| Titel: | Gegen Professor Riecke's Beleuchtung des Zier'schen Geheimnisses der Rübenzuker-Fabrication. | 
| Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. XXI., S. 69 | 
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                        XXI.
                        Gegen Professor Riecke's Beleuchtung des Zier'schen
                           Geheimnisses der Ruͤbenzuker-Fabrication.
                        Ueber Zier's Ruͤbenzukerfabrication.
                        
                     
                        
                           Die Bemuͤhungen des Prof. Riecke, die
                              Ruͤbenzuker-Fabricationsweise des Dr. Zier
                              in Zerbst in ihrer Bloͤße darzustellen, sind offenbar zu weit gegangen. Auch
                              ist mit Allem, was des Verfassers Beleuchtung sagt, weder das fruͤhere
                              Vorhandenseyn genannter Methode bewiesen, noch zeigt er, daß sie – als Zier damit auftrat – nicht besser, als die damals
                              bekannten Verfahrungsarten gewesen sey.
                           Kam es darauf an, die Nichtigkeit des Zier'schen
                              (verbesserten) Verfahrens darzuthun, so mußte Prof. Riecke von einer Methode haben reden koͤnnen, welche besser als die
                              Zier'sche und kein Geheimniß war. Dr. Zier hat das schwankende Verfahren Anderer, bei
                              seiner eigenen Methode auf Principien festgestellt, die Hr. Riecke entweder nicht kennt, oder aus besonderen Gruͤnden nicht
                              gelten lassen will. Der Einsender dieses legt dem Versuche zur
                              Herabwuͤrdigung der erwaͤhnten Verfahrungsweise gerade keine unedlen,
                              durch die Hrn. Zier dafuͤr zu Theil gewordenen
                              Preise etwa veranlaßten Motive zur Last, denn sonst muͤßte Hr. Riecke auch Hrn. Schuͤzenbach deßhalb anfeinden. Indeß findet er es jedenfalls
                              ungerecht, die Absichten eines Mannes verdaͤchtigt zu sehen, der
                              uͤberall in Deutschland den Sinn fuͤr die inlaͤndische
                              Zukergewinnung gewekt hat, durch dessen Bewerbungs-Concurrenz um sein
                              Verfahren die Sache uͤberall, gleich einer fruchtbringenden Aussaat,
                              verbreitet wurde. Denn wer war es Anders, der gleichsam mit einem Mal einem Gewerb
                              Eingang verschafft hat, welches bestimmt ist, eine bessere Benuzung des Akergrundes,
                              und in Folge dessen in der. Entfesselung des heimathlichen Bodens von fremder
                              Handelsherrschaft, einen wesentlichen Ersaz fuͤr die uns mangelnden
                              Besizungen an tropischen Laͤndereien zu bieten? Was dem Dr. Zier dafuͤr geworden ist, darauf kommt es
                              nicht an. Ihm gebuͤhrt jedenfalls das Verdienst, den Impuls zu einer gemeinnuͤzigen Sache gegeben und auch in Deutschland gleichsam einen
                              neuen Zeitabschnitt in der Geschichte des Zukers herbeigefuͤhrt zu haben.
                           Wie bei allen, im Gebiete der Industrie auftauchenden Neuerungen, die noch zu wenig
                              praktisch ausgeuͤbt worden sind, kommt auch bei der in Rede stehenden Sache
                              Alles darauf an, den Geist ihrer Grundsaͤze zu erfassen und die fuͤr
                              das Specielle erforderlichen Erfahrungen sich zu verschaffen. Es haben sich Leute
                              mit der Runkelruͤbenzuker-Sache befaßt, die uͤber ihren Beruf
                              dazu und ihre Leistungsfaͤhigkeiten offenbar sich
                              selbst getaͤuscht haben, und nun diese Taͤuschung auf den Dr. Zier schieben. Zu diesen Leuten scheinen die
                              Unternehmer der Arnoldischen Zukerfabrik in Gotha nicht zu gehoͤren, da es ungegruͤndet ist, daß – wie es in einer Anmerkung zu dem
                              erwaͤhnten Aufsaze im ersten Aprilhefte 1837 dieses Journals heißt: diese
                              Fabrik das Zier'sche Verfahren bereits verlassen habe.
                              Referent kann versichern, daß die erwaͤhnte Fabrik unter der Leitung
                              tuͤchtiger Techniker, bei einer musterhaften Einrichtung und in der
                              consequenten Verfolgung ihres Ziels, die Zier'sche
                              Methode jeder anderen vorzieht, fuͤr eine noch bessere aber den auf jene
                              verwendeten Preis gerne noch ein Mal bezahlen wuͤrde, weil im Verlauf der
                              Zeit auch nur 1 Proc. Mehrertrag den Aufwand von 100
                              Friedrichsd'or als eine Kleinigkeit erscheinen laͤßt.
                           Es fragt sich jezt nur: ob die Gothaer Fabrik die einzige seyn werde, welche von den
                              120, durch Zier hervorgerufenen Fabriken, die
                              Grundsaͤze des ebengenannten richtig anzuwenden und zu benuzen weiß? Ich
                              glaube nicht! – Moͤgen aus dem Mangel an Betriebscapital, Geduld,
                              Beharrlichkeit, Muth und Geschik, oder aus Mangel an den nicht uͤberall von
                              gleicher Guͤte zu producirenden Ruͤben, mehrere dieser Unternehmungen
                              scheitern oder ins Stoken gerathen; die Mehrzahl wird sich immerhin emporarbeiten,
                              und zwar um so wahrscheinlicher, da Hr. Prof. Riecke
                              selbst zugibt, daß man auch nach der Zier'schen Methode
                              einen guten Zuker machen koͤnne!
                           Genug, durch Zier wurde in ganz Deutschland der Sinn
                              fuͤr die inlaͤndische Zukerfabrication gewekt, und dafuͤr
                              wollen wir ihm dankbar seyn, waͤre es auch nur, weil er als Herold einer
                              guten Sache – gehoͤrt worden ist!Hr. Dr. Zier hat gegen den Angriff des Hrn. Prof.
                                    Riecke ein Schreiben an die Redaction des
                                    polytechnischen Journals gerichtet, worin er erklaͤrt, daß fuͤr seine Rechtfertigung noch nicht die
                                       Zeit herangekommen und er jezt noch behindert sey uͤber sein Thun
                                       und Lassen, 
                                    seinen Willen und dessen Erfolg, so wie er es
                                       wuͤnschte, oͤffentlich und ruͤkhaltslos
                                       Rechenschaft vorzulegen. „Noch kann man ohne Furcht, sagt
                                       er, mich tadeln und angreifen, die Zeit wird aber auch diese
                                       Verhaͤltnisse, die mir jezt noch gebieten, zu all dem zu
                                       schweigen, aͤndern.“
                                    A. d. R.
                              
                           Aus Bayern.