| Titel: | Einiges über die Dampfboote und Locomotiven in den Vereinigten Staaten. Im Auszuge aus dem neuesten Werke des Hrn. Civilingenieur David Stevenson. | 
| Fundstelle: | Band 70, Jahrgang 1838, Nr. XXXVIII., S. 168 | 
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                        XXXVIII.
                        Einiges uͤber die Dampfboote und
                           Locomotiven in den Vereinigten Staaten. Im Auszuge aus dem neuesten Werke des Hrn.
                           Civilingenieur David
                              Stevenson.Der Titel dieses hoͤchst interessanten Werkes ist: „Sketch of the Civil
                                          Engineering of North America: comprising remarks on the Harbours,
                                          River and Lake Navigation, Lighthouses, Steam-Navigation,
                                          Waterworks, Canals, Roads, Railways, Bridges and other works in that
                                          Country. By David Stevenson, Civil
                                       Engineer. London 1838, by John Weale .“
                                 
                           
                        Aus dem Civil Engineer and Architects Journal. Septbr.
                              1838, S. 308.
                        Stevenson, uͤber die Dampfboote und Locomotiven in den
                           Vereinigten Staaten.
                        
                     
                        
                           Welcher Ansicht man daruͤber seyn mag, wem die Ehre der Erfindung des
                              Dampfbootes angehoͤre, so kann doch daruͤber kein Zweifel obwalten,
                              daß die Dampfschifffahrt zuerst in den Vereinigten Staaten wirklich und mit Erfolg
                              zur Ausfuͤhrung kam. Ebenso gewiß ist, daß der Amerikaner Fulton im Jahre 1807 in New-York das erste
                              Dampfboot vom Stapel ließ, waͤhrend in Europa der erste gelungene, auf dem
                              Clyde angestellte Versuch in das Jahr 1812 faͤllt. Schon vier Jahre vor der
                              lezteren Zeit bediente man sich auf dem Hudson beinahe allgemein des Dampfes als
                              Triebkraft fuͤr die diesen Strom befahrenden Boote.
                           Unpassend waͤre es, den dermaligen Zustand der Dampfschifffahrt in Amerika mit
                              jenem in England vergleichen zu wollen; denn aus der Natur der Dinge hat sich ein zu
                              wesentlicher Unterschied hierin ergeben. Bei weitem der groͤßere Theil der
                              amerikanischen Dampfboote befaͤhrt ruhige Stroͤme und Fluͤsse,
                              oder Bayen und Arme der See, welche mehr oder weniger gegen Wind und Wogen
                              geschuͤzt sind; in England dagegen begibt sich die Mehrzahl der Dampfboote
                              auf die hohe See, auf der sie denselben Unbilden ausgesezt sind, wie die
                              Segelschiffe. Die Folge hievon ist, daß man an den amerikanischen Booten bei einem
                              weit zarteren und schlankeren Baue der Fahrzeuge dennoch die gehoͤrige
                              Staͤrke erreicht, und daß man eben aus diesen Gruͤnden im Allgemeinen
                              auch eine bedeutend groͤßere Geschwindigkeit mit denselben erzielen kann. In
                              Amerika kann man, da sich die Maschinen und die Cajuͤten uͤber dem
                              Verdeke der Fahrzeuge befinden, kraftvolle Maschinen mit ungeheurem Kolbenhube
                              anwenden; waͤhrend diese Einrichtung auf die unsere Kuͤsten
                              befahrenden Boote entweder gar nicht, oder doch wenigstens nicht in der Ausdehnung
                              anwendbar ist, wie in Amerika.
                           Die amerikanischen Dampfboote lassen sich in drei Classen bringen. Zur ersten Classe
                              gehoͤren jene der oͤstlichen Gewaͤsser, naͤmlich des Hudson, des Sundes
                              von Long Island, der Chesapeake und Delaware-Bay, so wie die zwischen
                              New-York, Boston, Philadelphia, Baltimore, Charlistown, Norfolk und den
                              uͤbrigen Haͤfen der Ostkuͤste fahrenden. Zur zweiten Classe
                              gehoͤren jene der westlichen Gewaͤsser: naͤmlich des
                              Mississippi, des Missouri, des Ohio etc. Zur dritten Classe endlich gehoͤren
                              jene, welche den Dienst auf den Landseen versehen. Der Bau dieser Fahrzeuge ist je
                              nach den Classen, zu denen sie gehoͤren, sehr verschieden, und dem Dienste,
                              zu dem sie bestimmt sind, angepaßt. Jene der oͤstlichen Gewaͤsser
                              zeichnen sich durch eine geringe Wassertracht und große Geschwindigkeit, durch
                              Condensations-Maschinen von großen Dimensionen und mit langem Kolbenhube aus.
