| Titel: | Ueber die Irrthümer und Trugschlüsse der Erfinder der sogenannten rotirenden Dampfmaschinen. Vorgetragen von Hrn. John Scott Russell Esq., Docenten der Physik, vor der Society of Arts for Scotsland. | 
| Fundstelle: | Band 67, Jahrgang 1838, Nr. LXXXIX., S. 332 | 
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                        LXXXIX.
                        Ueber die Irrthuͤmer und
                           Trugschluͤsse der Erfinder der sogenannten rotirenden Dampfmaschinen. Vorgetragen
                           von Hrn. John Scott
                              Russell Esq., Docenten der Physik, vor der Society of Arts for
                              Scotsland.
                        Aus dem Edinburgh New Philosophical Journal. No. 47,
                              S. 35.
                        Mit Abbildungen auf Tab. VI.Tab. V.
                        Russell, uͤber die Trugschluͤsse der Erfinder der
                           rotirenden Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           Die sogenannte rotirende Dampfmaschine gehoͤrt mit zu jenen
                              Gegenstaͤnden der Mechanik, uͤber die man ziemlich allgemein irrige
                              Ansichten hegt, und denen taͤglich vergeblich eben so viel Muͤhe, als
                              Scharfsinn und mechanisches Talent zum Opfer gebracht werden. Ich moͤchte sie
                              mit der Quadratur des Cirkels und mit dem Perpetuum
                                 mobile so ziemlich in eine Kategorie stellen. Vergleicht man den dermaligen
                              Zustand der mechanischen Kuͤnste in England mit dem, was vor einem
                              Jahrhunderte war, so wird man nicht in Zweifel daruͤber bleiben, daß wir in
                              neuerer Zeit raschere Fortschritte gemacht haben, als in irgend einer der
                              fruͤheren Zeitperioden. Erwaͤgt man aber, welcher große und
                              thaͤtige Theil unserer Bevoͤlkerung alle seine Talente und
                              Kraͤfte lediglich der Vervollkommnung dieser Kuͤnste widmete, so wird
                              man zu der Frage verleitet, ob denn die Resultate mit dem Kraftaufwande wirklich im
                              Verhaͤltnisse stehen, und ob nicht viel mehr haͤtte geleistet werden
                              koͤnnen, wenn man seine Kraͤfte nur richtig gestellten Problemen und
                              keinen eitlen Spekulationen zugewendet haͤtte, und wenn man dem Talente nicht
                              gestattet haͤtte von jener Bahn abzuweichen, die allein zu wahren
                              Fortschritten in der Civilisation, zur Erweiterung unserer Kenntnisse in den
                              Wissenschaften und Kuͤnsten, und zur Foͤrderung der materiellen
                              Interessen fuͤhrt. Wenn ich bedenke, wie viele Maͤnner nur ich allein
                              kenne, die mit einem hohen Erfindungsgeiste begabt sind, und deren
                              Bemuͤhungen dennoch fruchtlos waren, so muß ich zur Ueberzeugung kommen, daß
                              sie ihre Talente entweder auf fehlerhafte Weise Gegenstaͤnden zuwendeten die Andere unter
                              besseren Umstaͤnden oder von besonderen Vorzuͤgen beguͤnstigt,
                              besser zur Ausfuͤhrung brachten; oder daß sie sich vollends gar mit Dingen
                              beschaͤftigten, die entweder unpraktisch oder ganz unmoͤglich waren.
                              Waͤre es moͤglich, die Thaͤtigkeit all dieser Maͤnner
                              auf die Foͤrderung der reellen Interessen der Gesellschaft zu lenken; und
                              koͤnnte man namentlich jedes einzelne Individuum auf jenen Gegenstand
                              fuͤhren, der seinem Geiste am meisten zusagt, so bin ich uͤberzeugt,
                              daß unsere Fortschritte in Kuͤrze reißend, ja Staunen erregend seyn
                              wuͤrden.
                           Diese allgemeinen Bemerkungen finden ihre volle Anwendung auf jene Reihe von
                              Erfindungen, die man unter dem Namen der rotirenden Dampfmaschinen begreift. Das zum
                              Grunde liegende Princip nahm verschiedene Formen an und erlitt mannigfache
                              Modificationen; es leitete und leitet noch jezt manche glaͤnzende Talente von
                              dem zum Nuͤzlichen und Wahren fuͤhrenden Wege ab. Der Zwek, den ich
                              mir durch diese Abhandlung gesezt habe, ist: zu zeigen, daß saͤmmtliche
                              Principien der rotirenden Dampfmaschinen, in so fern sie einen Vorzug vor der
                              gewoͤhnlichen Maschine mit Wechselbewegung haben sollen, auf
                              Irrthuͤmern beruhen; daß die rotirende Maschine auf irrigen mathematischen
                              Principien beruht; daß sie als Mechanismus betrachtet eine Taͤuschung ist,
                              und daß aus deren Anwendung fuͤr die Industrie nie ein Vortheil erwachsen
                              kann. Moͤchte es mir gelingen, manches mechanische Genie von einem seiner so
                              unwuͤrdigen Gegenstande abwendig zu machen!
                           Bevor ich jedoch das Vertrauen in meine Worte anspreche, und um mir bei Praktikern
                              Eingang zu verschaffen, muß ich noch eine Bemerkung vorausschiken. Obschon sich mir
                              die Ansichten, die ich entwikeln will, erst aus einem Studium ergaben, bei welchem
                              ich die hoͤhere Analysis in Anwendung brachte, so muß ich doch, da man
                              solchen wissenschaftlichen Forschungen gewoͤhnlich die praktische Erfahrung
                              entgegen zu stellen pflegt, erinnern, daß ich mich in den lezten 10 Jahren
                              fortwaͤhrend mit der praktischen Loͤsung der schwierigsten, die
                              Dampfmaschine betreffenden Probleme beschaͤftigte; daß ich selbst zwei
                              rotirende Maschinen erfand und fuͤr mich erbaute, und daß diese Maschinen
                              guͤnstig genug ausfielen, um mich zu uͤberzeugen, daß das Princip
                              selbst und nicht die Anwendung, welche ich davon machte, von Grund aus falsch und
                              unrichtig war. Ich hatte auch Gelegenheit, die gelungensten Maschinen dieser Art,
                              welche je verfertigt wurden, zu untersuchen und sie arbeiten zu sehen. Wuͤrde
                              mich demnach die Theorie auch nicht à priori zu
                              meinen Resultaten gefuͤhrt haben, so haͤtte ich mich doch bald davon
                              uͤberzeugen muͤssen, daß auch die praktische Erfahrung der rotirenden
                              Dampfmaschine entgegen steht.
                           Ich will nun versuchen meine Argumente in einer Form aufzustellen, welche so wenig
                              als es sich mit der Genauigkeit vertraͤgt, untechnisch ist.
                           1) Mein erster Wunsch ist zu zeigen, daß die Erfindung der rotirenden Dampfmaschine
                              nichts so Neues und Unversuchtes ist, wie noch manche glauben. Ich werde zu diesem
                              Behufe die Namen von mehr dann 90 Erfindern, groͤßten Theils
                              Patenttraͤgern, anfuͤhren.
                           2) Ich will versuchen zu beweisen, daß sich alle diese Erfindungen in fuͤnf
                              verschiedene Classen bringen lassen, und daß die uͤbrigen saͤmmtlich
                              Wiederholungen eines und desselben Principes sind. Jeder Erfinder mag hieraus
                              abnehmen, ob seine Maschine ein ganz neues Princip enthaͤlt und kann, wenn
                              dieß nicht der Fall ist, uͤberzeugt seyn, daß dasselbe bereits versucht wurde
                              und zwar mit unguͤnstigem Erfolge.
                           3) Durch die Anfuͤhrung der Namen der Erfinder der mißlungenen rotirenden
                              Maschinen werde ich darthun, daß die fuͤnf erprobten Classen nicht wegen
                              Mangel an Talent, Kenntnissen und Erfahrung mißlingen konnten, indem die Liste die
                              Namen der ausgezeichnetsten Praktiker enthaͤlt.
                           4) Ich werde zu beweisen suchen, daß die gewoͤhnliche Kurbelmaschine nicht die
                              Maͤngel hat, die man ihr zuschreibt, und denen durch die rotirende Maschine
                              abgeholfen werden soll, und daß die Anwendung der Kurbel oder des Krummzapfens
                              keinen Verlust an Kraft bedingt.
                           5) In praktischer Hinsicht, naͤmlich was Einfachheit, Wohlfeilheit,
                              Leichtigkeit des Baues, Dauerhaftigkeit, Ersparniß beim Dienste, und
                              Gleichmaͤßigkeit der Bewegung betrifft, steht die rotirende Maschine in jeder
                              dieser Beziehungen der Maschine mit Wechselbewegung nach.
                           6) Die rotirende Maschine ist ganz besonders unanwendbar fuͤr Locomotion auf
                              dem festen Lande und fuͤr Dampfschifffahrt, fuͤr die man sie besonders
                              geeignet hielt.
                           7) Die gegenwaͤrtige Dampfmaschine ist praktisch vollkommen, indem sie sich
                              der mathematischen Vollkommenheit bis auf 10 Proc. annaͤhert.
                           8) Die Kurbel oder der Krummzapfen der gewoͤhnlichen Dampfmaschine besizt
                              gewisse merkwuͤrdige Eigenschaften, die sich der Natur der Bewegung des
                              Dampfes besonders anpassen. Hieraus erwachst auch deren Superioritaͤt als
                              Elementarmaschine, gleich wie daraus Eigenschaften hervorgehen, die nicht wohl irgend einer der
                              rotirenden Maschinen zukommen.
                           Die Wurzel der den rotirenden Maschinen zum Grunde liegenden Taͤuschungen ist
                              in den falschen Ansichten, welche man von der Kurbel, als dem einfachen
                              Elementar-Instrumente, womit die Umlaufsbewegung der Achse oder des großen
                              Rades der Dampfmaschine unmittelbar erzeugt wird, hegt. Es gibt nichts Einfacheres
                              als die Kurbel. Wir biegen um eine Welle umzudrehen das eine Ende derselben unter
                              einem rechten Winkel ab, erfassen dieses mit der Hand, und drehen dadurch die Welle
                              um. Dasselbe was die Hand durch ihre Hin- und Herbewegungen vollbringt,
                              leistet an der Dampfmaschine die Kolbenstange. Man kann die Kurbel kaum einen Zusaz
                              zur Welle nennen; sie ist nur eine Abbiegung derselben, wie es denn auch der Ausdruk
                              Krummzapfen (crank) andeutet; sie diente seit Aleotti's Zeiten ganz auf dieselbe Weise zur Bewegung der
                              Kolben der gewoͤhnlichen Pumpen, auf welche man sich ihrer dermalen zur
                              Bewegung der Dampfmaschine bedient. Aus einer gaͤnzlichen Unkenntniß der
                              Eigenschaften dieser hoͤchst einfachen Vorrichtung erwuchsen großen Theils
                              die zahlreichen Vorschlage zur Erzeugung einer kreisenden Bewegung ohne Anwendung
                              der Kurbel; und zwar indem man dem Dampfe selbst unmittelbar eine solche Bewegung
                              gab, oder indem man zur Vermittelung derselben zwischen dem hin- und
                              herlaufenden Kolben und der umlaufenden Welle irgend einen anderen minder einfachen
                              Mechanismus anbrachte. Man bildete sich ein, daß die directe rotirende Bewegung des
                              Dampfes eine groͤßere, gleichmaͤßigere und wohlfeilere Wirkung
                              hervorbringe, als die gewoͤhnliche Wechsel- oder Hin- und
                              Herbewegung, die mittelst der Kurbel in eine kreisende Bewegung umgewandelt
                              wird.
                           Die rotirenden Maschinen lassen sich in folgende Classen bringen:
                           I. Rotirende Maschinen durch einfache Ausstroͤmung oder Emission.
                           II. Rotirende Maschinen durch mittelbare Wirkung.
                           III. Rotirende Maschinen durch hydrostatische Reaction.
                           IV. Rotirende Maschinen mit umlaufenden Kolben.
                           Als mit diesen Maschinen in Hinsicht auf das Irrige im Principe nahe verwandt, wollen
                              wir als fuͤnfte Classe noch auffuͤhren:
                           V. Rotirungsmechanismen, die anstatt der Kurbel in Vorschlag gebracht wurden.
                           Classe I. Die aͤlteste und unvollkommenste Methode
                              einen Mechanismus durch Entweichen von Dampf in Bewegung zu sezen, ist die durch
                              einfache Ausstroͤmung oder Emission wirkende rotirende Maschine. Hero von
                              Alexandrien beschrieb sie 120 Jahre v. Christus in seiner Pneumatica. Sie beruht
                              auf demselben Principe, wie die Bewegung der Rakete, wie die Bewegung der
                              Feuerraͤder; sie ist nichts weiter als eine Anwendung des Ruͤkstoßes.
                              Der Ruͤklauf, der z.B. beim Abfeuern einer Kanone bemerkbar ist, wird
                              uͤberall, wo eine Fluͤssigkeit durch einfaches Ausstroͤmen aus
                              einem Behaͤlter austritt, fuͤhlbar; und wenn man eine solche Anordnung
                              trifft, daß Wasser, Dampf, Luft oder die durch Entzuͤndung von Schießpulver
                              erzeugten Gase durch die Arme eines beweglichen Rades, an welchem die
                              Austrittsmuͤndungen in gehoͤriger Richtung angebracht sind, austreten,
                              so wird das Rad durch diesen Ruͤklauf umgetrieben werden, und eine durch
                              einfache Ausstroͤmung thaͤtige rotirende Maschine zum Vorscheine
                              kommen. Indem sich Hero dieses Principes bediente,
                              erzielte er eine arbeitende Maschine; er erhizte zu diesem Zweke ein mit Wasser und
                              Luft gefuͤlltes Gefaͤß, aus welchem er den Dampf durch zwei Oeffnungen
                              entweichen ließ, die sich an entgegengesezten Seiten der Enden zweier Arme befanden,
                              welche von der durch das Austreten in Bewegung zu sezenden Kugel ausliefen.
                           Man kann anstatt sich des eben eroͤrterten Principes des Ruͤklaufes zu
                              bedienen, den mit Gewalt bei der Muͤndung eines Kessels ausstroͤmenden
                              Dampf auch auf die Fluͤgel eines Rades richten, und dadurch das Rad
                              umtreiben. Diese zweite Art von rotirender Dampfmaschine durch einfache
                              Ausstroͤmung ward im Jahre 1629 von Branca
                              erfunden. Seither wurden Maschinen dieser Classe mehrfach wieder erfunden, wie man
                              aus folgendem Verzeichnisse ersieht:
                           
