| Titel: | Ueber die Verbesserungen, welche vom Jahr 1831 bis zum Jahr 1838 an den Spindelbänken (bancs à broches) eingeführt wurden. Von Hrn. E. Klippel, im Etablissement der HHrn. André Köchlin und Comp. in Mülhausen. | 
| Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. XLV., S. 194 | 
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                        XLV.
                        Ueber die Verbesserungen, welche vom Jahr 1831
                           bis zum Jahr 1838 an den Spindelbaͤnken (bancs à
                              broches) eingefuͤhrt wurden. Von Hrn. E. Klippel, im Etablissement der HHrn.
                           André
                              Koͤchlin und Comp. in
                           Muͤlhausen.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 Muhlhausen, No. 57.
                        Klippel, uͤber Verbesserungen an den
                           Spindelbaͤnken.
                        
                     
                        
                           Im Jahr 1831 trug Hr. Scheidecker der Gesellschaft eine Abhandlung vor, in der er die
                              sogenannte Spindelbank mit Reibungsrolle (banc à
                                 broches à poulie de friction) mit der Spindelbank mit
                              Differentialbewegung (banc à broches à
                                 mouvement différentiel) verglich, und sich zu Gunsten der lezteren
                              aussprach. Die Spindelbänke ließen zu jener Zeit, obwohl sie damals schon ungeheure
                              Dienste leisteten, noch sehr Vieles zu wünschen übrig. Man machte ihnen einen großen
                              Aufwand an Kraft, und große durch die Treibschnüre bedingte Unterhaltungskosten zum
                              Vorwurfe; auch mangelte ihren Producten jene Gleichmäßigkeit, die vorzugsweise
                              erstrebt werden mußte. Seither haben sie aber große Veränderungen erlitten, und zwar
                              Veränderungen, welche als wahre Verbesserungen zu betrachten sind. Diese anzudeuten
                              ist der Zwek gegenwärtiger Notiz.
                           Die wesentlichste der gemachten Verbesserungen besteht in der Ersezung der Schnüre
                              durch Getriebe, um dadurch die Spindeln und Spulen in Bewegung zu sezen. Man erlaube
                              mir hier vorläufig die verschiedenen Getriebe, deren man sich nach einander
                              bediente, anzuführen. Das erste System bestand in gewöhnlichen Winkelrädern, die
                              jedoch nur zum Treiben der Spindeln dienen konnten, da sich die Achsen dieser Räder
                              in einer und derselben Fläche befinden müssen. Das zweite bestand aus Winkelrädern
                              mit schief gestellten Zähnen, die, da sich die Achsen dieser Räder in zwei
                              verschiedenen Flächen befanden, zur Bewegung der Spindeln sowohl als der Spulen
                              dienten. Man warf diesen Rädern den Lärm, den sie veranlassen, vor; und um diesem
                              Vorwurfe zu begegnen, kam Hr. Jerem.
                                 Risler im Jahre 1833 auf die Anwendung von endlosen Schrauben an den
                              Spindeln, und auf die Führung derselben durch sogenannte Schnekenräder (roues hélicoïdes). Das dritte, aus dem
                              eben aufgeführten abgeleitete System bestand in Rädern, welche endlose Schrauben mit
                              mehreren Gewinden führten. Aus diesem Systeme erwuchs nothwendig das vierte, welches
                              aus Rädern und Getrieben mit helikoidischen Zähnen besteht, und welches zuerst im J.
                              1835 von Hrn. E. Saladin in
                              dem Etablissement der HHrn. André Köchlin und Comp. an den
                              Spindelbänken in Anwendung gebracht wurde. Das fünfte, aus dem vierten hervorgehende
                              System ward erst kürzlich eingeführt, und besteht gleichfalls aus Rädern mit
                              helikoidischen Zähnen und einem Getriebe, wie es bei dem vierten Systeme in
                              Anwendung gebracht worden; allein das Rad trägt seine Zähne nicht am Umfange,
                              sondern an seiner Seite. Dieses System gestattet die Führung zweier Spindeln mit
                              einem einzigen Rade; dafür erheischt es aber nicht bloß Räder von großem
                              Durchmesser, sondern es bietet auch Schwierigkeiten, wenn die Getriebe gehörig in
                              einander eingreifen sollen. Endlich gibt es auch noch ein sechstes System, dem gemäß
                              die Spindeln durch gewöhnliche Winkelräder, die Spulen dagegen durch Winkelräder,
                              welche mit geraden Rädern verbunden sind, getrieben werden sollen.
                           Eine der Aufgaben, um deren Lösung es sich hauptsächlich handelte, und über die man
                              mehr oder weniger im Dunkeln war, war zu ermitteln, welches Verhältniß zwischen der
                              Kraft, die eine alte, mit Schnüren betriebene Spindelbank erfordert, und jener Kraft
                              besteht, welche das Treiben einer neuen Spindelbank mit Getrieben erheischt. Durch
                              die Gefälligkeit des Hrn. Jean
                                 Köchlin-Dollfus war ich in Stand
                              gesezt, hierüber in der Spinnerei dieses Fabrikanten mit dem Schnurdynamometer der
                              Gesellschaft einige Versuche anzustellen, und zwar zuerst an einer Spindelbank mit
                              Schnüren von 80 Spindeln, und hierauf an einer Spindelbank mit Getrieben und einer
                              gleichen Anzahl von Spindeln. Die Getriebe hatten helikoidische Zähne. Das Resultat
                              war folgendes.
                           An der durch Schnüre getriebenen Spindelbank durchliefen die Schwingungen des Zeigers
                              des Dynamometers regelmäßig den ganzen graduirten Kreis des Schnellbalkens und zwar
                              schon vom Beginnen des Auswindens (levée) an, so
                              daß es unmöglich war, den Unterschied zwischen den Kräften, die am Anfange und am
                              Ende des Auswindens erforderlich waren, zu beobachten.
                           An der mit Getrieben arbeitenden Spindelbank wechselten die Schwingungen des Zeigers
                              des Dynamometers am Anfange des Aufwindens zwischen 5 und 40, am Ende desselben
                              dagegen zwischen 8 und 50. Dieser Mehraufwand an Kraft, welcher sich am Ende zeigt,
                              ist durch die größere Geschwindigkeit und die größere Schwere, welche die Spulen an:
                              Ende des Auswindens erlangen, bedingt.
                           Hieraus folgt null, daß sich der Kraftaufwand an den Spindelbänken mit Schnüren zu
                              jenem an den Spindelbänken mit Getrieben wie 12 zu 5 verhält. Um übrigens noch
                              sicherer entscheiden zu können, welches von den beiden Spindelbanksystemen das
                              vortheil haftere ist, will ich die Verhältnisse beider zu einander näher prüfen.
                           
