| Titel: | Beschreibung eines mit Steinkohlen zu heizenden Gypsofens. Von Hrn. Scanegatty. | 
| Fundstelle: | Band 67, Jahrgang 1838, Nr. LIV., S. 193 | 
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                        LIV.
                        Beschreibung eines mit Steinkohlen zu heizenden
                           Gypsofens. Von Hrn. Scanegatty.
                        Aus dem Journal des connaissances usuelles. Junius
                              1837, S. 254.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Scanegatty's Gypsofen.
                        
                     
                        
                           Die Zubereitung, welche man dem Gypse gibt, um ihn zum alltaͤglichen Gebrauche
                              geeignet zu machen, besteht darin, daß man ihm 19 Procent Krystallisationswasser
                              entzieht, und zwar durch das sogenannte Brennen. Gay-Lussac fand, daß dieses Brennen bei einer Temperatur von
                              150° vollbracht werden koͤnne, und daß es daher keiner so bedeutenden
                              Hize bedarf, wie man gewoͤhnlich glaubt. Payen,
                              der die Graͤnzen, innerhalb welcher das Brennen vortheilhaft geschehen
                              koͤnne, zu bestimmen suchte, fand, daß das Brennen bei 80° des
                              100gradigen Thermometers Statt finden koͤnne; daß aber der Gyps eine
                              Veraͤnderung erleide und seine Plasticitaͤt verliere, wenn man ihn
                              weiter als zum Rothbraungluͤhen erhizt. In lezterem Falle wird er
                              naͤmlich sandig und unfaͤhig, die 19 Procent Wasser, die ihm zur
                              Krystallisation fehlten, wieder zu absorbiren. Es ist demnach ein Leichtes, den Gyps
                              bei gehoͤriger Temperatur zu brennen; denn man hat einen Spielraum von der
                              Temperatur des
                              siedenden Wassers an bis zum dunkeln Rothgluͤhen.
                           Wir geben hier die Beschreibung eines mit Steinkohlen zu heizenden Gypsofens, an dem
                              wir einige neue Einrichtungen angebracht haben, und der auch sehr genuͤgende
                              Resultate gab.
                           Unser Ofen, in welchem 220 Kubikfuß Gyps gebrannt werden koͤnnen, hat einen
                              kubischen Inhalt von 325 Fuß; denn es muͤssen beim Einrichten des Gypses
                              fuͤr den Durchzug und die Circulation der Flamme Raͤume gelassen
                              werden. An dem in Fig. 12 ersichtlichen Aufrisse des Ofens ist A die Thuͤr zum Feuerherde; B der
                              Eingang des Zugloches; C eine Eisenplatte, welche oben
                              die Deke des Ofens bildet, und an der sich der Schornstein befindet. Bei D, D, D bemerkt man die Luftloͤcher oder
                              Register, die zur Regulirung des Feuers dienen.
                           In Fig. 13
                              sieht man den Ofen von Oben und im Perspektive betrachtet. Hier ist A die Oeffnung in der Mitte der Kuppel oder
                              Woͤlbung; B eine an dieser Woͤlbung
                              angebrachte Stiege, welche den Dienst erleichtert. C, C,
                                 C sind die Luftloͤcher oder Register, welche zur Regulirung des
                              Feuers dienen. D ist das Gewoͤlbe des
                              Feuerherdes, und E der obere Theil des Zugloches.
                           Fig. 14 zeigt
                              den Ofen mit dem Feuerherde in einem durchschnittlichen Aufrisse. A ist der Feuerherd; B die
                              unter dem Roste befindliche Aschengrube; C das Zugloch;
                              D die zum Herde fuͤhrende Thuͤr; E die Oeffnung, durch welche die Flamme aus dem
                              Feuerherde unter das Gewoͤlbe des Ofens eintritt; F der Boden des Gewoͤlbes, der die Flamme circuliren laͤßt;
                              G die Oeffnung, durch die man den Ofen bedient; H eine Oeffnung, bei der die Fuͤllung des Ofens
                              gaͤnzlich vollbracht wird, und die mit der Platte und dem darauf gesezten
                              Schornsteine M bedekt ist. Die durch die Dike des
                              Gewoͤlbes gehenden Zugloͤcher sieht man hier bei J, J, J. Das Loch L dient
                              zur Reinigung des unter dem Gewoͤlbe befindlichen Raumes und zur Entfernung
                              des Gypses, der allenfalls durch die Loͤcher des Gewoͤlbes gefallen
                              seyn konnte. Die Buchstaben O, O bezeichnen die Dike der
                              Waͤnde, und P, P ist ein durchbrochenes
                              Gewoͤlbe, auf welches die Gypssteine gelegt werden, und welches auf den
                              Einziehungen N, N ruht. K, K
                              ist der leere Raum, der mit dem zu brennenden Gypse ausgefuͤllt wird. Wenn
                              man also auf dem Roste A Steinkohlen aufzuͤndet,
                              so wird die durch das Luftloch C einstroͤmende
                              Luft die Flamme durch die Oeffnung E treiben, damit sie
                              in dem Raume F circulire und dann durch die Oeffnungen
                              des Gewoͤlbes P, P entweiche, um den Gyps zu
                              brennen.