                              
                                 1. Hero von Alexandrien
                                   130 v. Ch.
                                 5. Kempel
                                 1785
                                 
                              
                                 2. Branca 
                                 1629 n. Ch.
                                 6. James Sadler
                                 1791
                                 
                              
                                 3. Kircher
                                 1643
                                 7. Richard Trevithic
                                 1815
                                 
                              
                                 4. Daslesme
                                 1699
                                 8. Alexander Craig
                                 1834
                                 
                              
                           Die Theorie dieser Maschinen ward schon vielfaͤltig gepruͤft, wobei als
                              Resultat hervorging, daß durch einfache Ausstroͤmung unmoͤglich mehr
                              als die Haͤlfte der ganzen Kraft des Dampfes zu Nuzen gebracht werden kann,
                              waͤhrend die andere Haͤlfte verschwendet wird, um der Luft einen
                              Impuls zu geben, oder um eine andere eben so nuzlose Stroͤmung zu erzeugen.
                              Die Erfahrung hat den Ausspruch der Theorie bekraͤftigt. Smeaton und Pelletan, die
                              diese Maschinen sorgfaͤltig angestellten Versuchen unterwarfen, haben
                              gefunden, daß mit denselben hoͤchstens 3 Theile von 11, 8 von 27 und 2 von 5
                              zu wirklichem Nuzen gebracht werden konnten, und daß auch durch gar keine
                              Verbesserung derselben ein die Haͤlfte der Gesammtkraft
                              uͤbersteigender Nuzeffect zu erzielen ist.
                           Classe II. Rotirende Maschinen durch mittelbare Wirkung
                              sind solche, an denen
                              eine Welle nicht unmittelbar durch Wirkung des Dampfes auf das Rad umgetrieben wird,
                              sondern an denen zwischen der Kraft und der Wirkung ein Communicationsmittel
                              besteht, welches erst das directe Agens der Kreisbewegung ist. Man kann sich diese
                              Maschinen leicht versinnlichen, wenn man sich irgend eine einfache Dampfmaschine,
                              wie z.B. jene Savary's und Newcoman's, zum Heben von Wasser verwendet denkt; und wenn man annimmt,
                              daß dieses Wasser, indem es auf die Schaufeln eines gewoͤhnlichen
                              Muͤhlrades herabfaͤllt, lezteres umtreibt. Die Maschine Savary's hebt Wasser, indem sie direct auf dessen
                              Oberflaͤche druͤkt. Man braucht dann dieses Wasser nur auf ein Rad
                              fallen zu lassen, um eine Maschine der zweiten Classe zu bekommen.
                           Es gibt eine Varietaͤt dieser Classe, als deren Typus man das Feuerrad Amontons annehmen kann. Der Dampf treibt Wasser durch
                              Canaͤle, welche die Arme des Rades bilden, aus einer Reihe von Kammern, die
                              sich auf der einen Seite des Rades befinden, in eine entsprechende Kammerreihe auf
                              der entgegengesezten Seite. Da die mit Wasser gefuͤllte Seite immer das
                              Uebergewicht uͤber die andere bekommt, so muß das Rad umlaufen. Da das Wasser
                              hiebei bestaͤndig von einer bestimmten Seite des
                              Rades gegen die entgegengesezte Seite getrieben wird, so folgt aus dem Gewichte des
                              Wassers eine gleichfoͤrmige Umdrehung. Hier ist also der Dampf das
                              eigentliche Agens, das Wasser hingegen das Mittel, wodurch die rotirende Bewegung
                              mitgetheilt wird.
                           Auf aͤhnliche Weise wurden auch feste Koͤrper zur Erzeugung einer
                              rotirenden Bewegung benuzt. Man ließ Gewichte in der Form von Kolben durch die
                              Dampfkraft auf einer Seite des Rades eine bedeutende Streke von dem Mittelpunkte
                              entfernen, an der anderen Seite dagegen sie diesem annaͤhern, so daß durch
                              das fortwaͤhrende Uebergewicht der einen Seite eine rotirende Bewegung
                              entstand. Rotirende Maschinen dieser Art besizen wir von Watt und Witty.
                           Folgendes sind die Erfinder von Maschinen dieser Classe:
                           
                              
                                 1. Guillaume Amontons
                                 i. J.
                                 1699
                                   6. Richard Witty
                                 i. J.
                                 1810
                                 
                              
                                 2. Leopold von Plainitz
                                 1723
                                   7. Sir W. Congreve
                                 1818
                                 
                              
                                 3. Champion von Bristol
                                 1752
                                   8. John Moore
                                 1820
                                 
                              
                                 4. James Watt
                                 1769
                                   9. Sir W. Congreve
                                 1821
                                 
                              
                                 5. Davidson und Hawkesley
                                 1793
                                 10. Thomas Mastermann
                                 1822
                                 
