| Titel: | Ueber die Berechnung der dynamischen Wirkung des Wassers der Bohrbrunnen und über die Höhe, bei welcher dasselbe genommen werden muß, um seine Kraft vollständig zu benuzen; von Hrn. Violett. | 
| Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. LX., S. 286 | 
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                        LX.
                        Ueber die Berechnung der dynamischen Wirkung des
                           Wassers der Bohrbrunnen und uͤber die Hoͤhe, bei welcher dasselbe genommen
                           werden muß, um seine Kraft vollstaͤndig zu benuzen; von Hrn. Violett.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. April 1837, S. 121.
                        Violett, uͤber die Berechnung der dynamischen Wirkung des
                           Wassers der Bohrbrunnen.
                        
                     
                        
                           Die auffallenden Erfolge, welche man in Tours beim Bohren der artesischen Brunnen
                              erhielt, haben mit Recht die Aufmerksamkeit aller Personen erregt, die sich
                              fuͤr die Fortschritte der Kuͤnste und Wissenschaften interessiren. Da
                              ich mich als Ingenieur selbst mit der Anwendung der Triebkraft eines solchen
                              Bohrbrunnens beschaͤftigt habe, und bei mehreren Versuchen, welche an anderen
                              in Tours angestellt wurden, behuͤlflich war, so halte ich es fuͤr
                              nuͤzlich, das Resultat aller meiner Untersuchungen uͤber diesen
                              Gegenstand bekannt zu machen. Der erste Paragraph meines Aufsazes handelt von der
                              Beobachtung und Berechnung der Wassermenge, welche unsere Bohrbrunnen liefern; der
                              zweite enthaͤlt Bemerkungen uͤber ihre dynamische Wirkung und
                              uͤber die Hoͤhe, wobei das Wasser genommen werden muß, um seine Kraft
                              vollstaͤndig zu benuzen; der dritte Notizen uͤber die Anwendung,
                              welche man bisher von diesen Brunnen in der Touraine gemacht hat.
                           
                        
                           §. I. Ueber die Beobachtung und
                                 Berechnung der Wassermenge, welche unsere Bohrbrunnen liefern.
                           Da die ergiebigsten unserer artesischen Quellen bei ihrem Eroͤffnen eine große
                              Masse Sand auswarfen und das untere Ende einer jeden von ihnen folglich in eine
                              ungeheure Hoͤhle muͤndet, so glaubte ich zu einigen beachtenswerthen
                              Resultaten gelangen zu koͤnnen, wenn ich die gewoͤhnlichen Formeln der
                              Hydraulik auf sie anwenden wuͤrde. In der That lassen auch zwei dieser
                              Brunnen, von welchen ich zuerst sprechen werde, die Anwendung dieser Formeln sehr
                              wohl zu; andere hingegen zeigen auffallende Anomalien, und ich werde in der
                              Anmerkung VII zeigen,
                              daß leztere ihre Wasser bloß durch Einsikerungen erhalten, welche zur
                              vollstaͤndigen Speisung der Leitung unzureichend sind.
                           Ich habe mir also die zwei Brunnen, wovon ich zuerst sprach, als zwei Leitungen
                              gedacht, welche in einem freien Reservoir beginnen und darauf die Formeln (1) und
                              (2) angewandt, wegen deren ich auf die Anmerkung I
                              verweise, um den Text nicht durch algebraische Berechnungen zu unterbrechen.
                           Mit der Formel (1) berechnete ich zuerst die fingirte Drukhoͤhe H – h der Leitung, fuͤr den Brunnen des
                              Hrn. Champoiseau, indem ich zu
                              dieser Bestimmung die Messung der Wassermenge benuzte, welche zunaͤchst am
                              Boden vorgenommen wurde. Bei dem Brunnen der Cavalleriecaserne war der Werth von H – h durch einen schoͤnen Versuch
                              gegeben, wobei die HH. Degousee und Chaveau das Wasser durch Aufsazroͤhren so lange steigen
                              ließen, bis es die groͤßtmoͤgliche Hoͤhe erreicht hatte. In
                              lezterem Falle bestand also der ganze Apparat nicht nur aus der Bohrung, sondern
                              auch aus den unterirdischen Hoͤhlen, war also ein wahrer umgekehrter Heber,
                              und man konnte die Drukhoͤhe aus der Hoͤhe folgern, auf welcher das
                              Wasser stehen blieb.
                           Die Resultate dieser Berechnungen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt: ich
                              habe darin auch noch zwei andere merkwuͤrdige Brunnen aufgenommen,
                              uͤber welche man in den Anmerkungen IV und V die naͤheren Angaben
                              findet; da jedoch die Wassermenge, welche diese Brunnen liefern, nicht in
                              verschiedenen Hoͤhen ausgemittelt wurde, so war es mir unmoͤglich, auf
                              sie die anderen Formeln anzuwenden.
                           
                              
                                 
                                 
                                 Fingirte Drukhoͤhe     uͤber dem Spiegel
                                          der Loire, an der
                                         Bruͤke von Tours.
                                   Fingirte
                                       Drukhoͤhe
                                    uͤber dem Boden am Brunnen.
                                 
                              
                                 
                                 
                                             Meter.
                                               Meter.
                                 
