| Titel: | Anleitung zur Bereitung der Preßhefe; von Prof. Dr. Otto. | 
| Fundstelle: | Band 70, Jahrgang 1838, Nr. XXXIV., S. 147 | 
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                        XXXIV.
                        Anleitung zur Bereitung der Preßhefe; von Prof.
                           Dr. Otto.Auszug aus dem Lehrbuche der rationellen Praxis der landwirthschaftlichen
                                       Gewerbe von Prof. Dr. Otto in
                                    Braunschweig.
                           
                        Otto, Anleitung zur Bereitung der Preßhefe.
                        
                     
                        
                           Die Fabrication der Preßhefe oder der sogenannten trokenen Hefe laͤßt sich mit der Fabrication des
                              Branntweins auf das Vortheilhafteste verbinden.
                           Die Preßhefe ist wegen ihrer sich stets gleich bleibenden Wirksamkeit und wegen ihrer
                              Haltbarkeit ein vortreffliches Gaͤhrungsmittel fuͤr den
                              Branntweinbrenner und Baͤker, weßhalb in neuerer Zeit in einigen Gegenden
                              ganz enorme Quantitaͤten davon bereitet und verschikt werden.
                           Die Bereitungsart ist sehr einfach. Bei der Gaͤhrung uͤberhaupt wird
                              stets neues Ferment gebildet. Bei der Gaͤhrung der Bierwuͤrze sind die
                              Oberhefe und Unterhefe neu gebildetes Ferment, gemengt Mit mehr oder weniger Bier.
                              Uebergießt man diese fluͤssige Hefe mit Wasser und laͤßt man sie
                              einige Stunden ruhig stehen, so sezt sich eine gelblich-weiße koͤrnige
                              Masse zu Boden und die daruͤber stehende Fluͤssigkeit kann klar
                              abgegossen werden. Die am Boden des Gefaͤßes zuruͤkbleibende Masse ist
                              das Ferment, die Hefe. Fuͤllt man diese Masse in einen leinenen Beutel, so
                              kann man durch Auspressen die waͤsserige Fluͤssigkeit entfernen, und
                              Hefe bleibt als zaͤhe, broͤkliche, teigartige Masse zuruͤk. In
                              diesem abgepreßten Zustande stellt sie die sogenannte trokene Hefe oder Preßhefe
                              dar, die sich mehrere Wochen, ohne zu verderben, aufbewahren laͤßt.
                           Die beim Brauen gewonnene Hefe reicht aber bei weitem nicht hin, um den Bedarf an
                              Ferment fuͤr die große Menge der Branntweinbrennereien abzugeben; und
                              fuͤr die Baͤker ist dieselbe wegen des Hopfenbitters, das sie
                              enthaͤlt, wenn sie von sehr bittern Bieren herruͤhrt, nicht immer
                              brauchbar. Es lag daher sehr nahe, auch das Ferment rein und anwendbar abzuscheiden,
                              welches bei der Gaͤhrung der Kornbranntweinmaische gebildet wird. Die
                              Kornbranntweinmaische unterscheidet sich von der Bierwuͤrze nur dadurch, daß
                              sie die Schrothuͤlsen und die anderen unaufloͤslichen Substanzen
                              enthaͤlt, von denen die Bierwuͤrze abgeseihet wird. Wie bei der
                              Gaͤhrung der Bierwuͤrze wird bei der Gaͤhrung der Kornmaische
                              Hefe abgeschieden; aber wegen der Menge der anderen unaufgeloͤsten, in der
                              Maische enthaltenen Substanzen ist dieselbe nicht so leicht erkennbar. Der
                              aufmerksame Beobachter wird indeß dieselbe doch als eine zaͤhe, weißlichgelbe
                              Masse zu einer gewissen Zeit auf der Oberflaͤche der gaͤhrende Maische
                              bemerken. Schoͤpft man zu dieser Zeit von der Oberflaͤche ab und gibt
                              man das Abgeschoͤpfte durch ein Haarsieb, so geht das Fluͤssige mit
                              dem fein zertheilten Fermente durch dasselbe hindurch, waͤhrend die
                              uͤbrigen Substanzen, z.B. Schrothuͤlsen, in dem Siebe
                              zuruͤkbleiben. Vermischt man nun die durchgelaufene
                              milchig-truͤbe Fluͤssigkeit mit Wasser, so sezt sich aus
                              derselben das Ferment bald zu Boden, und die Fluͤssigkeit laͤßt sich
                              klar abgießen. Die zuruͤkbleibende Hefenmasse kann, wie vorhin
                              erwaͤhnt, in Beutel gefuͤllt und abgepreßt werden, wodurch man die
                              Preßhefe erhaͤlt.
