| Titel: | Ueber die Heizung der Wohnungen mit Gas. | 
| Fundstelle: | Band 67, Jahrgang 1838, Nr. XXXIX., S. 150 | 
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                        XXXIX.
                        Ueber die Heizung der Wohnungen mit
                           Gas.
                        Aus dem Paisley Advertiser im Mechanics' Magazine No.
                              747.
                        Ueber die Heizung der Wohnungen mit Gas.
                        
                     
                        
                           Indem wir hier Einiges uͤber die Heizung der Wohnungen mit Gas mittheilen,
                              wollen wir den einfachsten Fall annehmen, naͤmlich den, daß man das Feuer in
                              einem gewoͤhnlichen, sogenannten Carronroste (Carron-Grate) auf der uͤblichen Feuerstelle braucht. In
                              diesem Falle nun, in welchem vorlaͤufig zu bemerken ist, daß das Luftloch
                              verschlossen seyn muß, kommt Folgendes zu beruͤksichtigen.
                           I. Dekplatte. Man verschafft sich ein Eisenblech von der
                              Gestalt und Groͤße der Muͤndung des Rostes. Der vordere Theil dieser
                              Platte kann von der vorderen Roststange getragen werden, der Ruͤken hingegen
                              auf irgend eine andere bekannte Weise. In die Mitte dieser Platte soll ein
                              kreisrundes Loch von solcher Groͤße geschnitten seyn, als zur Aufnahme des
                              anzuwendenden Cylinders noͤthig ist.
                           II. Zufuͤhrung des Gases. Man leite eine
                              Gasroͤhe unter dem Roste an den Herdstein, kruͤmme deren Ende nach
                              Aufwaͤrts, so daß es zwischen zweien der Bodenstangen hindurch geht, und
                              gegen die Mitte des Loches der Dekplatte gerichtet, um 2 oder 3 Zoll uͤber
                              den Boden des Rostes emporragt. Sehr geeignet ist es auch, das Gas in einer
                              biegsamen Roͤhre dahin zu leiten, wo man seiner bedarf. Wenn das Ende dieser
                              Roͤhre von einem Leuchter oder einem anderen Traͤger gehoͤrig
                              unterstuͤzt ist, so kann es, wenn man ein Feuer aufgezuͤndet haben
                              will, in den Cylinder gefuͤhrt, oder wenn man bloß Licht haben will, auf
                              das Kamingesims gesezt werden. Auf diese Weise laͤßt sich auch der
                              Gascylinder in eine verzierte metallene Saͤule anstatt in den Rost einsezen,
                              und an jeden beliebigen Theil des Gemaches, bis zu welchem sich die biegsame.
                              Roͤhre erstrekt, bringen.
                           III. Gascylinder. Man verschaffe sich ein Stuͤk
                              einer Ofenroͤhre aus Eisenblech von 3 bis 8 Zoll im Durchmesser. Ein
                              Durchmesser von 4 oder 5 Zoll wird wahrscheinlich fuͤr ein Gemach von 15 Fuß
                              im Gevierte hinreichen. Diese Rohre, welche beilaͤufig um einen halben Zoll
                              laͤnger seyn soll, als die Entfernung von der Dekplatte bis zum Boden des
                              Rostes, – eine Entfernung, die in den meisten Faͤllen von 8 bis zu 10
                              Zoll betraͤgt, – bedeke man an dem einen Ende mit einem Stuͤke
                              feinen Drahtgewebes, so wie man sich seiner zu den Davy'schen Patent Sicherheitslampen bedient. Dieses Drahtgitter wird mittelst
                              eines kleinen eisernen Ringes, der den Cylinder fest umgibt, an Ort und Stelle
                              erhalten. Diesen Cylinder seze man durch das in der Dekplatte befindliche Loch ein,
                              so daß er auf dem Boden des Rostes aufruht, waͤhrend die Gasroͤhre,
                              die das Gas ausstroͤmen laͤßt, in ihn hineinragt. Wenn man dann den
                              Sperrhahn geoͤffnet, so zuͤnde man das Gas an, aber nicht da, wo es
                              aus dem Brenner austritt, sondern uͤber dem Drahtgitter. Wenn zu wenig Gas in
                              den Cylinder eintritt, so wird sich's nicht entzuͤnden; ist der Zufluß
                              dagegen zu groß, so wird die Flamme weiß anstatt blau erscheinen, und im
                              Verhaͤltnisse zu dem Verbrauche an Gas nicht hinreichend Hize geben.
                           IV. Anwendung von Kalk. Wenn Kalk durch Anwendung von
                              Wasser geloͤscht oder in Pulver verwandelt und durch ein Sieb getrieben wird,
                              so findet man rund um den Haufen herum mehrere kleine Kugeln von der Groͤße
                              kleiner Schusser. 10 oder 12 dieser Kugeln auf das Drahtgitter gelegt, bekommen
                              schnell eine hellrothe Farbe, und geben dem Feuer ein viel schoͤneres
                              Aussehen, als es sonst haben wuͤrde. Diese Stuͤke dauern mehrere Tage,
                              werden taͤglich um etwas weniges kleiner, und koͤnnen nach Belieben
                              erneuert werden.