                              
                                 Brunnen
                                 des Hrn. Champoiseau
                                             13,12
                                               10,34
                                 
                              
                                      –
                                 der Cavalerriecaserne
                                             27.20
                                               18,80
                                 
                              
                                      –
                                 des Hrn. Tessier
                                             23,83
                                               17,57
                                 
                              
                                      –
                                 –   Lecompte-Petit
                                             12,26
                                                 7,69
                                 
                              
                           Wie gesagt, wurde die Drukhoͤhe fuͤr den Brunnen der Cavalleriecaserne
                              beobachtet und fuͤr die anderen berechnet. Ich nenne die durch Berechnung
                              gefundene Drukhoͤhe die fingirte, weil ich sie
                              keineswegs als die wirkliche Drukhoͤhe betrachte. Auf die Wassermenge, welche
                              diese Brunnen liefern, sind natuͤrlich die Unregelmaͤßigkeiten der
                              Leitungen (besonders an den Stellen, wo man keine Roͤhren anbrachte) von
                              Einfluß; dazu kommt noch der Widerstand, welchen das Wasser uͤberwinden muß,
                              um in die Zwischenraͤume des Terrains zu dringen; ferner der unterirdische
                              Verlust, wenn ein solcher Statt findet; endlich die Zuruͤkdraͤngung
                              weniger tiefer Quellen, welche dem Druk ausgesezt sind, den das aufsteigende Wasser
                              an der Stelle erleidet, wo es mit ihnen zusammentrifft und die daher
                              zuruͤkgestoßen werden und diesem aufsteigenden Wasser einen Abfluß darbieten
                              muͤssen, der einen Theil davon absorbirt.
                           Wegen dieser Umstaͤnde laͤßt sich nie mit Sicherheit die wirkliche
                              Drukhoͤhe berechnen, sondern bloß die fingirte, naͤmlich diejenige,
                              welche bei einem gewoͤhnlichen Leitungssystem das von dem Brunnen gelieferte
                              Wasservolum geben wuͤrde. Um wie viel ist nun diese fingirte Drukhoͤhe
                              unter der wirklichen? Dieß waͤre ohne Zweifel sehr schwer zu bestimmen;
                              bedenkt man aber, daß von vier sehr ergiebigen Brunnen nur einer, derjenige der
                              Cavalleriecaserne, sein Wasser 27,20 Met. uͤber den Spiegel der Loire treibt,
                              und daß bei der Methode, wie der Versuch angestellt wurde, ein Irrthum durch
                              unzureichendes Einsikern in die Seitenwaͤnde der Hoͤhle nicht
                              moͤglich war, so kann man meiner Meinung nach wohl folgern, daß die wirkliche
                              Drukhoͤhe nicht sehr betraͤchtlich und der Ursprung unserer
                              Bohrbrunnen vielleicht nicht so tief ist, als man anfangs glaubte. Die Loire hat
                              beilaͤufig 1,71 Met. Gefaͤlle per
                              Myriameter; da der Grund ihres Bettes und die Ebenen, durch welche sie zieht, mit
                              der Oberflaͤche ihres Wassers ziemlich parallel sind, so duͤrfte man
                              sich also nur 16 bis 17 Myriameter gegen Osten entfernen, um den Grund der
                              Fluͤsse eben so hoch zu finden, als der Punkt ist, auf welchen das Wasser in
                              der Cavalleriecaserne stieg. Ich will mich nun aber nicht weiter mit Hypothesen
                              befassen, sondern zu den Thatsachen uͤbergehen.
                           In welchem Verhaͤltniß auch immer die wirkliche Drukhoͤhe zur fingirten
                              stehen mag, so ist es doch nuͤzlich, leztere zu beruͤksichtigen, was
                              folgende Tabellen beweisen, worin die beobachtete Wassermenge und diejenige
                              angegeben ist, welche die Berechnung in der Voraussezung, daß die fingirte
                              Drukhoͤhe die wirkliche sey, ergibt. Beide stimmen so nahe mit einander
                              uͤberein, daß wenn man die Wassermenge eines Bohrbrunnens bei einer gewissen
                              Hoͤhe kennt und vorausgesezt werden kann, daß dieser Brunner in einem freien
                              Reservoir anfaͤngt (s. Anmerkung VIII.), sich mit ziemlicher Sicherheit die
                              Wassermenge berechnen laͤßt, welche er bei einer anderen Hoͤhe liefern
                              wird.
                           
                           Brunnen des Hrn. Champoiseau.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 289
                              Hoͤhe, wo die Wassermenge
                                 gemessen wurde. Diese Hoͤhe ist vom Boden an gerechnet, d.h. 4,78 Met.
                                 uͤber dem Spiegel der Loire; Wassermenge in der Secunde; Beobachtete;
                                 Berechnete; Bemerkungen; Liter.1) Liter 2). 1) Diente zur Berechnung der
                                 Drukhoͤhe H–h; 2) Maximum d.
                                 dynamischen Wirkung
                              
                           Brunnen der Cavalleriecaserne.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 289
                              Hoͤhe, wo man die
                                 Wassermenge maaß. Diese Hoͤhe ist vom Boden angefangen gerechnet, welcher
                                 sich 8,4 Met. uͤber dem Spiegel der Loire befindet; Wassermenge in der
                                 Secunde; Beobachtete; Berechnete
                              