                           Dieses ist im Wesentlichen die Darstellung dieses Ferments. Man hat nun verschiedene
                              Modificationen des Maischverfahrens und verschiedene Zusaͤze angewandt,
                              welche theils die Menge der aufgeloͤsten stikstoffhaltigen Substanzen in der
                              Maische vermehren und dadurch erhoͤhte Ausbeute an Ferment bewirken, theils
                              aber auch das reichliche Emporkommen des Ferments an die Oberflaͤche der
                              gaͤhrenden Masse, also eine lebhafte Obergaͤhrung bezweken sollen.
                           Man verarbeitet nur Roggenschrot in Verbindung mit Gerstenmalzschrot, wenn man die Fabrication von Preßhefe beabsichtigt.
                              Weizenschrot hat sich, der Erfahrung nach, als unzwekmaͤßig erwiesen. Das
                              Schrot muß sehr fein geschrotet und gebeutelt seyn. Auf 3 Theile Roggenschrot nimmt
                              man 1 Theil Gerstenmalzschrot, teigt mit Wasser von 40° R., bei großer
                              Kaͤlte auch wohl von 50° R. ein, brennt nach einer halben Stunde mit
                              siedendem Wasser oder Dampf gahr (d.h. die Masse wird auf eine Temperatur von
                              50–52° R. gebracht), und maischt tuͤchtig und anhaltend durch
                              einander, damit eine vollkommen klumpenlose Masse entsteht. Diese laͤßt man
                              nun laͤngere Zeit, als es sonst geschieht, in dem Vormaischbottiche stehen,
                              etwa 4 bis 6 Stunden, wodurch sie einen saͤuerlichen, aber angenehmen
                              Geschmak bekommt. – Das Zukuͤhlen wird auf gewoͤhnliche Art
                              vorgenommen, und zwar nur mit so viel Wasser ungefaͤhr, wie 1 : 5. In dem
                              Hefenfasse stellt man etwas der noch waͤrmeren Maische mit 4–5 Mal so
                              viel Hefen an, als man gewoͤhnlich zu nehmen pflegt; diese bald in
                              Waͤhrung kommende Masse sezt man der im Gaͤhrungsbottiche befindlichen
                              zugekuͤhlten Maische bei etwas hoͤherer, als der sonst
                              gewoͤhnlichen Temperatur hinzu, und außerdem noch eine Aufloͤsung von
                              Potasche und Salmiak (auf 600 Pfd. Schrot ungefaͤhr 1 Pfd. Potasche und 6
                              Loth Salmiak). Diese Aufloͤsung kann man auch vorher zu der Hefenmasse in das
                              Hefenfaß geben. Es erfolgt nun in der angestellten Maische bald eine sehr lebhafte
                              Obergaͤhrung, weßhalb man auch einen ziemlich großen Steigraum lassen muß;
                              ungefaͤhr 8–9 Stunden nach dem Anstellen muß man die gaͤhrende
                              Masse beobachten, weil dann in der Regel die Abscheidung des Ferments auf der
                              Oberflaͤche beginnt. Das Ferment, welches als eine rahmartige,
                              gelblich-weiße, schaumige Masse auf die Oberflaͤche kommt, wird mit
                              einem flachen Loͤffel abgeschoͤpft und auf ein Sieb gegeben, das
                              uͤber einen kleinen Bottich gestellt ist. Durch das Sieb laͤuft eine
                              schleimig-milchige Fluͤssigkeit, welche das Ferment in Suspension
                              erhaͤlt; durch Ausdruͤken und Austroknen der auf dem Siebe
                              zuruͤkbleibenden Masse kann man diese von dem anhaͤngenden Fermente
                              befreien. Anstatt eines Siebes wendet man auch wohl Beutel von losem Zeuge, etwa von
                              Muͤhlentuch an, in welche man das Abgeschoͤpfte gießt und ausknetet;
                              Ferment, in der Fluͤssigkeit suspendirt, geht durch die Poren hindurch, die
                              Schrothuͤlsen bleiben im Beutel zuruͤk. Mit dem Ausschoͤpfen
                              des Ferments wird so lange fortgefahren, als sich dasselbe noch auf der
                              Oberflaͤche der gaͤhrenden Masse zeigt.