                              
                           An dieser Classe von Maschinen ist der Verlust an Kraft offenbar, denn der Dampf muß,
                              um die Kreisbewegung hervorzubringen, seine Kraft aufwenden, um das Medium in
                              Bewegung zu bringen, und um den sehr großen Widerstand zu uͤberwinden, den
                              die Fluͤssigkeit in saͤmmtlichen Roͤhren, Canaͤlen und
                              Ventilen erleidet, wenn sie sich bei jedem Umgange von einer Seite des Rades zur
                              anderen bewegt. Alle diese Kraft ist von dem Nuzeffecte abzuziehen und geht rein
                              verloren. An jenen Maschinen, an denen sich Gewichte gegen den Umfang des Rades und
                              von demselben hinweg bewegen, handelt es sich um Kolben mit Wechselbewegung, aber
                              ohne Kurbeln. Sie treffen alle jene Nachtheile, die bei der fuͤnften Classe
                              hervorgehoben werden sollen; so wie man denn an den Hieher gehoͤrigen
                              Maschinen von Watt und Witty
                              wirklich um die Arbeit einer einzigen Maschine mit Wechselbewegung zu vollbringen,
                              ihrer mehrere hat, die um ein Rad herum geordnet sind. – Da wo das
                              Communicationsmittel eine Fluͤssigkeit ist, geht nicht nur alle die Kraft
                              verloren, die zur Bewegung dieser selbst erforderlich ist, sondern es
                              erwaͤchst auch noch bei allen bisher bekannten Methoden die
                              Fluͤssigkeit zum Umtreiben des Rades zu verwenden ein Verlust, der selbst in
                              den besten Faͤllen mehr als den sechsten Theil der Kraft betraͤgt.
                           Classe III. Die durch hydrostatische Reaction wirkende
                              Maschine leistet mehr als die beiden vorhergehenden Classen. So wie sie im Jahre
                              1769 von Watt erfunden ward, bestand sie aus Dampfgefaͤßen, welche die
                              Gestalt hohler Ringe hatten, die mit gehoͤrigen Eintritts- und
                              Austrittsoͤffnungen fuͤr den Dampf ausgestattet waren, und die sich
                              wie die Raͤder und Eimer einer Wassermuͤhle an horizontalen Wellen
                              aufgezogen und in irgend eine Fluͤssigkeit untergetaucht befanden. Dieses aus
                              Eisen gebaute Rad von 6 Fuß im Durchmesser ward durch die Reaction des Queksilbers
                              umgetrieben. Die Maschine bewegte sich zwar, allein man gab sie als zu wenig
                              leistend auf, obwohl man sie unter sehr guͤnstigen Umstaͤnden
                              probirte.
                           Das Princip, nach welchem diese Maschine arbeitet, ist folgendes. Der Dampf gelangt
                              in eine kreisrunde am Umfang eines Rades befindliche Kammer, die zum Theil mit
                              irgend einer Fluͤssigkeit erfuͤllt ist. Der Druk des Dampfes wird
                              verwendet, um das Queksilber nach der einen und das Ende der Kammer nach der
                              entgegengesezten Richtung zu treiben, so daß waͤhrend die Fluͤssigkeit
                              auf diese Weise aus der Kammer ausgetrieben wird, die Kammer mit einer gleichen
                              Kraft von der Fluͤssigkeit weg und das Rad mithin umgetrieben wird. Hieraus
                              erhellt, daß nur ein Theil der Kraft zum Treiben des Rades, der Ueberrest hingegen
                              dazu verwendet wird, den Widerstand der Reactions-Fluͤssigkeit zu
                              uͤberwinden und dieselbe aus den Kammern auszutreiben. Dieser leztere Theil
                              bildet in der That einen großen dem Nuzeffecte entzogenen Theil der Kraft.
                           Rotirende Maschinen dieser Classe haben wir nur von:
                           
                              
                                 1. James Watt i. J.
                                 1782
                                     2. Bryan Donkin. i.
                                    J.
                                 1803
                                 
                              
                           
                           Classe IV. Die mit einem rotirenden Kolben arbeitenden
                              Maschinen sind nach einem weit besseren Principe gebaut, und geben weit mehr als
                              irgend eine der Maschinen der drei vorhergehenden Classen Hoffnung, mit den
                              gewoͤhnlichen Maschinen mit hin und her beweglichen Kolben in Concurrenz
                              treten zu koͤnnen. Bei den fruͤheren Classen ist der Dampf nicht in
                              starre Behaͤlter eingeschlossen, sondern seine Thaͤtigkeit ist auf die
                              Erzielung von Stroͤmungen in Fluͤssigkeiten gerichtet. Seine Kraft
                              wird auf nuzlose mittelbare Effecte verwendet, und geht daher verloren. Ganz anders
                              verhalt sich dieß bei der Dampfmaschine mit rotirendem Kolben; hier ist der Dampf
                              auf eine geschlossene starre Kammer beschraͤnkt; er wirkt bloß auf eine feste
                              unbiegsame Oberflaͤche und entweicht durch enge Canaͤle, so daß also
                              seine ganze Kraft nuͤzlich verwendet werden kann. Abstract betrachtet, sollte
                              diese Maschine wirklich die ganze Kraft des Dampfes geben; wonach man denn auch
                              glauben koͤnnte, daß sie mit der gewoͤhnlichen Dampfmaschine mit
                              Wechselbewegung die Concurrenz auszuhalten im Stande seyn duͤrfte. Die gegen
                              sie zu machenden Einwendungen sind daher rein praktischer Natur, und treffen die
                              Maschine nicht in ihrer mathematischen abstracten Form, sondern als eine Maschine,
                              die aus einem der Zerstoͤrung unterliegenden, unvollkommen elastischen
                              Materials, aus Oberflaͤchen, welche der Bewegung Widerstand entgegensezen,
                              aus einem den bekannten Gesezen der Bewegung und der Ruhe unterliegenden Stoffe
                              besteht. Diese Einwuͤrfe sind nicht weniger gewichtig als die rein
                              theoretischen; allein eben deßwegen, weil dieses Princip weit mehr
                              Wahrscheinlichkeit des Gelingens fuͤr sich hat, hat es auch eine weit
                              groͤßere Anzahl von Technikern irre gefuͤhrt. Mehr als 40 Opfer dieser
                              Taͤuschungen, und darunter Maͤnner vom hoͤchsten Rufe
                              zaͤhlen wir; ihre Namen sind:
                           
                              
                                   1. James Watt
                                 im Jahre
                                 1782
                                     16. John Trotter
                                 im Jahre
                                 1811
                                 
                              
                                   2. James Cooke
                                 
                                 1787
                                     17. William
                                    Onions
                                 
                                 1811
                                 
                              
                                   3. Bramah und
                                    Dickinson
                                 
                                 1790
                                     18. Richard
                                    Trevithic
                                 
                                 1813
                                 
                              
                                   4. Edmund Cartwright
                                 
                                 1797
                                     19. Joseph
                                    Turner
                                 
                                 1816
                                 
                              
                                   5. Jonathan
                                    Hornblower
                                 
                                 1805
                                     20. John Mallam
                                 
                                 1816
                                 
                              
                                   6. William Murdoch
                                 
                                 1805
                                     21. Joshua
                                    Routledge
                                 
                                 1843
                                 
                              
                                   7. Jonathan
                                    Hornblower
                                 
                                 1805
                                     22. William
                                    Carter
                                 
                                 1818
                                 
                              
                                   8. John Trotter
                                 
                                 1805
                                     23. John Rider
                                 
                                 1820
                                 
                              
                                   9. Andrew Flint
                                 
                                 1805
                                     24. Robert Delap
                                 
                                 1821
                                 
                              
                                 10. William Lester
                                 
                                 1806
                                     25. Bambridge und
                                    Dyer
                                 
                                 1821
                                 
                              
                                 11. Richard Wilcor
                                 
                                 1806
                                     26. William
                                    Foreman
                                 
                                 1824
                                 
                              
                                 12. Thomas Read
                                 
                                 1808
                                     27. Lord
                                    Cochrane
                                 
                                 1825
                                 
                              
                                 13. Edward Jane
                                 
                                 1808
                                     28. L. M. Wright
                                 
                                 1825
                                 
                              
                                 14. Samuel Clegg
                                 
                                 1809
                                     29. F. Halliday
                                 
                                 1825
                                 
                              
                                 15. William Chapman
                                 
                                 1810
                                     30. Joseph Eve
                                 
                                 1825
                                 
                              
                                  31. John Costigin
                                 im Jahre
                                 1826
                                     39. Samuel
                                    Hobday
                                 im J.
                                 1831
                                 
                              
                                 32. Marquis de Combis
                                 
                                 1826
                                     40. John
                                    Ericsson
                                 
                                 1832
                                 
                              
                                 33. Elijah Galloway
                                 
                                 1826
                                     41. Robert Stein
                                 
                                 1833
                                 
                              
                                 34. Paul Steenstrup
                                 
                                 1827
                                     42. Elijah
                                    Galloway
                                 
                                 1834
                                 
                              
                                 35. John Evans
                                 
                                 1828
                                     43. Edward
                                    Appleby
                                 
                                 1835
                                 
                              
                                 36. John Strut
                                 
                                 1830
                                     44. John F.
                                    Kingston
                                 
                                 1835
                                 
                              
                                 37. E. und I. Dakeigne
                                 
                                 1830
                                     45. John Yule
                                 
                                 1836
                                 
                              
                                 38. William Morgan
                                 
                                 1831
                                     46. John White
                                 
                                 1836
                                 
                              
                           Da diesen Maschinen großen Theils dieselben irrigen Ansichten zum Grunde liegen, wie
                              jenen der naͤchstfolgenden fuͤnften Classe, so will ich bei diesen
                              lezteren weiter daruͤber sprechen.
                           Classe V. Die verschiedenen Mechanismen, welche man
                              anstatt der Kurbel der gewoͤhnlichen Dampfmaschine in Vorschlag brachte, um
                              von der geradlinigen Bewegung des Kolbens. auf ein bessere Weise als durch die
                              Kurbel eine rotirende Bewegung abzuleiten, treffen beinahe dieselben
                              Einwuͤrfe wie die mit rotirenden Kolben, so daß ich beide miteinander in
                              Betracht ziehen will. Die Namen der Erfinder sind hier:
                           
                              
                                   1. Jonathan Hulls
                                 im Jahre
                                 1757
                                     13. Edmund
                                    Cartwright
                                 im J.
                                 1801
                                 
                              
                                   2. Keane Fitzgerald
                                 
                                 1757
                                     14. Matthew
                                    Murray
                                 
                                 1802
                                 
                              
                                   3. Gautier von Nancy
                                 
                                 1757
                                     15. Richard
                                    Witty
                                 
                                 1811
                                 
                              
                                   4. John Stewart
                                 
                                 1769
                                     16. I. Dawes
                                 
                                 1816
                                 
                              
                                   5. Dugald Clarke
                                 
                                 1769
                                     17. Tobias
                                    Mitchel
                                 
                                 1817
                                 
                              
                                   6. Matthew
                                    Wasborough
                                 
                                 1779
                                     18. Henry
                                    Penneck
                                 
                                 1820
                                 
                              
                                   7. James Watt
                                 
                                 1781
                                     19. William
                                    Aldersey
                                 
                                 1821
                                 
                              
                                   8. Thomas Burgess
                                 
                                 1789
                                     20. Robert
                                    Barlow
                                 
                                 1827
                                 
                              
                                   9. Matthew Murray
                                 
                                 1789
                                     21. Thomas Peck
                                 
                                 1827
                                 
                              
                                 10. William Lander
                                 
                                 1799
                                     22. Samuel Clegg
                                 
                                 1828
                                 
                              
                                 11. Phineas Crowther
                                 
                                 1800
                                     23. William Lucy
                                 
                                 1836
                                 
                              
                                 12. George Medhurst
                                 
                                 1801
                                     24. Karl
                                    Schafhaͤutl
                                 
                                 1836.
                                 
