derselben Tiefe in
                              412 Schichten oder 137 1/3 Tagen mit dem Gestaͤnge gelangte. Einen ganz
                              anderen Gang nahm die Arbeit nach Erreichung der ersten 250 Schuh.
                           Von dieser Tiefe an wurden gebohrt:
                           
                              
                                 In den unteren Schichten des Kalksteins
                                    von Friedrichshall, welche sich gegen untenbleichen, sehr fest
                                    sind, und nur selten einzelne Mergelschichten fuͤhren bis
                                 288
                                 Schuh
                                 
                              
                                 in gelben festen Kalkmergeln
                                 328
                                    –
                                 
                              
                                 Thon mit sehr festen Gypslagen und festen
                                    Kalksteinschichten
                                 388
                                    –
                                 
                              
                                 Thongyps
                                 433
                                 Schuh
                                 
                              
                                 in sehr festem Anhydrit
                                 452
                                    –
                                 
                              
                                 Salzthon
                                 476
                                    –
                                 
                              
                                 Steinsalz
                                 502 1/2
                                    –
                                 
                              
                           Diese 252 1/2 Schuh wurden erreicht:
                           
                              
                                 
                                 bei
                                 Nr. 6 mit dem Seile
                                 
                                 
                                 bei
                                 Nr. 5 mit dem Gestaͤnge
                                 
                              
                                 und zwar
                                 die
                                   6ten
                                 50 Schuh
                                 in
                                 87 Schichten
                                 
                                   89 Schichten
                                 
                              
                                 
                                 –
                                   7t.
                                 50    –
                                 –
                                 71      
                                    –
                                 
                                 102      –
                                 
                              
                                 
                                 –
                                   8t.
                                 50    –
                                 –
                                 68      
                                    –
                                 
                                 121      –
                                 
                              
                                 
                                 –
                                   9t.
                                 50    –
                                 –
                                 99      
                                    –
                                 
                                 161      –
                                 
                              
                                 
                                 –
                                 10t.
                                 50    –
                                 –
                                 91      
                                    –
                                 
                                   95      –
                                 
                              
                           zusammen bei Nr. 6 in 416 Schichten oder 138 3/5 Tagen.
                           Bei Nr. 5 in 568 Schichten oder 189 1/3 Tagen; folglich wurden taͤglich im
                              Durchschnitte und zwar bei gleicher Weite des Bohrloches und gleichem Gesteine
                              gebohrt
                           
                              
                                 bei
                                 Nr. 6
                                 1,80 Schuh
                                 
                              
                                  –
                                 Nr. 5
                                 1,32    –
                                 
                              
                           Die 10ten 50 Schuh sind deßhalb im Verhaͤltnisse langsamer niedergeschlagen
                              worden, weit der Salzthon sich sehr anhaͤngte und hier ein groͤßeres
                              Gewicht des Gestaͤnges vortheilhaft gewesen waͤre.
                           Nun haben gekostet
                              
                           
                              
                                         bei Nr. 6
                                    mit dem Seile:
                                 
                                 Nr. 5 mit dem Gestaͤnge:
                                 
                              
                                 Das Abtaͤufen und Verbauen des
                                    Schachtes
                                 
                                 
                                 
                              
                                     bei Nr.
                                    6
                                   131 fl. 30 kr.
                                 
                                 
                              
                                     bei Nr.
                                    5
                                   189 fl. 38 kr.
                                 
                                 
                              
                                 Dieser Unterschied ist zufaͤllig,
                                    ich nehme     daher die Kosten fuͤr
                                    beide Bohrloͤcher    gleich an,
                                    zu
                                   131 fl. 30 kr.
                                   131 fl. 30 kr.
                                 
                              
                                 Das Bohren auf 502 1/2 Schuh 1885 fl. 35
                                    kr.
                                 2663 fl. 50 kr.
                                 
                                 
                              
                                 Die Praͤmien 122 fl. –
                                    –
                                   295 fl. –Die Praͤmien fuͤr Nr. 6
                                          sind, da nur 3 Mann in einer Schicht waren, waͤhrend es beim
                                          Bohren am Gestaͤnge bei 500 Schuh 10 Mann seyn
                                          muͤssen, fuͤr 1 Mann groͤßer als bei Nr.
                                          5.
                                 
                                 
                              
                                 Zimmerarbeiten (Reparaturen)
                                     36 fl. 40 kr.
                                     33 fl. 25 kr.
                                 
                              
                                 Schmiedarbeit
                                     70 fl. 35 kr.
                                   138 fl. 23 kr.
                                 
