| Titel: | Ueber die Glasmalerei. | 
| Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. XXXV., S. 142 | 
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                        XXXV.
                        Ueber die Glasmalerei.
                        Aus dem London and Edinburgh phil. Mag. and Journ. of
                                 Science third Series No. 56 und No. 57 December 1836, S.
                              456.
                        Ueber die Glasmalerei.
                        
                     
                        
                           Da die in verschiedenen Werken enthaltenen Nachrichten hinsichtlich dieser
                              schoͤnen Kunst keineswegs befriedigend oder vollstaͤndig sind, so
                              glaubte ich, daß einige Bemerkungen daruͤber, die eine kurze Uebersicht
                              uͤber die dabei sowohl in aͤlteren als neueren Zeiten angewendeten
                              Verfahrungsarten enthielten, fuͤr anziehend genug gehalten werden
                              koͤnnten, um ihnen Eingang in dieses Journal zu verschaffen.
                           Es ist eine sonderbare Thatsache, daß die Glasmalerei, welche in fruͤherer
                              Zeit vom einen Ende Europa's bis zum anderen mit solchem Erfolg ausgeuͤbt
                              wurde, nach und nach so sehr außer Gebrauch gekommen ist, daß sie im Anfange des
                              vorigen Jahrhunderts allgemein als eine verlorene Kunst betrachtet wurde.
                              Waͤhrend des achtzehnten Jahrhunderts zog diese Kunst wiederum die
                              Aufmerksamkeit auf sich, und es wurden viele Versuche gemacht sie wieder zu beleben.
                              Neuere Kuͤnstler fanden bald, daß bei Anwendung der bei der Emailmalerei
                              immer in Gebrauch gewesenen Verfahrungsarten die Arbeiten der alten Maler auf Glas
                              meisten Theils nachgeahmt werden koͤnnten. Sie waren aber durchaus nicht im
                              Stande, auch nur im Geringsten das gluͤhende Roth nachzuahmen, welches einen
                              so unvergleichlichen Glanz uͤber die alten Fenster verbreitet, die immer noch
                              so viele unserer Kirchen zieren. Sie hatten nichts, was die Stelle dieser
                              glaͤnzenden Farbe vertreten konnte, bis eine dem Silber unter allen Metallen
                              allein zukommende Eigenthuͤmlichkeit entdekt wurde, die sogleich beschrieben
                              werden soll. Die Kunst des Emaillirens auf Glas weicht wenig von der wohlbekannten
                              Kunst des Emaillirens auf andere Substanzen ab. Die Farben, welche ausschließlich
                              metallische sind, werden durch Reiben mit einem Flusse bereitet, das heißt, einem
                              sehr schmelzbaren Glase, das aus Kiesel, Flintglas, Blei und Borax besteht. Die
                              Farbe mit ihrem Flusse wird darauf mit fluͤchtigem Oehle gemischt und mit dem
                              Pinsel aufgetragen. Die so emaillirte Glasscheibe wird darauf einer schwachen
                              Rothgluͤhhize ausgesezt, welche gerade stark genug ist, um die Theilchen des Flusses zu
                              erweichen, und mit einander zu vereinigen, wodurch die Farbe auf das Glas vollkommen
                              befestigt wird. Bei einer solchen Behandlung gibt Gold Purpurfarbe, Gold und Silber
                              vermischt Rosenroth, Eisen Ziegelroth, Kobalt BlauAus einer Prahlerei Suger's, Abtes von St. Denis,
                                    die sich erhalten hat, erhellt, daß die alten Glasmaler vorgaben, auch
                                    Saphire als Farbematerial zu gebrauchen. Daher ruͤhrt vielleicht der
                                    Ausdruk Zaffer, unter dem das Kobaltoxyd noch
                                    immer im Handel vorkommt., Mischungen von Eisen, Kupfer und Mangan Braun und Schwarz. Kupfer, das bei
                              der gemeinen Emailmalerei Gruͤn gibt, erzeugt keine schoͤne Farbe,
                              wenn es auf dieselbe Weise bei Glas angewendet und bei durchgelassenem Lichte
                              betrachtet wird. Man nahm daher zur Erzeugung des Gruͤns oft seine Zuflucht
                              zu einem Glase, das auf der einen Seite blau auf der anderen gelb gefaͤrbt
                              war. Um Gelb zu erhalten, wird Silber gebraucht, das entweder in der metallischen
                              oder in einer anderen Form die sonderbare Eigenschaft besizt, eine durchscheinende
                              Faͤrbung mitzutheilen, wenn es in Beruͤhrung mit Glas der
                              Rothgluͤhhize ausgesezt wird. Die Faͤrbung ist nach den
                              Umstaͤnden entweder gelb, orange oder roth. Es wird dazu ein Fluß gebraucht.