                              
                           Obschon man auch in lezterer Classe den Namen Watt's
                              trifft, so muß doch bemerkt werden, daß Watt zu dieser Erfindung gezwungen wurde,
                              weil die Anwendung der Kurbel in ihrer einfachen Gestalt durch ein fruͤher
                              ertheiltes Patent beschraͤnkt war, und daß er seinen eigenen schoͤnen,
                              aber complicirteren Mechanismus sogleich aufgab, als die urspruͤngliche
                              Kurbel wieder von dem Monopole frei geworden war. Auch ist man es seinem Andenken
                              schuldig zu bekennen, daß das von ihm erfundene Sonnen- und Planetenrad
                              eigentlich nur eine verstekte Kurbel ist, welche mit Ausnahme der Einfachheit und
                              der geringen Reibung alle die Eigenschaften besizt, durch welche sich die Kurbel
                              auszeichnet. Watt ist demnach, obschon auch er einen
                              Hieher gehoͤrigen Mechanismus erfand, doch nicht unter die Opfer der
                              Taͤuschungen, denen andere unterlagen, zu zaͤhlen.
                           Ich will bei der Aufdekung der Irrthuͤmer, durch welche die Erfinder der
                              Mechanismen der beiden lezten Classen Hingerissen wurden, deren irrige Ansichten
                              uͤber die gewoͤhnliche Kurbelmaschine zum Grunde legen, indem hierin
                              hauptsaͤchlich die Veranlassung jener Vorzuͤge zu suchen ist, welche
                              sie ihren Erfindungen zuschrieben.
                           Thomas Masterman von Ratcliffe, Erfinder einer rotirenden
                              Maschine, sagt zu deren Empfehlung Folgendes: „Man wird die Wichtigkeit
                                 einer wirksamen und wohlfeilen rotirenden Dampfmaschine nicht in Zweifel ziehen,
                                 wenn man bedenkt, daß die Dampfmaschine mit Wechselbewegung beinahe die
                                 Haͤlfte der Kraft des Dampfes absorbirt.“
                              
                           William Aldersey von Homerton sagt in der Beschreibung des
                              von ihm erfundenen, die Kurbel ersezenden Mechanismus: „Der Zwek meiner
                                 Erfindung ist die Bewegung auszugleichen, und die Kraft zu ersparen, welche an
                                 den Dampfmaschinen, und uͤberhaupt an allen Maschinen, an denen eine
                                 geradlinige oder Hin- und Herbewegung in eine rotirende verwandelt wird,
                                 nothwendig verloren geht. Die einfache Weise, auf welche dieß nach meinem
                                 Verfahren geschieht, wird allen, die sich solcher Maschinen zu bedienen
                                 Gelegenheit haben, sehr erwuͤnscht seyn; denn eine Ersparniß an Kraft
                                 bedingt eine Ersparniß an Brennmaterial, und eine solche ist von weit
                                 groͤßerem Belange, als eine Ersparniß in den Anschaffungskosten. Jeder in
                                 der Mechanik hinreichend Bewanderte wird einsehen, daß durch meine Maschine
                                 diese Ersparniß wirklich erzielt wird. Um jedoch auch andere zu
                                 uͤberzeugen, will ich die Wirkungsweise der gewoͤhnlichen Kurbel
                                 erlaͤutern. Wenn sich die Kurbelstange in einer Stellung befindet, in der
                                 sie entweder von Oben oder von Unten wirkt, wie in Fig. 88 und 90 bei A und B angedeutet ist,
                                 so wird sie zur Umdrehung der Kurbel beinahe gar keine Kraft besizen; dagegen
                                 wird ihre Kraft am groͤßten seyn, wenn sich die Kurbelstange an den
                                 beiden Zwischenpunkten M, N, Fig. 89, 91
                                 befindet. Hieraus folgt, daß die Kraft, welche die Kurbel umzutreiben strebt, in
                                 dem ersten Viertheile des Umganges von Null bis zum Maximum steigt, in dem
                                 zweiten Viertheile aber wieder vom Maximum bis zu Null abnimmt, u.s.f. Der aus
                                 der Anwendung der Kurbel erwachsende Verlust an Kraft betraͤgt hienach
                                 beinahe den dritten Theil des Ganzen.“
                              
                           Hr. Aldersey ist der
                              Repraͤsentant der Ansichten einer großen Menge von Erfindern, welche
                              saͤmmtlich den vermeintlichen durch die Kurbel veranlaßten Verlust an Kraft
                              zu beseitigen suchten. Leider muß ich noch hinzufuͤgen, daß einige der
                              ausgezeichnetsten Schriftsteller uͤber die Dampfmaschine derselben Lehre
                              huldigten.
                           Ich will nun zu beweisen suchen, daß der von der Kurbel hervorgebrachte Druk keinen
                              Verlust an dynamischer Kraft bedingt; daß gerade da, wo der Verlust am groͤßten zu seyn
                              scheint, gar kein solcher Statt findet; und daß der an jeder Stelle erzielte
                              Nuzeffect mit der auf dessen Erzielung verwendeten Menge Dampf in geradem
                              Verhaͤltnisse steht.
                           Der scheinbar groͤßte Verlust findet an den beiden Endpunkten der
                              Mittelpunktslinie Statt. Allein sieht man denn nicht, daß gerade in diesem Momente
                              von einem wirklichen Verluste gar keine Sprache seyn kann, indem weder eine
                              Ausdehnung des Dampfes, noch ein Verbrauch an den Elementen vor sich geht? Der
                              Zufuͤhrungscanal ward verschlossen, die Communication mit dem Kessel
                              abgesperrt; der Dampf hat seine Wirkung vollbracht, und wartet nur auf seine
                              Entlassung aus der Kammer, welche auch sogleich Statt findet, so wie das
                              Austrittsventil geoͤffnet und dem Dampfe zur anderen Seite des Kolbens
                              Zutritt gestattet wurde. Der eintretende Dampf trifft den Kolben beinahe in
                              Beruͤhrung mit dem Cylinderende, bei dem er eintritt; er dringt in die leere
                              Scheibe, und treibt, indem er deren Dike maͤchtig ausdehnt, den Kolben gegen
                              das andere Cylinderende. Anfaͤnglich ist diese Bewegung eine langsame;
                              allmaͤhlich wird sie aber geschwinder, bis der Kolben die Mitte des Cylinders
                              erreicht und sich dann mit der vollen Geschwindigkeit der Kurbel in der Mitte
                              bewegt. Da die Bewegung des Kolbens jedoch beim Eintreffen desselben an dem Ende des
                              Cylinders ganz und gar aufhoͤren muß, so geschieht eine aͤußerst
                              schoͤne Vorbereitung hiezu; denn von der Haͤlfte seines Laufes an
                              verliert die Bewegung, indem sich der Dampf immer langsamer und langsamer ausdehnt,
                              immer mehr an Geschwindigkeit, bis die geradlinige Bewegung, nachdem sie
                              allmaͤhlich und unmerklich bis auf Nichts herabgesunken, endlich ganz
                              aufhoͤrt, indem der Dampf keine weitere Wirkung ausuͤbt und
                              ausgelassen wird. Dieß ist in Kuͤrze die Geschichte des Durchganges der
                              Elementarkraft durch den Cylinder. Verfolgen wir nun ebenso die gleichzeitig Statt
                              findenden Erscheinungen jenes Punktes, der in Folge seiner Verbindung mit dem Kolben
                              in einem Kreise herum gefuͤhrt wird, waͤhrend dessen Motor die
                              Hin- und Herbewegungen im Cylinder vollbringt. Wie ist dieser
                              allmaͤhliche Uebergang vom Zustande der Ruhe zur Bewegung, und von dieser
                              wieder zur Ruhe mit der gleichfoͤrmigen Bewegung, die der Kurbel in einem
                              Kreise mitgetheilt wird, in Einklang zu bringen? Sie ist nicht nur mit ihr in
                              Einklang, sondern sie folgt sogar aus ihr. Die gleichmaͤßige Kreisbewegung
                              traͤgt zu dieser wahren Graduirung der geradlinigen Bewegung bei, und nur mit
                              dieser allein laͤßt sie sich einiger Maßen in Einklang bringen.
                           Um die gleichzeitigen Stellungen jenes Kurbelpunktes, welcher den Kreis beschreibt, und jenes
                              Punktes, der die gerade Linie im Cylinder durchlaͤuft, zu verfolgen, stelle
                              man sich einen Kreis vor, der mit seinem Mittelpunkte lind seinem Halbmesser in eine
                              gegebene Entfernung von dem Ende des Cylinders gebracht ist, so daß ein Kolben, der
                              sich in der gegebenen geraden Linie seiner Kolbenstange bewegt, in einer gegebenen
                              Entfernung davon so damit verbunden ist, daß aus der Bewegung des einen eine
                              Bewegung des anderen erwaͤchst. Es seyen Fig. 92 und 93 Cylinder,
                              und die Kreise 1, 5, 10, 15 und 20 die Bahn der Kurbel, wobei die Zahlen an dem
                              Cylinder und an den Kreisen correspondirende Stellen der Kurbel und des Kolbens zu
                              bestimmten Zeiten andeuten. In Fig. 92 ist die Bewegung
                              der Kurbel als gleichfoͤrmig, und der Kreis als in gleiche Theile getheilt
                              gedacht; in Fig.
                                 93 hingegen ist die Achse des Cylinders als in gleiche Theile getheilt
                              gedacht, um einen hypothetischen Fall von gleichmaͤßiger Wechselbewegung im
                              Kolben darzustellen: so daß der Kolben, wenn er von dem Dampfe hinauf oder herab
                              getrieben wird, die Kurbel mit sich von A nach B und C herab zieht oder von
                              C mit sich nach D und
                              A empor bewegt. Es sey die Kreisbahn der Kurbel in
                              zwanzig gleiche Theile getheilt, wovon sich die zehn ersten Nummern an der
                              absteigenden, die zehn anderen hingegen an der aufsteigenden Seite des Kreises
                              befinden. Es sey ferner die dem Durchmesser des Kreises gleichkommende Kolbenbahn in
                              zehn Theile getheilt, welche den Kolben in jedem Augenblike des Hubes an jenen
                              Stellen zeigen, die mit den Punkten der Kurbel in ihrer Bahn gleichzeitig sind, so
                              daß die zehn eisten Zahlen sowohl im Kreise als im Cylinder mit correspondirenden
                              Punkten der Hin- und Her- und der Umlaufsbewegung correspondiren.
                           Wir wollen nun an jedem dieser Punkte das Verhaͤltnis untersuchen, welches
                              zwischen dem Druke, den der Dampf auf den Kolben ausuͤbt, und der beim
                              Umdrehen der Kurbel vollbrachten Wirkung besteht; so wie auch jenen Theil des Dukes
                              des Dampfes, der keine Bewegung hervorbringt, und der irriger Weise als verloren
                              betrachtet wird. Der schief auf die Kurbel wirkende Dampf bedingt durch die Kurbel
                              einen Druk gegen den Mittelpunkt, und eine Tangentenbewegung in der Richtung des
                              Kreises. Man sehe Fig. 94 und 95, wo die als Tangenten
                              dargestellten Pfeile die effective rotirende Kraft, die senkrechten Linien die Kraft
                              des Dampfes, und die gegen den Mittelpunkt gerichteten Linien den scheinbaren
                              Verlust andeuten. Nimmt man den Gesammtdruk des Dampfes zu 100 Pfd. an, so wird man
                              bei Ermittelung des Verhaͤltnisses, in welchem die Linien a, b und c in der Richtung
                              dieser Theile zu einander stehen, finden, daß in der ersten Eintheilung die in der
                              Richtung des Kreises wirkende Kraft nur 31 Proc. der auf den Kolben wirkenden Kraft betraͤgt;
                              daß sie sich in der zweiten Eintheilung auf 58, 78 oder beinahe 59, in der dritten
                              auf 80,90 oder beinahe 81, in der vierten auf 95, 11 oder beinahe 95 Proc.
                              belaͤuft, und daß in der fuͤnften, d.h. nach Vollendung des Viertels
                              eines Umganges, der Druk einen Augenblik 100 Proc. oder beinahe die ganze, auf den
                              Kolben wirkende Kraft betraͤgt, womit die Wirkung ihr Maximum erreicht hat.
                              Zunaͤchst darauf tritt eine Verminderung der kreisfoͤrmig wirkenden
                              Kraft ein, und zwar bei der sechsten Eintheilung um 5, bei der siebenten um 19, bei
                              der achten um 41, bei der neunten um 63 Proc., bis endlich bei der zehnten der
                              Kolben das Ende seines Laufes erreicht hat, und der ganze in dieser Stellung auf die
                              Kurbel wirkende Druk gar keine Wirkung auf die Kreisbahn ausuͤben, und der
                              scheinbare Verlust mithin volle 100 Proc. betragen wuͤrde. Aehnliche
                              Verminderungen finden im zweiten Halbkreise waͤhrend der Ruͤckehr oder
                              des Emporsteigens des Kolbens Statt.
                           Es laͤßt sich hienach folgende Tabelle fuͤr die Kraft, welche an 10
                              Punkten des Halbkreises direct zur Erzielung einer Kreisbewegung benuzt werden kann,
                              ausfindig machen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 67, S. 344
                              Punkte in der Figur; Von der Kurbel
                                 beschriebener Bogen; Kraft in der Umlaufsrichtung; Relative Geschwindigkeit der
                                 Kurbel zum Kolben
                              
