| Titel: | Ueber die Heizung und Ventilirung von Gebäuden. Von Dr. Andrew Ure, F. R. S. etc. | 
| Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. LXXXII., S. 415 | 
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                        LXXXII.
                        Ueber die Heizung und Ventilirung von
                           Gebaͤuden. Von Dr. Andrew Ure, F. R. S. etc.
                        Im Auszuge aus einem vor der Royal
                                 Society gehaltenen Vortrage; auch im Mechanics' Magazine, No. 713
                              u.s.f.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Ure, uͤber die Heizung und Ventilirung von
                           Gebaͤuden.
                        
                     
                        
                           Die Heizung und Ventilirung der Gebaͤude, die von so unendlichem Einflusse auf
                              die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Bewohner ist, zog erst in neuerer Zeit die
                              verdiente Aufmerksamkeit auf sich. Nicht nur die Commission, welche das Parlament
                              mit Untersuchung der Umstaͤnde, unter denen die Fabrikarbeiter leben,
                              beauftragte, richtete ihr Augenmerk hierauf; sondern eine eigene Commission hatte
                              uͤber die beste Heiz- und Ventilirmethode fuͤr die neuen
                              Parlamentsgebaͤude zu berichten. Ich selbst widmete mich diesem Gegenstande
                              mit allem Eifer, besonders nachdem ich von den Direktoren einer
                              Lebensversicherungs-Anstalt uͤber die haͤufige und beinahe
                              allgemeine Kraͤnklichkeit jener Beamten befragt wurde, die (gegen 200 an der
                              Zahl) in der sogenannten langen Halle (Long Room) der
                              Mauth in London beschaͤftigt sind. Die Resultate meiner hieruͤber
                              angestellten Beobachtungen sind es, welche ich der Gesellschaft vorzulegen die Ehre
                              habe.
                           Das Unwohlseyn der erwaͤhnten Beamten aͤußert sich durch ziemlich
                              gleiche Erscheinungen: naͤmlich durch Eingenommenheit des Kopfes mit
                              zeitweiser Aufgetriebenheit des Gesichtes, durch Klopfen an den Schlaͤfen und
                              Schwindel, zu dem sich nicht selten eine sehr unangenehme Verwirrung der Gedanken
                              gesellt; durch Kaͤlte und Schwache in den Extremitaͤten; durch einen
                              mehr schwachen, frequenten und mehr irritablen Puls, als er der
                              Koͤrperconstitution der einzelnen Individuen nach seyn sollte. Alle diese
                              Erscheinungen deuten auf Andrang von Blut nach dem Kopfe, der auch nicht selten bei aller
                              Maͤßigkeit einen solchen Grad erreicht, daß Aderlaͤsse noͤthig
                              werden.
                           Die Aehnlichkeit dieser Beschwerden an Personen von verschiedenem Alter und
                              verschiedenem Temperamente deuten zu sehr auf Gleichheit der Ursachen, als daß ich
                              nicht hierauf haͤtte eingehen muͤssen.
                           Die Temperatur der langen Halle betrug an den drei Tagen, Flaͤchen denen ich
                              meine Beobachtungen anstellte, bestaͤndig zwischen 62 und 64° F.,
                              obschon die Temperatur der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft
                              Flaͤchen dieser Zeit zwischen 50 und 35° F. wechselte; jene in dem
                              Gemache des untersuchenden Beamten hatte zufaͤllig um einige Grade weniger,
                              naͤmlich 60° F. Die heiße Luft, welche aus zwei cylindrischen
                              Roͤhren in die lange Halle einstroͤmte, hatte an dem einen Tage 90, an
                              dem anderen dagegen 110° F.; sie ward jedoch vor ihrem Eintritte in die Halle
                              durch einen Strom kalter Luft verduͤnnt. Jene heiße Luft hingegen, die in das
                              Gemach des Untersuchungsbeamten gelangte, stroͤmte nicht unaͤhnlich
                              dem gluͤhenden Simson der Wuͤsten mit einer Temperatur von vollen
                              170° F. ein, und hatte in einem hohen Grade den unangenehmen Geruch, den die
                              Luft durch rothgluͤhendes Eisen jederzeit mitgetheilt erhaͤlt.
                           Die Luft in beiden Raͤumen zeichnete sich durch Trokenheit und unangenehmen
                              Geruch aus; in der langen Halle zeigte sie an Daniell's
                              Hygrometer 70 Proc. Trokenheit, waͤhrend die aͤußere
                              atmosphaͤrische Luft ganz mit Feuchtigkeit gesaͤttigt war. In dem
                              Hofraume hinter der Mauth, wo die Temperatur der Luft 35° hatte, sezte sich
                              bei einer Temperaturerniedrigung von 3° Thau auf die schwarze Kugel des
                              Hygrometers ab; in der langen Halle hingegen war hiezu eine Temperaturerniedrigung
                              von 34° noͤthig. Luft von diesem Grade der Trokenheit wird in 24
                              Stunden 0,44 Zoll des Wasserstandes in einer Cisterne verstuͤchtigen, und muß
                              nothwendig auch auf die Hautausduͤnstung einen maͤchtigen Einfluß
                              uͤben.
                           Da das Gußeisen immer mehr oder weniger Kohlenstoff, Schwefel, Phosphor, und auch
                              Spuren von Arsenik enthaͤlt, so ist es moͤglich, daß der Geruch der
                              Luft, welche uͤber das gluͤhende Eisen stroͤmte, nicht bloß von
                              der Verbrennung der in dieser schwebenden Theilchen, sondern auch von der Aufnahme
                              einiger jener Stoffe herruͤhrt, da dieselben schon in aͤußerst
                              geringer Quantitaͤt auf die Geruchsnerven und auch nachtheilig auf die Lungen
                              wirken. Ich brachte zur Probe ein mit salpetersaurer Silberaufloͤsung
                              getraͤnktes weißes Papier an das Ventil, und bemerkte eine Faͤrbung
                              desselben wie von schwefeligen Dampfen; dagegen ward Papier, welches mit
                              Schwefelwasserstoff-Wasser befeuchtet worden war, nicht im Geringsten
                              gefaͤrbt. Erstere
                              Faͤrbung mag uͤbrigens wohl auch von den Myriaden animalischer und
                              thierischer Theilchen, welche bestaͤndig in der Luft schweben,
                              herruͤhren. Die Luft, welche der beruͤchtigte Simson uͤber die
                              brennenden Wuͤsten Afrikas und Arabiens her treibt, zeichnet sich durch große
                              Hize, Trokenheit und einen hohen Grad von Elektricitaͤt aus. Da nun trokener,
                              aller Vegetation entbloͤßter Sand ihr nicht wohl schaͤdliche Gase oder
                              Daͤmpfe mittheilen kann, so ruͤhren die schaͤdlichen Folgen
                              dieses Windes wahrscheinlich von den eben erwaͤhnten Eigenschaften der von
                              ihm herbeigefuͤhrten Luft her. Aehnliche Eigenschaften, jedoch in geringerem
                              Grade, besizt nun aber auch die Luft, die der Heizapparat in dem
                              Mauthgebaͤude liefert. Der Apparat besteht naͤmlich aus mehreren
                              umgekehrten, hohlen, gußeisernen Pyramiden mir laͤnglicher Basis, deren
                              Dimensionen jedoch nicht bedeutend sind, damit sie auch bei kalter Witterung mit
                              maͤßiger Heizung Genuͤge leisten. Diese Pyramiden, welche man Gloken
                              zu nennen pflegt, werden von Innen mit Kohksfeuer beinahe bis zum Gluͤhen
                              erhizt, waͤhrend auf deren aͤußere Oberflaͤche durch zahlreiche
                              Canaͤle aus Eisenblech kalte Luft stroͤmt. Daß die Luft hiebei in
                              bedeutendem Grade elektrisch wird, ergibt sich nicht nur daraus, daß sie ein
                              Gefuͤhl wie von Spinnweben um den Kopf erzeugt, sondern ich
                              uͤberzeugte mich hievon auch mittelst eines
                              Goldblaͤttchen-Elektrometers, der durch die Divergenz merkliche
                              negative Elektricitaͤt beurkundete. Die Wirkung einer mit
                              Elektricitaͤt uͤberladenen Luft in Hinsicht auf die Erzeugung von
                              Kopfweh u. dergl. ist bekannt; und doch ist der uͤble Geruch der Luft und
                              deren Gierde nach Feuchtigkeit allein schon hinreichend, um die im Eingange
                              erwaͤhnten krankhaften Erscheinungen hervorzubringen.
                           Die Wirkung einer kuͤnstlich getrokneten Luft auf den thierischen Organismus
                              ist ungefaͤhr folgende. Der lebende Koͤrper duͤnstet
                              bestaͤndig aus, und der Betrag dieser Ausduͤnstung belaͤuft
                              sich an einem Erwachsenen unter gewoͤhnlichen Umstaͤnden im
                              Durchschnitte auf 20 Unzen in 24 Stunden. In einer sehr trokenen Luft wild diese
                              Ausduͤnstung nothwendig erhoͤht, und die Folge davon ist, wie bei
                              jedes Verduͤnstung die Erzeugung von Kaͤlte, die sich am
                              auffallendsten an den Extremitaͤten, als an den vom Herzen am weitesten
                              entfernten Theilen, zeigen wird. Das Gehirn, welches durch den Schaͤdel vor
                              dieser Verduͤnstung geschuͤzt ist, wird dagegen eine
                              verhaͤltnißmaͤßig hohe Temperatur behalten, und daher mit jenen
                              Fluͤssigkeiten uͤberladen werden, die durch die Kaͤlte und die
                              daraus entspringende Contraction der Blutgefaͤße aus den Extremitaͤten
                              zuruͤkgetrieben werden, so daß also nothwendig die angegebenen Erscheinungen
                              von Blutandrang nach dem Kopfe eintreten muͤssen.
                           