                              Das zubereitete Silber wird bloß mit Ocher oder Thon gerieben, und eine dike Schicht
                              davon auf das Glas aufgelegt. Wenn das Glas aus dem Ofen kommt, so haͤngt das
                              Silber durchaus nicht an demselben fest; es kann leicht abgekrazt werden und
                              laͤßt eine durchscheinende Faͤrbung zuruͤk, welche bis auf eine
                              gewisse Tiefe eindringt. Ist eine große Menge Ocher gebraucht worden, so ist die
                              Faͤrbung gelb, bei einer kleinen Menge ist sie orange; wird dieselbe wieder,
                              holentlich dem Feuer ausgesezt, ohne daß irgend ein Farbstoff dazu genommen wurde,
                              so kann das Orange in Roth verwandelt werden. Diese Verwandlung des Orange in Roth
                              erfordert, glaube ich, viel Genauigkeit, wobei die Erfahrung bloß den Erfolg sichern
                              kann. Bis vor einigen Jahren war dieß das einzige bei den neueren Glasmalern
                              uͤbliche glaͤnzende Roth; und obschon die besten Proben gewiß eine
                              schoͤne Wirkung hervorbringen, so wird es doch selten mit dem von den alten
                              Kuͤnstlern so haͤufig gebrauchten Roth in Vergleichung treten
                              koͤnnen.
                           Außer den oben beschriebenen Emails und Faͤrbungen bedienen sich die
                              Kuͤnstler, sobald es der Gegenstand gestattet, Glasscheiben, die in dem
                              Glashafen der Glashuͤtte durch und durch gefaͤrbt werden, weil die
                              vollkommene Durchsichtigkeit solchen Glases einen Glanz bewirkt, den die mehr oder
                              weniger undurchsichtige Emailfaͤrberei nicht erreichen kann. Einem Glase
                              dieser Art verdankten die alten Glasmaler ihr glaͤnzendes Roth. Dieß ist der
                              einzige Punkt, worin die
                              neue und alte Verfahrungsweise von einander abweichen, und dieß ist der einzige
                              Theil der Kunst, der irgend ein Mal wirklich verloren ging. Anstatt ganz rothe
                              Scheiben zu blasen, pflegten die alten Glasmacher eine duͤnne Schichte rothes
                              Glas uͤber eine andere von gewoͤhnlichem Glase aufzutragen. Ihre
                              Verfahrungsart muß darin bestanden haben, daß sie in der Glashuͤtte einen
                              Hafen mit gewoͤhnlichem und einen mit rothem Glase neben einander schmolzen.
                              Alsdann erhielt der Arbeiter, wenn er seine Pfeife zuerst in das gewoͤhnliche
                              und dann in das rothe Glas tauchte, ein Stuͤk gewoͤhnliches mit einer
                              Bekleidung von rothem bedektes Glas, das er, wenn er beim Blasen und Umdrehen mit
                              Geschiklichkeit zu Werke ging, in eine Scheibe ausdehnte, die auf ihrer
                              Oberflaͤche eine sehr duͤnne Schicht von der gewuͤnschten Farbe
                              darbot. In diesem Zustande kam das Glas in die Haͤnde des Glasmalers, der es
                              meistens zu seinen Zweken gebrauchen konnte, ausgenommen wenn es noͤthig war,
                              weiße oder andere Farben auf einem rothen Grunde darzustellen. In diesem Falle wird
                              es nothwendig, eine Maschine, die Aehnlichkeit mit dem Rade des Steinschneiders hat,
                              zu gebrauchen, um die gefaͤrbte Oberflaͤche theilweise abzuschleifen,
                              bis die weiße Schicht zum Vorschein kommt.
                           Das von den alten Glasmalern zur Faͤrbung ihres rothen Glases gebrauchte
                              Farbematerial war Kupferoxydul. Als aber die Glasmalerei nicht mehr betrieben wurde,
                              hoͤrte natuͤrlich auch die davon abhaͤngige Bereitung des
                              rothen Glases auf, und es war alle Kenntniß der Kunst so voͤllig erloschen,
                              daß man glaubte, daß die in Rede stehende Farbe durch Gold hervorgebracht worden
                              sey.Im Jahre 1793 sammelte die franzoͤsische Regierung eine Menge altes
                                    rothes Glas, in der Absicht, das Gold herauszuziehen, womit es, wie man
                                    glaubte, gefaͤrbt sey.