                           Durch diese Folgerungen sind viele scheinbar ganz richtig zu dem Schlusse gekommen,
                              daß an der Kurbel der mittlere Nuzeffect um mehr dann um ein Drittheil geringer ist,
                              als der Druk, welcher im Cylinder mittelst des Kolbens ausgeuͤbt wird. Ich
                              bin in eine so weitlaͤufige Eroͤrterung dieser falschen Folgerungen
                              eingegangen, um dem Leser das, wohinter der Irrthum verborgen liegt, um so klarer zu
                              machen. Ich will nunmehr sogleich zeigen, aus welcher Quelle das Irrige erwachst,
                              und wie man zur Wahreit gelangen kann.
                           
                           Man darf nicht vergessen, daß bei allen Kraftberechnungen der durchlaufene Raum eben
                              so gut in Anschlag gebracht werden muß, wie die in diesem Raume ausgeuͤbte
                              Kraft; und daß z.B. eine Kraft von 2 Pfd., welche ein Gewicht von 2 Pfd. in einer
                              Secunde durch drei Fuß bewegt, im Nuzeffecte einer Kraft von 3 Pfd. gleichkommt,
                              welche ein Gewicht von 3 Pfd. in einer Secunde nur durch zwei Fuß bewegt; d.h. bei
                              der Berechnung der Effectivkraft haͤlt eine groͤßere Geschwindigkeit
                              einer groͤßeren Kraft das Gleichgewicht. Wenn man demnach, dieses Princip auf
                              gleichfoͤrmige Bewegungen angewendet, findet, daß die auf den Kolben wirkende
                              Kraft durch die Kurbel eine Wirkung hervorbringt, in welcher die Kraft, wenn sie
                              auch geringer ist, durch einen verhaͤltnißmaͤßig groͤßeren Raum
                              wirkt, als der ist, durch den sich der Kolben bewegt, so kann man mit allem Rechte
                              schließen, daß kein Verlust an Kraft Statt findet, sondern daß das, was an Kraft
                              verloren geht, an Geschwindigkeit gewonnen wird. Dieß ist nun gerade mit der Kurbel
                              der Fall.
                           Waͤhrend sich der Kolben durch die Cylinderlaͤnge, welche dem
                              Durchmesser des Kurbelkreises gleich ist, bewegt, bewegt er die Kurbel durch den
                              Umfang eines Halbkreises. Da sich nun die Laͤnge des Durchmessers zur
                              Laͤnge des Umfanges des Halbkreises wie 2 zu 3,14159 verhaͤlt, so gibt
                              dieß ein Verhaͤltnis von etwas mehr als von 63 zu 100. Zeigt sich demnach,
                              daß die mittlere von der Kurbel ausgeuͤbte Kraft nicht unter diesem
                              Verhaͤltnisse steht, so laͤßt sich beweisen, daß der Verlust nur ein
                              scheinbarer ist. Die mittlere Kraft der Kurbel verhalt sich nun aber, wie die dritte
                              Columne der Tabelle angibt, wie 63 zu 100: d.h. die Kraft im Kolben ist genau in
                              demselben Verhaͤltnisse groͤßer als die mittlere Kraft in der Kurbel,
                              In welchem seine Geschwindigkeit geringer ist, als jene der lezteren.
                           Die Sache laͤßt sich uͤbrigens auch noch anders betrachten. Man sagt,
                              daß die Stellung der Kurbel am oberen und unteren Ende des Hubes fuͤr die
                              Erzeugung einer Kreisbewegung eine so unguͤnstige ist, daß keine Dampfkraft,
                              wie groß sie auch seyn mag, einen guten Nuzeffect geben kann. Dieß veranlaßt mich,
                              die Bewegung des Dampfes selbst im Cylinder in Verbindung mit der Bewegung des
                              Kolbens und der Kurbel zu verfolgen. Der Dampf konnte, wenn sich der Kolben am
                              oberen Ende des Cylinders befindet, noch nicht auf den Kolben druͤken, und
                              daher konnte auch noch nichts von seiner Kraft verloren gehen. Im Augenblike, wo der
                              Kolben diese Stelle verlaͤßt, tritt der Dampf ein, und am Ende der ersten
                              18° wird die Kurbel nur mit einer Kraft von 12,80 herumgetrieben. Der Dampf
                              treibt jedoch den Kolben nur. durch einen Raum, der den achten Theil des von der
                              Kurbel durchlaufenen Raumes betraͤgt, so daß die Bewegung des Kolbens gerade um so viel
                              langsamer ist als jene der Kurbel, als die Kraft der Kurbel hinter jener des Kolbens
                              zuruͤksteht. Es ergibt sich also auch hier wieder ein dynamisches Aequivalent
                              einer groͤßeren Kraft mit einer langsameren Bewegung fuͤr eine
                              groͤßere Geschwindigkeit mit geringerer Kraft.
                           Wenn der Kolben herabsteigt und der Druk zunimmt, so wird die Geschwindigkeit des
                              Kolbens genau im Verhaͤltnisse seiner Wirkung auf die Kurbel zunehmen, so daß
                              im Momente der Gleichheit des Drukes auf Kurbel und Kolben auch deren
                              Geschwindigkeiten gleich sind, und daß waͤhrend der folgenden Abnahme des
                              Drukes auf die Kurbel die Geschwindigkeit des Kolbens in demselben
                              Verhaͤltnisse abnimmt. Die Bewegung des Kolbens ist also keine
                              gleichmaͤßige, sondern eine wandelbare, indem dessen Geschwindigkeit je nach
                              dem Druke auf die Kurbel wechselt. Die beiden dynamischen Effecte sind aber nicht
                              bloß im Ganzen, sondern auch in jedem einzelnen Zeitmomente gleich. Waͤre die
                              Bewegung des Kolbens eine gleichmaͤßige gewesen, so haͤtte jene der
                              Kurbeln auf die in Fig. 93 angedeutete Weise wechseln muͤssen, was unstatthaft ist,
                              und was sich weder mit der Natur und mit den Gesezen der Materie, noch auch mit der
                              praktischen Anwendung der mechanischen Kraft vertraͤgt.
                           Es ergibt sich mithin: 1) daß der mittlere Druk, welcher waͤhrend des ganzen
                              Umganges auf die Kurbel wirkt, geringer ist als der auf den Kolben wirkende Druk,
                              und zwar genau in demselben Verhaͤltnisse, in welchem der von lezterem
                              durchlaufene Raum kleiner ist, als der von ersterer beschriebene, so daß die
                              Gesammtkraft des einen dem Gesammteffecte der anderen gleich ist. 2) daß an den
                              neutralen Punkten kein Verbrauch an Dampf Statt findet, und daß der Verbrauch an
                              jedem Punkte genau mit der nuzvoll verwendeten Kraft im Verhaͤltnisse steht.
                              3) daß die Geschwindigkeit des Kolbens mit der Kraft, welche in jedem Momente auf
                              die Kurbel wirkt, im Verhaͤltnisse steht.
                           Dieselben Schluͤsse, die hier aus der Betrachtung der Stellungs- und
                              Geschwindigkeitsverhaͤltnisse folgen, wurden urspruͤnglich von
                              denselben Daten durch den weit strengeren Calcul abgeleitet. Ich konnte in dem
                              Beispiele, welches ich hier von diesem richtigeren Verfahren zu geben suchte, nur
                              einige wenige Punkte im Umfange auswaͤhlen, weßhalb denn auch das Resultat
                              nur annaͤherungsweise richtig ist; da jedoch an jedem einzelnen Punkte
                              dasselbe geschehen kann, so mag die gegebene Eroͤrterung dennoch
                              genuͤgen. Das Studium der hoͤheren Analysis kann jenen, die bei ihren
                              Erfindungen alle Taͤuschungen vermeiden wollen, nicht genug empfohlen
                              werden.
                           Bei dem Kolben mir geradliniger oder Wechselbewegung findet man die Gesammtkraft, wenn man
                              den Doppelhub des Kolbens, d.h. dessen Vor- und Ruͤkbewegung mit dem
                              auf denselben wirkenden Druk multiplicirt. Diese Kraft ist aͤquivalent mit
                              dem Gesammteffecte, den ein vollkommener Umgang der Kurbel hervorbringt. Der Druk
                              des Dampfes und der Raum, durch den er sich bewegt, geben demnach das Maaß
                              fuͤr die Kraft.
                           Bei dem rotirenden Kolben muß der Dampf genau denselben Nuzeffect geben, wenn der
                              rotirende Kolben dieselbe Groͤße hat und sich durch denselben Raum bewegt,
                              wie der Kolben mit geradliniger Bewegung. Wenn auf den rotirenden Kolben ein Druk
                              wirkt, der dem mittleren auf die Kurbel wirkenden Druke gleichkommt, und wenn der
                              Kolben sich durch einen Kreis bewegt, der dem Kreise der Kurbel gleich ist, so muß
                              der Nuzeffect in beiden Faͤllen einer und derselbe seyn.
                           Da durch die Fortpflanzung der Dampfkraft von einem Kolben mit geradliniger Bewegung
                              an die Kurbel einer umlaufenden Welle ein Verlust Statt findet; und da es keine
                              Maschinerie gibt, welche die Quantitaͤt der von einem Motor abgegebenen Kraft
                              zu vermehren im Stande ist, sondern da es sich bloß darum handelt, uͤber die
                              Kraft auf eine einem bestimmten Zweke entsprechende Weise zu verfuͤgen, so
                              folgt hieraus, daß der rotirende Kolben keinen Zwek hat, ausgenommen er
                              uͤbertrifft jenen mit geradliniger Bewegung an Einfachheit, Wohlfeilheit,
                              Raumersparnis, Dauerhaftigkeit, Ersparnis im Betriebe, Leichtigkeit der
                              Ausbesserung, verminderter Reibung, oder endlich darin, daß er sich besonders zu
                              gewissen Zweken, wie z.B. zur Dampfschifffahrt oder fuͤr Dampfwagen
                              eignet.