                           In lezterer Tabelle ist die beobachtete Wassermenge geringer als die berechnete, und
                              dieß muß auch so seyn; denn der Bohrbrunnen hat an seinem unteren Ende auf eine
                              Laͤnge von 38,82 Met. nur 0,90 Met. Durchmesser; waͤhrend ich, um die
                              Rechnung zu vereinfachen, diesen Durchmesser als durchaus gleich groß und zu 0,105
                              Met. angenommen habe. Es ist also wirklich die Messung bei 1,80 Met. vom Boden
                              anormal, was vollends dadurch bewiesen wird, daß wenn man nach dieser Messung die
                              fingirte Drukhoͤhe berechnet, leztere sich zu 19,19 Met. ergibt,
                              waͤhrend der Versuch nur 18,80 Met. fuͤr die wirkliche
                              Drukhoͤhe ergab, welche groͤßer seyn muß. Es ist schon zu lange, seit
                              diese Versuche angestellt wurden, als daß die Ursache dieser
                              Unregelmaͤßigkeit noch ermittelt werden koͤnnte.
                           Ich wollte aͤhnliche vergleichende Tabellen auch fuͤr andere
                              Bohrbrunnen anfertigen; aber die beiden angefuͤhrten sind, wie bereits
                              bemerkt wurde, die einzigen, deren Wassermenge bei verschiedenen Hoͤhen
                              gemessen wurde.
                           
                        
                           §. II. Dynamische Wirkung unserer
                                 bedeutendsten Bohrbrunnen.
                           Ich will die Kraft von dreien unserer Bohrbrunnen angeben, welche zum Treiben von
                              Wasserraͤdern benuzt worden sind. In der Secunde:
                           
                              
                                 Brunnen
                                 des Hrn.
                                 Champoiseau,
                                 im Maximum
                                 108
                                 Kil.
                                 oder
                                 1,41
                                 theor. Pferdekr.
                                 
                              
                                     –
                                     –
                                 
                                    Tessier
                                    
                                           –
                                   64,4
                                 –
                                   –
                                 0,85
                                         –
                                 
                              
                                     –
                                     –
                                 
                                    Lecompte-Petit
                                    
                                           –
                                 157,2
                                 –
                                   –
                                 2,09
                                         –
                                 
                              
                           
                           Die erste dieser Fabriken erhielt mit einem weniger ergiebigen Brunnen
                              verhaͤltnismaͤßig mehr Kraft als die beiden anderen, weil man die dem
                              Maximum entsprechende Hoͤhe ermittelte.
                           Bei der Berechnung, deren Resultat so eben mitgetheilt wurde, sprach ich nur von der
                              theoretischen Kraft, weil der Nuzeffect bekanntlich von der Construction der
                              Wasserraͤder, so wie von der Art der Fortpflanzung der Bewegung
                              abhaͤngt.
                           Auf Anrathen des Hrn. Sagey
                              habe ich auch die Analysis zur Bestimmung der Hoͤhe benuzt, welche man das
                              Wasser erreichen lassen muß, um die groͤßte Wirkung zu erhalten. Ich konnte
                              jedoch die Resultate der Theorie mit denjenigen der Beobachtung bloß bei der Fabrik
                              des Hrn. Champoiseau
                              vergleichen, weil die Wassermenge bei keinem anderen unserer Bohrbrunnen in so
                              vielen Hoͤhen l gemessen wurde, als es zu dieser
                              Untersuchung erforderlich ist.
                           Die Formel (2), welche zu dieser Bestimmung angewandt wurde (s. Anmerk. VI.), ergab,
                              daß das Maximum der Wirkung nach der Theorie bei 6,82 Met. uͤber dem Boden
                              Statt finden sollte; wir haͤtten auch, wenn nicht ein kleiner Fehler beim
                              Messen begangen worden waͤre, sehr wahrscheinlich beilaͤufig 6,50 Met.
                              erhalten. Man kann also nach den Resultaten der Berechnung auch in diesem Falle
                              diejenigen der Beobachtung voraussehen; und obgleich ich Niemand rathen
                              moͤchte, sich bei einer Frage, worauf so viele Umstaͤnde Einfluß haben
                              koͤnnen, mit bloßen Berechnungen zu begnuͤgen, so ergibt sich doch,
                              daß die Resultate ziemlich dieselben sind, als wenn die fingirte Drukhoͤhe
                              die wirkliche waͤre, so daß man nach den Berechnungen die Versuche leiten und
                              sie auch da, wo sie unmoͤglich sind, auf eine genuͤgende Weise
                              ergaͤnzen kann, vorausgesezt jedoch, daß sich der Bohrbrunnen als mit einem
                              freien Reservoir communicirend betrachten laͤßt.
                           
