| Titel: | Ueber einige Verbesserungen in der Fabrication des Berlinerblau. Von Hrn. Lewis Thompson. | 
| Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. LXVII., S. 281 | 
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                        LXVII.
                        Ueber einige Verbesserungen in der Fabrication
                           des Berlinerblau. Von Hrn. Lewis
                              Thompson.Hr. Thompson erhielt von
                                 der Society of arts für die Mittheilung dieses Aufsazes die
                                 goldene Medaille zuerkannt. A. d. R.
                           
                        Aus den Transactions
                                 					of the Society of arts im Mechanics' Magazine, No. 822.
                        Thompson's Verbesserungen in der Fabrication des Berlinerblau.
                        
                     
                        
                           Bei der gewöhnlichen Fabricationsmethode des Berlinerblau wird der zu dessen
                              Gewinnung nöthige Kohlenstoff und Stikstoff dadurch herbeigeschafft, daß man
                              thierische Stoffe in Berührung mit Potasche einer Zersezung unterwirft. Bei diesem
                              Processe wird das in der Potasche enthaltene Kali reducirt, und das Kalium bewirkt
                              dann in Folge seiner Verwandtschaft zum Cyan die Bildung von solchem. Die Quantität
                              Stikstoff, den eine gegebene Menge thierischer Substanz liefert, ist nicht groß, und
                              beträgt in den von den Fabrikanten verwendeten thierischen Stoffen selten über 8
                              Proc. Selbst von dieser geringen Menge scheint aber während der Fabrication noch die
                              Hälfte verloren zu gehen. Hiedurch wird also nicht nur ein großer Verlust an
                              Material veranlaßt, sondern man ist deßhalb auch gezwungen, sich größerer Apparate
                              zu bedienen. Bei einigem Nachdenken hierüber kam mir die Idee, daß vielleicht die
                              atmosphärische Luft auf die wohlfeilste Weise den nöthigen Stikstoff liefern könnte,
                              wenn man sie unter günstigen Umständen auf eine aus Kohle und Potasche bestehende
                              Mischung wirken ließe. Einige hierüber angestellte Versuche rechtfertigten nicht nur
                              diese Vermuthung, sondern übertrafen sogar noch meine Erwartung; denn die dazu
                              verwendete kohlenstoffhaltige Substanz läßt sich mehrere Male benuzen, und wird
                              sogar durch jede Operation noch besser. Die Anwendung von Eisen fand ich hiebei für
                              nöthig, und zwar aus einer Ursache, welche sich aus der Beschreibung des Verfahrens
                              ergeben wird. Nimmt man kein Eisen, so ist eine weit höhere Temperatur
                              erforderlich.
                           Mein Verfahren ist nun folgendes, wobei ich jedoch bemerken muß, daß die Erfahrung
                              allein die besten Mischungsverhältnisse lehren kann, und daß hier so wie in den
                              meisten anderen chemischen Gewerben, jeder Fabrikant nach Gutdünken und Caprice sein
                              eigenes Verhältniß ausmitteln wird. Man nehme also 2 Theile Potasche oder Perlasche,
                              2 Theile Kohks, Löschkohlen oder Steinkohlen und einen Theil Eisenfeilspäne; mahle
                              das Ganze zu einem groben Pulver und seze es in einem offenen Tiegel oder in einem
                              anderen geeigneten Gefäße unter zeitweisem Umrühren und in einem offenen Feuer eine halbe Stunde lang
                              einer starken Rothglühhize aus. Wenn die kleinen purpurfarbigen Flammen, die sich
                              hiebei auf der Oberfläche der Mischung zeigen, beinahe verschwunden sind, was
                              gewöhnlich nach Ablauf der angegebenen Zeit der Fall zu seyn pflegt, so nimmt man
                              das Ganze vom Feuer, läßt es abkühlen, und sezt Wasser zu, damit sich das in diesem
                              Auflösliche auflöse. Den schwarzen Rükstand, welcher bleibt, hebe man für eine
                              zweite Operation auf. Die Auflösung verseze man, nachdem sie filtrirt worden, mit
                              einem Theile Eisenvitriol, wobei zur Erhöhung des Glanzes des Niederschlages auf
                              gewöhnliche Weise auch etwas Salzsäure zuzusezen ist. Die Quantität Berlinerblau,
                              welche man auf solche Weise erhält, beträgt gewöhnlich den vierten Theil des
                              Gewichtes des reinen in der Potasche enthaltenen Kali; je größer jedoch die
                              Quantität, mit der man arbeitet, um so größer fällt der relative Ertrag aus. So
                              gaben mir 6 Unzen Perlasche, welche 45 Proc. Alkali enthielt, nur 295 Gran
                              Berlinerblau, während nur ein Pfund derselben Perlasche 1355 Gran gab. Das
                              Berlinerblau, von welchem ich hier spreche, ist chemisch reines.
                           Bei diesem Verfahren liefert die Potasche, indem sie durch das Eisen zersezt wird,
                              Kalium, welches, indem es flüchtig ist, emporsteigt und sich mit dem Kohlenstoffe
                              der Kohks und dem Stikstoffe der Luft, welcher bei ihrem Durchgange durch das Feuer
                              oder durch die Kohks oder Kohlen der Sauerstoff entzogen wurde, verbindet. Das
                              hiedurch entstehende Kaliumcyanid (blausaure Kali) wird in Wasser aufgelöst und
                              liefert durch Zusaz des Eisenvitriols und der Salzsäure eisenblausaures Eisen nach
                              der in den meisten chemischen Werken angenommenen Erklärungsweise.
                           Wenn man ein Gemisch von Salpeter, Kohks oder kleinen Steinkohlen und Eisenfeilspänen
                              verpuffen läßt, so erhält man eine Masse, welche eine große Menge Berlinerblau gibt.
                              Hier wird jedoch der Stikstoff durch die Zersezung der Salpetersäure des Salpeters
                              geliefert, weßhalb denn der Versuch hier auch in einem geschlossenen Gefäße eben so
                              gut gelingt. Man kann statt der Potasche auch Soda nehmen, ohne daß das Resultat
                              dadurch beeinträchtigt wird. Dagegen kann man statt der Steinkohle keineswegs die
                              Kohlen der meisten Vegetabilien nehmen, indem sie zu porös sind und zu rasch
                              wegbrennen. Man kann sich hienach leicht erklären, wie es kommt, daß in der Barilla,
                              im Kelp und in dem englischen Alkali etwas blausaures Natron enthalten ist; ebenso
                              erklärt sich hiedurch auch, warum bei der Bereitung des Kaliums stets eine kleine
                              Quantität blausaures Kali erzeugt wird.