                           I. Was die Einfachheit der Theile anbelangt, so kann die rotirende Maschine hierin
                              die einfachste Maschine mit Wechselbewegung nicht uͤbertreffen; so z.B. jene,
                              die bloß aus einem Cylinder, einem Kolben und einer Kurbelwelle besteht, an der sich
                              der an einer Welle aufgezogene Cylinder bei den Umlaufen der unmittelbar an dem Ende
                              der Kolbenstange befestigten Kurbel schwingt, und welche keine beweglichen Ventile
                              irgend welcher Art erfordert, indem der Dampf durch Oeffnungen in der Achse des
                              Cylinders, welche durch die Bewegung des Cylinders selbst geoͤffnet und
                              geschlossen werden, ein- und austritt. Eben so wenig hat sie in Hinsicht auf
                              die Leichtigkeit und Wohlfeilheit des Baues einen Vorzug voraus; denn man wird mir
                              nicht bestreiten, daß, der Kolben und der Canal worin er sich bewegt, moͤgen
                              rechtwinkelig oder kreisrund seyn, ein gerader Cylinder und ein hineinpassender
                              Kolben viel leichter zu verfertigen ist, als die ringfoͤrmige Kammer
                              fuͤr einen rotirenden Kolben, deren Oberflaͤche eine doppelte
                              Kruͤmmung hat, und die nur sehr schwer in gehoͤriger Vollendung zu
                              erzielen ist. Noch schwieriget waͤre fuͤr einen rechtekigen Kolben
                              eine vierseitige Kammer ohne Verwehrung der Kosten und Arbeit zu verfertigen.
                           II. In Hinsicht auf den Umfang steht der Kolben mit geradliniger Bewegung offenbar im
                              Vortheile; denn die ringfoͤrmige Kammer des rotirenden Kolbens muß, um eine
                              gleiche Kraft zu geben, gegen 2/3 des Flaͤchenraumes und die dreifache
                              Laͤnge des geradlinigen Cylinders haben, wonach also der Flaͤchenraum
                              beinahe ein doppelter ist. Allein selbst diese Schaͤzung ist fuͤr den
                              Kolben noch zu guͤnstig; denn die Achse desselben muß einen bedeutenden
                              Durchmesser haben, weil sie haͤufig als Dampfweg benuzt wird, weil jede in
                              der Naͤhe des Mittelpunktes angewandte Dampfkraft wegen des kleinen Kreises,
                              den dieser Theil des Kolbens beschreibt, einen geringen Nuzeffect gibt, und weil der
                              dem Auslassen und der Abnuͤzung ausgesezte Theil des Kolbens mit dem
                              gewonnenen Effecte im Verhaͤltnisse steht. Endlich muß der Kolben auch noch
                              deßhalb weiter von dem Mittelpunkte entfernt werden, damit die rotirende Bewegung
                              der Theile eine mehr gleichmaͤßige werde. Da Alles dieß jedoch spaͤter
                              noch weiter in Betracht kommt, so genuͤgt es uns bewiesen zu haben, daß
                              hieraus ein groͤßerer Umfang der Maschine erwachst.
                           III. Die Dauerhaftigkeit und die Ersparniß beim Gebrauche anbelangend, so liegen die
                              schlagendsten Argumente gegen die rotirende Maschine vor. Ich sah mehrere derselben,
                              die sehr gut gearbeitet waren und sehr schoͤn arbeiteten, und dennoch
                              geriethen sie sehr bald in Unordnung. Sie arbeiteten stets am besten so lange sie
                              neu waren. Es mag vielleicht manchen scheinen, daß dieß lediglich von Fehlern
                              herruͤhre, die bloß durch besondere Constructionsweisen bedingt sind. Ich
                              gebe auch zu, daß mehrere derselben aus Elementen zusammengesezt waren, die nicht
                              nothwendig mit zum Principe gehoͤren; allein ich will dessen ungeachtet
                              beweisen, daß, abgesehen von der Eigenthuͤmlichkeit gewisser Maschinen, die
                              nothwendige Wirkungsweise der rotirenden Maschinen den Grund zur raschen
                              Zerstoͤrung derselben in sich traͤgt; und daß jeder rotirende Kolben
                              in Kuͤrze der Abnuͤzung unterliegen muß.
                           Es ist ein allgemein anerkannter Grundsaz, daß sich an einer guten Maschine die
                              Theile gleichmaͤßig abnuͤzen sollen, und daß selbst aus ihrer Bewegung
                              ein besseres gegenseitiges Aneinanderpassen erwachsen soll. Dieß ist der Fall mit
                              dem Cylinder und dem Kolben, so wie mit anderen Theilen der Dampfmaschine mit
                              Wechselbewegung, ja es ist dieß so wahr, daß manche der aͤltesten Watt'schen Maschinen noch heutzutage so gut arbeiten, wie
                              je, und vielleicht sogar besser als einige neuere Maschinen. Die rotirende Maschine
                              steht in auffallendem
                              Gegensaze hiemit, und es wird mir nicht schwer werden zu beweisen, daß sich deren
                              Theile ungleich abnuͤzen muͤssen, und daß die Maschine also mit jedem
                              Tage ihrer Aufgabe weniger gewachsen wird.
                           Man lege zwei vollkommen ebene kreisrunde Metallplatten so auf einander, daß sie
                              einander vollkommen bedeken, befestige die untere auf einem Tische, und lasse die
                              obere in Beruͤhrung mit der unteren rasch um ihre eigene Achse umlaufen. Was
                              wird wohl das Resultat der zwischen beiden Platten Statt findenden Reibung seyn?
                              Wird die Abnuͤzung eine so gleichmaͤßige seyn, daß beide Platten
                              fortwaͤhrend genau an einander passen, oder nicht? Die Erfahrung beantwortet
                              diese Frage im Einklange mit der Theorie mit Nein. Man darf nur bedenken, daß der
                              aͤußere Rand einen groͤßeren Kreis beschreibt, als irgend ein anderer
                              dem Mittelpunkte naͤher gelegene Theil; daß also, da alle Theile innerhalb
                              einer und derselben Zeit umlaufen, die dem Umfange naͤher gelegenen eine
                              groͤßere Geschwindigkeit haben Muͤssen, als die dem Mittelpunkte
                              anliegenden, daß mithin die Abreibung vom Umfange weg, wo sie am groͤßten
                              ist, gegen den Mittelpunkt der Platten hin gleichmaͤßig abnimmt, und daß
                              folglich die Platten nothwendig kegelfoͤrmig werden und immer mehr und mehr
                              die Neigung zu dieser Gestalt bekommen muͤssen. Diese unbestreitbare Wahrheit
                              machte schon so manche an sich schoͤne Erfindung mißlingen; sie ist der
                              Grund, warum die kegelfoͤrmigen Anwellen beinahe durchaus gegen cylindrische
                              umgetauscht wurden; und aus ihr erklaͤrt sich, warum schon so viele
                              sinnreiche Verbesserungen der Dampfmaschine aufgegeben werden mußten. Ich erinnere
                              nur an die von Oliver Evans eingefuͤhrten,
                              flachen, rotirenden Ventile, die man ungeachtet ihrer Einfachheit, Wirksamkeit und
                              Wohlfeilheit allgemein wieder aufgegeben hat, und zwar lediglich wegen dieser
                              Abreibung, die der Ruin einer jeden nach dem Rotations-principe gebauten
                              Dampfmaschine ist.
                           Die Anwendung des eben gegebenen Beispieles auf den in Frage stehenden Gegenstand
                              ergibt sich leicht. Die angedeutete Rotirung von einem Mittelpunkt aus mit Druk auf
                              Unterlagen, deren Theile sich in ungleichen Entfernungen von dem Mittelpunkte
                              befinden, umfaßt naͤmlich auch die außerordentliche Abreibung der
                              Umfangsoberflaͤche im Vergleich mit jener, die dem Mittelpunkte
                              zunaͤchst liegt, und die sich also mit geringerer Geschwindigkeit bewegt. Die
                              Umfangsoberflaͤchen nuͤzen sich weit schneller ab, und sind
                              unbrauchbar geworden, bevor noch die dem Mittelpunkte zugekehrten
                              Oberflaͤchen merklich Schaden gelitten haben. Wo ausgedehnte
                              Metalloberflaͤchen in gegenseitiger Beruͤhrung stehen, sind die
                              Reparaturen immer mit vielen Kosten und langem Verzuge verbunden. Man hat allerdings um diesem Uebel zu
                              steuern, den rotirenden Kolben weit von dem Mittelpunkte der Bewegung entfernt;
                              allein dadurch wird nur theilweise Huͤlfe geschafft, und dafuͤr sowohl
                              der Umfang der Maschine als auch deren Reibung bedeutend vergroͤßert.
                              Ueberdieß wird die Maschine durch Verlaͤngerung des Radius jener die nach dem
                              Principe der geradlinigen Bewegung gebaut ist, naher gebracht; die Vollkommenheit
                              wird daher erst erreicht, wenn der kreisrunde Cylinder in einen geraden, oder die
                              rotirende Maschine in eine mit geradliniger Bewegung verwandelt wird.
                           Wenn sich ein Kolben in einem geraden Cylinder hin und her bewegt, so bewegen sich
                              alle seine Punkte, so wie auch jene des Cylinders gleichmaͤßig:
                              naͤmlich in Linien, welche mit der Achse parallel laufen, und um die
                              Anhaͤufung von Excentricitaͤt zu verhuͤten, kann die Stellung
                              des Kolbens, was seinen Umfang betrifft, durch eine theilweise Umdrehung
                              veraͤndert werden.
                           Die rotirende Bewegung ist mithin schon ihrer Natur nach gegen das Gelingen des
                              rotirenden Principes; sie bedingt als Grundursache kostspielige Reparaturen und
                              einen raschen Verfall der Maschine.