                        
                           §. III. Anwendung der Bohrbrunnen
                                 in der Touraine.
                           Die vortheilhafteste Anwendung, welche man bisher von den Bohrbrunnen in der Touraine
                              gemacht hat, ist diese, daß die Stadt Tours dadurch gegenwaͤrtig mit reinem
                              Wasser, woran es ihr bisher fehlte, sehr reichlich versehen wird. Hr. Champoiseau trieb mit einem solchen
                              Brunnen zuerst ein Wasserrad zum Abhaspeln der Cocons. Die beiden anderen Werke
                              benuzen die Kraft ihrer Bohrbrunnen zum Mahlen von Getreide; das eine kann etwas
                              uͤber einen Viertelhectoliter und das andere beinahe einen Hectoliter Korn
                              stuͤndlich mahlen; zur Erzielung dieses Resultates ist es sogar
                              noͤthig, alle Kraft einzig und allein auf die Muͤhle zu verwenden. Der
                              Graf von Richemont
                              laͤßt gegenwaͤrtig einen Brunnen zum Bewaͤssern von 25 bis 30 Hektaren Wiesen
                              bohren, und einen anderen, um Wasser mittelst eines Wasserrades auf sein Schloß
                              Cangé zu heben.
                           
                        
                           Zusammenstellung der
                                 Resultate.
                           1) Der Calcul laͤßt sich sehr nuͤzlich auf die Erscheinungen anwenden,
                              welche gewisse Bohrbrunnen darbieten; und wenn man in den Formeln anstatt der
                              wirklichen Drukhoͤhe die Groͤße substituirt, welche wir fingirte
                              Drukhoͤhe genannt haben, so stimmen die beobachteten Resultate sehr gut mit
                              den berechneten uͤberein.
                           2) Die wirkliche Drukhoͤhe unserer Brunnen ist wahrscheinlich picht sehr
                              betraͤchtlich, und es waͤre zu wuͤnschen, daß man genau
                              wuͤßte, bis auf welche Hoͤhe das Wasser der Bohrbrunnen an jedem Orte
                              steigen kann; denn die Eigenthuͤmer hoch liegender Landstriche wurden daraus
                              den mehr oder weniger wahrscheinlichen Erfolg einer Bohrung ermessen
                              koͤnnen.
                           3) Es ist vortheilhaft, den Bohrbrunnen eine große Oeffnung zu geben, denn wenn die
                              filtrirenden Seitenwaͤnde der Hoͤhle, worin sie anfangen, reichlich
                              Wasser liefern, befolgt ihre Ergiebigkeit so ziemlich die Geseze der Leitungen, und
                              nimmt also wie die Potenz 5/2 des Durchmessers zu. Aber auch selbst in dem Falle, wo
                              nicht so viel Wasser durch die Seitenwaͤnde filtriren wuͤrde, als aus
                              den Roͤhren laufen kann, waͤre es nuͤzlich, einen großen
                              Durchmesser zu geben, denn die fingirte Drukhoͤhe wird dann geringer und
                              folglich der Punkt, welcher dem Maximum der dynamischen Wirkung entspricht, tiefer,
                              weßwegen man die Wasserraͤder kleiner machen und wohlfeiler herstellen
                              kann.
                           4) Um einen großen Verlust an Kraft zu vermeiden, ist es noͤthig den Punkt
                              auszumitteln, wo man das Wasser auslaufen lassen muß, damit es auf die
                              Wasserraͤder das Maximum von Wirkung hervorbringt.
                           Es waͤre sehr zu wuͤnschen, das durch zahlreiche und planmaͤßige
                              Versuche das ergaͤnzt wuͤrde, was wir nun uͤber die Bohrbrunnen
                              wissen; da aber Privatunternehmungen sich den Unterbrechungen und Kosten, welche
                              eine Reihe von genauen Untersuchungen erheischt, nicht wohl unterziehen
                              koͤnnen, so sollte sie die Regierung bei den Bohrbrunnen vorschreiben, welche
                              sie selbst unternimmt.
                           
                        
                           
                           Anmerkungen.
                           Anmerkung I.
                           Formel der Wassermenge.
                           Da die Geschwindigkeit des Wassers bei den besprochenen Bohrbrunnen groß genug ist,
                              so werden wir uns der sehr einfachen Formel bedienen, welche d'Aubuisson de Voisins in seinem Traité de
                                 l'Hydraulique S. 175.Handbuch der Hydraulik von J. F. d'Aubuisson de
                                       Voisins. Deutsch bearbeitet von G. Th. Fischer (Leipzig 1835) S. 173.A. d. R. anfuͤhrt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 292
                              
                           der Coefficient derselben muß jedoch um ein Drittel vermindert
                              werden, wie es dieser Schriftsteller empfiehlt und alle Ingenieure zu thun pflegen,
                              welche Wasserleitungen errichten; diese Verminderung ist in dem Falle, welcher uns
                              beschaͤftigt, um so noͤthiger, weil unsere Bohrbrunnen nur in einem
                              verhaͤltnißmaͤßig kleinen Theile ihrer Laͤnge mit
                              Roͤhren ausgefuͤttert sind und die uͤbrige Leitung also viele
                              Ungleichheiten darbieten muß; wir erhalten folglich:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 292
                              
