| Titel: | Bemerkungen über einige Cemente. Von Hrn. Denison, Lieutenant im königl. großbrit. Ingenieurcorps. | 
| Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. XXXIV., S. 126 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXIV.
                        Bemerkungen uͤber einige Cemente. Von Hrn.
                           Denison,
                           Lieutenant im koͤnigl. großbrit. Ingenieurcorps.
                        Aus dem Civil Eng. and Archit. Journal. Novbr. 1838, S.
                              380.
                        Denison, Bemerkungen uͤber einige Cemente.
                        
                     
                        
                           Ich verfolgte mit Aufmerksamkeit die Anwendung, welche man in neuester Zeit bei
                              mehreren Bauten von den sogenannten Cementen und den daraus gebildeten künstlichen
                              Steinen machte, und erlaube mir in Kürze die Versuche mitzutheilen, die ich theils
                              selbst anstellte, theils von anderen anstellen sah.
                           Der erste Versuch wurde vorgenommen, um zu ermitteln, ob eine aus dem Kalksteine von
                              Aberthaw erzeugte Cementmasse der chemischen Einwirkung des Wassers zu widerstehen
                              im Stande ist. Man sezte zu diesem Zweke einen kleinen, vor beinahe zwei Jahren aus
                              dieser Masse geformten Blok einige Zeit über in destillirtes Wasser, und prüfte dieses dann auf Kalk.
                              Das Resultat war, daß das Wasser Kalk aufgenommen hatte. Faraday, den man hierüber befragte, äußerte sich dahin, daß der Blök
                              wahrscheinlich etwas ungebundenen Kalk enthalten haben dürfte. Er rieth daher, ihn
                              einige Zeit über in fließendes Wasser zu bringen und ihn bann abermals mit
                              destillirtem Wasser zu prüfen. Man hing ihn daher zwei Monate in einen Fluß, und
                              sezte ihn hierauf eine Woche lang in destillirtes Wasser. In diesem war auch mit den
                              empfindlichsten Reagentien keine Spur von Kalk mehr zu entdeken. Hieraus folgt, daß
                              Cement, welcher in gehöriger Weise aus hydraulischem Kalke und Kies zusammengesezt
                              worden, durch Wasser auf chemischem Wege nicht angegriffen wird.
                           Der zweite Versuch hatte zum Zweke, die Stärke eines vor zwei Jahren aus Cement
                              geformten Blokes von 2 Fuß 6 Zoll Länge, 1 Fuß 6 Zoll Breite und 1 Fuß Tiefe,
                              welcher an dem Flußdamme in Woolwich benuzt werden sollte, zu erproben. Man brachte
                              zu diesem Behufe sowohl um die Mitte als in Entfernungen von 11 1/2 Zoll von dieser
                              um die Enden herum eiserne Fesseln an, und ließ auf die beiden Endfesseln mittelst
                              einer hydraulischen Presse eine Gewalt einwirken. Der Blok brach hiebei in der Mitte
                              bei einer Gewalt von 4 Tonnen 11 Cntr.
                           Ich übersendete einige solche Blöke an Hrn. Oberstlieutenant Pasley, der sich mit diesem Gegenstande speciell beschäftigt. Die
                              Resultate seiner Versuche waren folgende. Drei Blöke von 3 Fuß Länge, 18 Zoll Breite
                              und 15 Zoll Tiefe wurden auf Unterlagen, die 27 Zoll von einander entfernt waren,
                              gelegt und mit Gewichten beschwert. Der erste brach mit 6285, der zweite mit 5141,
                              und der dritte mit 2930 Pfd. Belastung. Da der lezte wahrscheinlich einen Fehler
                              hatte, so ergab das aus den beiden ersteren gezogene Mittel 5713 Pfd. – Ein
                              Yorker Pflasterstein von 7 1/2 Zoll Tiefe und 13 Zoll Breite brach bei gleicher
                              Entfernung der Unterlagen unter einer Belastung von 13,512 Pfd. Der Werth von S berechnet sich demnach nach der Formel S = lW/4b
                              d² für den Cement zu 9,5 und für den Yorker
                              Pflasterstein zu 124,7, so daß sich das Verhältniß zwischen beiden wie 1 zu 13
                              gestaltet.
                           Die instructivsten Versuche über die Anwendung des Cementes wurden bei dem Baue der
                              Quais in Woolwich und Chatham vorgenommen, wobei man sich des Patentcementes von Ranger bediente. In einem Falle wurde der Cement in Masse
                              angewendet, da der Bau auf dieselbe Weise geführt wurde, wie an dem Hafendamme in
                              Brighton; in den beiden anderen Fällen hingegen bildete man aus dem Cemente Blöke, denen
                              man hinreichend Zeit zum Erhärten ließ.