                           IV. Die rotirende Maschine ist ferner auch noch anderen Maͤngeln besonders
                              ausgesezt: so den Vacuitaͤten und dem Auslassen an den Ventilen und
                              Canaͤlen, Unregelmaͤßigkeiten in der Bewegung und
                              Erschuͤtterungen, welche durch die Einwirkung der Theile auf einander
                              entstehen. Alle diese Gebrechen kommen jedoch nur an den einzelnen Maschinen, an
                              denen sie sich zeigen, in Betracht.
                           V. Eignet sich die rotirende Maschine demnach nicht ganz besonders zu einzelnen
                              Zweken, wie z.B. zur Dampfschifffahrt oder zur Locomotion, so duͤrfen wir auf
                              die Hoffnung von ihr einen praktischen Vortheil zu ernten, von vorn herein
                              verzichten. Nun ist sie aber fuͤr die Dampfschifffahrt, fuͤr die man
                              sie empfohlen hat, ganz unbrauchbar. Es ist naͤmlich an den Dampfschiffen
                              sehr gut, wenn die Rotationsachse so hoch und das Gewicht der Maschine so tief als
                              moͤglich angebracht ist. Wuͤrde man min die Maschine an diese Achse
                              bringen, wie es mit der rotirenden Maschine der Fall seyn wuͤrde, so
                              muͤßte die Achse entweder zu weit herab versezt werden, oder das Gewicht der
                              Maschine wuͤrde sich so hoch oben befinden, daß das Fahrzeug dadurch an
                              Staͤtigkeit verlieren anstatt gewinnen muͤßte. Bei der
                              gegenwaͤrtig gebraͤuchlichen Maschine befindet sich das Gewicht
                              unmittelbar uͤber dem Flach des Schiffes, und die Achse ist mit dem Verdek in
                              Beruͤhrung.
                           Gegen die directe Anwendung der rotirenden Maschine an der Achse eines Dampfwagens oder
                              einer Locomotive bestehen unuͤberwindliche Hindernisse. Da zwischen ihr und
                              den Raͤdern keine Federn vorhanden waͤren, so wuͤrde die
                              Maschine durch jeden Stoß in Unordnung gerathen, und durch starre Verbindung des
                              Gewichtes der Maschine mit der Achse wuͤrden die Raͤder in
                              Truͤmmer gehen. Allen diesen Uebeln ist an der Maschine mit geradliniger
                              Bewegung dadurch abgeholfen, daß die Maschine von der Achse getrennt ist, und daß
                              die Kraft durch Stangen, Raͤder und Ketten an das Treibrad oder die
                              Treibwelle fortgepflanzt wird. Es gehoͤrt uͤbrigens an einigen
                              Locomotiven zu den Hauptfehlern, daß diese Trennung weniger vollkommen besteht, als
                              man es wuͤnschen kann; und obwohl diese an den rotirenden Maschinen
                              unthunliche Trennung an der Maschine mit geradliniger Bewegung sehr erleichtert ist,
                              so lag doch hierin lange Zeit eines der Haupthindernisse gegen das Gelingen der
                              Locomotion.
                           VI. Abgesehen von den bereits erwaͤhnten Vorzuͤgen, welche die Maschine
                              mit Wechselbewegung vor der rotirenden voraus hat, erleichtert sie auch noch auf
                              eine bei der lezteren ganz unbekannte Art den direkten Betrieb einiger
                              untergeordneter, zur Dampfmaschine gehoͤriger Mechanismen, z.B. der
                              Kaltwasserpumpe, der Speisungspumpe etc. Ist die Maschine eine verdichtende, so
                              haͤlt die Einfachheit des Mechanismus der Luftpumpe mit der rotirenden
                              Maschine gar keinen Vergleich aus.
                           VII. Alle diese Betrachtungen zusammen, welche von hoͤchstem praktischen
                              Belange sind, beweisen offenbar, daß, wenn an der Maschine mit Wechselbewegung nicht
                              ein sehr bedeutender Verlust an Kraft vorgeht, Nichts zur Umtauschung des rotirenden
                              Kolbens gegen jenen mit geradliniger Bewegung verleiten kann. Es scheint vielmehr
                              sowohl theoretisch als praktisch erwiesen, daß mit Abzug eines kleinen auf die
                              Reibung kommenden Theiles, der Kolben mit geradliniger Bewegung durch die Kurbel
                              alle jene Kraft abgibt, die im Cylinder auf ihn wirkt. Mehr kann kein Mechanismus
                              leisten.Ich habe die gedrukten Berichte uͤber die vorjaͤhrigen
                                    Leistungen der von Sims gebauten Kurbelmaschinen
                                    in Charlestown und Wheel Kitty vor mir liegen. Ich besize eben so die
                                    Angaben uͤber den Druk, den Hr. Smith von Manchester auf einer zu diesem
                                    Behufe an die Bergwerke unternommenen Reise mit einem sehr genauen Indicator
                                    in dem Cylinder beobachtete. Ich besize also die Mittel zur Vergleichung der
                                    Kraft, welche wirklich auf den Kolben wirkte, mit der von diesem
                                    vollbrachten Leistung, und kann hienach als Resultat verbuͤrgen, daß die wirkliche Leistung nur um 10 Proc. unter
                                    der auf sie verwendeten Kraft zuruͤkbleibt. Hieraus folgt, daß selbst
                                    die hoͤchste denkbare Vervollkommnung des Mechanismus der Maschine
                                    nur eine Ersparniß von einigen Procent geben kann; und daß die
                                    gegenwaͤrtig gebraͤuchliche Kurbelmaschine der Vollkommenheit
                                    so nahe kommt, als man nur erwarten kann. A. d. O. Da die rotirende
                              Maschine ferner weder in Hinsicht auf Einfachheit des Spieles, noch in Hinsicht auf
                              Compactheit der Form, auf Raumumfang, auf Wohlfeilheit in der Anschaffung oder in
                              der Unterhaltung etwas voraus hat; da im Gegentheile schon der Natur ihrer Bewegung
                              nach der Keim einer raschen Abnuͤzung in ihr gelegen ist, und da sie sich
                              endlich durch keinerlei Eigenthuͤmlichkeiten als fuͤr einzelne Zweke,
                              wie z.B. fuͤr die Dampfschifffahrt oder Locomotion besonders empfehlenswerth
                              zeigt, so kann ich wahrlich nicht abnehmen, wie man nur einen Augenblik Denkens auf
                              weitere Verbesserung derselben oder Abaͤnderung ihrer Gestalt verwenden kann.
                              Wenn schon das Princip im hoͤchsten Grade der Ausbildung sich jenem der
                              Maschine mit Wechselbewegung in Hinsicht auf Leistung und Dauerhaftigkeit nur
                              annaͤhern, keineswegs aber es uͤbertreffen kann, so verdient es
                              wahrlich keinen weiteren Aufwand an Zeit und Forschung.
                           VIII. Die Argumente, welche ich hier aufstellte um zu zeigen, durch welche
                              Taͤuschungen die Erfinder rotirender Maschinen von der wahren Bahn abgeleitet
                              wurden, gewinnen noch bedeutend an Gewicht, wenn man die Eigentuͤmlichkeiten
                              der Kurbel als einen der Elementar-Mechanismen zur Umwandlung der
                              geradlinigen in eine rotirende Bewegung in Betracht zieht. Die Kurbel zeichnet sich
                              naͤmlich vor allen anderen Mitteln, womit die besagte Umwandlung geschehen
                              kann, durch besondere Eigenschaften aus; sie paßt sich der Natur des Dampfes sowohl
                              als der festen Materie so trefflich an, daß wir die Vortheile, die wir heut zu Tage
                              aus der Dampfmaschine ziehen, wesentlich auch ihr verdanken. Alle Muͤhe, die
                              sich der Erfindungsgeist seit Jahren gab, um deren vermeintliche Mangel zu
                              beseitigen oder sie gar entbehrlich zu machen, war unnuͤz verschwendet; nach
                              vielen vergeblichen Anstrengungen ist es endlich erwiesen, daß die Kurbel allein der
                              Zauberstab ist, dem die ungeheure Kraft des Dampfes willig Folge leistet. Ich will
                              nun versuchen in eine Eroͤrterung dieser Eigenschaften, denen die Kurbel ihre
                              Vollkommenheit als Elementar-Mechanismus verdankt, einzugehen.
                           1) Einleitend muß ich erinnern, daß mit dem Kolben einer Dampfmaschine mit
                              Wechselbewegung Folgendes vorgeht. Er wird nach einer Richtung in Bewegung gesezt,
                              und dann angehalten, hierauf wird er in entgegengesezter Richtung bewegt, und dann
                              wieder angehalten, worauf dann die erste Bewegung abermals eintritt. Beim Beginnen
                              der Bewegung nach Abwaͤrts oͤffnet sich ein Ventil, durch welches der
                              Dampf uͤber den Kolben gelangt, welches aber am Ende des Hubes geschlossen
                              werden muß. In demselben Augenblike, in welchem sich dieses Ventil schließt, muß
                              sich ein entgegengeseztes oͤffnen, um Dampf unter den Kolben eintreten zu
                              lassen. In demselben Augenblike muß sich aber auch ein Austrittsventil fuͤr den zuerst
                              eingetretenen Dampf eroͤffnen, und ein zweites Austrittsventil an der
                              entgegengesezten Seite des Kolbens dafuͤr schließen. In einem und demselben
                              Augenblike muß demnach die Bewegung des Kolbens nach der einen Richtung angehalten
                              werden, und nach der entgegengesezten Richtung beginnen; eine
                              Dampf-Communication muß geschlossen, eine zweite geoͤffnet, ein
                              dritter Austrittscanal abgesperrt und ein vierter geoͤffnet werden; und alles