                           Nach sorgfaͤltiger Erwaͤgung all dieser Umstaͤnde bin ich der
                              Ueberzeugung, daß die laͤngere Einwirkung derselben auf den menschlichen
                              Organismus nothwendig nachtheilige Folgen fuͤr die Gesundheit haben
                              muͤsse; und daß die Directoren ganz richtig vermutheten, daß es
                              hauptsaͤchlich die Heizmethode ist, welche die Gesundheit und die Lebensdauer
                              der an der Mauthhalle in London Angestellten so sehr beeintraͤchtigt.
                           Um die Luft in den Gebaͤuden, in welchen die darin Verwendeten ihr
                              Geschaͤft sizend vollbringen, auf einen angenehmen und zutraͤglichen
                              Grad zu erwaͤrmen, duͤrfte es am geeignetsten seyn. Dampf von
                              beilaͤufig 212° F. in gußeisernen Roͤhren laͤngs des
                              Bodens und in der Naͤhe der Arbeitstische oder Schreibpulte hin zu leiten. In
                              dem unteren Theile der Scheidewaͤnde der Tische oder Pulte waͤre eine
                              entsprechende Reihe kleiner Oeffnungen, durch welche die warme Luft freien Zutritt
                              zu den Beinen der Arbeitenden bekaͤme, anzubringen; und diese Oeffnungen
                              waͤren mir Schiebern zu versehen, damit jedes einzelne Individuum den Grad
                              der Waͤrme nach seinem Behagen und seiner Koͤrperconstitution
                              reguliren koͤnnte. Zugleich waͤren hoch oben in den Gemaͤchern
                              selbstthaͤtige Registerventile, die die verdorbene Luft entweichen ließen und
                              eine gehoͤrige Ventilirung bedingten, herzustellen.
                           Ich wuͤßte nicht leicht eine Methode, die sowohl in oͤkonomischer als
                              in wissenschaftlicher Hinsicht verkehrter waͤre, als jene, nach der man die
                              lange Halle in London heizt. Hier wird naͤmlich die heiße Luft in deren Mitte
                              durch zwei weite senkrechte Tunnels eingefuͤhrt; sie steigt also von der
                              Eintrittsstelle aus rasch an die Deke empor, und kann folglich den unten in der
                              Halle Sizenden nur dadurch Waͤrme mittheilen, daß sie mit den
                              Ausduͤnstungen der Menschen verunreinigt wieder von der Deke herab
                              zuruͤkgeworfen wird. Dagegen ist es die große Aufgabe und Princip der
                              Ventilirung, daß nie dieselbe Luft ein zweites Mal an die Oberhaut und an die Lungen
                              geraͤth, sondern daß leztere bei jedem Athemzuge mit einer frischen
                              Quantitaͤt einer Luft versehen wird, welche sowohl in thermometrischer als in
                              hygrometrischer Hinsicht guͤnstige Verhaͤltnisse bietet. Eine derlei
                              Luft soll bestaͤndig an dem Boden der Gemaͤcher oder in deren
                              Naͤhe durch unzaͤhlige kleine Oeffnungen eindringen, und nachdem sie
                              uͤber den menschlichen Koͤrper hingestroͤmt ist, nie mehr an
                              diesen zuruͤkkehren, sondern durch eine entsprechende Anzahl kleiner, in der
                              Deke angebrachter Oeffnungen wieder entweichen. Leztere Oeffnungen muͤssen
                              jedoch so klein seyn, daß sie keine Gegenstroͤmung kalter Luft bedingen
                              koͤnnen. Bei einer solchen ununterbrochenen Circulation der Luft wird nicht
                              nur die Gesundheit erhaͤlten werden, sondern es wird sich wahrscheinlich der vierte
                              Theil jenes Brennmateriales ersparen lassen, welches gegenwaͤrtig
                              hauptsaͤchlich auf Verderbniß der Luft verwendet wird.
                           Es ist wirklich zu verwundern, daß in dem neueren Berichte der Parlamentscommission
                              der in den Fabriken gebraͤuchlichen Heiz- und Ventilirmethoden auch
                              mit keiner Sylbe erwaͤhnt ist, obschon diese, als das Resultat zahlreicher,
                              im Großen unter Beruͤksichtigung der Wissenschaften und mit Beihuͤlfe
                              der tuͤchtigsten Ingenieurs angestellten Versuche wirklich die besten Muster
                              abgeben. Die Heizung geschieht hier mittelst horizontaler Reihen gußeiserner
                              Dampfroͤhren, welche so angebracht sind, daß fuͤr die aus dem Wechsel
                              der Temperatur folgende Ausdehnung und Zusammenziehung hinreichender Spielraum
                              gestattet ist; daß fuͤr eine gleichmaͤßige Vertheilung des Dampfes von
                              niederem Druke gesorgt ist; und daß das verdichtete Wasser leicht abfließen kann. Es
                              unterliegt kaum irgend einem Zweifel, daß dieß das einzige System ist, wonach in
                              einem oder mehreren Vorzimmern mit Sicherheit und fuͤr geringe Kosten eine
                              Masse warmer Luft angehaͤuft werden kann, die sich dann in beiden
                              Haͤusern und in den Commissionszimmern verbreiten ließe. Nur uͤber die
                              Erneuerung der Luft, d.h. uͤber die Ventilirung, kann noch eine Frage seyn;
                              und auch in dieser Hinsicht muͤssen die Ingenieurs der großen Hauptstadt
                              jenen Manchesters und einiger anderer Manufacturdistricte nachstehen.
                           Es wurden verschiedene Vorschlaͤge zur Ventilirung des alten Hauses der Lords
                              gemacht. Wenigstens zwei derselben empfaͤhlen die Errichtung eines Ofens in
                              einem uͤber diesem Haufe befindlichen Gemache, und die Speisung dieses Ofens
                              mit der verdorbenen, an der Deke des Hauses angesammelten Luft. Die Ventilirkraft
                              eines derlei Apparates wuͤrde mit der Quantitaͤt des verbrauchten
                              Brennmateriales und der Raschheit der Verbrennung im Verhaͤltnisse stehen,
                              welche beide ihrerseits wieder von der Hoͤhe des Schornsteines
                              abhaͤngen. Bekanntlich zeigte sich jedoch dieses System gerade da, wo man
                              seiner Thaͤtigkeit am meisten bedurfte, naͤmlich bei
                              uͤberfuͤlltem Hause ganz ungenuͤgend.
                           Es scheint, daß die Quantitaͤt Luft, welche der Zug eines Schornsteines
                              innerhalb einer bestimmten Zeit gibt, bisher noch nicht zum Gegenstande genaue
                              Versuche gemacht wurde. Wenn ein bestimmtes Volumen Luft von dem Gefrier- bis
                              zum Siedepunkte des Wassers erhizt wird, so dehnt es sich auf 1 1/3 Volumen aus; die
                              Kroft, mit der sie in diesem Falle emporzusteigen trachtet, wird also der Differenz
                              zwischen dem Gewichte des Volumens kalter Luft, dessen Raum sie einnimmt, und ihrem
                              eigenen Gewichte gleichkommen: d.h. es handelt sich in dem hier gegebenen Falle um die Differenz
                              zwischen 1 3/8 und 1 oder zwischen 11 und 8.
                           Gesezt, es handle sich um einen Schornstein von 50 Yards Hoͤhe, der von Unten
                              bestaͤndig mit Luft von 212° gespeist wird, Flaͤchen die
                              aͤußere atmosphaͤrische Luft eine Temperatur von 32° F. hat, so
                              wird die Kraft, mit der die Luft aufsteigt, offenbar der Differenz zwischen zwei
                              Luftsaͤulen von 50 Yards Hoͤhe, von denen sich die eine auf dem
                              Siede- und die andere auf dem Gefrierpunkte des Wassers befindet,
                              entsprechen. Diese columnare Gewichtsdifferenz ist die einzige Ursache der Bewegung;
                              auch ist theoretisch und praktisch erwiesen, daß die durch diese Differenz bedingte
                              Ausstroͤmungsgeschwindigkeit, welche in gegenwaͤrtigem Falle 18 3/4
                              Yards betraͤgt, jener Geschwindigkeit gleichkommt, die ein fester
                              Koͤrper erreicht, wenn er frei von eben dieser Hoͤhe
                              herabfaͤllt. Da nun ein Koͤrper, welcher 56 1/4 Fuß hoch
                              herabfaͤllt, in einer Secunde 60 Fuß durchfallen wuͤrde, so gibt
                              leztere Zahl die gesuchte Ausstroͤmungsgeschwindigkeit. Von dieser Zahl muß
                              jedoch etwas Weniges abgezogen werden, weil die verbrannte Luft in den Schornsteinen
                              eine etwas groͤßere Dichtheit hat, indem an die Stelle eines Theiles ihres
                              Sauerstoffes Kohlensaͤure trat. Die Dichtheit der aus den Schornsteinen
                              austretenden Luft verhaͤlt sich zur Dichtheit von atmosphaͤrischer
                              Luft von gleicher Temperatur, wie 104 zu 100. In der Praxis kann man bei
                              Berechnungen annehmen, als waͤre die Luft in beiden Fallen chemisch gleich,
                              und dann das Resultat am Ende mit 0,97 multipliciren. Hienach wuͤrden sich
                              obige 60 Fuß auf 58,2 Fuß reduciren.
                           Diese aus der Theorie abgeleiteten Resultate erleiden jedoch in der Praxis bei
                              verschiedener Laͤnge und Gestalt der Schornsteine durch Reibung,
                              Abkuͤhlung etc. bedeutende Abweichungen. An den hohen schmiedeisernen
                              Schornsteinen, z.B. wie man sie an den Dampfbooten hat, ist die Abkuͤhlung
                              sehr bedeutend, so daß hier eine weit groͤßere Abnahme der Geschwindigkeit
                              erwaͤchst, als an gut gemauerten Schornsteinen. Aus einer Begleichung der
                              Zahlen, die sich aus den an Schornsteinen von verschiedenen Materialien und
                              verschiedenen Formen angestellten Versuchen ergaben, hat man den Schluß gezogen, daß
                              die Beeintraͤchtigung des Luftzuges oder der Abzug, den man von der
                              theoretischen Ausstroͤmungsgeschwindigkeit zu machen hat, mit der Lange der
                              Schornsteine und mit dem Quadrate der Geschwindigkeit in geradem, mit deren
                              Durchmesser hingegen in umgekehrtem Verhaͤltnisse steht. An einer
                              gewoͤhnlichen schmiedeisernen, auf einen mit Holzkohle geheizten Ofen
                              gesezten Roͤhre von 4 bis 5 Zoll im Durchmesser ist die Differenz zwischen
                              der nach obiger theoretischer Regel berechneten Geschwindigkeit, und jener, die sich
                              mit einer guten Uhr
                              beobachten laͤßt, wenn man etwas Weniges in Terpenthinoͤhl gerauchtes
                              Werg rasch in das Feuer wirft und den aufsteigenden Rauch erwartet, sehr bedeutend.
                              An einem Schornsteine von 45) Fuß Hoͤhe, und bei einer Temperatur der Luft
                              von 63° F. war die Geschwindigkeit:
                           
