| Titel: | Beschreibung einer neuen rotirenden Dampfmaschine. Von Hrn. J. Woodhouse in Kilburn. | 
| Fundstelle: | Band 67, Jahrgang 1838, Nr. XXVIII., S. 94 | 
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                        XXVIII.
                        Beschreibung einer neuen rotirenden
                           Dampfmaschine. Von Hrn. J.
                              Woodhouse in Kilburn.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No. 728, S.
                              242.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Woodhouse's rotirende Dampfmaschine.
                        
                     
                        
                           So wenig die vielfach ausgesprochenen Zweifel uͤber die praktische
                              Ausfuͤhrbarkeit rotirender Dampfmaschinen auch Aufmunterung zur weiteren Verfolgung dieses
                              Zieles gewaͤhren moͤgen, so sind doch andererseits die Vortheile, die
                              aus einer endlichen Erreichung desselben erwachsen muͤßten, zu anlokend, als
                              daß nicht immer neue Vorschlaͤge zu Tage kommen sollten. Zu diesen
                              gehoͤrt nun auch der meinige, der, wenn er sich bewahrt, eine Maschine
                              bezweken wuͤrde, welche folgende Vortheile bietet: 1) eine directe rotirende
                              Bewegung; 2) eine Ausgleichung der Kraft; 3) eine leichter zu erzielende
                              Geschwindigkeit; 4) eine bedeutende Raumersparniß; 5) Verhuͤtung von
                              Erschuͤtterungen; 6) groͤßere Leichtigkeit der Umkehrung der
                              Bewegung.
                           In Fig. 17 ist
                              I die centrale oder fixirte Achse, durch welche die Triebkraft zu- und
                              abstroͤmt; II ein Cylinder; III die Scheidewaͤnde oder Schieber; IV
                              ein excentrischer Fuͤhrer; V ein Zahnrad, welches an dem Cylinder befestigt
                              ist und mit ihm umlaͤuft; VI Kurbeln und Stangen; VII die Treibwelle, die an
                              irgend einer geeigneten Stelle angebracht seyn kann, und deren auch zwei oder
                              mehrere vorhanden seyn koͤnnen.
                           Wenn man durch die Achse I die Triebkraft einwirken laͤßt, so uͤbt sie
                              ihren Druk gegen den Stuͤzpunkt sowohl, als auch gegen andere Theile aus. Da
                              jedoch ersterer fixirt ist, und mithin nach jeder Richtung einen bleibenden
                              Widerstand bietet, so druͤkt die Triebkraft gegen die Scheidewand, welche, da
                              sie in die Seitentheile des Cylinders eindringt und auch auf andere Weise daran
                              befestigt ist, diesen lezteren veranlaͤßt sich umzudrehen, womit zugleich
                              auch das Zahnrad, das Getrieb und die Treibwelle in Bewegung kommen. Diese rotirende
                              Bewegung bedingt die Wechselbewegung der Scheidewaͤnde, so daß jede derselben
                              abwechselnd die Kammer des Cylinders gegen den Eintritt der Triebkraft versperrt,
                              bevor die andere entleert ist. Mit einer Kurbel stehen zwei Schieber oder Rollen,
                              die sich in den excentrischen Fuͤhrern bewegen, in Verbindung; und diese
                              Fuͤhrer sind ihrerseits mit einer Stange und einem Schieber verbunden, der in
                              jedem der Seitenstuͤke des Cylinders in Falzen laͤuft. An diesem
                              Schieber ist eine Stange befestigt, welche durch kleine Liederungsbuͤchsen
                              (Fig. 18)
                              in das Gehaͤuse der Scheidewand fuͤhrt, und an diese selbst befestigt
                              ist. Das Ganze steht daher auf solche Weise mit einander in Verbindung, daß es
                              unmoͤglich in Unordnung gerathen kann, wie rasch auch die Bewegung der
                              Maschine seyn mag. Durch Anwendung der Gehaͤuse an den Scheidewaͤnden
                              soll ein großer Theil der Reibung verhuͤtet werden, indem dieselben keine
                              Liederung erfordern und sich an den Seitenstuͤken des Cylinders frei auf und
                              nieder bewegen.
                           Man kann zwar einwenden, daß dadurch, daß die Maschine bestaͤndig in Spannung
                              (force) ist, ein Verlust an Kraft erwaͤchst;
                              allein dagegen dringt
                              sich sogleich die Frage auf, ob denn dadurch nicht die Geschwindigkeit
                              erhoͤht und mithin ein großer Zwek erreicht wird? Die Ausdehnung des Dampfes
                              in einem Cylinder kann nach Allem nur eine Verminderung seiner Kraft seyn; mithin
                              kann eine Maschine, welche keine solche Ausgleichung ihrer Maͤngel erfordert,
                              allerdings Anspruͤche auf Nuͤzlichkeit und in manchen Faͤllen
                              selbst auf Superioritaͤt machen. Diesen Einwurf uͤbrigens bei Seite
                              gelassen, ist die Maschine jedoch auch einer solchen Ausgleichung faͤhig,
                              wenn eine erforderlich ist; denn die Triebkraft laͤßt sich bei jedem Hube
                              ganz oder zum Theil absperren. Eine gleichmaͤßige Bewegung ist zu jeder Zeit
                              wuͤnschenswerth, und die Vermeidung von Erschuͤtterung ist sowohl
                              fuͤr den Kessel als fuͤr alle uͤbrigen Theile der Maschinerie,
                              namentlich an Locomotivmaschinen, von hoher Wichtigkeit. Wer nur einige Zeit auf
                              Dampfbooten zugebracht hat, dem wird nicht entgangen seyn, welche zitternde Bewegung
                              durch die Ungleichartigkeit der Kraft der Maschine erzeugt wird, und welche
                              ungeheure Gewalt auch auf die Achse wirkt.