                           Die milchige, das Ferment enthaltende Fluͤssigkeit wird nun in einen Bottich
                              gebracht, der mit in verschiedener Hoͤhe angebrachten Hahnen versehen ist,
                              und in diesem mit kaltem Wasser gemengt, so daß nun die Masse ganz duͤnnfluͤssig
                              erscheint. Beim ruhigen Stehen sezt sich das Ferment zu Boden und die
                              uͤberstehende Fluͤssigkeit kann durch die verschiedenen Haͤhne
                              davon abgezapft werden. Ist dieß geschehen, so gießt man von Neuem kaltes Wasser aus
                              den Bodensaz und ruͤhrt ihn mit diesem tuͤchtig durch; hat sich das
                              Ferment in der Ruhe wieder abgesezt, so wird die daruͤber stehende
                              Fluͤssigkeit abgezapft, und so kann man das Aufgießen von Wasser und Abzapfen
                              noch ein Mal wiederholen, oder uͤberhaupt so lange, bis das daruͤber
                              stehende Wasser Lakmuspapier nur sehr schwach roͤthet, als Beweis, daß die
                              Saͤure ziemlich vollstaͤndig durch das Wasser ausgewaschen ist; um
                              dieß zu beschleunigen, kann man dem Auswaschwasser eine geringe Menge Potasche
                              zusezen. Je sorgfaͤltiger naͤmlich die aufloͤslichen
                              Substanzen, und namentlich die Saͤure, aus dem Fermente entfernt sind, desto
                              laͤngere Zeit bleibt es haltbar; aber je oͤfter das Auswaschen
                              vorgenommen ist, desto weniger wirksames Ferment erhaͤlt man.
                           Die am Boden des Bottichs befindliche dikfluͤssige Masse von Ferment
                              fuͤllt man in geraͤumige und nicht zu dichte Beutel, bindet diese fest
                              zu, laͤßt die Fluͤssigkeit moͤglichst abtropfen und bringt sie
                              dann auf hoͤlzerne Roste, die auf einem Brette liegen, welches an einer Wand
                              entlang auf festen Unterlagen aufgestellt ist. Etwa 1/2–1 Fuß uͤber
                              diesen Rosten ist an der Wand parallel mit der Bretterunterlage eine starke Latte
                              befestigt; sie dient dazu, das eine Ende von den darunter gestekten langen Bohlen
                              festzuhalten, welche uͤber die mit der Hefe gefuͤllten Beutel gelegt
                              werden. Durch den Druk der Bohlen, den man durch Auflegen von Gewichten und Steinen
                              auf das andere Ende der Bohlen nach und nach vermehrt, wird die Fluͤssigkeit
                              abgepreßt und die Hefe bleibt als eine gelblichweiße, formbare Masse in den Beuteln
                              zuruͤk; sie wird, um gleichfoͤrmig zu werden, durchgeknetet, und
                              gewoͤhnlich in pfundschweren, rundlichen Klumpen verkauft. An einem
                              kuͤhlen Orte laͤßt sie sich mehrere Wochen, ohne zu verderben,
                              aufbewahren. Es braucht wohl kaum erwaͤhnt zu werden, daß man sich dieser
                              Hefe fortwaͤhrend zum Anstellen bedient und zwar in der angegebenen
                              reichlichen Menge.
                           Durch die Nebengewinnung der Preßhefe wird die Ausbeute an Branntwein immer bedeutend
                              geschmaͤlert, theils dadurch, daß man in dem Vormaischbottiche die Maische
                              absichtlich sauer werden laͤßt und nicht das zwekmaͤßigste
                              Verhaͤltniß der trokenen Substanz zum Wasser nimmt (indem man, wie
                              angefuͤhrt, sehr dik einmaischt), theils dadurch, daß durch das
                              Abschoͤpfen der Hefen zugleich eine bedeutende Menge fluͤssiger
                              Maische aus dem Gaͤhrungsbottiche entfernt wird, aus welcher man nicht den
                              Branntwein wieder gewinnt. Der Hefenfabrikant kann die Ausbeute an Branntwein
                              1/4–1/5 geringer annehmen, wornach sich leicht berechnen laͤßt, wo die
                              Hefenfabrication vortheilbringend ist. Man rechnet auf 100 Pfd. Getreideschrot eine
                              Ausbeute von 6–8 Pfd. Preßhefe; von derselben Menge Schrot kann man etwa 21
                              Quart Branntwein gewinnen; rechnet man nun 1/3 Verlust an Branntwein, so werden 7
                              Quart Branntwein im schlimmsten Falle ersezt durch 6 Pfd. Preßhefe. Indeß stellt
                              sich das Verhaͤltniß in der Regel guͤnstiger, und es wird sich da ganz
                              besonders guͤnstig stellen, wo die Steuerbehoͤrde gestattet, die von
                              der Preßhefe abgezapfte Fluͤssigkeit anstatt des Zukuͤhlwassers zur
                              Maische zu sezen.