                              
                                 bei dem Versuche
                                 1 der Theorie nach 26,4 Fuß, dem Versuche nach 5
                                    Fuß,   die mittlere Temperatur des Schornsteines
                                    190° F.
                                 
                              
                                      –            –
                                 2 der Theorie nach 29,4 Fuß, dem Versuche nach 5,76
                                    Fuß,   die mittlere Temperatur des Schornsteines
                                    214° F.
                                 
                              
                                      –            –
                                 3 der Theorie nach 34,5 Fuß, dem Versuche nach 6,3
                                    Fuß,   die mittlere Temperatur des Schornsteines
                                    270° F.
                                 
                              
                           Um die Berechnung mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen, muͤssen noch
                              verschiedene Umstaͤnde mit in unsere Formel auf, genommen werden. Erstlich
                              ist die theoretische Geschwindigkeit mit einem Factor zu multipliciren, der
                              verschieden ist, je nachdem der Schornstein aus Baksteinen, thoͤnernen
                              Roͤhren, Eisenblech oder Gußeisen besteht. Dieser Factor ist mit der
                              Quadratwurzel des Durchmessers des Schornsteines (diesen als rund angenommen),
                              getheilt durch dessen Laͤnge plus seinem
                              vierfachen Durchmesser zu multipliciren. So ergibt sich z.B. fuͤr
                              Schornsteine aus Toͤpferwaare der Ausdruk
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 64, S. 420
                              