                           Nun haben wir bezeichnet mit
                           H, die Entfernung zwischen dem Boden und dem Niveau der
                              fingirten Drukhoͤhe;
                           h, die Niveaudifferenz zwischen dem Boden und der Ausflußoͤffnung des
                              Brunnens;
                           L, die Laͤnge der Leitung unter dem Boden;
                           Q, das Wasservolum in Kubikmetern;
                           D, den Durchmesser in Metern.
                           H – h ist also die in
                              d'Aubuisson's Formel mit
                              H bezeichnete Drukhoͤhe.
                           L + h ist die ganze, in
                              derselben Formel mit L, bezeichnete Laͤnge der
                              Leitung.
                           h' ist die Differenz zwischen der wirklichen und
                              fingirten Drukhoͤhe, d.h. die Drukhoͤhe, welche durch den Widerstand
                              der Hoͤhlungen, die das Wasser zum Bohrbrunnen fuͤhren, verloren
                              geht.
                           Wenn man also die noͤthigen Substitutionen macht, erhaͤlt man
                              endlich:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 292
                              
                           Bekanntlich geben aber diese Formeln keine ganz genauen Resultate.
                           Formel zur Ermittelung der
                                 Wasserhoͤhe (uͤber dem Boden), welche
                                 dem Maximum der dynamischen Wirkung entspricht.
                           Wir wollen mit Δ theoretische dynamische Wirkung,
                              in Kilogramen ausgedruͤkt, bezeichen, so ist
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 292
                              
                           
                           Wenn man nun differenzirt und reducirt, erhaͤlt man
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 293
                              
                           und wenn man diesen Differentialcoefficienten gleich O sezt, und die Zeichen aͤndert
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 293
                              
                           Da nun der negative Werth der Wurzel von keinem Nuzen ist, sondern bloß der Gleichung
                              genuͤgt, so ergibt sich
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 293
                              
                           Anmerkung II.
                           Ueber den Bohrbrunnen des Hrn. Champoiseau
                                 in Tours.
                           Dieser Brunnen gießt sein Wasser auf ein Zellenrad von 6 Meter Durchmesser, und
                              treibt so verschiedene Maschinen zum Abhaspeln der Seide.
                           Der innere Durchmesser der Roͤhren ist 0,140 Met.: derselbe bleibt sich durch
                              die ganze Leitung, wovon 106,33 Met. nicht mit Roͤhren versehen sind, gleich.
                              Der Boden des Brunnens befindet sich 131 Met. unter dem Spiegel der Loire. Die erste
                              aufsteigende Quelle liefert 10 Liter in der Minute, und befindet sich 106 Met. unter
                              diesem Spiegel.
                           Das untere Ende des Wasserrades, welches wir dem Boden gleich gestellt betrachten,
                              ist 4,78 Met. uͤber dem Spiegel der Loire, und wir haben als fingirte
                              Drukhoͤhe uͤber diesem Boden 10,34 Met. gefunden. Man erhaͤlt
                              also fuͤr diesen Brunnen:
                           L = 131 + 4,78 = 135,78. H = 10,34 Met. D = 0,140
                           Anmerkung III.
                           Ueber den Bohrbrunnen der Cavalleriecaserne
                                 in Tours.
                           Dieser Brunnen hat 120,10 Met. Tiefe unter dem Spiegel der Loire; der ihn umgebende
                              Boden ist 8,40 Met. uͤber diesem Spiegel: 100,25 Met. sind nicht mit
                              Roͤhren gefuͤttert. Der Durchmesser betraͤgt 0,105 Met. auf
                              eine Laͤnge von 91,28 Met.; fuͤr die uͤbrige Bohrung aber nur
                              0,09 Met.
                           Um die Berechnung zu vereinfachen, habe ich D = 0,105 in
                              die Formel gebracht und die Verengerung des Durchmessers, welche doch nur beim
                              vierten Theile der ganzen Laͤnge Statt findet, vernachlaͤssigt.
                           Die fingirte Drukhoͤhe ergab sich beim Versuche zu 18,80 uͤber dem
                              Loden; man hat also:
                           H = 18,80    L = 128,50    D = 0,105
                           Anmerkung IV.
                           Ueber den Bohrbrunnen des Hrn. Tessier in
                                 Tours.
                           Dieser Brunnen hat 125,30 Met. Tiefe unter dem Spiegel der Loire; der Boden ist 3,93
                              Met. uͤber diesem Spiegel: 99,40 Met. sind nicht mit Roͤhren
                              gefuͤttert; sein innerer Durchmesser ist 0,117 Met.
                           
                           Die fingirte Drukhoͤhe ergab sich durch den Calcul zu 19,90 Met. uͤber
                              dem Boden, oder 23,83 uͤber dem Spiegel der Loire. Dieser Brunnen befindet
                              sich nur 80 Met. weit von dem des Hrn. Champoiseau, dessen fingirte Bruthitze bloß 15,12 Met. uͤber
                              dem Spiegel ist. Die bei Hrn. Champoiseau angestellten Messungen lieferten vollkommen dieselben
                              Resultate, man mochte das Wasser bei Hrn. Tessier am Boden oder 6 Met. uͤber demselben auslaufen
                              lassen; dieß scheint zu beweisen, daß diese Brunnen nicht merklich communiciren. Man
                              hat also:
                           H = 19,90    L = 129,23    D = 0,117
                           Anmerkung V.
                           Ueber den Bohrbrunnen des Hrn.
                                 Lecompte-Petit in Villeaux-Dames.
                           Derselbe befindet sich eine Meile von Tours und ist der ergiebigste im Departement.
                              Sein Grund ist 111,87 Met. unter dem Spiegel der Loire; der Boden ist 4,57 Met.
                              uͤber diesem Spiegel: 101,44 Met. sind nicht mit Roͤhren
                              gefuͤttert. Der innere Durchmesser ist 0,195 Met.
                           Die fingirte Drukhoͤhe wurde bloß durch Berechnung zu 7,69 Met. uͤber
                              dem Boden gefunden.
                           Man hat also:
                           H = 7,69    L = 116,4    D = 0,195
                           Anmerkung VI.
                           Versuche ergaben als theoretische dynamische Wirkung, bei Hrn. Champoiseau,
                              fuͤr
                           
                              
                                 h = 5,26
                                    Δ =   98 Kilogr.
                                 