                              Die Boote der westlichen Gewaͤsser dagegen gehen tiefer im Wasser, sind
                              minder schnell, und werden von kleinen Hochdrukmaschinen mit Dampf von großer
                              Spannkraft getrieben. Die Boote der Landseen sind sehr stark gebaut, gehen tief im
                              Wasser, und naͤhern sich mehr als jene der beiden anderen Classen den
                              fuͤr die hohe See bestimmten Dampfbooten. Sie unterscheiden sich
                              uͤberdieß auch noch dadurch, daß sie Masten und Segel haben, welche den
                              anderen fehlen.
                           Die auf dem Hudson verwendeten Dampfboote gehoͤren zu den
                              vorzuͤglichsten Booten der ersten Classe. Ich will, um einen Begriff von
                              ihnen zu geben, die Dimensionen des zwischen New-York und Albany fahrenden
                              Rochester angeben. Dieses Boot mißt naͤmlich am Verdeke 209 Fuß in der
                              Laͤnge, und dieselbe Laͤnge hat auch der Kiel, da sowohl der
                              Hintersteven als auch der sogenannte Wasserbrecher senkrecht abgeschnitten ist. Die
                              groͤßte Breite des Rumpfes mißt 24 Fuß. Die sogenannten
                              Raͤderwaͤhren (wheel-guards) ragen
                              zu beiden Seiten um 13 Fuß uͤber den Rumpf hinaus. Die groͤßte Breite
                              des Fahrzeuges mit Einschluß der Ruderraͤder betraͤgt 47 Fuß. Der
                              Kielraum hat 8 Fuß 6 Zoll Tiefe. Die Wassertracht oder die Tauchung ist bei einer
                              Durchschnittsanzahl von Passagieren 4 Fuß. Die Ruderraͤder haben 24 Fuß im
                              Durchmesser und 24 Schaufeln von 10 Fuß Laͤnge. Die Schaufeln tauchen 2 Fuß 6
                              Zoll tief in das Wasser. Die Triebkraft liefert eine einzige Maschine, deren
                              Cylinder 43 Zoll im Durchmesser und einen Kolbenhub von 10 Fuß hat. Die Maschine
                              verdichtet den Dampf, der ausdehnungsweise arbeitet, und nach jedem halben Hube
                              abgesperrt wird.
                           Die große Concurrenz der auf dem Hudson fahrenden Dampfboote erzeugt
                              bestaͤndige Wettfahrten zwischen den verschiedenen Compagnien
                              angehoͤrigen Booten, und diese Fahrten werden nicht selten Ursache
                              bedeutender Ungluͤksfaͤlle. Wenn der Rochester z.B. mit einem anderen
                              Fahrzeuge wetteifert und mit seiner ganzen Geschwindigkeit treibt, so wird der Druk
                              des Dampfes im Kessel oft auf 45 Pfd. per Quadratzoll
                              getrieben, wobei der Kolben 27 Doppelhube macht oder sich in einer Minute durch 540
                              Fuß und in einer Zeitstunde durch 6,13 engl. Meilen bewegt. In diesem Falle
                              durchlaͤuft der Umfang des Ruderrades in einer Zeitstunde 23,13 engl. Meilen.
                              Dagegen betraͤgt der Druk unter gewoͤhnlichen Umstaͤnden nur 25
                              bis 30 Pfd. auf den Quadratzoll, wobei der Kolben in jeder Minute 25 Doppelhube
                              macht, und also in einer Minute sich durch 500 Fuß oder in einer Zeitstunde durch
                              5,68 engl. Meilen bewegt. Der Umfang des Ruderrades bewegt sich hiebei mit einer
                              Geschwindigkeit von 21,42 engl. Meilen in der Zeitstunde. Die Geschwindigkeit der
                              Kolben der Marinedampfboote in England betraͤgt selten uͤber 210 Fuß
                              in der Minute; selbst jene der Kolben der Locomotiven reicht gewoͤhnlich nur
                              bis auf 300 Fuß in der Minute, so daß sie also in beiden Faͤllen weit unter
                              der Kolbengeschwindigkeit des Rochesters bleibt.