                           wobei D den Durchmesser und L
                              die Laͤnge des Schornsteines bezeichnet.
                           Ein Schornstein aus Toͤpferwaare von 33 Fuß Hoͤhe auf 7 Zoll im
                              Durchmesser hatte, wenn seine mittlere Temperatur die Temperatur der
                              atmosphaͤrischen Luft um 205° F. uͤberstieg, einen Druk heißer
                              Luft, welcher 11,7 Fuß gleichkam und eine Geschwindigkeit von 7,2 Fuß in der
                              Secunde. Fuͤhrt man die Berechnung nach der eben gegebenen Formel, so ergibt
                              sich beinahe dieselbe Zahl. Bei keinem Versuche betrug die Geschwindigkeit
                              uͤber 12 Fuß in der Secunde, wenn der Temperaturunterschied mehr dann
                              410° F. ausmachte.
                           Fuͤr jede verschiedene Form von Schornstein muß der Factor durch eine eigene
                              Reihe von Versuchen bestimmt werden. Ersparen ließe sich diese muͤhselige
                              Arbeit jedoch durch gehoͤrige Benuzung eines empfindlichen
                              Differential-Barometers, wie z.B. das von Wollaston eines ist. Wenn man naͤmlich in den einen Schenkel dieses
                              Differentials Barometers Wasser, in den anderen dagegen feines Wallrathoͤhl
                              gießt, so hat man zwei Fluͤssigkeiten, die sich in Hinsicht auf Dichtheit zu
                              einander verhalten, wie 7 zu 8. Wendet man Weingeist von 0,918 sp. G. anstatt Wasser
                              an, so ergibt sich beinahe ein Verhaͤltnis von 20 zu 19. Ich habe sowohl mit
                              dem einen als mit dem anderen Versuche uͤber den Zug der Oefen angestellt,
                              und gefanden, daß der
                              Wasser- und Oehlheber hinreichende Empfindlichkeit besizt; obschon zur
                              Ermittelung des schwaͤcheren Zuges gewoͤhnlicher Feuerstellen
                              Weingeist und Oehl als barometrische Fluͤssigkeiten den Vorzug verdienen.
                           Ich fand es fuͤr noͤthig, an der seitlichen Roͤhre des von Wollaston beschriebenen Instrumentes einen Sperrhahn
                              anzubringen, um die Wirkung des Schornsteines auf dasselbe aufzuheben,
                              waͤhrend der Heber in einer solchen Stellung fixirt wird, daß die Linie, in
                              der das Wasser und das Oehl an einander graͤnzen, dem Null der Scala
                              entspricht. Da schon eine leichte Abweichung der Heberschenkel von der senkrechten
                              Linie betraͤchtliche Abweichungen in der Niveaulinie veranlaßt, so muß dieser
                              Adjustirung dadurch gehoͤrige Staͤtigkeit gegeben werden, daß man die
                              horizontale Roͤhre in einem runden, in den Schornstein oder durch das
                              Ofenthuͤrchen gebohrten loche fixirt. Wenn man, nachdem dieß geschehen ist,
                              den Sperrhahn sachte dreht, so wird die dem Zuge im Schornsteine entsprechende
                              Differenz im Druke der Luft sogleich durch das Emporsteigen der Verbindungslinie
                              beider im Heber enthaltenen Fluͤssigkeiten angedeutet werden. Bei dieser
                              Einrichtung des Apparates kann man jeden Versuch leicht wiederholen und
                              rectificiren; denn da die seitliche Roͤhre des Barometers nur in den
                              Sperrhahn gestekt ist, ohne luftdicht damit verbunden zu seyn, so wird die Luft,
                              wenn man den Zug langsam absperrt, wieder in den Heber eindringen, so daß die
                              Verbindungslinie in einigen Minuten wieder auf das Null der Scala
                              zuruͤkkehren wird.
                           Ich will von den vielen Versuchen, die ich mit diesem Instrumente vornahm, nur bei
                              ein Paaren verweilen, die ich theils in einigen Brauereien, theils in der
                              Maschinenwerkstaͤtte des Hrn. Braithwaite anstellte, und bei denen mir Capitaͤn Ericson beistand. Bei den Versuchen in den Brauereien
                              ward das Ende des am Differential-Barometer angebrachten Sperrhahnes mir Hanf
                              umwikelt, und in dem Gukloche des Ofenthuͤrchens eines Wuͤrzekessels,
                              welches mit zwei aufrechten parallelen Schornsteinen von 18 Zoll im Quadrate und 50
                              Fuß Hoͤhe communicirte, befestigt. Das Feuer brannte mit mittlerer
                              Intensitaͤt. Nach hergestellter Adjustirung des Niveau's wurde der Sperrhahn
                              geoͤffnet, wo dann die Verbindungslinie von Oehl und Nasser bis 1 1/4 Linie
                              stieg, was 1,25/8 = 0,156 eines Zolles Wasser oder einer Luftsaͤule von 10,7
                              Fuß Hoͤhe entspricht. Diese Differenz im Druke deutet eine Geschwindigkeit
                              von 26 Fuß in der Secunde an. Bei einer zweiten Reihe von Versuchen ward das Ende
                              des Sperrhahnes in ein Loch eingesenkt, welches durch den Schornstein einer Boulton- und Watt'schen Dampfmaschine
                              von 20 Pferdekraͤften gebohrt worden war. Der Schornstein hatte im Niveau des
                              Bohrloches genau 18 Quadratzoll Flaͤchenraum, und stieg 50 F. hoch
                              uͤber das Loch empor; das Feuer auf dem Roste befand sich gegen 10 Fuß unter
                              diesem Loche. Beim Oeffnen des Sperrhahnes stieg die Verbindungslinie um 2 1/4 Zoll.
                              Diese Versuche wurden an verschiedenen Tagen wiederholt, wobei das Feuer mit
                              mittlerer Intensitaͤt brannte, und stuͤndlich per Pferdekraft 12 Pfd. der besten Steins kohlen oder in 12 Stunden
                              beinahe 1 1/3 Tonne verzehrte. Theilt man die Zahl 2 1/4 durch 8, so erhaͤlt
                              man als Quotienten 0,28 eines Zolles Wasser, welches in dem Heber von dem
                              unaufgewogenen Druke der Luft im Schornsteine getragen wird, und welches einer
                              Luftsaͤule von 19 1/4 Fuß oder einer Geschwindigkeit der Luftstroͤmung
                              im Schornsteine von 35 Fuß in der Secunde entspricht. Der Verbrauch an Brennmaterial
                              war dabei auf dem ungeheuren Roste des Wuͤrzekessels weit groͤßer, als
                              unter dem Kessel der Dampfmaschine.
                           Bei den in Braithwaite's Fabrik angestellten Versuchen
                              betrug das Maximum der Versezung der Verbindungslinie nur einen Zoll, wenn der
                              Differential-Barometer mit dem zu einem Dampfkessel gehoͤrigen
                              Schornsteine von 15 Quadratzoll in directe Verbindung gebracht und das Feuer so
                              lebhaft geschuͤrt wurde, daß beim Oeffnen des Sicherheitsventiles der
                              uͤberschuͤssige Dampf mit Heftigkeit ausstroͤmte und das ganze
                              Gebaͤude erfuͤllte. Der Druk von 1/8 Zoll Wasser deutete auf eine
                              Geschwindigkeit des Zuges von 23,4 Fuß in der Secunde. Ich brachte den
                              Differential-Barometer hierauf in die Saugkammer eines Ventilators, der nach
                              dem von Braithwaite und Ericson genommenen Patente zum Behufe des Durchleitens der Luft durch die
                              Feuerstelle an einem Dampfkessel angebracht war. In diesem Falle war der Zug so
                              stark, daß das Oehl ganz entfernt und statt dessen nur ein Wasserheber benuzt werden
                              wußte. Wenn der Umfang der umlaufenden Fluͤgel des Ventilators in einer
                              Secunde 120 Fuß zuruͤklegte, so war die Saugung so stark, daß sie 2 Zoll
                              Wasser trug. Diese Wassersaͤule deutete jedoch nur auf eine Geschwindigkeit
                              von 94 Fuß in der Secunde, und keineswegs auf eine von 120 Fuß, bei der die
                              Saͤule 3 1/4 Zoll Hoͤhe gehabt haben muͤßte. Es muß aber in
                              Betracht gezogen werden, daß die Treibpunkte der Ventilatorfluͤgel nur 7/8
                              der Geschwindigkeit ihrer aͤußersten Enden, mithin nur eine Geschwindigkeit
                              von 105 Fuß in der Secunde hatten. Wuͤrde hierauf nicht Ruͤksicht
                              genommen, so koͤnnte man zu dem Schlusse verleitet werden, daß an einem
                              excentrischen Ventilator von der besten Centrifugalgestalt zwischen den
                              Fluͤgeln und den Waͤnden des Gehaͤuses, in welchem sich diese
                              bewegen, durch
                              Traͤgheit so viel entweicht, daß der austretende Luftstrom beinahe den
                              vierten Theil seiner Geschwindigkeit verliert. Die Grundsaͤze der Physik
                              gestatten uns nicht, mit einigen Ingenieurs die voreilige Behauptung aufzustellen,
                              daß der Heberdruk nur 3/4 jener Wirkungen andeutet, welche die Luftstroͤmung
                              auf das atmosphaͤrische Gleichgewicht ausuͤbt. Ich erlaube mir in
                              dieser Hinsicht noch einige weitere Beobachtungen beizufuͤgen.
                           Wenn die Fluͤgel des Ventilators dadurch, daß man das Laufband auf eine
                              groͤßere Treibrolle brachte, mit einer Geschwindigkeit von 180 Fuß in der
                              Secunde umgetrieben wurden, so stieg die Differenz des Wasserstandes in den beiden
                              Heberschenkeln nur bis auf 3 Zoll. Dieser Druk deutete jedoch nur eine
                              Ausstroͤmungsgeschwindigkeit der Luft von 115 Fuß in der Secunde an; die
                              Wirkung blieb daher um 30 Proc. zuruͤk, wenn man die effective
                              Geschwindigkeit der Fluͤgel wie oben zu 7/8 der Geschwindigkeit ihrer Enden
                              annimmt: ein Verlust, der offenbar der bei dieser Geschwindigkeit wachsenden Wirkung
                              der Traͤgheit zuzuschreiben ist.
                           Bei einer dritten Reihe von Versuchen, bei der die Enden der Fluͤgel mit einer
                              Geschwindigkeit von 80 Fuß in der Secunde umliefen, stand das Wasser in dem einen
                              Heberschenkel um einen Zoll hoͤher, als in dem anderen, was nur auf eine
                              Geschwindigkeit von 66 Fuß in der Secunde deutete, so daß also der durch die
                              Traͤgheit und durch das Wirbeln der seitlichen Lufttheile veranlaßte Verlust
                              an Geschwindigkeit hier nur 6 Proc. der effectiven Geschwindigkeit
                              betraͤgt.
                           Folgende Tabelle zeigt die Luftgeschwindigkeiten, welche verschiedenen Hoͤhen
                              des Differential-Wasserbarometers entsprechen.
                           