                           Beide Bänke spinnen mit gleichen Wiklern oder Dochten gespeist gleiche
                              Vorgespinnstnummern. Die Spindeln der mit Getrieben ausgestatteten Bank laufen in
                              jeder Minute 450 Mal um, während jene an der mit Schnüren getriebenen Bank der
                              Theorie nach 520 Umläufe vollbringen. Dessen ungeachtet macht die Bank mit Getrieben
                              täglich 11 Aufwindungen, während jene mit Schnüren ihrer nur 10 macht, wobei
                              obendrein die Spulen der ersteren um zwei Schichten mehr haben, als jene der
                              lezteren. Dieser Vortheil erwächst daraus, daß man an den Spindelbänken mit
                              Getrieben der Spannung, welche man dem Wikler gibt, gewiß ist, und daß diese
                              Spannung mithin eine größere seyn kann, als an den Spindelbänken mit Schnüren, an
                              denen die Fäden bei einer derartigen Spannung brechen oder wenigstens ungleich
                              werden würden, im Falle die Spannung noch zunähme.
                           Was den größeren Kraftaufwand betrifft, den die mit Schnüren betriebene Spindelbank
                              bedingt, so ist dieser dem Glitschen der Schnüre in den Kehlen ihrer Rollen und der
                              größeren Geschwindigkeit zuzuschreiben, welche man den Spindeln geben muß, um die
                              Zeit, welche durch das Brechen der Schnüre, durch das Abgehen derselben von den
                              Rollen, und durch das Anstükeln des Gespinnstes (was Alles um so öfter geschehen
                              muß, je unvollkommener die Maschine ist) verloren geht, wieder hereinzubringen. Bei
                              einem Versuche, den ich zur Bestimmung des Betrages des Glitschens der Schnüre in
                              den Rollen der Spindeln machte, fand ich, daß hiedurch in jeder Minute ungefähr 12
                              bis 13 Spindelumläufe verloren gehen. Beide dem Vergleiche unterworfene Spindelbänke
                              müßten nämlich, da sie mit gleichen Wiklern gespeist werden und gleiches
                              Vorgespinnst spinnen, auch gleich drehen; berechnet man aber die Drehung des Fadens
                              an der Spindelbank mit Schnüren, so ergibt sich 1,91 Drehung auf den Zoll, während
                              an der Spindelbank mit Getrieben 1,76 auf den Zoll kommen. Bei ersterer findet also
                              ein Verlust an Drehung von 0,13 Spindelumläufen auf den Zoll Statt; und da diese
                              Bank in jeder Minute 98 Zolle liefert, so ergibt sich ein Verlust von 98 ×
                              0,13 oder von 12 Spindelumläufen in der Minute.
                           Aus dem Obigen geht hervor, daß die Spindelbank mit Getrieben um mehr als die Hälfte
                              weniger Kraft verzehrt als jene mit Treibschnüren; und daß sie dessen ungeachtet
                              täglich um zwei Aufwindungen mehr liefert, und zwar von einem Faden, welcher eine
                              viel größere Gleichheit besizt und an dem beinahe keine Anstükelungen zu bemerken
                              sind.
                           Ich habe den Dynamometer auch an einer Spindelbank angewendet, deren Getriebe nach
                              dem zweiten der oben angeführten Systeme gebaut waren. Die Resultate, welche sich hiebei ergaben,
                              kamen in jeder Hinsicht denen gleich, welche die Spindelbank mit helikoidischen
                              Getrieben lieferte, so daß diese beiden Systeme in der Praxis gleiche Vortheile
                              gewähren dürften; doch sind die Spindelbänke mit helikoidischen Getrieben einfacher,
                              und da bei der außerordentlichen Leichtigkeit des Ganges dieser Maschine keine große
                              Abnuzung der Getriebe mehr zu befürchten steht, so ist dieses System als das
                              vortheilhafteste zu betrachten.