                           Was den Bau der Ruderraͤder betrifft, so fand ich in dieser Hinsicht an den
                              verschiedenen amerikanischen Dampfbooten keinen Unterschied. Die Schaufeln erstreken
                              sich nicht durch die ganze Breite der Raͤder, wie dieß in England immer der
                              Fall ist; sie sind in zwei und manchmal sogar in drei Faͤcher abgetheilt,
                              waͤhrend das Rad selbst mit drei und manchmal selbst mit vier, in parallelen
                              Ebenen angebrachten Speichenreihen ausgestattet ist. Dieser Bau der
                              Ruderraͤder ward von Hrn. Stevens in
                              New-York eingefuͤhrt. Einen Begriff davon erhaͤlt man, wie Dr. Renwick sagt, wenn man sich ein gewoͤhnliches
                              Ruderrad nach drei senkrecht auf dieser Achse stehenden Ebenen in drei Theile
                              zersaͤgt denkt; und wenn man annimmt, jedes der zwei hiedurch gebildeten
                              Nebenraͤder sey so weit zuruͤkbewegt worden, daß die Schaufeln den
                              zwischen den Schaufeln des urspruͤnglichen Ruderrades gelassenen Raum in drei
                              gleiche Theile theilen. Bei diesem Baue werden die Stoͤße der
                              Ruderraͤder im Vergleiche mit den gewoͤhnlichen Ruderraͤdern
                              bis auf das Drittheil vermindert; und da zwischen den einzelnen Stoͤßen auch
                              eine kuͤrzere Zeit verstreicht, so ist der Widerstand ein mehr constanter. Da
                              ferner jede Schaufel der Spur der zu ihrem Systeme gehoͤrigen Schaufeln
                              folgt, so trifft sie stets auf Wasser, welches nur in geringem Grade
                              aufgewuͤhlt worden ist.
                           Die amerikanischen Dampfboote haben gewoͤhnlich nur eine einzige Maschine, und
                              deßhalb muß denn auch in einigen Faͤllen ein Gegengewicht an den
                              Ruderraͤdern angebracht werden, damit sich die Maschine uͤber ihre
                              todten Punkte bewegen kann. Bei der großen Hublaͤnge wird jedoch in den
                              meisten Faͤllen ein Bewegungsmoment erzielt, welches zu diesem Zweke
                              ausreicht. Die Ruderraͤder erzeugen bei ihrem großen Durchmesser ein bedeutendes
                              Bewegungsmoment, und wirken demnach gleich den Schwungraͤdern, deren man sich
                              an den Landmaschinen zur Regulirung der Bewegung bedient. Selbst auf den Booten mit
                              zwei Maschinen werden deren Verbindungsstangen in Amerika nicht an einer und
                              derselben Achse festgemacht; jede Maschine arbeitet vielmehr vollkommen
                              unabhaͤngig von der anderen, und treibt auch nur eines der
                              Ruderraͤder. In England dagegen verbindet man die Verbindungsstangen beider
                              Maschinen durch Kurbeln, welche unter rechten Winkeln gegen einander gestellt sind,
                              mit einer und derselben Welle, so daß die eine Maschine in demselben Momente ihre
                              volle Kraft ausuͤbt, in welchem die andere gar kein Kraftaufwand trifft.
                              Hieraus folgt, daß die Kraft auf die zur Unterhaltung der Geschwindigkeit
                              guͤnstigste Art verwendet wird. Bei dem kurzen Hube und dem vergleichsweise
                              kleinen Durchmesser der Ruderraͤder der europaͤischen Dampfboote ist
                              dieser Bau nothwendig, damit die Maschinen uͤber ihre todten Punkte hinweg
                              gelangen.