                           V. Ruͤkkehr zum Kohlenfeuer. Sollte das Gasfeuer
                              bei sehr kalter Witterung nicht genug Waͤrme geben, oder sollte dasselbe aus
                              irgend einem Grunde nicht belieben, so kann man augenbliklich wieder zum Kohlenfeuer
                              zuruͤkkehren. Man braucht zu diesem Zwek nur das Luftloch zu oͤffnen,
                              und die Dekplatte sowohl als den Gascylinder zu entfernen, was in einer Minute
                              geschehen ist.
                           VI. Verbrauch an Gas und Nuzeffect. Mit einem Cylinder von
                              3 1/2 Zoll im Durchmesser betraͤgt das stuͤndlich verbrauchte Gas 6
                              oder 7 Kubikfuß, was 6 oder 7 einfachen Brennern von 4 Zoll Hoͤhe gleich ist. Da
                              bei uns die 1000 Fuß Gas 8 Sch. 6 D. kosten, so gibt dieß einen halben Penny und
                              drei Farthings auf die Stunde. Ein Kubikfuß Gas bringt mit einem Cylinder von der
                              oben angegebenen Groͤße und in einem zinnernen Gefaͤße von 5 Zoll im
                              Durchmesser und 3 Zoll Tiefe ein Quart Wasser in 10 Minuten zum Sieden. Ob dieselbe
                              Quantitaͤt Gas denselben Nuzeffect gibt, wenn sie in der Haͤlfte oder
                              in dem vierten Theile der angegebenen Zeit verbrannt wird, konnten wir nicht
                              ermitteln.
                           VII. Vermehrung der Hize. Wenn man oben auf das Feuer
                              einen 8 bis 10 Zoll oder daruͤber langen eisernen Cylinder von solchem
                              Durchmesser sezt, daß er den zur Befestigung des Drahtgitters dienenden Ring
                              umschließt, so wird das Feuer lebhafter brennen, gleich wie die hohen Schornsteine
                              auf den Dampfbooten einen staͤrkeren Zug erzeugen. Um wie viel Gas hiebei
                              mehr verbrannt wird, koͤnnen wir nicht angeben.
                           VIII. Nachtheile des Gasfeuers. 1) aus §. 6 ergibt
                              sich, daß das Gasfeuer theurer zu stehen kommt, als das Steinkohlenfeuer, was ein
                              sehr gewichtiger Einwurf ist. 2) die oben erwaͤhnte Quantitaͤt gibt
                              keine so große Hize, wie ein maͤßiges Steinkohlenfeuer. 3) es sieht nicht so
                              angenehm aus. 4) es verbreitet einen schwachen schwefeligen Geruch, gleich wie man
                              ihn bemerkt, wenn man eine Schaufel voll heißer Loͤschkohlen eine Zeit lang
                              in der Mitte eines Gemaches stehen laͤßt. 5) endlich duͤrfte man es
                              nicht fuͤr raͤthlich halten, die Heizung eines Hauses und die
                              Herstellung eines Mittagmahles von einer Feuerung abhaͤngig zu machen, auf
                              die viele Umstaͤnde so großen Einfluß uͤben koͤnnen. Eine
                              Verminderung des Drukes an dem Gaswerke koͤnnte hinreichen, um Hunderten zur
                              bestimmten Stunde nur ein halb gar gekochtes Mahl zu bereiten.
                           IX. Vortheile der Gasfeuerung. 1) alle die
                              Muͤhseligkeiten, welche das Anzuͤnden eines Kohlenfeuers, dessen
                              Unterhaltung und die Beseitigung der Asche mit sich bringen, fallen weg. 2) die
                              Teppiche und die uͤbrige Einrichtung des Gemaches werden nicht staubig, wie
                              dieß sonst bei Anwendung der Schuͤreisen zu geschehen pflegt. 3) in jenen
                              Faͤllen, in denen man den Schornsteinen keinen guten Zug geben kann, gewahrt
                              diese Feuerung entschiedene Abhuͤlfe. 4) in Zimmern, in denen sich keine
                              Feuerstellen befinden, ist sie von unbestreitbarem Nuzen. 5) da, wo man schnell
                              eines Feuers bedarf, gibt es nichts besseres, und oft kann mit Gasfeuerung ein
                              Fruͤhstuͤk bereitet seyn, bevor man im Stande gewesen waͤre,
                              ein Kohlenfeuer auch nur gehoͤrig aufzuzuͤnden. 6) bei der Sommerhize,
                              wo die Feuerhize so laͤstig ist, ist die Gasfeuerung zum Kochen sehr
                              angenehm, weil das Feuer nicht eher angezuͤndet zu werden braucht, als bis
                              man seiner bedarf,
                              und weil dasselbe unmittelbar darauf wieder ausgeloͤscht werden kann. Bei
                              diesem haushaͤlterischen Gebrauche verschwinden zum Theil auch die Nachtheile
                              der groͤßeren Kosten.
                           Hienach wird Jedermann so ziemlich im Stande seyn zu beurtheilen, ob er sich der
                              neuen Feuerung mit Vortheil bedienen kann oder nicht.