                              
                                 Seile
                                   302 fl. 56 kr.
                                   134 fl. – –
                                 
                              
                                 Materialien
                                   338 fl. 38 kr.
                                   526 fl. 26 kr.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 2887 fl. 54 kr.
                                 
                                 
                              
                                 Nach Vollendung des Bohrloches war 1
                                    Seil    noch werth wenigstens
                                      80 fl.
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 Folglich die ganzen Kosten
                                 2807 fl. 54 kr.
                                 3922 fl. 34 kr.
                                 
                              
                                 Nr. 6 hat also weniger gekostet als Nr.
                                    5
                                 
                                 1114 fl. 40 kr.
                                 
                              
                           
                           Das Bohren am Seile kostete bis 250 Schuh Tiefe mehr als das am Gestaͤnge
                              – 270 fl. 45 kr. Waͤre von Anfang an das Bohren behandelt worden wie
                              zulezt, so ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß weiter gewonnen worden waͤren
                              – 550 fl.; Nr. 6 haͤtte daher nur gekostet – 2257 fl. 54 kr.
                              oder 1664 fl. 40 kr. oder etwa 3/7 weniger als Nr. 5.
                           Aus Vorstehendem ergibt sich, daß bis zu 80 Schuh Tiefe mit dem Gestaͤnge
                              gebohrt werden muß, und von da an erst das Bohren am Seile beginnen kann.
                           Da beim Bohren mit dem Gestaͤnge die Zahl der Arbeiter von 50 zu 50 Schuh
                              vermehrt werden muß, und je tiefer das Bohrloch wird, desto beschwerlicher und
                              langwieriger auch das Ausziehen des Gestaͤnges, desto staͤrker das
                              Anschlagen des lezteren und das Nachrollen von Gestein wird, waͤhrend beim
                              Bohren am Seile die Zahl der Arbeiter immer 3 bleibt, das Ausziehen nicht viel
                              langsamer geht und die Angriffsflaͤche des Gestaͤngs gegen die
                              Waͤnde des Bohrlochs nicht groͤßer wird, lezteres mag mehr oder
                              weniger tief seyn, das Nachrollen des Gesteins daher auch ungleich geringer ist, so
                              waͤchst natuͤrlich mit der Tiefe der Gewinn, welchen das Seilbohren
                              gewaͤhrt.
                           Auf die hier beschriebene Weise lassen sich Bohrloͤcher von allen Dimensionen
                              ansezen, nur muß im Verhaͤltniß zur Weite die Schwere des Gestaͤngs
                              und damit die Zahl der Arbeiter wachsen.
                           Soll ein vollendetes Bohrloch von etwa 500 Schuh Tiefe,
                              wie es bei den zur Soolenfoͤrderung benuzten geschieht, bis auf eine gewisse
                              Tiefe, etwa auf 200 Schuh erweitert werden, so ist zuerst
                              ein Abschluß des Bohrlochs auf etwa 220 Schuh Tiefe noͤthig, um den beim
                              Erweitern sich erzeugenden Bohrschlamm nicht aus der Tiefe von 500 Schuh
                              ausfoͤrdern zu muͤssen, sowie um beim Erweitern vorfallende
                              Bruͤche unschaͤdlich zu machen, oder bei artesischen Brunnen
                              vorliegende Quellen nicht zu verschuͤtten, wodurch lezteren nicht selten ein
                              anderer Abfluß gegeben wird. Im Jahre 1824 fing ich an diesen Abschluß mittelst
                              eines Keils zu versuchen und habe seitdem das Experiment, ohne den mindesten.
                              Anstand, 11 Mal wiederholen lassen.
                           Dieser Keil ist in Fig. 10 abgebildet. a ist ein
                              abgekuͤrzter Kegel von Tannenholz, welcher, wenn das Bohrloch 3 Zoll weit
                              ist, unten 2 1/2, oben 1 1/2 Zoll Durchmesser hat. Mittelst einer links
                              geschnittenen Holzschraube b wird dieser Keil mit dem
                              Bohrgestaͤnge b' verbunden; c, c, c, c ist der Durchschnitt eines hohlen Cylinders
                              ebenfalls von weichem Holze, welcher oben und unten mit schwachem Draht gebunden
                              wird, damit er nicht auseinander faͤllt. Dieser hohle Cylinder ist mit
                              Schnuͤren d, d, welche angenagelt sind, an den
                              Keil befestigt, so daß er nicht uͤber sich gehen kann. Ueber der Schnur ist
                              ein Stuͤk Sohlleder e, e angenagelt, das einen
                              starken Zoll mehr im Durchmesser als das Bohrloch hat.
                           Der Keil a wird zuerst langsam am Gestaͤnge
                              niedergelassen; der hohle Cylinder folgt ihm durch die Schnuͤre gezwungen und
                              das Leder rutscht aufgestuͤlpt nach. Ist nun die gewuͤnschte Tiefe
                              erreicht, so wird das Bohrgestaͤnge b' angezogen.
                              Beim Aufziehen sperrt das Leder, der Keil wird, da die Schnuͤre und die
                              zusammenhaltenden Drahte zerreißen, im Cylinder aufgezogen, und da derselbe mit
                              jenem mehr als 3 Zoll einnimmt, so wird das Bohrloch durch diesen Keil vollkommen
                              geschlossen. Da das Gestaͤnge ein rechtes Gewinde hat, so laͤßt sich
                              die Holzschraube leicht abschrauben. Ist das Bohrloch nachgeschlagen, so wird der
                              Keil zusammengebohrt, womit selten mehr als eine Schichte zugebracht wird.Mit demselben Keil wurde 1824 in Wilhelmshall bei Schwenningen eine
                                    uͤber 500 Schuh lange, 4000 Pfd. schwere messingene Pumpe, welche ins
                                    Bohrloch eingeschossen war, gluͤklich herausgebracht.
                              