                              
                                 12 Zoll
                                 Wasser
                                 entsprechen
                                 einer
                                 Geschwindigkeit von
                                 231
                                 Fuß in der Secunde.
                                 
                              
                                   6
                                     –
                                       –
                                   –
                                           –               –
                                 163
                                       –       –
                                 
                              
                                   3
                                     –
                                       –
                                   –
                                           –               –
                                 115
                                       –       –
                                 
                              
                                   2
                                     –
                                       –
                                   –
                                           –               –
                                   94
                                       –       –
                                 
                              
                                   1 1/2
                                     –
                                       –
                                   –
                                           –               –
                                   81
                                       –       –
                                 
                              
                                   1
                                     –
                                       –
                                   –
                                           –               –
                                   66
                                       –       –
                                 
                              
                                     1/2
                                     –
                                       –
                                   –
                                           –               –
                                   47
                                       –       –
                                 
                              
                                     1/4
                                     –
                                       –
                                   –
                                           –               –
                                   33
                                       –       –
                                 
                              
                                     1/7
                                     –
                                       –
                                   –
                                           –               –
                                   25
                                       –       –
                                 
                              
                                     1/8 = 1 Zoll des
                                    Wasseroͤhlhebers
                                                            –
                                   23,4.
                                 
                                 
                              
                           Es ist erwiesen, daß eine Pferdekraft an einer Dampfmaschine genuͤgt, um einen
                              Ventilator, von dessen Fluͤgeln und Einsaugcanaͤlen jeder einen
                              Flaͤchenraum von 18 Quadratzoll hat, und der also in dieser Hinsicht dem oben
                              erwaͤhnten Dampfkessel-Schornsteine gleichkommt, mit einer
                              Geschwindigkeit von 80 Fuß in der Secunde umzutreiben. Die Geschwindigkeit der Luft,
                              die in dem Schornsteine durch Verbrennung einer Masse Brennstoff, welche 20
                              Pferdekraͤften entsprach, erzeugt wurde, belief sich nicht hoͤher als auf 35 Fuß in der
                              Secunde; waͤhrend der Ventilator von einer einzigen Pferdekraft getrieben,
                              eine solche von 66 Fuß bedingte. Hieraus folgt, daß sich die Ersparniß an
                              Ventilirung, welche sich mit dem Ventilator erzielen laͤßt, zu der durch den
                              Schornsteinzug erzeugten Ventilirung wie 66 zu 35/20 oder wie 38 zu 1
                              verhaͤlt; und daß man mit einem Bushel oder mit einer Tonne Steinkohlen,
                              welche zum Dampfbetriebe eines excentrischen Ventilators verwendet werden, eine eben
                              so große Ventilirung erzeugen, oder eben so viel Luft aus der Stelle treiben kann,
                              wie durch Verbrennung von 38 Bushels oder Tonnen zum Behufe der Erzeugung eines
                              entsprechenden Zuges im Schornsteine. Uebrigens sind Wohlfeilheit, Reinlichkeit und
                              Dauerhaftigkeit nicht ein Mal die einzigen Vortheile, welche das mechanische
                              Ventilirsystem vor dem physikalischen gewaͤhrt. Dasselbe bewaͤhrt sich
                              naͤmlich selbst noch unter solchen Einfluͤssen von Wind und Wetter,
                              unter denen jeder Schornsteinzug nothwendig leiden muß. Das Bewegungsmoment der
                              ausgetriebenen Luͤft ist uͤber diese Einfluͤsse erhaben; es
                              kann in jedem Augenblike durch einfache Versezung des Laufbandes von einer Scheibe
                              auf eine andere vermehrt, vermindert oder auch ganz unterbrochen werden. Die mit
                              Menschenausduͤnstung uͤberladene Luft eines angefuͤllten Saales
                              wird mit derselben Sicherheit ausgetrieben werden, wie die trokenste und
                              ausdehnbarste Luft.
                           Der Vorzug, der dem mechanischen Systeme gebuͤhrt, wird fuͤr Jedermann
                              ersichtlich, wenn man erwaͤgt, welche geringe Kraft selbst mit dem besten
                              Bratenwender-Apparate durch Benuzung des Schornsteinzuges erzielt werden
                              kann. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dasselbe Brennmaterial, welches zur
                              Dampferzeugung verwendet, an der oben erwaͤhnten Dampfmaschine 20
                              Pferdekraͤfte erzeugt, durch den Impuls, den ein von demselben
                              emporsteigender Luftstrom auf irgend einen Mechanismus auszuuͤben
                              vermoͤchte, kaum eine halbe Pferdekraft hervorzubringen im Stande ist.
                           Bei einem aͤhnlichen Versuche, den ich in einer Brauerei anstellte, und bei
                              dem ich den Differential-Barometer wie oben mit dem Schornsteine des
                              Dampfkessels in Verbindung brachte, fand eine Niveauveraͤnderung von 2 1/4
                              Zoll Statt, was 0,28 eines Zolles Wasser entspricht. Der Schornstein hatte an der
                              Stelle, an der die seitliche Roͤhre des Barometers in ihn eingesezt wurde,
                              einen Flaͤchenraum von 16 auf 18 Zoll, und stieg um 50 Fuß uͤber
                              diesen Punkt empor. Es wurden stuͤndlich gegen 12 Pfd. Steinkohlen per Pferdekraft verbrannt, und in jedem Kessel Dampf
                              erzeugt, der wenigstens 15 Pferdekraͤften entsprach: ein Resultat, welches
                              mit obigem so nahe
                              uͤbereinstimmt, als es fuͤglich bei derlei Versuchen erwartet werden
                              darf.
                           Der Werth der Ventilatoren als Luftreinigungsmittel wird in den englischen Fabriken
                              immer mehr und mehr erkannt: namentlich in den Maschinenwebereien, in welchen viele
                              Personen in einem verhaͤltnißmaͤßig geringen Raume
                              zusammengehaͤuft sind. Es ist daher um so auffallender, daß keines der
                              Mitglieder der Parlaments-Commission auch nur die leiseste Hindeutung auf die
                              mechanische Ventilation machte; ja es ist dieß um so unverzeihlicher, als schon vor
                              100 Jahren ein beruͤhmtes Mitglied der Royal
                                 Society, Hr. Desaguliers, einen aͤhnlichen Vorschlag, „zur
                                 Reinigung des Hauses der Gemeinen von der verderbten Luft“ machte.
                              Ich sehe mich veranlaßt, folgende in mehrfacher Hinsicht interessante Stelle aus der
                              hierauf bezuͤglichen Abhandlung dieses Gelehrten anzufuͤhren.
                           