                           Fig. 15 zeigt
                              einen horizontalen Durchschnitt des Ofens. Den Rost sieht man hier bei A; den
                              Boden bei B; das Zugloch bei C; die Oeffnung, durch welche die Flamme unter das Gewoͤlbe
                              eintritt, bei D; die Einziehung, auf der das
                              Gewoͤlbe ruht, bei E; die zur Reinigung des
                              Raumes unter dem Gewoͤlbe dienende Oeffnung bei G; und die Mauern des Ofens bei O, O.
                           Um nun diesen Ofen zu fuͤllen, schafft man durch die Oeffnung G so viele rohe Gypsbloͤke hinein, als man kann,
                              und verschließt dann die Oeffnung mit Baksteinen und Thon, oder mit Erde, der etwas
                              Gyps beigemengt worden ist. Die gaͤnzliche Fuͤllung wird durch die mit
                              H bezeichnete Oeffnung bewerkstelligt. Nach
                              gaͤnzlich vollbrachter Fuͤllung zuͤndet man auf dem Herde ein
                              Feuer auf, wo man dann mit der Feuerung so lange fortfaͤhrt, bis der bei den
                              Registern austretende Rauch nicht mehr feucht ist. Man uͤberzeugt sich hievon
                              leicht mittelst eines polirten, kalten Koͤrpers. Sezt der Rauch keine
                              Feuchtigkeit mehr ab, so verschließt man alle Ausgaͤnge des Ofens auf das
                              Genaueste; und wenn sie 12 bis 15 Stunden in diesem Zustande belassen worden sind,
                              so oͤffnet man sie, wo man dann den Gyps vollkommen gebrannt finden wird.
                           Der auf diese Weise gebrannte Gyps hat einige Vorzuͤge vor dem mit Holz und
                              Torf gebrannten. Er ist weißer, verwandelt sich unter der Stampfe in ein viel
                              feineres Pulver, und die damit verfertigten Figuren, Vasen u. dergl. bekommen mehr
                              Weiße, mehr Haͤrte und mehr Klang. Man hat dem mit Steinkohlen gebrannten
                              Gypse den Vorwurf gemacht, daß er so aͤzend werde, daß er den damit
                              beschaͤftigten Arbeitern schaͤdlich wird. Bei unserer Methode ereignet
                              sich dieß nie, und nie hoͤrten wir, daß unser Gyps selbst zarte
                              Frauenzimmerhaͤnde bei lange fortgeseztem Kneten mehr angegriffen
                              haͤtte, als der mit Holz gebrannte Gyps dieß zu thun pflegt.
                           Wir fuͤgen der hier gegebenen Beschreibung, unseres Ofens nur noch einen
                              Auszug aus dem Berichte bei, den die HH. Sage,
                                 Vandermonde und Monge der Akademie uͤber
                              denselben erstatteten.
                           Der Gypsstein wird, wenn er hinlaͤngliche Zeit uͤber der Hize ausgesezt
                              gewesen ist, und wenn er Alles oder beinahe alles Krystallisationswasser verloren
                              hat, so zerreiblich, daß er sich leicht in ein sehr feines und sehr weißes Pulver
                              verwandeln laͤßt. Dieser gebrannte Gyps besizt eine große Neigung das ihm
                              entzogene Krystallisationswasser wieder anzuziehen, und thut dieß auch wirklich,
                              wenn er unter Umstaͤnde, die hiezu guͤnstig sind, gebracht wird. Daher
                              kommt es auch, daß gebrannter Gyps sich an der freien Luft loͤscht, und nach
                              und nach in gewoͤhnlichen Gyps verwandelt.