                                 
                              
                                 h = 6,03
                                    Δ = 108
                                 (Maximum).
                                 
                              
                                 h = 6,79
                                    Δ = 101
                                 
                                 
                              
                                 h = 7,57
                                    Δ =   98
                                 
                                 
                              
                                 h = 8,34
                                    Δ =   94
                                 
                                 
                              
                           Nun ist die Zunahme und Abnahme groͤßer in der Naͤhe des Maximums, als
                              wenn man sich davon entfernt. Es findet also eine Anomalie Statt, und gewiß wurde
                              beim Messen der Wassermenge dadurch ein kleiner Fehler begangen, daß man die
                              gleichfoͤrmige Herstellung der Speisung nicht hinreichend abwartete. Ich
                              glaube, daß ohne dieses Versehen der dem Maximum zukommende Werth von h beilaͤufig 6,5 Met. gewesen waͤre; dieß
                              zeigt eine Curve, deren Abscissen die Werthe von h und
                              deren Ordinaten die von Δ sind,
                              augenscheinlich.
                           Anmerkung VII.
                           Der Verlust an der Drukhoͤhe, welche erforderlich ist, um das Wasser in die
                              unterirdischen Leitungen laufen zu machen und den Bohrbrunnen zuzufuͤhren,
                              kann in vielen Fallen viel weniger betraͤchtlich seyn, als man anfangs
                              glauben moͤchte. Angenommen, das Wasser komme dem Brunnen durch einen Canal
                              zu, welcher ziemlich frei ist und keine zu großen Unregelmaͤßigkeiten
                              darbietet, und man nennt
                           H diesen Verlust an Drukhoͤhe,
                           L die Laͤnge des unterirdischen Flusses,
                           C seinen mittleren Anfang,
                           S seinen mittleren Durchschnitt,
                           U die Geschwindigkeit des Wassers,
                           
                           und man mache
                           
                              
                                 L =
                                 200000
                                 Meter
                                 (20 Myriameter),
                                 
                              
                                 
                                    C =
                                    
                                 200
                                 –
                                 wegen der Hindernisse, Unregelmaͤßigkeiten
                                    etc.
                                 
                              
                                 S =
                                 10
                                 –
                                 
                                 
                              
                           so wird die Geschwindigkeit, welche noͤthig ist, um
                              einen Brunnen zu speisen, der 20 Liter in der Secunde liefert, seyn
                           v = 0,002.
                           Substituirt man diese Zahlen in der Formel
                           H – v²/2g = 0,0003425 CL/S (v³ + 0,0055v)
                           so ergibt sich H = 0,156 Met.
                           Ohne Zweifel sollte man auch die Drukhoͤhe beruͤksichtigen, welche
                              noͤthig ist, um die kleinen Stoͤße und Zusammenziehungen, welche das
                              Wasser erleiden muß, zu besiegen; diese laͤßt sich aber aus Mangel an Daten
                              unmoͤglich berechnen: da die Geschwindigkeit so gering ist, so wird dieser
                              Verlust immer unbedeutend seyn, wenn anders der Canal so ziemlich frei ist. Der so
                              eben gefundene Werth ist auch, wenn man ihn verdoppelt oder Verdreifacht, noch immer
                              eine sehr unbedeutende Groͤße.
                           Uebrigens kann von dieser Graͤnze angefangen H
                              fast ins Unendliche zunehmen, in dem Maaße, als der Durchschnitt kleiner wird und
                              dagegen der Umfang, die Laͤnge und Geschwindigkeit groͤßer werden,
                              besonders wenn die Passagen durch Sand oder Erde gehemmt sind.
                           Mit den vorhergehenden Zahlen und einer zehnfach groͤßeren Geschwindigkeit (=
                              0,02 Met.) haͤtte man:
                           H = 2,055 Met.
                           Diese Groͤße ist noch sehr unbedeutend. Bei dieser Geschwindigkeit
                              wuͤrde das Wasser die 20 Myriameter in weniger als vier Monaten durchlaufen.
                              Nun haben wir aber gezeigt, daß in einer Entfernung von 16 bis 17 Myriametern der
                              Grund der Fluͤsse eben so hoch liegt, als der hoͤchste Punkt ist,
                              welchen das Wasser der Bohrbrunnen erreicht.
                           Anmerkung VIII.
                           Bei unserer Anwendung des Calculs auf die artesischen Brunnen vernachlaͤssigen
                              wir den Verlust h' an der zum Herbeileiten des Wassers
                              noͤthigen Hoͤhe, indem wir ihn als eine constante, aus dem Gesammtdruk
                              ableitbare Groͤße betrachten. Wenn diese Bedingung nicht erfuͤllt ist,
                              ist auch die von uns aufgestellte Theorie nicht anwendbar, wie wir nun zeigen
                              wollen.
                           Es sey wie vorher h' der Verlust an der Drukhoͤhe,
                              welche noͤthig ist, um das Wasser dem Bohrbrunnen zuzufuͤhren;
                           h, die Hoͤhe uͤber dem Boden;
                           H, die fingirte Drukhoͤhe; so wird
                           H – h die Differenz
                              oder die Drukhoͤhe seyn, welche das Auslaufen des Wassers hervorbringt
                              und
                           L + h die Laͤnge der
                              Leitung.
                           Auf h' lassen sich aber die numerischen Coefficienten
                              fuͤr die regelmaͤßigen Leitungen nicht anwenden, sondern ihr Werth
                              wird eine Function der Veraͤnderlichen seyn, welche in diesen Formeln
                              vorkommen, so wie von einigen anderen Groͤßen, welche dem Verlust an
                              lebendiger Kraft, den Zusammenziehungen etc. entsprechen. Wir sezen also:
                           h = φ (C, C' C''...
                              L', L'' L'''... S, S'
                                 S''... V, V' V''... A,
                                 B, C... etc.).
                           
