| Titel: | Bemerkungen über das Frischen des Eisens. | 
| Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. L., S. 202 | 
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                        L.
                        Bemerkungen uͤber das Frischen des
                           Eisens.
                        Bemerkungen uͤber das Frischen des Eisens.
                        
                     
                        
                           Das Frischen des Eisens hat Aehnlichkeit mit dem Gaarmachen des Kupfers. Der Zwek bei
                              beiden ist, die fremdartigen Bestandtheile zu oxydiren, welche sich dann theils
                              verfluͤchtigen, theils verschlafen, so daß sie nicht mehr nachtheilig auf die
                              Metalle zuruͤkwirken koͤnnen und diese sohin als mehr oder weniger
                              reine Educte erhalten werden. Dieses kann nicht ohne Abgang geschehen, indem es
                              unmoͤglich ist zu verhindern, daß sich nicht zugleich mit den fremdartigen
                              Bestandtheilen ein Theil des Metalls oxydirt und in die Schlafen uͤbergeht;
                              was in einem viel geringeren Maaße beim Kupfer als bei dem weit leichter oxydirbaren
                              Eisen Statt findet.
                           Den Oxydationsproceß so zu leiten, daß der Abgang der moͤglich kleinste wird,
                              ist daher bei diesen Operationen eine Hauptaufgabe, welche besonders beim Frischen
                              des Eisens, woruͤber wir uns hier einige Bemerkungen zu machen erlauben
                              wollen, immer schwer zu loͤsen bleiben wird.
                           Durch die Einfuͤhrung der Flamm- oder Puddeloͤfen ist in dieser
                              Hinsicht unstreitig ein sehr großer Schritt vorwaͤrts geschehen, weil in diesen Oefen das Eisen
                              außer Beruͤhrung mit Kohlen gesezt ist, wodurch beim Frischen in Heerden die
                              Oxydation gestoͤrt wird, und oͤfters mit der Desoxydation abwechseln
                              muß, so daß die schon oxydirten fremdartigen Substanzen zum Theil wieder reducirt
                              und abermals mit dem Eisen in Verbindung gebracht werden. Man hat auch in diesen
                              Oefen mehr als in den Heerden die Operation in seiner Gewalt, und kann bequem
                              allerlei zwekmaͤßig scheinende Zuschlage anwenden, ohne fuͤrchten zu
                              muͤssen, daß ihre gute Wirkung wieder aufgehoben oder gar in eine
                              nachtheilige umgeaͤndert werde.
                           Die Oxydation hat man bisher nur durch die Luft zu bewerkstelligen gesucht, indem man
                              glaubte, daß durch sie hauptsaͤchlich und unmittelbar die Reinigung des
                              Eisens bewirkt werde; allein wenn man bedenkt, daß die Unreinigkeiten durch die
                              ganze Eisenmasse gleichmaͤßig vertheilt sind, und immer, wenn auch
                              oͤfters umgeruͤhrt wird, nur wenig davon mit dem Sauerstoffe der Luft
                              in Beruͤhrung kommen kann; so wird begreiflich, daß sich die Sache nicht ganz
                              so verhalten kann, weil neben den fremdartigen Bestandtheilen zugleich der
                              groͤßte Theil des Eisens verbrannt werden muͤßte. Wir sind der Meinung, daß beim Frischen des Eisens die
                                 Oxydation der fremdartigen Bestandtheile hauptsaͤchlich durch das
                                 Eisenoxyd bewirkt werde, es mag nun dieses durch die Luft oder durch einen
                                 oxydirend wirkenden Zuschlag erzeugt werden.
                           Das Eisenoxyd kann sowohl durch theilweise Oxydation des Eisenoxyduls der Schlafen
                              auf das Maximum (wenn es nicht durch zu viel Kieselerde geschuͤzt ist) als
                              auch des regulinischen Eisens entstehen. Durch Einwirkung der Luft wird aber in
                              beiden Faͤllen nur Eisenoxydoxydul erzeugt, welches offenbar weit weniger
                              wirksam seyn muß, als das vollkommene Eisenoxyd. Wir glauben
                                 daher, daß es am vorteilhaftesten seyn werde, wenn beim Frischen des Eisens im
                                 Puddelofen schon gebildetes Eisenoxyd zugeschlagen wird. Dieses
                              bestaͤtigt auch der gute Erfolg, welchen man in der neuesten Zeit von der
                              Anwendung des Salpeters und Braunsteines beim
                              Eisenfrischen in Erfahrung gebracht hat, wodurch zunaͤchst auch
                              hauptsaͤchlich nur Eisenoxyd erzeugt werden kann. Denn es laͤßt sich
                              nicht annehmen, daß diese Koͤrper mit allen Theilen der Unreinigkeiten des
                              Eisens in Beruͤhrung kommen und sie ganz und gar unmittelbar oxydiren koͤnnen, und dieses um so weniger, da sie bei
                              der hohen Temperatur, welche sie im Ofen antreffen, ihren Sauerstoff sehr schnell
                              abgeben, wovon vermuthlich auch ein Theil wirkungslos davon geht.