                              „Im Jahre 1736 wurde ich von Sir George Beaumont und einigen anderen Mitgliedern des Hauses der Gemeinen,
                                 welche bemerkt hatten, daß die Abkuͤhlung des Hauses mittelst der zu
                                 diesem Zweke erbauten Feuermaschinen (welche mit den neueren Pumpenoͤfen
                                 des Marquis de Chabannes Aehnlichkeit haben) nicht
                                 wohl von Statten ging, befragt, ob ich nicht irgend eine Vorrichtung
                                 wuͤßte, womit die verderbte Luft aus dem Hause ausgetrieben werden
                                 koͤnnte. Ich machte mich anheischig, eine solche herzustellen, und baute
                                 im Auftrag einer Commission eine Maschine, deren Rad den Namen eines
                                 Centrifugal- oder Geblaͤsrades bekam, waͤhrend der
                                 Arbeiter, der dasselbe in Bewegung sezte, der Ventilator genannt wurde. Dieses
                                 Rad hat zwar in einigen Dingen Aehnlichkeit mit Papin's hessischen Geblaͤsen, unterscheidet sich jedoch wesentlich
                                 davon: namentlich dadurch, daß es je nach den Befehlen des Sprechers die
                                 verderbte Luft austreiben und frische dafuͤr einsaugen kann.“
                              