                           In dieser Formel sind naͤmlich C, C', C'' die
                              Umfaͤnge, L', L'', L''' die Laͤngen, S, S', S'' die Durchschnitte und V, V' V'' die Geschwindigkeiten fuͤr jeden Theil der unterirdischen
                              Canaͤle. A, B, C...etc. sind die anderen
                              Groͤßen, wovon die Rede war.
                           Da sich H – h auf die
                              regelmaͤßige Roͤhre des Brunnens bezieht, so ergibt es sich aus der
                              oben gefundenen Gleichung
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 296
                              
                           h ist willkuͤrlich.
                           Nun ist der Gesammtdruk H + h' = h + (H
                              – h) + h', oder nach
                              der Substitution der Werthe, welche wir fuͤr diese Groͤßen gefunden
                              haben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 296
                              
                           Hienach wird h' so ziemlich constant seyn, wenn sich die
                              Bohrung in einen unterirdischen Fluß muͤndet, dessen Wasservolum so groß ist,
                              daß der Ausfluß des Bohrbrunnens seine Speisung nicht merklich aͤndert: in
                              diesem Falle werden naͤmlich die Geschwindigkeiten, so wie die Verluste an
                              lebendiger Kraft etc. constant bleiben. Da die Groͤßen C, C', C''... L', L'', L'''... S, S', S''... ihrer Natur nach unveraͤnderlich
                              sind, so kann man in dem ersten Glied der Gleichung h'
                              und im zweiten seinen Werth weglassen, ohne Veraͤnderliche zu beseitigen, und
                              man kommt dann wieder auf die Gleichungen
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 296
                              