                           Die Dampfboote der westlichen Gewaͤsser gleichen, was den Bau ihrer Kessel und
                              die Einrichtung ihrer Feuerzuͤge betrifft, großen Theils den
                              europaͤischen. Die Flamme und der Rauch, welche sich auf der Feuerstelle
                              entwikeln, ziehen durch die im Inneren des Kessels befindlichen Feuerzuͤge,
                              und entweichen endlich in die Rauchroͤhre. Die Kessel sind auf die
                              gewoͤhnliche Weise mittelst eiserner Baͤnder und Klammern
                              verstaͤrkt, damit sie der Expansivkraft des Dampfes maͤchtiger
                              widerstehen. Diese Boote kommen jenen der oͤstlichen Gewaͤsser weder
                              an Schoͤnheit des Baues, noch an Geschwindigkeit gleich; sie haben 100 bis
                              700 Tonnen Ladung, sind meistens schwerfaͤllig gebaut, mit flachem Boden, und
                              gehen 6 bis 8 Fuß tief im Wasser. Beilaͤufig 5 Fuß hoch uͤber der
                              Wasserflaͤche befindet sich das Verdek, unter welchem der Raum fuͤr
                              den schwereren Theil der Ladung ist. Die ganze Maschinerie ruht auf dem ersten Deke,
                              und zwar die Maschine in der Mitte des Fahrzeuges und die Kessel unter den beiden
                              Rauchfaͤngen. Die Feuerthuͤren oͤffnen sich gegen den Bug hin.
                              Der helle Schein der Holzfeuerung und das Geraͤusch des bei der
                              Auslaßroͤhre entweichenden Dampfes machen bei der Nacht einen sonderbaren
                              Eindruk, und dienen zugleich, um die Annaͤherung eines Fahrzeuges auf eine
                              große Ferne zu verkuͤnden. Der Hauptzwek bei dieser Anordnung der Kessel ist
                              Erzeugung eines starken Zuges auf der Feuerstelle.
                           Die Maschinen sind im Allgemeinen im Verhaͤltnisse zu der Groͤße der
                              Fahrzeuge, die sie zu treiben haben, sehr klein; und um das, was an Umfang abgeht,
                              zu ersezen, laͤßt man sie mit Dampf von großer Spannkraft arbeiten. Der Rufus
                              Puttnam z.B., ein 6 Fuß tief im Wasser gehendes, schoͤnes großes Dampfboot, welches zwischen
                              Pittsbury am Ohio und St. Louis am Mississippi faͤhrt, hat nur eine einzige
                              Maschine, deren Cylinder 16 Zoll im Durchmesser und einen Kolbenhub von 5 Fuß 6 Zoll
                              Laͤnge hat. Diese Maschine arbeitet dagegen mit Dampf von hoͤchst
                              gefaͤhrlicher Spannung; denn nach den Angaben des Capitaͤns sind die
                              Sicherheitsventile unter gewoͤhnlichen Umstaͤnden mit 138 Pfd. auf den
                              Quadratzoll belastet, und manchmal, z.B. an Stellen, wo die Stroͤmung stark
                              ist, treibt man diesen Druk selbst auf 150 Pfd.! Um mich einigermaßen zu beruhigen,
                              ward sogar noch beigefuͤgt, daß dieser leztere Druk nie, außer bei
                              außerordentlichen Gelegenheiten, uͤberstiegen wird! Ich fuhr eine kurze
                              Streke auf diesem Fahrzeuge, eilte aber, nachdem ich obige Aufschluͤsse
                              erhalten hatte, so schnell als moͤglich davon wegzukommen. Wen wird es unter
                              solchen Umstaͤnden noch Wunder nehmen, so haͤufig von
                              verungluͤkten amerikanischen Dampfbooten zu hoͤren?
                           Man heizt die Dampfmaschinen in Amerika fast durchaus mit Holz, und zwar mit
                              Fichtenholz, welches man zu diesem Zweke fuͤr das beste haͤlt. Der
                              Preis einer Klafter, welche 128 Kubikfuß enthaͤlt, wechselt zwischen 5 und 20
                              Schill. Man rechnet, daß 2 3/4 Klafter Holz, wenn die Kessel gut gebaut sind, eben
                              so viel Dampf erzeugen, als eine Tonne Steinkohlen. An einigen Orten heizt man
                              sowohl Dampfboote als Locomotiven mit Anthracit; doch ist die Benuzung dieses
                              Brennstoffes noch sehr beschraͤnkt.