                           In Woolwich ruht der Quai größten Theils auf Pfählen. Seine Höhe über diesen beträgt
                              24 Fuß, wobei er am Grunde 9 und oben 5 Fuß in der Dike hat, mit einer Fronteschräge
                              von 3 in 22. Die vordere Seite des Baues ist aus den erwähnten Blöken aufgeführt,
                              welche in Lagen von 1 Fuß 6 Zoll Höhe in Cement eingesezt sind. Die Haupt-
                              und Strebeblöke einer jeden Lage haben 2 Fuß 6 Zoll Länge; erstere haben ein Bett
                              von 2, leztere nur eines von 1 Fuß. Hinter diesem Gemäuer ist der Raum, der für die
                              weitere Breite des Quais gelassen ist, mit rohem Cemente ausgefüllt. Sowohl die
                              Blöke als der rohe Cement sind aus einem Theile Kalk auf 7 Theile Kies
                              zusammengesezt, welche beide mit siedendem Wasser zu gehöriger Consistenz angemacht
                              werden. Zu den Blöken mußte jedoch Kalk von Aberthaw genommen werden, während man zu
                              dem übrigen Baue Kalk von Dorking nahm. Die Blöke wurden in Modeln geformt, während
                              des Erhärtens einem Druke unterworfen, und des schöneren Aussehens wegen außen mit
                              einem feineren Ueberzuge versehen. Der ganze Bau wurde zur Zeit der Ebbe geführt; an
                              dem unteren Theile hatte der rohe Cement daher kaum Zeit, vor dem Eindringen der
                              Fluth über ihn zu erhärten. Dessen ungeachtet schien das Wasser nur auf die
                              Oberfläche der Masse einzuwirken, indem sich dieselbe nach dem Abflusse des Wassers
                              bei folgender Ebbe schon in einigen Zollen Tiefe, wie man zu sagen Pflegt, troken
                              und in mäßigem Grade erhärtet zeigte.
                           Während des Sommers war die tägliche Wirkung des Wassers auf die vordere Seite des
                              Baues kaum bemerkbar; die Oberfläche blieb mäßig hart; nur einzelne Theile des
                              feinen Ueberzuges lösten sich von dem Bloke los, was theils einem Mangel an Sorgfalt
                              bei dem Baue, theils den durch das Anstreifen von Schiffen bewirkten Beschädigungen
                              zugeschrieben ward. Man trug in diesen Fällen stets neuen Cement auf, und so blieb
                              das Aussehen des Ganzen bis zum Eintritte des Winters befriedigend. Bei stärkerer
                              Kälte zeigten sich aber mehrere Gebrechen, und als das Thauwetter endlich eine
                              genauere Untersuchung der vorderen Seite der Wand gestattete, fand sich, daß kaum
                              einer der Blöke ohne Beschädigung geblieben war. An vielen Stellen hatte sich die
                              ganze Oberfläche bis auf einen halben Zoll Tiefe abgeschält; und an einem Orte, an
                              welchem sich von einer Höhe von 6 oder 8 Fuß herab ein Abzugscanal in den Fluß
                              ergoß, waren die unteren Steinschichten durch die Rükwirkung des Wassers bis auf
                              einige Zoll Tiefe ausgeschwemmt. Dieselbe Wirkung von Frost und Wasser zeigte sich
                              auch an dem Quai in Chatham, und zwar hier in einem noch höheren Grade.
                           An jenem Theile des Quais in Woolwich, der bloß aus rohem Cemente aufgeführt worden,
                              zeigte sich schon vor dem Eintritte des Frostes durch die Einwirkung des Wassers
                              allein eine bedeutende Beschädigung, welche sich übrigens durch den Frost rasch
                              steigerte. An den Mauern eines Scharlhauses, welches vor einigen Jahren in der Nähe
                              von Blackheath aus Cement gebaut worden, fand ich den Cement am Grunde, wo er dem
                              Zutritte des Wassers ausgesezt gewesen, so erweicht, daß er jeder auf ihn
                              einwirkenden Gewalt leicht nachgab, während die oberen Theile der Wände vollkommen
                              hart und unbeschädigt geblieben waren.
                           Aus diesen Thatsachen scheint mir hervorzugehen, daß in unserem Klima und überhaupt
                              an Orten, die abwechselnd dem Einflusse des Wassers und der Luft ausgesezt sind, der
                              Cement nicht wohl mit Vortheil als Baumaterial verwendet werden kann, indem die
                              durch die Wohlfeilheit des Materiales bedingte Kostenersparniß durch die vielen
                              Reparaturen, die dessen Anwendung mit sich bringt, mehr als aufgewogen werden. Man
                              möchte vielleicht aus dem Umstande, daß in Chatham einige der Blöke in einem
                              gewissen Grade unbeschädigt blieben, während andere dicht neben ihnen befindliche,
                              die doch den gleichen Einflüssen unterlagen, beinahe vollkommen zerstört wurden,
                              abnehmen wollen, daß auf die Auswahl des Kalks, den man zu den Blöken nahm, nicht
                              genug Sorgfalt verwendet wurde; und daß, wenn man durchaus Kalk von Aberthaw
                              genommen hätte, der Schaden nicht so groß ausgefallen wäre. Allein selbst in diesem
                              Falle und wenn der Cement als gar keiner chemischen Einwirkung von Seite des Wassers
                              zugängig erachtet werden sollte, hätte er doch immer nicht genug Festigkeit und
                              Cohärenz, um als Baumaterial an Orten verwendet zu werden, wo er, wie an den
                              Werften, nicht bloß der fortwährenden mechanischen Einwirkung des Wassers, sondern
                              auch häufigen Beschädigungen durch das Anprallen von Schiffen oder anderen
                              schwimmenden Körpern ausgesezt ist. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß er an
                              Grundmauern, wo er gegen diese zerstörenden Wirkungen geschüzt ist, die
                              trefflichsten Dienste leistet, und daß er sich selbst in vielen Fällen zum
                              Ausfüttern von Mauern etc. sehr gut eignet, wenn man ihm Zeit läßt, gehörig zu
                              erhärten, bevor irgend ein stärkerer Druk auf ihn einwirken kann.Nach neueren Nachrichten hat man den ganzen Cementbau an der Werfte in
                                    Woolwich beseitigt, und dafür einen neuen Bau aus wirklichen Steinblöken
                                    aufgeführt. A. d. R.