| Titel: | Auszug aus dem Berichte des Hrn. Francoeur, über die Verbesserungen, welche Hr. Challiot in Paris v. St. Honoré Nr. 338, an den Harfen anbrachte. | 
| Fundstelle: | Band 70, Jahrgang 1838, Nr. XLVIII., S. 200 | 
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                        XLVIII.
                        Auszug aus dem Berichte des Hrn. Francoeur, uͤber die
                           Verbesserungen, welche Hr. Challiot in Paris v. St. Honoré Nr. 338, an den Harfen anbrachte.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. Jun. 1838, S. 197.
                        Francoeur, uͤber Verbesserungen an den Harfen.
                        
                     
                        
                           Der Mechanismus, welcher an den Harfen die halben Toͤne erzeugt, gilt seit den
                              Arbeiten eines Nadermann und eines Seb. Erard fuͤr so vollkommen, daß er keiner weiteren
                              Verbesserung mehr faͤhig scheint. Alle guten Harfen sind deßhalb auch mit
                              demselben ausgestattet. Die Harfen des Hrn. Challiot
                              bieten auch in dieser Hinsicht keine neuen Modificationen; ihre Pedale, Hebel und
                              Drehstoͤke sind dieselben, wie an den Instrumenten anderer Kuͤnstler.
                              Der Erfinder richtete dafuͤr aber seine Anstrengungen gegen einen Vorwurf,
                              der noch jezt allen Harfen gemacht werden kann, und der so groß ist, daß man nahe
                              daran war, den Gebrauch der Harfen in Orchestern ungeachtet ihres beinahe
                              wunderbaren Effektes aufzugeben. Dieser Vorwurf liegt in dem haͤufigen Reißen oder
                              Brechen der Saiten. Die Harfen, deren Saiten nicht aus Metall bestehen, haben vor
                              dem Piano den außerordentlichen Vorzug, daß sie nach der natuͤrlichen
                              Tonleiter gestimmt werden, und daß daher jeder Spieler die Stimmung wieder
                              herstellen kann, wenn sie verloren ging. Dagegen sind aber die Darmsaiten, und zwar
                              namentlich jene, welche die schneidendsten Toͤne geben, und welche eben
                              deßhalb auch die duͤnnsten sind, haͤufig dem Reißen oder der
                              Verstimmung ausgesezt. Hr. Challiot hat nun einen
                              Mechanismus ersonnen, der diesen Unannehmlichkeiten steuern soll, und der aus
                              Folgendem erhellen duͤrfte.
                           Bekanntlich sind an der Harfe alle Saiten, welche an Dike und Laͤnge abnehmen,
                              mit einander parallel in einer und derselben Ebene, welche die Form eines Dreiekes
                              hat, aufgezogen. Ihr unteres Ende ist an einem laͤngs des Resonanzbodens
                              laufenden Stabe, das obere dagegen an einem sogenannten Wirbel befestigt. Die
                              Wirbel, welche an dem oberen Theile der Harfe in einer Curve gestellt sind, werden
                              mit einem Schluͤssel so lange umgedreht, bis die Saiten die
                              gewuͤnschte Spannung erlangt haben. Ein die Stelle eines Kammes vertretendes
                              Stuͤk bestimmt den Punkt, von dem angefangen die Schwingungen Statt finden.
                              Wenn die Stimmung vollbracht ist, so kommen die Saiten, namentlich die
                              duͤnneren, wegen der starken Spannung, die sie zu erleiden haben,
                              haͤufig zum Reißen, besonders wenn die Spannung laͤngere Zeit fort
                              angedauert hat. Da nun die Harfe im Voraus gestimmt, und laͤngere Zeit an dem
                              Orte, wo sie gespielt werden soll, belassen werden muß, um die Saiten an die
                              atmosphaͤrischen Umstaͤnde dieses Ortes zu gewoͤhnen, so
                              erhellt, daß die erwaͤhnten Unannehmlichkeiten beinahe bei jeder Production
                              eintreten muͤssen.
                           Hr. Challiot befestigt nun den Resonanzkasten der Harfe
                              nur mit einem Scharnier, welches eine geringe Schaukelbewegung zulaͤßt, an
                              dem untern Theile der Saͤule. Diese Bewegung wird mittelst einer oben an dem
                              Kasten angebrachten Schraube hervorgebracht. Wenn man daher diese Schraube mit einem
                              Schluͤssel umdreht, so kann man den oberen Theil des Kastens um ein Geringes
                              dem oberen Theile der Saͤule annaͤhern und folglich die Spannung
                              saͤmmtlicher Saiten, namentlich aber der bruͤchigsten, merklich
                              vermindern. Wenn man also die Harfe mit den uͤbrigen Instrumenten im
                              Einklange gestimmt hat, so braucht man nur dem Kasten eine kleine Bewegung zu geben,
                              um an saͤmmtlichen Saiten die Spannung um soviel zu mindern, daß sie nicht
                              brechen koͤnnen. Will man die Harfe spielen, so ist der Kasten durch einige
                              Umdrehungen der Schraube wieder in seine fruͤhere Stellung zuruͤkgebracht, und die Harfe
                              somit wieder gestimmt. Dieß geschieht ebenso einfach, als sicher, und der
                              Berichterstatter hat sich uͤberzeugt, daß man die Saiten auf diese Weise
                              wiederholt nachlassen und wieder spannen kann, ohne daß die Stimmung leidet. Es
                              genuͤgt, mit den Fingern der einen Hand in die Saiten zu greifen, und mit der
                              andern Hand den Schraubenschluͤssel umzudrehen, bis die Toͤne wieder
                              die richtigen sind, was an saͤmmtlichen Saiten gleichzeitig eintritt.
                           Die Preise der Harfen des Hrn. Challiot, die sich durch
                              die Trefflichkeit ihrer Toͤne eben so sehr, wie durch Eleganz auszeichnen,
                              kommen jenen der Instrumente anderer Kuͤnstler gleich. Fuͤr 100 Fr.
                              stattet der Erfinder auch jede aͤltere Harfe mit seinem Mechanismus aus.Die Société d'encouragement hat
                                    Hrn. Challiot am 27. Junius 1838 eine bronzene
                                    Medaille fuͤr seine Erfindung verliehen.A. d. R.