                           Dieses Rad hatte 7 Fuß im Durchmesser und einen Fuß in der Breite; es nahm die Luft
                              in der Nahe seines Mittelpunktes auf und lief concentrisch mit seinem
                              Gehaͤuse um. Es wurde vom Jahre 1736 bis zum Jahre 1743, wo die erste Auflage
                              von Desagulier's Experimental-Physik erschien,
                              wenigstens zeitweise in Bewegung gesezt, und verblieb hoͤchst wahrscheinlich
                              uͤber dem Sizungssaale des Hauses der Gemeinen, bis dieses ein Raub der
                              Flammen wurde. Da dieser Ventilator von einem Individuum mit Huͤlfe einer
                              Kurbel umgetrieben werden mußte, so konnte es fuͤglich nicht uͤber 40
                              Umgaͤnge in einer Minute machen; die mittlere Geschwindigkeit der Enden
                              seiner Fluͤgel konnte also nicht uͤber 15 Fuß in der Secunde betragen.
                              Wahrscheinlich in Betracht seines fehlerhaften Baues und des kleinen
                              Flaͤchenraumes seiner Entleerungsroͤhre ward es auch von Sir Jakob Ackworth, damaligem ersten Lord der Admiralitaͤt, „ein
                                 physikalisches Spielzeug (a philosophical
                                    toy)“ genannt.
                           Es scheint nicht, daß seit Desagulier's Zeiten der
                              Ventilator zum Gegenstande wissenschaftlicher Versuche gemacht wurde; wenigstens
                              beschrieb Pouillet im Jahre 1835 im sechsten Hefte des
                              Portefeuille Industriel mit großen, aber
                              unverdienten Lobspruͤchen einen Ventilator oder Windfang, der in Ronen zum
                              Ventiliren einer Gießerei erbaut worden war, der sich aber als ganz
                              ungenuͤgend erwies, obschon er durch feine Bewegungen den Boden, auf dem er
                              stand, heftig erbeben machte. Er ist concentrisch gebaut, und muß folglich den
                              groͤßten Theil der auf seinen Betrieb verwendeten Kraft zum Umtreiben der
                              Luft mit seinen Fluͤgeln und nicht zum Austreiben derselben an der
                              Austrittsroͤhre verbrauchen. Die in Ronen etablirte englische
                              Maschinenbau-Compagnie, der er gehoͤrt, mußte ihn deßhalb auch nach
                              dem neuerlich im Lancashire eingefuͤhrten Plane abaͤndern.
                           Die Zeichnungen, welche ich in Fig. 32 bis 35 vorzulegen
                              die Ehre habe, duͤrften, wie ich hoffe, einiges Licht auf die Leistungen
                              eines Ventilators werfen. Aus Fig. 32 erhellt, daß an
                              einem concentrischen Ventilator mit 5 Fluͤgeln nur ihrer zwei wirklich
                              thaͤtig seyn koͤnnen, und daß kaum wehr dann die Haͤlfte der
                              Ausfuͤhrungsroͤhre von dem regelmaͤßig durch das Umlaufen der
                              Fluͤgel erzeugten Luftstrome erfuͤllt wird. Die Quantitaͤt,
                              welche in Folge des Drukes, unter dem die Luft durch die Centrifugalkraft erhalten
                              wird, ausgetrieben wird, ist mithin sehr gering, indem sie durch den Strom des
                              Fluͤgels a, dessen Tangente sich mit der
                              Ausfuͤhrungsroͤhre vollkommen und beinahe unter einem rechten Winkel
                              kreuzt, unterbrochen wird.
                           Fig. 33
                              dagegen zeigt, daß an dem excentrischen Ventilator saͤmmtliche Fluͤgel
                              wirksam sind, und daß die Ausfuͤhrungsroͤhre abgesehen von irgend
                              einem durch die Centrifugalkraft erzeugten Druke bloß durch den Impuls der
                              Fluͤgel gaͤnzlich mit einem Luftstrome erfuͤllt wird: mit
                              Ausnahme jedoch des von der Mitte her Start findenden Luftzuflusses, der offenbar
                              von dem unausgeglichenen Druke der atmosphaͤrischen Luft abhaͤngt. Auf
                              den ersten Blik scheint es ausgemacht, daß die Luft mit keiner geringeren
                              Geschwindigkeit in die Ausfuͤhrungsroͤhre eintreten kann, als jene
                              ist, mit der die Punkte a, c, e, g, k umlaufen; denn die
                              Summe der Linien ab, cd,
                              ef
                              ,
                              gh und kl ist der
                              Lange der senkrechten Achse der Ausfuͤhrungsroͤhre gleich. Da sich nun
                              die Punkte a, c, e etc. mit 7/8 bis zu 8/9 der
                              Geschwindigkeit der Enden der Blaͤtter bewegen, so sollte, wenn erstere 120
                              Fuß per Secunde durchlaufen, die Geschwindigkeit
                              wenigstens 748/120 = 105
                              Fuß in der Stunde betragen. Die Versuche ergaben jedoch eine Geschwindigkeit von
                              nicht mehr als 94 Fuß per Secunde: eine Differenz,
                              welche, wie bereits erwaͤhnt, der Traͤgheit der Luft, der seitlichen
                              Communication und den dadurch entstehenden Wirbeln zugeschrieben werden muß.
                           Fig. 34 und
                              35 geben
                              einen Durchschnitt und einen Grundriß eines Ventilators, der nach den Ansichten
                              meines Freundes Ericsson einer der besten seyn
                              duͤrfte. Die Zeichnung ist so deutlich, daß sie gar keiner weiteren
                              Beschreibung bedarf. Die Quantitaͤt Luft, welche ein nach diesem Systeme
                              gebauter Ventilator auszutreiben vermag, laͤßt sich approximativ bestimmen,
                              wenn man die Geschwindigkeit der Punkte c, e etc. mit
                              dem Durchschnitts-Flaͤchenraum der Ausfuͤhrungsroͤhre
                              multiplicirt. Die absolute, zum Betriebe des Ventilators erforderliche Kraft
                              laͤßt sich mit hinreichender Genauigkeit auf folgende Weise berechnen. Gesezt
                              die Enden der Fluͤgel bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von 30 Fuß in
                              der Secunde, und der Durchschnittsflaͤchenraum der
                              Ausfuͤhrungsroͤhre betrage zwei Quadratfuß, so ist 2 × 80 = 160
                              Kubikfuß. Diese Zahl multiplicirt mit 60 Secunden gibt als Product 9600 Kubikfuß
                              Luft, die per Minute ausgetrieben werden. Reducirt man
                              diese Quantitaͤt durch 13 auf Gewicht, so erhaͤlt man 738 Pfd., welche
                              in jeder Minute mit einer Geschwindigkeit von 80 Fuß in der Secunde bewegt werden.
                              Um nun eine Geschwindigkeit von 80 Fuß in der Secunde zu erlangen, muß ein
                              Koͤrper frei durch einen Raum von (80 + 80)/64 = 100 Fuß fallen; mithin wird
                              die Kraft, die noͤthig ist, um 738 Pfd. eine Geschwindigkeit von 80 Fuß in
                              der Secunde zu geben, 738 × 100 = 73,800 Pfd., die einen Fuß hoch gehoben
                              werden, betragen. Theilt man diese Zahl endlich durch 33,000, so erhaͤlt man
                              als Quotienten 2 1/4 als die Pferdekraͤfte, welche zum Betriebe eines solchen
                              Ventilators noͤthig sind.
                           Diese Berechnung stimmt gut mit den Resultaten zusammen, die sich mit einem großen
                              Ventilator ergaben, den Ericsson im Jahre 1831 in
                              Liverpool baute, um in dem Ofen eines Kessels von 100 Pferdekraͤften, der
                              sich an Bord des Dawpfbootes Corsair befand, die Verbrennung ohne Schornstein zu
                              unterhalten. Der Durchmesser dieses Ventilators hatte 4 Fuß 6 Zoll; die
                              Ausfuͤhrungsroͤhre hatte einen Flaͤchenraum von 4 Fuß; die
                              effective Geschwindigkeit der Fluͤgel betrug 80 Fuß in der Secunde. Zum
                              Betriebe desselben wurde eine Dampfmaschine mit vierzoͤlligem Cylinder und
                              mit einem Kolbenhube von 10 Zoll gebaut. Als Resultat ergab sich, daß mit Dampf von 45 Pfd. Druk auf
                              den Quadratzoll 120 Kolbenhube per Minute erforderlich
                              waren, um eine Geschwindigkeit des Ventilators von 80 Fuß zu erzielen. Man kann
                              annehmen, daß der effective Druk des Dampfes wenigstens 30 Pfd. per Quadratzoll betrug. Diese Zahl multiplicirt mit dem
                              Flaͤchenraum des Kolbens in Quadratzoll gibt 360 Pfd. fuͤr die
                              bewegende Kraft; und diese multiplicirt mit 200 Fuß oder mit der Geschwindigkeit des
                              Kolbens gibt 72,000 Pfd. in jeder Minute auf einen Fuß Hoͤhe gehoben als die
                              Kraft der Maschine. Die Quantitaͤt Luft ist = 80 × 30 = 240,
                              multiplicirt mit 60 Secunden um 14,400 Kubikfuß per
                              Minute. Die Temperatur, mit der die Luft in den Ventilator eintrat, betrug gegen
                              300°; reducirt man daher obige Quantitaͤt Luft durch 20 Kubikfuß auf
                              Pfunde, so erhaͤlt man 14400/20 = 720 Pfd. Luft, welche in jeder Minute
                              ausgetrieben werden. Diese auf 100 Fuß, als auf jene Hoͤhe gehoben, die zur
                              Erzeugung einer Geschwindigkeit von 80 Fuß in der Secunde noͤthig ist, wird
                              eine Kraft von 720 × 100 = 72,000 Pfd., die in jeder Minute einen Fuß hoch
                              gehoben werden, erheischen, was genau mit der Kraft der Dampfmaschine zusammen
                              trifft.
                           Ich muß hier, obschon das Factum ohne dieß jedem praktischen Ingenieur einleuchtend
                              seyn duͤrfte, bemerken, daß, wenn die Ausfuͤhrungsroͤhre des
                              Ventilators verstopft und nur etwas weniges Dampf in die Maschine eingelassen wurde,
                              die Ventilatorfluͤgel mit ungeheurer Geschwindigkeit umliefen, indem die
                              eingesperrte Masse Luft bestaͤndig in rotirender Bewegung erhalten wurde; daß
                              aber, sobald die Roͤhre wieder geoͤffnet wurde, so daß die stagnirende
                              Luft eintreten konnte, die Maschine durch den Widerstand des Gewichtes und der
                              Traͤgheit beinahe zum Stillstehen kam.
                           Aus den Beobachtungen, welche Saussure und andere auf den
                              Alpen anstellten, ergibt sich, wie schwer es faͤllt, in sehr
                              verduͤnnter Luft Muskel-Anstrengungen zu machen; ja selbst im
                              Flachlande wirke ein niederer Barometerstand auf zarte Koͤrper unangenehm;
                              waͤhrend ein verwehrter Luftdruk, so wie ihn ein hoͤherer
                              Barometerstand andeutet, sowohl auf den Koͤrper als auf den Geist
                              zutraͤgliche Einfluͤsse hervorbringt. Man soll daher beim Ventiliren
                              von Gebaͤuden, in denen viele Menschen versammelt sind, keineswegs zu dem
                              Zuge der Schornsteine, wie dieß bisher gewoͤhnlich geschah, seine Zuflucht
                              nehmen, indem hiedurch die Luft bestaͤndig ausgepumpt oder verduͤnnt
                              wird (eine Erscheinung, welche man mit Wollaston's
                              Differential-Barometer sehr gut beobachten kann); sondern man soll vielmehr,
                              wenn man nach richtigen physiologischen Grundsaͤzen verfahren will, die Dichtheit und
