| Titel: | Ueber einige Arten von Reibungsrollen. Von Hrn. William Baddeley. | 
| Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. LXXVIII., S. 345 | 
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                        LXXVIII.
                        Ueber einige Arten von Reibungsrollen. Von Hrn.
                           William
                              Baddeley.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No. 821, S.
                              66.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Baddeley, uͤber reinige Arten von
                           Reibungsrollen.
                        
                     
                        
                           Die Reibung, welche an den arbeitenden Theilen der Maschinen Statt findet,
                              beeinträchtigt den Nuzeffect der Triebkräfte in so hohem Grade, und übt eine so
                              nachtheilige Wirkung auf die Maschinerien selbst, daß es von höchster Wichtigkeit
                              ist, sich mit ihr und ihren Wirkungen, sowie auch mit den besten Abhülfe schaffenden
                              Mitteln vertraut zu machen. Die berühmtesten Physiker machten dieselbe bereits zum
                              Gegenstande ihrer Untersuchungen, und dennoch gibt es kaum irgend eine andere Frage
                              im Gebiete der Physik, über welche die Meinungen so getheilt wären, wie über die
                              Geseze der Reibung. Denn wenn sich auch aus der großen Menge gut geleiteter und
                              treffend modificirter Versuche, deren Resultate zur Einsicht vorliegen, Formeln
                              ergaben, die für viele praktische Zweke genau genug sind, so ist die Frage doch noch
                              keineswegs vollkommen entschieden.
                           Nachdem man sich schon in frühesten Zeiten überzeugte, um wieviel die rollende
                              Bewegung vortheilhafter ist als die glitschende, fand man gar bald, daß auch das
                              Glitschen des Rades um die Achse eine bedeutende Reibung erzeuge. Um auch dieses
                              Glitschen in ein Rollen zu verwandeln, bediente man sich verschiedener schmieriger
                              Körper, welche, indem sie aus kugeligen Theilchen bestehen, diesem Zweke besonders
                              gut entsprachen. Dessen ungeachtet versuchte man auch noch durch rein mechanische
                              Mittel die Reibung zu beseitigen oder wenigstens zu vermindern. Casatus war der erste, der den Vorschlag machte, die
                              Reibung an den Radachsen dadurch zu vermindern, daß er sie auf dem Umfange anderer
                              Räder aufruhen ließ. Die erste Anwendung dieses Principes wird Sully zugeschrieben, der im Jahre 1716 an den Uhrwerken Reibungsrollen
                              angebracht haben soll. Sicher bediente sich ihrer Mondran
                              im Jahre 1725 an den Krahnen. Erst als Euler aber dieselben seinem scharfprüfenden
                              Geiste unterwarf, wurden sie allgemeiner bekannt, obwohl selbst dann noch deren
                              Gebrauch verhältnißmäßig ein beschränkter blieb. Einige der mechanischen Mittel,
                              deren man sich bediente, um die Wirkungen der Reibung zu verhindern, sind so
                              sonderbar, daß sie einer Untersuchung werth sind, wäre es auch nur, um sie für die
                              Zukunft zu beseitigen.
                           Vor mehreren Jahren nahm ein Hr. Gottlieb ein Patent auf eine Radachse ohne Reibung, welche, wie man
                              aus Fig. 87
                              sieht, aus einer starken Rolle A von 4 bis 6 Zoll Länge
                              bestand. Diese Rolle lief in einer vierseitigen Fuge, welche an der unteren Seite
                              der Radachse B, die in der Nabe des Rades C, D lief, ausgeschnitten war. Zu den verschiedenen
                              Einwendungen, die sich hiegegen machen lassen, gehört die, daß Gottlieb seine Reibungsrollen in einer falschen Stellung anbrachte, und
                              daß es überhaupt schwierig ist, sie in eine richtige Stellung zu bringen. Denn es
                              ist klar, daß die Stelle, an welcher der Druk am größten ist, beständig wechselt;
                              daß dieselbe, wenn der Wagen vorwärts gezogen wird, im Verhältnisse der Last und der
                              Geschwindigkeit, womit sich der Wagen bewegt, mehr nach Vorne zu fällt; und daß die
                              Last nur dann senkrecht auf der Reibungsrolle ruhen wird, wenn der Wagen still
                              steht.
                           Hr. Garnett von Bristol gab
                              hierauf eine Vorrichtung an, an welcher der oben gerügte Fehler beseitigt ist, und
                              welche man in Fig.
                                 88 sieht. Er ließ nämlich zwischen der Nabe des Rades E, F und der Achse G einen
                              Raum, in welchem er mehrere, beinahe mit einander in Berührung stehende
                              Reibungsrollen H, H, H unterbrachte. Die Achsen dieser
                              lezteren spielten in metallenen Ringen i, dergleichen
                              sich an jedem Ende der Büchse eine befand, und welche durch Bolzen, die durch die
                              Mitte der Rollen liefen, befestigt waren.
                           Hr. Spong glaubte die Reibung
                              an den Radachsen auf folgende Weise auf das Minimum reduciren zu können. Er
                              befestigte nämlich das Rad an der Achse, so daß diese zugleich mit ersterem umlief.
                              In Fig. 89
                              ist K die Achse, l eine
                              Schraubenmutter, welche zur Fixirung des Rades dient, und fest an die Schulter m geschraubt ist. Die Achse läuft in zwei Anwellen, von
                              denen die eine n durch Schrauben adjustirt werden kann,
                              während jene, in der das andere Ende ruht, von der eigens geformten Hauptachse
                              gebildet wird. An dem vorderen Ende der Achse ist eine Reibungsrolle o angebracht, welche an der Hauptachse an einem Zapfen
                              läuft. P, P sind kleine Canäle, welche den Zapfenlagern
                              Oehl zuführen.
                           