                              dieß muß, wenn die Maschine auf Vollkommenheit Anspruch machen soll, beinahe mit
                              absoluter Genauigkeit erfolgen.
                           Diese Vorgaͤnge, wodurch die Umwandlung aus dem Zustande der Ruhe in die
                              Bewegung und umgekehrt hervorgebracht wird, erfordert jedoch Zeit. Die Materie
                              erlangt ein Bewegungsmoment, und dieses muß allmaͤhlich aufgehoben werden,
                              wenn die Materie keine Erschuͤtterung und durch diese eine
                              Beschaͤdigung erleiden soll. Andererseits erlangt die Materie durch die
                              Bewegung eine solche Kraft, daß um sie aufzuhalten, dieselbe Kraft erforderlich ist,
                              wie die, der sie die Bewegung verdankt. Diese Vorgaͤnge koͤnnen
                              demnach leine augenbliklichen seyn, und da die Bewegung, die der Dampf erzeugt, eine
                              gleichmaͤßige und ununterbrochene ist, so muͤssen nothwendig die
                              Theile der Maschine selbst so viel Zeit gestatten, als erforderlich ist, damit sie
                              allmaͤhlich und ohne Erschuͤtterung in den Zustand der Ruhe kommen,
                              und aus diesem nach entgegengesezter Richtung wieder in die groͤßte
                              Geschwindigkeit versezt werden. Alles dieses bewirkt nun die Kurbel auf
                              ausgezeichnete Weise. Sie haͤlt den Kolben so sachte und sanft an, als
                              waͤre ein Flaumenkissen unter ihn gebracht, und sezt ihn dann nach
                              entgegengesezter Richtung eben so allmaͤhlich in Bewegung, bis er die
                              groͤßte Geschwindigkeit erlangt hat. Eben so vollkommen bewirkt sie das
                              Oeffnen der Ventile; denn dieses geschieht mit jener allmaͤhlichen Bewegung,
                              wodurch die Weite der Oeffnung mit der Quantitaͤt der Fluͤssigkeit,
                              welche zustroͤmen soll, in Verhaͤltniß gebracht wird. Eine so
                              vollkommene Adjustirung kann nur bei einem solchen Verhaͤltnisse Statt
                              finden, wie es zwischen der Kurbel und dem Kolben besteht, von denen die eine
                              gleichmaͤßig den Umfang eines Kreises beschreibt, waͤhrend sich der
                              andere mit abwechselnd zu- und abnehmender Geschwindigkeit bewegt.
                           2) Es gereicht einem Mechanismus zu großer Empfehlung, wenn dessen Brauchbarkeit
                              durch einen geringen Fehler im Bau nicht wesentlich beeintraͤchtigt wird;
                              wenn eine geringe Unordnung in dessen Adjustirung nicht unmittelbar zu dessen
                              Zerstoͤrung fuͤhrt; wenn andererseits seine volle Wirksamkeit sich bei
                              jenem Grade von Genauigkeit, der durch einen gewoͤhnlichen Arbeiter erzielt
                              werden kann, und bei
                              jener Sorgfalt, die von gewoͤhnlichen Maschinenwaͤrtern zu erwarten
                              ist, aͤußert; und wenn endlich die Schadhaftigkeit so allmaͤhlich
                              eintritt, daß man bei Zeiten auf Abhuͤlfe aufmerksam gemacht wird. Gerade ein
                              solcher Mechanismus ist nun abermals die Kurbel. Das Oeffnen und Schließen der
                              Ventile muß am Anfange und am Ende des Hubes, oder wie man zu sagen pflegt in der
                              Linie der Mittelpunkte von Statten gehen, und gerade an dieser Stelle kann der auf
                              den Kolben wirkende Druk nicht auf die Kurbel wirken. Gesezt jedoch die Ventile
                              bewegten sich nicht mit absoluter Genauigkeit, sondern sie oͤffneten oder
                              schloͤßen sich zu fruͤh oder zu spaͤt, so wird dieser Fehler
                              gerade hier von geringem Belange seyn, weil die Bewegung des Kolbens eben dann so
                              unbedeutend ist, daß er durch einen Bogen von 20° nicht den hundertsten Theil
                              eines Hubes vollbringt. Jeder in diesem Raume vorkommende Fehler wird daher nur den
                              hundertsten Theil seiner Wirkung auf die Kurbel ausuͤben; oder jeder Fehler
                              in der Adjustirung wird, was seine Wirkung betrifft, auf den hundertsten Theil
                              dessen beschraͤnkt, was eintreten wuͤrde, wenn die Bewegung des
                              Kolbens, wie dieß bei jeder anderen Art der Umwandlung der Bewegung in eine
                              rotirende der Fall ist, in Portionen, welche mit dem durchlaufenen Bogen
                              correspondiren, gleichmaͤßig waͤre.
                           3) Auf gleiche Weise werden Fehler, die aus einem mangelhaften Baue, aus
                              unvollkommener Unterhaltung der Maschine oder deren Abnuͤzung erwachsen,
                              durch die Kurbel auf den hundertsten Theil vermindert. Ich habe mich oft
                              hoͤchlich verwundert, wie solche Ruinen von Maschinen, wie ich sie an manchen
                              Kohlengruben, Bergwerken u. dgl. fand, doch immer noch so arbeiten, daß sie hinter
                              ihrer vollen Kraft kaum um 30 Proc. zuruͤkbleiben.
                           4) Zu allem dem kommt noch, daß bei den Eigenschaften der Kurbel eine Maschine von
                              fehlerhaftem Gewichte, und nach ganz plumpen Dimensionen gebaut seyn kann, ohne daß
                              ihr Spiel deßhalb bedeutend beeintraͤchtigt wird. Denn die Kurbel erreicht am
                              Anfange und am Ende des Hubes eine so langsame Bewegung, daß sie allen Theilen der
                              Maschine eine eben so langsame Bewegung mittheilt, und eben so empfaͤngt sie
                              von diesen das Bewegungsmoment, welches sie abgeben, wenn sie gegen das Ende des
                              Hubes wieder langsam in Ruhestand kommen. Der den hin und her beweglichen Theilen
                              der Maschine gegebene Trieb geht demnach nicht verloren, sondern er wird nur
                              verliehen.
                           Ich habe hiemit dargethan, daß man von einem Irrwahn befangen ist, wenn man glaubt,
                              daß unsere dermalige Dampfmaschine einen großen Theil der Kraft, die sie
                              uͤbertragen soll, verzehrt oder aufhebt, und daß die rotirenden Maschinen den Betrag der
                              nuzbringend verwendeten Kraft zu erhoͤhen im Stande sind; daß die
                              taͤglich erscheinenden rotirenden Maschinen nicht neu sind, indem sie sich in
                              5 große Classen bringen lassen, und von mehr dann 90 Personen immer wieder und
                              wieder erfunden wurden; daß alle diese Maschinen mißlangen, indem keine derselben
                              sich in taͤglichem Gebrauche erhielt; daß dieses Mißlingen nicht von
                              zufaͤlligen Fehlern in der Anordnung der Theile herruͤhrte, indem man
                              bereits so zahlreiche Formen und Abaͤnderungen versuchte; daß es eben so
                              wenig durch fehlerhafte praktische Ausfuͤhrung bedingt seyn koͤnne, da
                              auch die ausgezeichnetsten Praktiker nichts Brauchbares zu Stande brachten; daß die
                              Kurbel der Dampfmaschine keinen Verlust an Kraft bedingt, indem das, was an Kraft
                              verloren zu gehen scheint, an Geschwindigkeit wieder gewonnen wird; daß in demselben
                              Verhaͤltnisse, in welchem die auf den Kolben wirkende mittlere Kraft
                              groͤßer ist als die auf die Kurbel wirkende, auch der von lezterer
                              durchlaufene Raum groͤßer ist, als jener, den ersterer zuruͤklegt; daß
                              der innerhalb einer bestimmten Zeit hervorgebrachte Nuzeffect genau mit dem
                              innerhalb dieser Zeit verbrauchten Dampfe im Verhaͤltnisse sieht, und daß die
                              gewoͤhnliche Dampfmaschine mit Wechselbewegung demnach vollkommen frei ist
                              von den ihr beigemessenen Fehlern, denen durch die rotirende Maschine abgeholfen
                              werden soll. Ferner daß der rotirende Kolben, was die Einfachheit betrifft, vor
                              jenem mit geradliniger Bewegung nichts voraus hat, wohl aber schwieriger zu
                              verfertigen ist, hoͤher zu stehen kommt, mehr Reibung erzeugt, einen
                              groͤßeren Umfang einnimmt, sich schneller abnuͤzt und eine mindere
                              Genauigkeit und Gleichfoͤrmigkeit zulaͤßt; daß die rotirende Maschine
                              demnach Grundfehler hat, wegen der sie nie wohlfeil und dauerhaft seyn kann; und daß
                              selbst wenn dieß der Fall waͤre, sie sich doch weder fuͤr die
                              Dampfschifffahrt noch zur Locomotion eignen wuͤrde. Endlich daß die Kurbel
                              als das zur Umwandlung der geradlinigen Bewegung in eine rotirende dienende Mittel,
                              eine Vollkommenheit besizt, die durch keinen anderen Mechanismus erreicht wird, und
                              erreicht werden kann, und daß gut gebaute Kurbeldampfmaschinen eine Leistung geben,
                              welche sich dem theoretischen Maximum des Nuzeffectes bis auf 10 Proc.
                              annaͤhert, und welche ohne besonders erfahrene und genaue
                              Maschinenwaͤrter zu erzielen ist. Moͤge es mir hiedurch gelungen seyn,
                              manchen talentvollen Erfinder von der Verfolgung des eitlen Projectes einer
                              rotirenden Maschine abwendig zu machen, und seine Thaͤtigkeit
                              ersprießlicheren Forschungen zuzuwenden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