                              
                           Es ist sehr merkwuͤrdig, daß die Kenntniß des Kupferrothes so gaͤnzlich
                              verloren gegangen seyn sollte, obgleich immer gedrukte Recepte vorhanden gewesen
                              sind, welche das ganze Verfahren umstaͤndlich angeben. Battista Porta (geboren um das Jahr 1540) gibt in seiner Magia naturalis ein Recept, und macht zugleich auf die
                              Schwierigkeit des Erfolges aufmerksam. Mehrere Recepte finden sich in den
                              Compilationen von Neri, Merret und Kunckel, aus denen sie in unsere Encyklopaͤdien
                              uͤbergegangen sind. Keins von diesen Recepten sagt jedoch, zu welchen Zweken
                              das rothe Glas angewendet wurde; auch erwaͤhnen sie ganz und gar nichts vom
                              Ueberfangen. Die Schwierigkeit der Kunst besteht in der Neigung des Kupfers, aus dem
                              Zustande des Oxyduls in den des Oxydes uͤberzugehen, in welchem lezteren
                              Falle es das Glas gruͤn faͤrbt. Um es in dem Zustande des Oxyduls zu
                              erhalten, schreiben diese Recepte vor, verschiedene desoxydirende Substanzen in das
                              geschmolzene Glas hineinzuruͤhren, wie z.B. Hammerschlag, Weinstein, Ruß,
                              verfaultes Holz und Zinnober.
                           Ein merkwuͤrdiger Umstand, welcher Beachtung verdient, ist, daß Glas, welches
                              Kupfer enthaͤlt, wenn es aus dem Hafen gebracht wird, bloß eine schwache
                              gruͤnliche Farbe zeigt. In diesem Falle ist jedoch weiter nichts
                              erforderlich, um ihm eine glaͤnzende rothe Farbe zu geben, als daß man es
                              einer gelinden Hize aussezt. Diese Veraͤnderung der Farbe ist um so
                              merkwuͤrdiger, da offenbar keine Veraͤnderung in der Oxydation
                              waͤhrend des Ausgluͤhens Statt gefunden haben kann.
                           Die Kunst des Glasfaͤrbens durch Kupferoxydul und des Ueberfangens auf
                              Kronglas ist vor Kurzem von der Tynecompagnie in England, in Choisy in
                              FrankreichBulletin de la Société d'encouragement
                                       pour l'Industrie Nationale, 1826. und in Deutschland wieder ins Leben gerufen worden, und im Jahre 1827
                              ertheilte die Akademie der Kuͤnste in Berlin einen Preis fuͤr ein
                              unvollkommenes Recept. Bis zu welcher Ausdehnung neuere Glasmaler sich dieser neuen
                              Glassorten bedienen, ist mir unbekannt. Die Proben, welche ich davon gesehen habe,
                              waren so stark gefaͤrbt, daß sie stellenweise ganz undurchsichtig waren. Dieß
                              ist jedoch ein Mangel, dem ohne Zweifel leicht abgeholfen werden kann.Ob es gleich schwierig ist, gleichfoͤrmig gefaͤrbtes Kupferglas
                                    zu bereiten, so ist es leicht, Streifen und Stuͤkchen schoͤnen
                                    durchsichtigen rothen Glases zu erhalten. Man braucht bloß 100 Theile
                                    Kronglas mit einem Theile Kupferoxyd zusammenzuschmelzen, indem man ein
                                    Stuͤk Zinn auf den Boden des Schmelztiegels legt. Wird metallisches
                                    Eisen auf dieselbe Weise wie Zinn dazu angewendet, so erhaͤlt das
                                    Glas eine glaͤnzende Scharlachfarbe, ist aber ganz
                                    undurchsichtig.
                              
                           Am Schluͤsse will ich noch einige Bemerkungen uͤber das durch Schmelzen
                              mit Gold gefaͤrbte Glas mittheilen, das, obgleich es bei Glasmalern niemals
                              in allgemeinen Gebrauch gekommen ist, doch, so viel ich weiß, in einem oder zwei
                              Faͤllen, sowohl auf Kronglas als Flintglas uͤberfangen gebraucht
                              worden ist. Kurz nachher, als die Kunst, kupferrothes Glas zu bereiten, verloren
                              gegangen war, scheint Kunckel die Entdekung gemacht zu
                              haben, daß Gold mit Flintglas geschmolzen im Stande ist, demselben eine
                              schoͤne Rubinfarbe zu ertheilen. Da ihm die Erfindung vielen Gewinn brachte,
                              so hielt er sein Verfahren geheim, und seine Nachfolger haben es bis auf den
                              heutigen Tag eben so gemacht. Jedoch ist diese Kunst seitdem immer nur zu dem Zweke
                              ausgeuͤbt worden, Edelsteine u.s.w.