                           Fig. 17
                              erlaͤutert das Princip der Maschine, an welcher der Deutlichkeit wegen das
                              Seitentheil des Cylinders weggelassen ist. Man sieht hier den Stuͤzpunkt mit
                              der Reibungsplatte; aͤhnliche lassen sich auch an jedem Ende anbringen. Am
                              Grunde des Falzes kann etwas Liederung eingelegt werden; doch erfordern die Platten
                              dieß nicht durchaus, wenn sie gut verfertigt sind. Die breite Oberflaͤche
                              wird sowohl durch den Druk des Dampfes, als auch durch ihre eigene Schwere gegen die
                              Oberflaͤche des Cylinders angehalten, und deren Abnuͤzung wird sogar
                              zur groͤßeren Genauigkeit ihrer Bewegung beitragen. Die Scheidewaͤnde
                              beduͤrfen gar keiner Liederung; denn wenn der Falz in dem Seitenstuͤke
                              des Cylinders, Fig.
                                 20, mit Genauigkeit verfertigt ist, so wird er, wenn die Platte oder der
                              Schieber an ihn klappt, keine Triebkraft entweichen lassen. Die Fuͤhrwalzen
                              werden die Scheidewaͤnde gut gegen die mittlere Achse angedruͤkt
                              erhalten; und um diesen Druk noch weiter zu reguliren, kann man, wenn man es
                              fuͤr noͤthig haͤlt, auch noch Federn anbringen.
                           Fig. 18 ist
                              ein Durchschnitt des Cylinders etc., woraus man die Walze und die mit den
                              Scheidewaͤnden in Verbindung stehenden Stangen, so wie auch die Art und
                              Weise, auf welche die Scheidewaͤnde in den Falzen des Cylinders liegen,
                              ersieht.
                           Aus Fig. 19
                              erhellt der excentrische Fuͤhrer und die Verfertigungsweise der beiden
                              halbkreisfoͤrmigen Stuͤke sowohl, als der Verbindungsstuͤke.
                              Nach dieser Methode laͤßt sich jedes Excentricum von beliebigen Dimensionen
                              mit mathematischer Genauigkeit anfertigen.
                           Fig. 20 ist
                              ein Durchschnitt des Seitentheiles des Cylinders mit dem Falze, in welchem die
                              Scheidewand ruht, und mit dem aͤußeren Falze, in welchem sich der Schieber,
                              welcher der Stange der Scheidewand Staͤtigkeit gibt, bewegt.
                           Da diese Maschine zu mannigfachen Zweken angewendet werden kann, so laͤßt sich
                              deren Gestell mannigfach modificiren. Wenn z.B. eine Locomotive fuͤr
                              Eisenbahnen mit einer solchen auszustatten ist, so koͤnnen die beiden Achsen
                              oder Wellen die Achsen der Raͤder bilden, und gleichzeitig ohne Anwendung
                              weiterer Mittel in Bewegung gesezt werden. In diesem Falle muͤßte sich die
                              Maschine in der Mitte des Wagens befinden, wo sie dann nicht uͤbel aussehen
                              wuͤrde.
                           So viel mir bekannt ist, ist meine ganze Maschine neu; da jedoch vor mir schon so
                              zahlreiche Concurrenten auftraten, so ist es wahrscheinlich, daß man mehrere
                              aͤltere Theile daran erkennen duͤrfte. Meine Anspruͤche beruhen
                              hauptsaͤchlich auf dem excentrischen Fuͤhrer und auf der Verbindung
                              der Rollen mit den Scheidewaͤnden, wodurch eine unwandelbare Hin- und
                              Herbewegung unterhalten und alle Moͤglichkeit, daß etwas in Unordnung
                              gerathen koͤnnte, verhuͤtet ist.
                           Die lineare Reibung einer Maschine von 10 Pferdekraͤften ist an einer
                              rotirenden Dampfmaschine 142,81, an einer Maschine mit Wechselbewegung bei gleicher
                              Kraft hingegen 146,72, so daß das Verhaͤltniß zu Gunsten der neuen Erfindung
                              ist. Ich zweifle daher kaum an dem Gelingen meiner Maschine, wenn dieselbe gut
                              gebaut ist.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