                           Nach hergestelltem Verschluß beginnt die Erweiterung. Gesezt sie soll auf 5 Zoll
                              geschehen, so ist der in Fig. 11, 12, 13, 14, 15 abgebildete Bohrer zu
                              empfehlen. Er besteht aus einer eisernen Scheibe, die in Fig. 11
                              a, a von Unten und in Fig. 12
                              a, a von der Seite abgebildet ist; in sie sind die z Meißel b, b, b, b
                              eingesezt. Leztere wurden in Fig. 13 von Vorne und in
                              Fig. 11
                              bei b, b, b, b von Unten abgebildet, und zwar in
                              verschiedener Laͤnge, wie sie wegen des Buͤgels der Hauptstange d, d, Fig. 12 und 14, erfordert
                              werden; die Seitenansicht ist wie die des z Bohrers in
                              Fig. 1,
                              c. Diese Bohrer haben, wie aus Fig. 13 ersichtlich ist,
                              oben Gewinde, woruͤber die Huͤlsen c, c,
                                 c, Fig.
                                 12, geschraubt sind; leztere koͤnnen, damit sie sich nicht
                              losmachen, oben noch durch eine eiserne Scheibe gesperrt werden. Damit der Bohrer
                              das enge Loch nicht verlassen kann, befindet sich unten von starkem Blech der Zapfen
                              e, in Fig. 12 und 15
                              ersichtlich. Derselbe ist mittelst der Scheibe f, f mit
                              dem Bohrer verbunden und leztere, damit die Meißel hindurchgehen, wie die Scheibe
                              a, a, Fig. 11, durchlocht.
                           In Fig. 10 ist
                              der Schluͤssel abgebildet, womit die Bohrer angeschraubt werden.
                           Dieser Bohrer, dessen Bahnen, wenn sie auf einer Seite stumpf sind, gedreht werden
                              koͤnnen, wird wie ein anderer aus Gestaͤnge angeschraubt, und mit
                              lezterem so lange fortgearbeitet, bis die Last mit dem Bohrer 5 bis 6 Centner
                              betraͤgt; dann wird mit dem Seile gebohrt, und der oben beschriebene Proceß wiederholt sich
                              in allen seinen Theilen.
                           Ich habe die kurze Beschreibung meiner Erfahrungen uͤber das Seilbohren
                              hauptsaͤchtlich deßwegen mitgetheilt, um andere zu bestimmen, dieses
                              Verfahren nachzuahmen und weiter auszubilden. Sehr folgenreich koͤnnen solche
                              Bemuͤhungen werden. Das Seilbohren geht viel schneller als das Bohren am
                              Gestaͤnge von Statten, auch empfiehlt es sich durch bedeutend geringeren
                              Kostenaufwand und durch dasselbe wird daher die Anzahl der Bohrarbeiten vermehrt
                              werden. Wenn es wegen der Schwere des Gestaͤnges, wegen des großen
                              Zeitverlustes beim Aus- und Einhaͤngen desselben, wegen der sich immer
                              mehr haͤufenden Bruͤche beinahe unmoͤglich wird, tiefer zu
                              bohren, so hindert nichts, mit dem Seile doch noch in eine groͤßere Tiefe
                              vorzudringen; welchen Gewinn verspricht daher die allgemeinere Anwendung des
                              Seilbohrens fuͤr Naturkunde und Technik! –
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