                              Elasticitaͤt der Atmosphaͤre dadurch zu vermehren suchen, daß man
                              fortwaͤhrend einen Strom frischer Luft, die, wenn es noͤthig
                              ist- vorher in einer eigenen Kammer gehoͤrig erwaͤrmt und mit
                              Feuchtigkeit versehen worden ist, eintreibt. Wenn man den Ein- und Austritt
                              der Luft unter die Controle von Ventilen bringt, welche sich durch Zeiger und
                              Zifferblaͤtter reguliren lassen, so kann man deren Dichtheit sehr mannigfach
                              modificiren, und folglich den Koͤrper der Bewohner eines jeden
                              Gebaͤudes mit einer zur Erhaltung der Gesundheit und Thaͤtigkeit
                              hoͤchst geeigneten Luft versehen.
                           Um ein Gebaͤude wie jenes, welches fuͤr das Parlament bestimmt ist,
                              nach diesem Principe zu ventiliren, soll man in einem kleineren Gemache im
                              Erdgeschosse, und zwar zum Behufe der leichteren Verbreitung so ziemlich in der
                              Mitte des Gebaͤudes zwei oder mehrere der beschriebenen Ventilatoren
                              anbringen; und diese mit einer kleinen, nach Braithwaite's Sicherheitsprincipe gebauten und mit Kohks geheizten
                              Dampfmaschine, die weder Rauch erzeugt, noch auch eines hohen, das Gebaͤude
                              verunstaltenden Schornsteines bedarf, in Bewegung sezen. Von diesen Ventilatoren aus
                              sollen an die Fußboͤden der einzelnen zu ventilirenden Gemaͤcher
                              geeignete Canaͤle aus Holz, Baksteinen oder Eisenblech gefuͤhrt
                              werden; und die Enden dieser waͤren mit Ventilen zu versehen, die zum Behufe
                              der Regulirung der Ventilation mit einem Zifferblatte und einer Schnur oder einem
                              Drahte ausgestattet werden muͤßten.
                           Bei den Fortschritten, welche die Kuͤnste gemacht haben, kann kein Zweifel
                              daruͤber obwalten, daß es geeignet waͤre, die neuen
                              Parlamentsgebaͤude mit Huͤlfe mehrerer diker gußeiserner
                              Roͤhren mit Dampf zu heizen. Diese Roͤhren muͤßten in einem
                              unter dem Niveau der Gemaͤcher versenkten Raume angebracht seyn; und von
                              diesem Raume aus koͤnnte gesunde, in Hinsicht auf Waͤrme sowohl, als
                              auf Feuchtigkeit entsprechende Luft mit Leichtigkeit uͤberall hin in solcher
                              Quantitaͤt geschafft werden, als es zur Erneuerung der Luft in jedem
                              einzelnen Gemache noͤthig oder wuͤnschenswerth ist. Derselbe Kessel,
                              der die Maschine mit Dampf versieht, wuͤrde bei gewoͤhnlicher
                              Witterung auch ausreichen, um die Heizroͤhren mit Dampf zu versehen. Bei
                              strengerer Kaͤlte muͤßte jedoch auch noch ein Huͤlfsdampfkessel
                              in Anwendung kommen. Die Aufgabe bleibt immer die: eine Luft zu erzeugen, welche der
                              frischen Luft eines angenehmen Sommertages so nahe als moͤglich kommt, und
                              die nicht mit der Ausduͤnstung der Menschen auf eine unangenehm
                              fuͤhlbare Weise uͤberladen ist.
                           In gut gebauten englischen Baumwollmuͤhlen weiß man so ziemlich genau, welche
                              Dampfroͤhrenoberflaͤche von 212° F. Waͤrme man braucht,
                              um ein bestimmtes Volumen Luft in den groͤßeren Saͤlen zu
                              erwaͤrmen. In runden Zahlen kann man annehmen, daß ein Fuß
                              Roͤhrenoberflaͤche hinreicht, um 150 Kubikfuß Raum auf einer
                              gleichmaͤßigen Temperatur von 62° F. oder auf der mittleren Temperatur
                              eines englischen Sommertages zu erhalten. Hr. Fairbairn, einer der erfahrensten
                              Fabrikingenieurs in Manchester, hat mich versichert, daß zwei Reihen gußeiserner
                              Roͤhren von 8 Zoll im Durchmesser vollkommen ausreichen wuͤrden, um
                              die lange Mauthhalle in London, welche 190 Fuß lang, 64 Fuß breit und 46 Fuß hoch
                              ist, und die volle 20,000 Kubik-Yards faßt, den Winter uͤber zu
                              heizen, wenn dieselben dicht am Boden der Schreibtisch-Scheidewaͤnde
                              laͤngs der beiden Seiten und Enden der Halle hingefuͤhrt und durch
                              schmiedeiserne Roͤhren von 2 Zoll im Durchmesser, die im Bogen uͤber
                              die Thuͤren zu fuͤhren waren, verbunden wuͤrden. Ein diesem
                              Zweke entsprechender, sich selbst speisender Dampfkessel von niederem Druke kostet
                              mit den dazu gehoͤrigen Rohren und Vorrichtungen nicht uͤber 500 Pfd.
                              Sterl., und erheischt um mehr als die Haͤlfte weniger Brennmaterial als die
                              gegenwaͤrtig gebraͤuchlichen, die Luft bratenden und die Gesundheit
                              zerstoͤrenden Heizvorrichtungen.
                           Die gefaͤhrlichsten unter den vielen unserer jezigen Ofenverbesserer (store-doctors) sind die, welche unter dem
                              Vorwande von Ersparnissen und Bequemlichkeit besonders anrathell eine große Menge
                              Kohks langsam und bei schwacher Circulation der Luft zu verbrennen. Wer auch nur
                              etwas in der Chemie bewandert ist, muß wissen, daß durch stille Verbrennung von
                              Kohks oder Holzkohlen bei einer geringen Production an Hize viel
                              Kohlenstoff-Oxydgas erzeugt und viel Brennmaterial verzehrt wird. Eben so muß
                              ihn die Physik lehren, daß, wenn der Zug im Schornstein schwach ist, die verbrannte
                              Luft eine große Neigung hat durch jede Oeffnung oder Spalte zu dringen und dadurch
                              die Luft in den Gemaͤchern hoͤchst verderblich zu machen. Um die
                              groͤßte Menge Hize aus dem Brennmateriale zu gewinnen, muß dessen Verbrennung
                              sehr lebhaft von Statten gehen, und der hiedurch entwikelte Waͤrmestoff
                              uͤber die moͤglich groͤßte Oberflaͤche
                              waͤrmeleitender Materialien verbreitet werden. Dabei ist sorgfaͤltig
                              daruͤber zu wachen, daß diese Oberflaͤchen nicht uͤber
                              240° F. erhizt werden.
                           Es ist erwiesen, daß Arbeiter, welche in Calico-Trokenstuben, die aus die
                              gewoͤhnliche Weise geheizt werden, beschaͤftigt sind, in kurzer Zeit
                              kraͤnklich und sehr geschwaͤcht werden; waͤhrend sie in
                              Localen, die noch staͤrker, aber mit Dampfroͤhren geheizt sind,
                              vollkommen gesund und kraͤftig bleiben. Unter den vielen Ursachen, welche die Pathologen
                              fuͤr die Kraͤnklichkeit und Schwache solcher Personen angeben, die ihr
                              Leben großen Theils in warmen Zimmern zubringen, und die nur selten in die frische
                              freie Luft kommen, hat man eine der einflußreichsten: naͤmlich die durch
                              verminderten Druk und Waͤrme bedingte Verduͤnnung der Luft, die sie
                              einathmen, ganz uͤbersehen.Ich finde erst so eben, daß Hr. Junot in Paris in neuerer Zeit eine Abhandlung uͤber
                                    die Wirkungen der comprimirten und der verduͤnnten Luft auf den
                                    menschlichen Organismus herausgab. Wenn ein Mensch in verdichtete Luft
                                    gebracht wird, sagt derselbe, so athmet er gleichsam neu auf; er hat ein
                                    Gefuͤhl, als wenn seine Lungen eine groͤßere Capacitaͤt
                                    bekommen haͤtten; seine Athemzuͤge werden voller und minder
                                    haͤufig, nach 15 Minuten verspuͤrt er eine angenehme
                                    Waͤrme in feiner Brust, und der ganze Organismus saugt gleichsam mit
                                    jedem Athemzuͤge einen neuen Vorrath an Kraft und Lebensfuͤlle
                                    ein. Das arterielle System bekommt eine gesteigerte Thaͤtigkeit,
                                    waͤhrend die auf der Haut sichtbaren Venen oder Blutadern einsinken
                                    und selbst ganz unsichtbar werden. Selbst die Functionen des Gehirnes gehen
                                    mit groͤßerer Lebendigkeit von Statten; die Einbildungskraft wird
                                    gesteigert, und die Ideen gewinnen einen eigenen Reiz Die Muskelbewegungen
                                    werden freier und kraͤftiger, und die Verdauung rascher, ohne daß
                                    eine Vermehrung des Durstes erfolgt. In verduͤnnter Luft dagegen
                                    tritt gerade das Entgegengesezte von allem diesem ein: das Athmen wird
                                    beschwerlich, schwach, haͤufig, und endigt zulezt mit einem Anfalle
                                    von Engbruͤstigkeit; der Puls wird schnell und leicht comprimirbar,
                                    es entsteht Neigung zu Blutungen und Ohnmachten; die Thaͤtigkeit der
                                    Nieren und Speicheldruͤsen vermindert sich, und endlich erfolgt
                                    allgemeine Schwache als Resultat. Weiteres uͤber die Versuche des
                                    Hrn. Junot findet man
                                    in den Archives générales de
                                       Médecine, Sec. Seric. Tom. IX. pag. 157.A. d. O. Ich fand, daß, wenn man die horizontale Roͤhre eines
                              Differential-Barometers, der in dem einen Schenkel Weingeist und in dem
                              anderen Oehl enthaͤlt, in das Schluͤsselloch eines geschlossenen
                              Winterwohnzimmers stekt, beim Umdrehen des an dieser Roͤhre angebrachten
                              Sperrhahnes die Verbindungslinie beider Fluͤssigkeiten, je nach der
                              Genauigkeit der Verschließung dieses Zimmers und je nach der Starke der Feuerung, um
                              einen halben bis zu einem ganzen Zoll steigt. Oeffnet man die auf die Straße
                              fuͤhrende Thuͤre, so wird ein noch weiteres Steigen eintreten. Unter
                              solchen Umstaͤnden muͤssen die Muskel-, Nerven- und
                              Verdauungssysteme nothwendig leiden, und ich habe die volle Ueberzeugung, daß die
                              Kraͤnklichkeit vieler unserer in Wohlstand lebender Leute großen Theils von
                              der haͤufigen Einathmung einer durch den Schornsteinzug zu sehr
                              verduͤnnten Luft herruͤhrt. Jedes gut gebaute und gut eingerichtete
                              Wohnhaus soll sein unterirdisches Waͤrmemagazin haben, und von diesem aus
                              soll in die einzelnen Gemaͤcher fortwaͤhrend so viel gute, warme Luft
                              gegeleitet werden, als zur Behaglichkeit noͤthig ist, wobei die Luft eher
                              verdichtet als verduͤnnt werden wird. Offene Feuer sollen in diesem Falle nur
                              geduldet werden, um den Aufenthalt, oder, wenn ich so sagen darf, die Scenerie zu
                              beleben; sie koͤnnen auch, wenn die Ventiliroͤffnungen einen
                              hinreichenden Zufluß an Luft bedingen, keine merkliche Verduͤnnung
                              erzeugen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