                           
                           nachzuahmen, und das Glas wurde gewoͤhnlich in Birmingham fuͤr einen
                              hohen Preis unter dem Namen Judenglas verkauft. Die jezt gewoͤhnlichen
                              rosenfarbigen Riechflaͤschchen bestehen aus gewoͤhnlichem Glase,
                              uͤber das eine sehr duͤnne Schichte des in Rede stehenden Glases
                              aufgetrieben ist. Ich selbst habe sehr viele Versuche daruͤber gemacht, und
                              es ist mir voͤllig gelungen, ein schoͤnes carmoisinrothes Glas zu
                              bereiten. Eine Ursache, warum es so Vielen mißlungen istDr.Lewis sagt, daß er ein Mal ein Gefaͤß voll
                                    Glas von schoͤner Farbe bereitet habe, daß es ihm jedoch niemals
                                    wieder zum zweiten Male habe gelingen wollen, obgleich er sich erstaunliche
                                    Muͤhe gegeben und eine Menge von Versuchen in dieser Absicht
                                    angestellt habe., liegt vermuthlich darin, daß sie eine zu große Menge Gold dazu genommen
                              haben; denn es ist ausgemacht, daß eine reichliche Dosis Gold, die einen gewissen
                              Punkt uͤbersteigt, die Farbe nicht verdunkelt, sondern vielmehr
                              gaͤnzlich zerstoͤrt. Eine andere Ursache liegt wahrscheinlich darin,
                              daß bei dem Schmelzen nicht ein hinreichender Hizgrad angewendet wurde. Ich habe
                              gefunden, daß ein Hizgrad, den ich fuͤr stark genug hielt, um Gußeisen zu
                              schmelzen, immer noch nicht stark genug ist, um der Farbe zu schaden. Es scheint, um
                              die Farbe zu erhalten, nothwendig, daß das Glas eine gewisse Menge Bleiglas oder
                              anderes metallisches Glas enthalte. Ich fand, daß Wismuth, Zink und Antimon dem
                              Zweke entsprechen, versuchte es aber vergebens, dem Kronglase allein irgend eine
                              Schattirung dieser Farbe zu ertheilen.
                           Glas, welches Gold enthaͤlt, bietet, wenn es einer gelinden Hize ausgesezt
                              wird, dieselbe sonderbare Veraͤnderung der Farbe dar, die bereits bei dem
                              Kupfer enthaltenden Glase erwaͤhnt worden ist. Wird Erstens aus dem
                              Schmelztiegel genommen, so hat es insgemein eine blasse rosenrothe Farbe, ist jedoch
                              zuweilen so farblos wie Wasser, und nimmt seine Rubinfarbe nicht eher an, bis es
                              einer niedrigen Rothgluͤhhize entweder unter einer Muffel oder an der Lampe
                              ausgesezt worden ist. Bei dieser Operation muß man sich sehr in Acht nehmen, denn
                              das geringste Uebermaaß von Hize zerstoͤrt die Farbe, und gibt dem Glase eine
                              dunkelbraune Farbe, jedoch mit einem blauen Scheine, wie der des Blattgoldes. Diese
                              Veraͤnderungen der Farbe sind ohne bestimmte Gruͤnde einer
                              Veraͤnderung des Oxydationszustandes in dem Golde beigemessen worden; es ist
                              aber offenbar unmoͤglich, daß die bloße Aussezung einer gelinden Hize irgend
                              eine chemische Veraͤnderung in dem Inneren einer festen Glasmasse
                              hervorbringen kann, die bereits eine weit groͤßere Hize ausgehalten hat. Ich
                              habe in der That gefunden, daß metallisches Gold die rothe Farbe eben so wohl als
                              das Oxyd gibt, und es scheint kaum bezweifelt werden zu koͤnnen, daß bei einem so leicht
                              reducirbaren Metalle der ganze Sauerstoff lange vorher ausgetrieben worden seyn muß,
                              ehe das Glas seinen Schmelzpunkt erreicht hat. Es ist schon lange bekannt gewesen,
                              daß Silber dem Glase eine Farbe gibt, waͤhrend es sich im metallischen
                              Zustande befindet, und Alles laͤßt vermuthen, daß es mit dem Golde derselbe
                              Fall sey.
                           Es gibt noch eine andere Substanz, durch die es moͤglich ist, dem Glase eine
                              rothe Farbe zu geben, und das ist eine Zusammensezung aus Zinn, Chromsaͤure
                              und Kalk. Ich habe mich jedoch durch meine Versuche nicht uͤberzeugen
                              koͤnnen, daß so gefaͤrbtes Glas jemals in Gebrauch kommen werde.