                           deren wir uns bedient haben.
                           Da alsdann h' eine constante Groͤße ist, so wird
                              die fingirte Drukhoͤhe H es ebenfalls seyn, und
                              alle Schluͤsse, die wir aus den in dieser Abhandlung angegebenen Berechnungen
                              gezogen haben, werden anwendbar: dieß ist der Fall bei dem Brunnen des Hrn.
                              Champoiseau, und beweist
                              wieder, daß sich unter der Stadt Tours ein unterirdischer Fluß befindet.
                           Befindet sich hingegen der Bohrbrunnen in einiger Entfernung von den Verzweigungen
                              eines solchen Flusses mitten zwischen den Stein- und Kieshaufen, welche seine
                              Inseln ausmachen, so werden die Geschwindigkeiten V, V'
                                 V'' des durch dieses Filter gegen den artesischen Brunnen getriebenen
                              Wassers veraͤnderliche Groͤßen und Functionen von Q: man darf also h' oder
                              seinen Werth aus der allgemeinen Gleichung der Drukhoͤhe (welche
                              uͤberdieß unnuͤz wird, weil sie nun mehrere ganz unbekannte
                              Groͤßen enthaͤlt) nicht mehr verschwinden lassen.
                           Unsere Berechnungen lassen sich somit nur in dem Falle auf einen Bohrbrunnen
                              anwenden, wenn man sich uͤberzeugt hat, daß er die vorgeschriebene Bedingung
                              erfuͤllt, d.h. nachdem man die Wassermenge, welche er liefert, an zwei von
                              einander entfernten Punkten gemessen, die fingirte Drukhoͤhe, welche der bei
                              jeder dieser Messungen beobachteten Wassermenge entspricht, berechnet und sich
                              uͤberzeugt hat, daß die zwei Werthe dieser Drukhoͤhe ziemlich gleich
                              sind. Dieß ist z.B. bei dem Brunnen des Hrn. Champoiseau ganz der Fall; so hat man
                              fuͤr die bei 5,26 Met. uͤber dem Boden vorgenommene Messung
                           Q = 0,0188 Met.
                                 L + h = 141,04    D =
                              0,140,
                           und man findet als fingirte Drukhoͤhe uͤber dem
                              Boden H = 10,34 Met.
                           Fuͤr die bei 8,34 Met. uͤber dem Boden vorgenommene Messung hat man
                           Q = 0,0113    L + h = 144,12    D = 0,140
                           und man findet als fingirte Drukhoͤhe uͤber dem
                              Boden H = 10,21 Met.
                           Diese zwei Werthe sind ziemlich gleich; die Resultate der Beobachtung stimmen auch
                              mit den berechneten sehr genau uͤberein.
                           Ich habe in die vorhergehenden Formeln die scheinbare Drukhoͤheverminderung
                              durch unterirdische Verluste nicht eingefuͤhrt; denn wenn der Brunnen tief
                              mit Roͤhren gefuͤttert ist, kann die Oeffnung einige Meter mehr oder
                              weniger hoch seyn, ohne daß deßwegen der Verlust und folglich die scheinbare
                              Drukhoͤheverminderung keine bestaͤndigen Groͤßen mehr
                              waͤren.
                           Anmerkung IX.
                           Unter den Bohrbrunnen in Tours, welche seit laͤngerer Zeit vollendet sind,
                              liefern einige nur mehr den fuͤnften oder vierten Theil der
                              anfaͤnglichen Wassermenge; bloß bei einem hat sie nur wenig abgenommen. Diese
                              Verminderungen ruͤhren ohne Zweifel daher, daß man sich begnuͤgte,
                              bloß einen kleinen Theil der Bohrung mit Roͤhren auszufuͤttern. So
                              compact auch das Erdreich unter den Roͤhren seyn mag, so trifft das Wasser
                              darin doch noch immer Rizen an, welche es nach und nach erweitert und durch die es
                              dann zum Theil verloren geht. Es ist also unumgaͤnglich noͤthig, die
                              Roͤhren bis zur ersten aufsteigenden Quelle fortzufuͤhren und ihnen
                              eine solide Basis zu geben.
                           Vortrefflich ist die von Hrn. Degoussée ausgefuͤhrte Roͤhrenfuͤtterung
                              am Bohrbrunnen des Schlachthauses in Tours. Man nahm dazu Kupferblech von 0,003 Met.
                              Dike und durchbohrte den gruͤnen Sandstein, unter welchem sich die erste
                              aufsteigende Quelle befindet, erst, nachdem die Roͤhren vollkommen versichert
                              waren. Die Bohrung hat 0,220 Met. Durchmesser, waͤhrend er bei der Leitung
                              innen nur 0,140 betraͤgt; der leere Raum wurde mit gutem Steinmoͤrtel
                              ausgefuͤllt, und man brachte davon beilaͤufig drei Mal so viel hinein,
                              als nach der Berechnung erforderlich gewesen waͤre, so daß also offenbar
                              Hoͤhlungen und Spalten vorhanden waren, welche der Steinmoͤrtel
                              ausfuͤllte.
                           Vor dem Einwerfen des Steinmoͤrtels stellte man einen sehr
                              merkwuͤrdigen Versuch an; die Roͤhre wurde mit Wasser gefuͤllt,
                              und man wußte also, wie viel von dieser Fluͤssigkeit noͤthig war, um
                              das Niveau bestaͤndig auf derselben Hoͤhe zu erhalten: der
                              aͤußere Theil der Roͤhre erlitt folglich den Druk des Wassers der
                              gewoͤhnlichen Brunnen. Die Differenz der zwei Pressionen, welche nur einige
                              Meter betrug, diente zur Berechnung des Durchschnittes der Fuge, durch welche die
                              Quantitaͤt Wasser ausfloß, die man von Zeit zu Zeit wieder
                              nachschuͤttete. Dieser Durchschnitt ergab sich zu 3000 Quadratmetern, wurde
                              aber durch den Moͤrtel vollkommen verstopft. Dieß
                              bewies auch folgender entscheidender Versuch: Man leerte die Roͤhre mittelst
                              eines einfachen cylindrischen Loͤffels oder Eimers, der hoͤchstens 6 Liter
                              faßte, bis auf ungefaͤhr 90 Meter Tiefe; eine kleine Oeffnung haͤtte
                              nun, wenn sie vorhanden gewesen waͤre, gewiß die unterirdischen Wasser,
                              welche die gewoͤhnlichen Brunnen speisen, durchdringen lassen, und
                              muͤßte also fuͤr das Ausschoͤpfen ein unuͤbersteigliches
                              Hinderniß gewesen seyn. Man kann folglich die Roͤhrenfuͤtterung als
                              vollkommen dicht betrachten, und ich zweifle nicht, daß genaue Messungen, die man
                              von Zeit zu Zeit anstellt, den Beweis liefern werden, daß die Bohrbrunnen bei
                              entsprechender Fuͤtterung immer fort gleich viel Wasser geben.
                           Bei diesem Brunnen hat man auch noch einen anderen sehr merkwuͤrdigen Versuch
                              angestellt: nachdem er naͤmlich ausgeschoͤpft war, ließ man eine Fakel
                              hinab, welche bis auf 90 Meter unter dem Boden lebhaft brannte, ein Beweis, daß die
                              Roͤhrenleitung vollkommen senkrecht ist. Das Licht verschwand erst, als es
                              das Wasser erreichte, nachdem es allmaͤhlich durch seine große Entfernung
                              oder vielmehr durch die bei der Verbrennung gebildete Kohlensaͤure blasser
                              geworden war. Man hat also bisher mit Unrecht vollkommen gerade und senkrechte
                              Bohrungen fuͤr unmoͤglich gehalten.