                           Das Eisenoxyd, was den Sauerstoff weit staͤrker und laͤnger zuruͤkhaͤlt, als
                              die genannten Koͤrper, wird sich anfaͤnglich groͤßten Theils
                              mit den Schlaken vereinigen, welche es den fremdartigen Bestandtheilen des Eisens
                              zufuͤhren, an die es dann 1/2 Mischungsgewicht seines Sauerstoffs
                              allmaͤhlich abtritt. Beide Theile haben mithin, um uns so
                              auszudruͤken, Zeit, sich gegenseitig aufzusuchen. Damit aber dieses geschehen
                              kann, so ist nothwendig, daß die Schlaken den gehoͤrigen Grad von
                              Schmelzbarkeit besizen und durch oftmaliges Umruͤhren mit dem Eisen gut
                              gemengt werden. Es ist auch rathsam, nicht alles Eisenoxyd, was man anwenden will,
                              auf ein Mal einzutragen, sondern es in mehrere Portionen zu theilen und in gewissen
                              Zeitabschnitten auf einander folgen zu lassen.
                           Mit diesem Zuschlage darf ein gewisses Maaß nicht uͤberschritten werden, weil
                              sonst unnoͤthiger Weise Eisen verbrannt wuͤrde, indem, wie bekannt
                              ist, das Eisenoxyd im Feuer auch an das metallische Eisen 1/2, Mischungsgewicht
                              Sauerstoff abgibt; weßhalb diese zwei Koͤrper nicht lange als solche neben
                              einander im Feuer bestehen koͤnnen, was auch der Grund ist, warum die
                              Frischschlaken immer nur Eisenoxydul enthalten. Ein großer Verlust an Eisen wird bei
                              Anwendung dieses Mittels gewiß nicht zu befuͤrchten seyn, da es den
                              Sauerstoff doch lieber dem Kohlenstoffe, Silicium, Mangan, Phosphor, Schwefel etc.,
                              oder vielmehr ihren Verbindungen mit Eisen, als dem uͤbrigen Eisen
                              uͤberlaͤßt; ja wir moͤchten fast glauben, daß, wenn
                              uͤberhaupt gehoͤrig verfahren wird, durch dieses Mittel das Minimum
                              von Abgang erzielt werden koͤnne.
                           Daß zu diesem Zweke das Eisenoxyd nicht eigens dargestellt zu werden braucht,
                              moͤchte sich wohl von selbst verstehen; es werden dazu die meisten
                              Paritaͤten des natuͤrlichen Eisenoxyds oder Eisenoxydhydrats geeignet
                              seyn, wenn sie nur keinen Schwefels oder Arsenikkies enthalten. Ein geringer Gehalt
                              von Phosphorsaure wird wahrscheinlich nicht schaden, da sie ohne weiteres in die
                              Schlaken uͤbergeht. Die Gegenwart von Kiesel- und Thonerde (Thon) wird
                              eher nuͤzlich als schaͤdlich seyn, weil sie die Schlaken
                              leicht-fluͤssig machen. Es wird daher keinem rationellen
                              Eisenhuͤttenmanne schwer fallen, von den ihm zu Gebote stehenden Eisensteinen
                              diejenige Sorte herauszufinden, welche zu diesem Zweke die geeignetste ist. Bei
                              mancher Huͤtte wird der naͤmliche Eisenstein, welcher auf Eisen
                              verschmolzen wird, auch zum Raffiniren desselben dienen koͤnnen, und sohin
                              das wohlfeilste Verbesserungsmittel abgeben. Daß er zuvor pulverisirt und gut
                              getroknet werden muß, braucht kaum erinnert zu werden.