                           Wenn man frisch gebranntes Gypspulver ploͤzlich mit etwas mehr Wasser uͤbergießt,
                              als ihm durch das Brennen entzogen wurde, so wird dieses Wasser ziemlich rasch
                              absorbirt. Dabei erlangt der damit geformte Teig eine bedeutende Haͤrte,
                              waͤhrend zugleich auch eine merkliche Temperaturerhoͤhung Statt
                              findet. Koͤnnte das Brennen des Gypses im Großen mit derselben Sorgfalt
                              geschehen, wie bei Laboratoriumsversuchen; und ließe sich die Operation so leiten,
                              daß nur Alles oder beinahe alles Krystallisationswasser und nichts anderes mit
                              verfluͤchtigt wuͤrde, so wuͤrde der Gyps nicht nur viel besser
                              ausfallen, sondern man koͤnnte ihn auch, nachdem er bereits verwendet worden
                              ist, abermals brennen. Im Großen ist es jedoch schwer, der ganzen, in den Ofen
                              gebrachten Masse eine solche Temperatur zu geben, daß ihr das Krystallisationswasser
                              entzogen wird, ohne daß sie durch und durch oder auch nur in den dem Feuerherde
                              zunaͤchst liegenden Stuͤken zum Gluͤhen kommt. Die
                              uͤberhizten Theile verlieren aber nicht nur ihr Krystallisationswasser,
                              sondern auch noch einen Theil ihrer Saͤure, was man an dem Geruch nach
                              schwefeliger Saͤure, der dem aus den Gypsoͤfen entweichenden Rauche
                              eigen ist, erkennt. Die Folge hievon ist: 1) daß der hiedurch entstehende und im
                              Gypse verbreitete Aezkalk nicht anders erhaͤrten kann, als durch
                              allmaͤhliche Anziehung von Kohlensaͤure aus der Luft, und daß also der
                              Gyps nicht so schnell erhaͤrtet, als dieß sonst, wenn er rein ist, durch die
                              profuse Krystallisation zu geschehen pflegt. 2) daß man den Gyps nicht ein zweites
                              Mal anwenden kann; denn bei einem zweiten, auf gleiche Weise vollbrachtem Brennen
                              wird abermals eine Quantitaͤt Gyps zersezt, so daß der eben geruͤgte
                              Fehler in noch weit hoͤherem Grade eintritt.
                           Es waͤre demnach sehr wuͤnschenswerth, daß das Brennen des Gypses mit
                              groͤßerer Sorgfalt geschaͤhe; besonders wenn dieß ohne
                              Kostenvermehrung moͤglich ist. Hr. Scanegatty
                              sucht dieß durch einen eigens gebauten Ofen, durch gehoͤrige Regulirung des
                              Feuers zu erreichen, wobei er der Wohlfeilheit wegen Steinkohlen anstatt des Holzes
                              als Brennmaterial anzuwenden vorschlaͤgt. Die Hize laͤßt sich in
                              diesem Ofen beinahe auf dieselbe Weise dirigiren, wie in den gewoͤhnlichen
                              Kohlenmeilern: d.h. man oͤffnet die Register an jener Seite, gegen die man
                              die Hize hinleiten will, und verschließt dafuͤr jene an der entgegengesezten
                              Seite. Mit einiger Aufmerksamkeit ist es ein Leichtes die Feuerung so zu leiten, daß
                              jede horizontale Schichte Gyps in ihrer ganzen Ausdehnung gleichmaͤßig
                              gebrannt wird. Eine der Hauptaufgaben, die sich Hr. Scanegatty sezte, war Verhuͤtung einer Ueberhizung des Gypses; denn
                              das Krystallisationswasser ist auszutreiben, ohne daß zu viel Saͤure
                              verfluͤchtigt wird. Die Beobachtung gab ihm in dieser Hinsicht ein Mittel an
                              die Hand: die
                              Feuerung war naͤmlich nur so lange fortzusezen, als die bei den Registern
                              entweichende elastische Fluͤssigkeit noch eine merkliche Quantitaͤt
                              Wasser aufgeloͤst enthielt: d.h. so lange sie im Stande war kalte
                              Koͤrper, die man ihr aussezte, zu befeuchten. So wie dieß nicht mehr Statt
                              findet, ist die Operation beendigt; man verschließt daher saͤmmtliche
                              Oeffnungen des Ofens und laͤßt ihn durch 15 Stunden langsam abkuͤhlen.
                              Im Momente des Verschließens sind die unteren Schichten nothwendig viel
                              staͤrker erhizt, als die oberen; beim Abkuͤhlen verbreitet sich jedoch
                              die Hize mehr gleichfoͤrmig uͤber den ganzen Inhalt des Ofens, so daß
                              auch jene Theile, die fruͤher nicht genuͤgend gebrannt waren, Zeit
                              haben, die zur gaͤnzlichen Brennung noͤthige Temperatur zu erlangen,
                              besonders wenn man, wie es denn auch gewoͤhnlich zu geschehen pflegt, die
                              groͤßeren Gypsbloͤke zu unterst in den Ofen legte.
                           Hr. Scanegatty betreibt sein Verfahren im Großen, und
                              versichert, daß die Kosten dabei um die Haͤlfte geringer sind, als bei der
                              herkoͤmmlichen Gypsbrennerei mit Holz oder Torf. Nach den Zeugnissen vieler
                              Baumeister und Kuͤnstler gehoͤrt der von ihm erzeugte Gyps zu dem
                              besten, den man haben kann.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