                           Viele Hefenfabrikanten sezen der Maische beim Zukuͤhlen einen bedeutenden
                              Antheil duͤnner kalter Schlempe hinzu; indeß versicherten Hrn. Dr. Otto sehr rationelle Hefenfabrikanten, davon niemals
                              Vortheile gesehen zu haben. Außerdem findet man in den verschiedenen Vorschriften
                              zur Darstellung der Preßhefe, welche zum Theil als Geheimniß verkauft werden, die
                              mannigfaltigsten und oft einander ganz entgegenwirkenden, oder ihre Wirkung
                              gegenseitig aufhebenden Mittel. So wollen einige großen Nuzen von der Anwendung der
                              Schwefelsaͤure gesehen haben; sie teigen und maischen wie gewoͤhnlich,
                              kuͤhlen ab unter Mithuͤlfe von Schlempe, stellen an, und geben in den
                              Gaͤhrungsbottich auf 1000 Quart Maische 1/2 bis 1 Pfd. Schwefelsaͤure,
                              die vorher mit etwas Wasser verduͤnnt worden ist. Auch Schwefelsaͤure
                              und Weinstein (wo dann die freie Weinsteinsaͤure in die Maische kommt) wird
                              angewendet.
                           Außer der beschriebenen Methode, die Preßhefe zu bereiten, hat man noch eine andere
                              angewandt, die im Wesentlichen darauf beruht, daß man nur den duͤnnen Theil
                              der Maische zur Gewinnung der Hefe benuzt, und also eine der Bierwuͤrze
                              aͤhnlichere Maische auf Hefen verarbeitet. Das Einteigen, Einmaischen,
                              Zukuͤhlen und Anstellen geschieht, wie oben beschrieben worden ist, nur nimmt
                              man mehr Wasser. Sobald die Gaͤhrung im Gaͤhrungsbottiche
                              anfaͤngt, wo dann die Schrothuͤlsen entweder noch am Boden des
                              Bottichs liegen oder auf der Maische schwimmen, nimmt man aus der Mitte des Bottichs
                              einen Theil der duͤnnen huͤlsenfreien Maische, entweder mittelst eines
                              Hebers oder mittelst eines Hahnes, der etwa 1 1/2 Fuß uͤber dem Boden
                              angebracht ist, und bringt denselben in einen kleinen Bottich. Man sezt nun zu
                              dieser duͤnnen Maische noch etwas Ferment hinzu und schoͤpft nach
                              Beginn der Gaͤhrung die aufkommende Hefe ab, oder man laͤßt die
                              Gaͤhrung vollstaͤndig verlaufen und sammelt das obenauf befindliche
                              (Oberhefe) und das am Boden liegende Ferment (Unterhefe). – Die weingahre
                              abgezapfte Fluͤssigkeit aus dem kleinen Bottiche wird mit der im großen
                              Gaͤhrungsbottiche enthaltenen weingahren Maische destillirt. Die Ausbeute an
                              Hefen ist hiebei, wie leicht einzusehen, geringer, da man eigentlich nur einen
                              kleinen Theil der Maische (ungefaͤhr 1/5) auf Hefen benuzt: aber man erleidet
                              auch nur sehr wenig oder gar keinen Verlust an Branntwein. Zur Darstellung der Hefe
                              fuͤr den eigenen Bedarf duͤrfte dieß Verfahren sich wohl empfehlen;
                              man hat dann nicht noͤthig, die Hefe abzupressen, sondern man benuzt die am
                              Boden des kleinen Bottichs befindliche schmierige Hefenmasse zum Anstellen.
                           Auch zur Darstellung der Hefe aus Kartoffeln hat man diese Methode angewandt; es ist
                              aber zu bemerken, daß das aus Kartoffelmaische gewonnene Ferment bei weitem weniger
                              wirksam und haltbar, und daher jezt ganz aus dem Handel verschwunden ist; wenigstens
                              in der Gegend von Braunschweig wird allgemein die Preßhefe aus Getreidemaische
                              vorgezogen. Daß die Kartoffeln wegen ihres geringen Gehaltes an stikstoffhaltigen
                              Substanzen nur wenig und nicht gutes Ferment liefern, ließ sich erwarten, aber es
                              ist noch unerklaͤrt, warum man aus Weizen, der doch so reich an Kleber ist,
                              keine Preßhefe darstellen kann.