                           Beim Frischen des Eisens ist auch schon oͤfters Kalk angewendet und vorteilhaft gefunden worden. Als Aezkalk kann er, wenn hinreichende Kieselerde
                              vorhanden ist, viel zur Schmelzbarkeit der Schlaken beitragen, und die
                              Phosphorsaure, mit welcher er naͤher verwandt ist als das Eisenoxydul,
                              staͤrker binden, als sie von diesem gebunden wird, so daß sie dann nicht
                              wieder nachtheilig auf das Eisen zuruͤkwirken kann. Da der Kalk auch naher
                              mit der Kieselerde verwandt ist als das Eisenoxydul, so kann er dieses wenigstens in
                              so weil frei machen, daß es in den Stand gesezt wird, den Sauerstoff, welcher ihm
                              durch einen oxydirenden Zuschlag oder die Luft zugefuͤhrt wird, leichter
                              anzuziehen, um ihn sofort zur Reinigung des Eisens zu verwenden. Gegen die Anwendung
                              des Kalks laͤßt sich also uͤberhaupt nichts einwenden, wiewohl er
                              nicht immer anzurathen seyn moͤchte, besonders dann nicht, wenn nur wenig
                              Kieselerde vorhanden ist, weil dann die Schlafen zu strengfluͤssig werden
                              muͤßten. In diesem Falle wird thonhaltiger
                                 Kalkstein oder Mergel weit bessere Dienste
                              leisten als reiner Kalk; wobei sich auch noch ein anderer Vortheil von Seite der
                              darin enthaltenen und im Feuer freiwerdenden Kohlensaͤure versprechen laͤßt. Diese Saͤure besizt
                              bekanntlich die Eigenschaft in starker Hize Kohlenstoff
                                 aufzuloͤsen, so wie auch verschiedene Koͤrper, besonders
                              diejenigen, welche das Eisen verunreinigen, zu oxydiren, wobei sie in
                              Kohlenstoffoxydgas umgewandelt wird; es moͤchte daher kaum zu bezweifeln
                              seyn, daß sie zur Reinigung des Eisens viel beitragen koͤnne. Das einzige
                              Bedenken moͤchte dabei seyn, daß sie sich zu rasch entwikele und deshalb
                              keine merkliche Wirkung auszuuͤben im Stande sey. Allein wenn man
                              erwaͤgt, daß eine große und anhaltende Hize dazu gehoͤrt, um alle
                              Kohlensaͤure aus dem Kalksteine auszutreiben, so wird man wohl annehmen
                              duͤrfen, daß auch im Frischfeuer wenigstens ein Theil davon so lange
                              zuruͤkgehalten werde, als noͤthig ist, die beabsichtigte Wirkung zu
                              machen. Dazu gehoͤrt aber, daß der kohlensaure Kalk, nachdem er pulverisirt
                              und gut ausgetroknet worden ist, in mehreren Portionen eingetragen und jedes Mal
                              schnell in die Eisen- und Schlakenmasse eingeruͤhrt wird. Hiebei wird
                              ein mehr oder weniger starkes Aufbrausen Statt finden, und es werden durch die sich
                              entwikelnde Kohlensaͤure viele Blasen in der Masse entstehen, wodurch sie
                              aufgetrieben wird; und in diesen Blasenraͤumen wird die Kohlensaͤure
                              hinlaͤngliche Zeit haben, ihre Function zu wachen, um so mehr, da ihr
                              zugleich eine bedeutende Oberflaͤche dargeboten wird. Einiger Verlust an
                              Eisen ist dabei unvermeidlich, weil die Kohlensaͤure in der Gluͤhhize
                              auch an dieses Metall Sauerstoff abgibt.
                           Natuͤrliches Eisenoxyd oder Eisenoxydhydrat wird sich wahrscheinlich nebst
                              Mergel zugleich mit Vortheil anwenden lassen, und man durfte mithin in manchem Mergeleisensteine den geeignetsten Zuschlag beim
                              Verfrischen des Eisens finden.
                           Ueber den Werth oder Unwerth dieser Bemerkungen koͤnnen nur Versuche
                              entscheiden, welche wir aber selbst anzustellen nicht in der Lage sind. Da dabei
                              wenig oder nichts auf das Spiel gesezt wird, so hoffen wir, daß sie irgend ein
                              Huͤttenmann machen und so gefaͤllig seyn werde, uns die Resultate
                              mitzutheilen.