                           Die amerikanischen Locomotiven sind sowohl im Baue als auch im Preise den englischen
                              sechsraͤderigen Locomotiven aͤhnlich. Damit die Maschinen auch auf
                              Bahnen mit bedeutenden Curven laufen koͤnnen, ist folgende Einrichtung
                              getroffen worden. Die Treibraͤder, welche 5 Fuß im Durchmesser haben,
                              befinden sich an dem hinteren Theile der Maschine dicht an dem
                              Feuerbehaͤlter. Der vordere Theil der Maschine ruht auf einem Gestelle,
                              welches auf vier Raͤdern von 2 Fuß 6 Zoll im Durchmesser laͤuft. Oben
                              auf dem Scheitel dieses Gestelles ist in Form eines Kreises eine Reihe von
                              Reibungsrollen angebracht, in deren Mitte ein senkrechter Zapfen steht, welcher sich
                              in einer an dem Gestelle der Maschine befindlichen Scheide bewegt. Das ganze Gewicht
                              der Cylinder und des vorderen Theiles des Kessels ruht auf den Reibungsrollen, und
                              das Gestell kann, indem es sich um den angegebenen Zapfen dreht, einen kleinen
                              Kreisbogen beschreiben, so daß, wenn die Maschine auf keiner vollkommen geraden Bahn
                              laͤuft, deren Raͤder sich der Curve der Schienen anpassen,
                              waͤhrend die gegenseitige Stellung des Koͤrpers der Maschine, der Verbindungsstangen und
                              der uͤbrigen Theile keine Veraͤnderung erleiden.
                           An der Außenseite der vorderen Achse der Maschine wird in Amerika gewoͤhnlich
                              eine Vorrichtung angebracht, welche man den Guard nennt,
                              und die alle die Hindernisse, welche sich allenfalls auf der Bahn vorfinden sollten,
                              wegzuschaffen hat. Diese Vorrichtung besteht aus einem starken hoͤlzernen
                              Rahmen, welcher mit hoͤlzernen und eisernen Stangen, die parallel mit den
                              Seitentheilen laufen und eine Art von Rost bilden, ausgefuͤllt sind. Dieser
                              Rahmen erstrekt sich bis auf einen Zoll von den Schienen entfernt von der Achse
                              hinab, und wird von zwei Raͤdern von 2 Fuß im Durchmesser, die
                              beilaͤufig 3 Fuß vor der Maschine her auf der Bahn laufen, auf dieser
                              Hoͤhe erhalten. Das aͤußere Ende oder die Spize des Rahmens ist mit
                              Eisen beschlagen und etwas nach Aufwaͤrts gebogen.
                           Auf der Bahn zwischen Washington und Baltimore laͤuft eine Locomotive, welche
                              mit Anthracit geheizt wird, und die sich wesentlich von den gewoͤhnlichen
                              Maschinen unterscheidet. Sie hat einen senkrecht stehenden Cylinder, einen
                              senkrechten Roͤhrenkessel, und wiegt gegen 8 Tonnen.
                           Die Wagen fuͤr die Passagiere sind sehr groß und bequem; sie haben Size
                              fuͤr 60 Personen, und ihr Himmel ist so hoch, daß selbst die groͤßten
                              Maͤnner ungenirt aufrecht darin stehen koͤnnen. Zwischen den Sizen
                              hindurch laͤuft von einem Ende zum anderen ein Gang, an dessen beiden Enden
                              sich eine Thuͤr befindet. Die Verbindung der Wagen ist der Art, daß die
                              Passagiere den ganzen Wagenzug entlang von einem Ende zum anderen gehen
                              koͤnnen, ohne aussteigen zu muͤssen. Im Winter heizt man diese Wagen
                              mit eigenen Oefen. Ihre Kaͤsten haben 50 bis 60 Fuß in der Laͤnge, und
                              ruhen auf zwei vierraͤderigen Gestellen, die mit Reibungsrollen ausgestattet
                              sind, und die sich auf die oben bei den Locomotiven beschriebene Art um einen
                              senkrechten Zapfen bewegen. Der Boden der Wagen ist auf hoͤlzerne, durch
                              eiserne Aufhaͤngestangen verstaͤrkte Laͤngenbalken gelegt.
                           Was die Gradienten der schiefen Flaͤchen an den amerikanischen Eisenbahnen
                              betrifft, so sind sie zuweilen ziemlich steil. An der Bahn zwischen Philadelphia und
                              Columbia gibt es z.B. Gradienten von 1 in 14,6 und von 1 in 21,2. An derselben Bahn
                              gibt es auch viele Curven, von denen die kleinsten einen Radius von 350 Fuß
                              haben.