                           Vor einigen Jahren nahm Hr. Brandreth von Liverpool ein Patent auf die Anwendung von
                              Reibungsrollen an den Eisenbahnwagen.Vergl. polytechn. Journal Bd. XXVII. S.
                                       15. Seinem Systeme gemäß waren die auf der Bahn laufenden Räder, die man in Fig. 90 bei
                              r, r sieht, an den Achsen fixirt, und diese liefen
                              frei in den Naben s, s, welche an einem winkelig
                              geformten eisernen Nahmen aufgehängt waren. Die Reibungsrollen t, t, welche das ganze Gewicht zu tragen hatten, ruhten
                              auf den Achsen der Räder r, r. Eine ähnliche
                              Vorrichtung, in Verbindung mit anderen Verbesserungen, war der Gegenstand eines
                              Patentes, welches Hr. Howard
                              nahm; und zum Ueberflusse wurde dieselbe auch noch zum dritten Male patentirt,
                              nämlich in dem schon vielfach besprochenen Patente des Hrn. Coles.Vergl. polyt. Journal Bd. LXIX. S. 70
                                    und Bd. LXXII. S. 75. A. d. R.
                              
                           Hr. Coles wähnt, alle seine
                              Vorgänger übertroffen zu haben, und glaubt, daß er durch Anwendung einer
                              hinreichenden Anzahl von Reibungsrollen die Reibung ganz beseitigt habe. Er vergißt
                              aber, daß jede Rolle mit ihrer Achse ihre eigene Reibung hat, und daß die Summe
                              aller dieser Reibungen leicht das Maaß der Reibung, die man wegschaffen will,
                              übersteigen dürfte. Er legt großes Gewicht auf die seitliche Reibung, welche an den
                              Eisenbahncurven Statt findet, und gegen die sich an den dermaligen Eisenbahnwagen
                              allerdings Einwendungen machen lassen. Allein das Mittel, welches er hiegegen
                              vorschlägt, ist schlimmer als das Uebel selbst; denn er vertheilt die ganze Schwere
                              nur auf zwei anstatt auf vier Räder, und will vermöge einer eigenen Art der
                              Verkuppelung, jedem Wagen gestatten, sich selbst der Curve der Bahn anzupassen.
                              Alles dieß bewirkte jedoch bereits Hr. Howard, und zwar auf eine viel bessere Weise, indem er nicht nur
                              durch Anwendung großer Räder, welche über den Achsen der Laufräder liefen, die
                              Reibung zu vermindern suchte, sondern auch auf Beseitigung der Reibung an den
                              Eisenbahncurven bedacht war. Er verband zu diesem Zweke die Lager der vorderen und
                              der Hinteren Räder an einem Punkte, welcher von jedem gleich weit entfernt war,
                              durch einen Bolzen; und eine ähnliche Verbindung stellte er auch zwischen dem
                              hinteren Lager des einen und dem vorderen Lager des nächstfolgenden Wagens her. Oder
                              er versah das vordere Lager des den Zug anführenden Wagens mit Leitungsrädern, so
                              daß nicht nur die Räder des einen Wagens, sondern des ganzen Zuges einander in einer
                              und derselben Curve folgten, ohne dabei eine größere seitliche Reibung als an einer
                              geraden Bahnlinie zu erleiden. Dieser Theil des Howard'schen Systemes
                              dürfte die volle Aufmerksamkeit der Eisenbahn-Ingenieurs verdienen, während
                              sich gegen die über den Achsen befindlichen Reibungsrollen dasselbe einwenden läßt,
                              was ich oben gegen das Gottlieb'sche System bemerkte. Bei
                              allen den hier angegebenen Methoden, mit Ausnahme der Garnett'schen, befanden sich die Reibungsrollen senkrecht über den Achsen,
                              während die Reibungslinie stets einen Winkel mit der senkrechten Linie machte, und
                              zwar einen Winkel, der je nach der Last und der Geschwindigkeit der Bewegung größer
                              oder kleiner war.
                           Hr. Dr. Lardner hat nach den neuerlich an der
                              Great-Western-Eisenbahn angestellten Versuchen dargethan, daß, wenn
                              die sich bewegenden Theile mit gehöriger Genauigkeit gearbeitet sind, bei Befolgung
                              einer guten Schmiermethode, die Reibung der Radachse in ihrem Lager auf ein so
                              Geringes reducirt werden kann, daß sie nur einen kleinen Bruchtheil mehr dann 5 Pfd.
                              auf die Tonne beträgt. Wenn man aber schon mit den gewöhnlichen Mitteln und einer
                              Sorgfalt die Reibung auf einen so geringen Betrag herabzudrüken im Stande ist, so
                              erscheint es wahrlich absurd, die Wagen mit complicirten Mechanismen, die mehr
                              schaden müssen als sie nüzen können, zu beschweren. Man darf nicht vergessen, daß
                              das Gewicht des Wagens von einem der sich reibenden oder gleitenden Theile getragen
                              werden muß; und da diese Theile bereits so klein sind, als es sich mit der an ihnen
                              nöthigen Stärke verträgt, so lassen deren Oberflächen keine Verkleinerung zu, ohne
                              daß Gefahr von Unglüksfällen eintritt. Durch die Reibungsrollen läßt sich die
                              Reibung wohl übertragen, aber nicht wesentlich vermindern; dagegen werden durch sie
                              die Maschinen complicirter, kostspieliger, und mehr Reparaturen ausgesezt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