                           Der Eifer, mit dem die Amerikaner an jede Unternehmung gehen, welche auf Erweiterung
                              und Erleichterung ihres Verkehres abzielt, muß Jedem, der die Vereinigten Staaten
                              besucht, als ein Charakteristicum der Nation auffallen. Vor 40 Jahren zaͤhlte man
                              noch kaum einen Leuchtthurm, und jezt erhellen gegen 200 in jeder Nacht die
                              wichtigeren Theile der Kuͤsten. Vor 30 Jahren gab es nur ein einziges
                              Dampfboot und einen einzigen kurzen Canal; gegenwaͤrtig befahren zwischen 5
                              und 600 Dampfboote die dortigen Fluͤsse und Seen, und die Canaͤle
                              haben zusammen eine Laͤnge von beilaͤufig 2700 engl. Meilen! Vor 10
                              Jahren waren nur 3 Meilen Eisenbahn fertig, und jezt sind 1600 engl. Meilen theils
                              fertig, theils im Baue. Es erscheint dieß um so wunderbarer, wenn man bedenkt, daß
                              diese großen Communicationslinien zuweilen durch beinahe undurchdringliche
                              Waͤlder gefuͤhrt sind, in denen man nicht selten Tage lang kein Dorf
                              und kein Haus trifft, mit Ausnahme der Huͤtten der Waͤchter und
                              Aufseher. In Hinsicht auf Laͤnge uͤbertreffen die amerikanischen
                              Canaͤle Alles, was man in Europa in diesem Fache noch kennt. Der
                              laͤngste Canal in Europa, naͤmlich jener von Languedoc, hat 148 engl.
                              Meilen Laͤnge; in Amerika dagegen hat der laͤngste Canal,
                              naͤmlich der Eriecanal, nicht weniger als 363 engl. Meilen. Nicht minder
                              wunderbar ist der Bau der amerikanischen hoͤlzernen Bruͤken mit
                              ungeheuren Spannungen. Die Bruͤke, welche bei Columbia uͤber den
                              Susquehannah gefuͤhrt ist, und die im Jahre 1832 begonnen, im Jahre 1834
                              beendigt wurde, duͤrfte wirklich die groͤßte gewoͤlbte
                              Bruͤke in der Welt seyn. Sie besteht aus nicht weniger als 29 Bogen von 200
                              Fuß Spannung, welche auf zwei gemauerten Widerlagern und 28 gemauerten Pfeilern, die
                              im Durchschnitte 6 Fuß unter der Wasserflaͤche auf Felsen gebaut sind, ruhen.
                              Der Wasserweg der Bruͤke hat 5800 Fuß und ihre ganze Laͤnge
                              betraͤgt 1 1/4 engl. Meile. Die eigentliche Bruͤke wird von drei
                              hoͤlzernen Bogen getragen, und enthaͤlt zwei Weglinien, die sowohl
                              fuͤr gewoͤhnliche, als fuͤr Eisenbahnwagen eingerichtet sind.
                              Mit den beiden Fußpfaden hat die Bruͤke 30 Fuß Breite. Die Bogen bestehen aus
                              zwei Stuͤken, von denen jedes 7 Zoll Breite auf 14 Zoll in der Tiefe mißt.
                              Diese Stuͤke befinden sich 9 Zoll weit von einander, und zwischen ihnen sind
                              mit eisernen Bolzen, die durch das Ganze sezen, die Balken befestigt, aus denen das
                              hoͤlzerne, die Weglinien tragende Gebaͤlke zusammengesezt ist.
                           Eine der Bruͤken uͤber den Schuylkill ist in einem einzigen Bogen von
                              nicht weniger als 320 Fuß Spannung und mit einem Sinus
                                 versus von 38 Fuß gebaut. Sie hat 30 Fuß Breite, wurde vor mehreren Jahren
                              gebaut und ist noch in trefflichem Zustande. Eine andere Art von Bruͤken,
                              deren man sich an den amerikanischen Eisenbahnen haͤufig und bis zu einer
                              Spannung von 150 Fuß hinauf bedient, ist die Patent-Gitterbruͤke von
                              Town (Town's Patent Lattice
                                 Bridge),
                              welche jener Art von Bruͤken, auf die Smart vor
                              mehreren Jahren in England ein Patent nahm, aͤhnlich zu seyn scheint.