| Titel: | Ueber die Gorgonmaschine; von Dr. Mohr in Coblenz. | 
| Autor: | Dr. Karl Friedrich Mohr [GND] | 
| Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. III., S. 16 | 
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                        III.
                        Ueber die Gorgonmaschine; von
                           Dr. Mohr in Coblenz.
                        Mit Abbildungen auf Tab. I.
                        Mohr, über die Gorgonmaschine.
                        
                     
                        
                           Die im vorhergehenden (80sten) Bande des polytechnischen Journals
                              S. 241 beschriebene Dampfmaschine der Fregatte Gorgon ist von ihren Verfertigern,
                              den HHrn. Seaward und Capel, im Mechanics' Magazine als neu und eigenthümlich
                              dargestellt worden. Es ist jedoch an dieser Construction nicht
                              das geringste neue, sondern sie besteht in nichts mehr und
                              weniger, als in dem von Oliver Evans
                              erfundenen Gegenlenker. Um die Sache
                              kurz abzumachen, verweise ich auf die Figur 78 der 8ten Tafel
                              zum 1sten Bande von Verdam's
                              Dampfmaschinenlehre, wo diese Maschine mit allen ihren Theilen,
                              sogar mit der Luftpumpe an dem äußersten Ende des Balanciers
                              gezeichnet ist, und die dazu gehörige Beschreibung auf S. 427
                              des Werkes (Uebersezung von Schmidt
                              bei Voigt in Ilmenau 1835).
                           Was jedoch hier näher bei dieser Gelegenheit betrachtet zu werden
                              verdient, sind die eigenthümlichen Vorzüge des Evans'schen Gegenlenkers und sein
                              Zusammenhang mit andern Gegenlenkern und mit dem bekannten
                              Scharnierparallelogramm von Watt.
                           Es sey Fig.
                                 34 ein gewöhnlicher Balancier nach Watt nebst seinem Parallelogramm,
                              wobei m der feste Drehpunkt des
                              Balanciers, e der feste Drehpunkt
                              des Gegenlenkers c, e, und d die in einer geraden Linie
                              geführte Spize des Parallelogramms ist.
                           Man vollende nun das ganze Parallelogramm, wie in Fig.
                                 35 durch die punktirten Linien geschehen ist, bis an
                              das hintere Ende des Balanciers, und schließe den Drehpunkt m durch die Stange m, f mit der unteren verlängerten
                              Stange g, d des Parallelogramms, so
                              kann dadurch in der Wirksamkeit des Ganzen keine Veränderung
                              eintreten. Es kann die Stange g, d
                              als Balancier benuzt werden, sobald der feste Drehpunkt in m bleibt, und der Mittelpunkt f durch die Stange m, f an dem festen Drehpunkte m gleichsam aufgehangen bleibt. Der
                              Drehpunkt des Balanciers f ist
                              deßhalb selbst um den Punkt m
                              beweglich und erlaubt, daß die Spize des neuen Balanciers d in einer geraden Linie bleiben
                              kann, wenn er durch die Wirkung des Gegenlenkers c, e darin gehalten wird.
                           Man kann nun in diesem Systeme alle Theile unterdrüken, welche
                              nicht zu der beabsichtigten Wirkung unumgänglich nothwendig
                              sind. So werden durch die Stange m,
                                 f die beiden Stangen a, c
                              und b, d entbehrlich, und durch die
                              Stange f, c und deren Verbindung mit
                              dem ursprünglichen Balancier m, b wird
                              lezterer selbst überflüssig. Unterdrükt man nun alle diese
                              entbehrlichen Theile, so bleiben nur die in Fig.
                                 36 mit stärkeren Strichen bezeichneten Theile, und
                              dreht man diese ganze Zeichnung herum, so erscheint in Fig. 37 die leibhaftige Gorgonmaschine, wie sie in
                              Fig.
                                 39 auf Taf. VI Bd. 80 des polyt. Journals dargestellt
                              ist.
                           Wenn der Punkt d eine gerade Linie
                              beschreibt, so ist es offenbar für die Wirkung ganz
                              gleichgültig, ob die Kolbenstange nach Oben oder nach Unten
                              hinausgeführt wird. Man ersieht also, daß der Oliver Evans'sche Gegenlenker streng
                              genommen ganz in dem Watt'schen
                              Parallelogramm enthalten ist, daß von dem ursprünglichen
                              Balancier nichts als der feste Drehpunkt m übrig geblieben ist, daß die mechanische Wirkung
                              ganz jener des Parallelogramms gleich ist.
                           Die Vorzüge dieser Construction liegen in ihrer Einfachheit, in
                              der Unterdrükung aller überflüssigen Theile und in der
                              Leichtigkeit, womit durch Umdrehen des Ganzen der feste
                              Drehpunkt m nahe an den Boden zu
                              liegen kommt, also leicht stabil zu befestigen ist. Dieser Evans'sche Geradlenker ist von
                              ungemeinem Nuzen und vielfacher Anwendbarkeit; ich habe ihn
                              schon vor Jahren mit Vortheil bei Luftpumpen, Wasserpumpen und
                              Feuersprizen in Anwendung gebracht, und mit Ueberraschung die
                              Leichtigkeit der Ausführung in Holz und die Dauer desselben
                              erprobt. Gelegentlich werde ich einige besondere Fälle desselben
                              beschreiben.
                           In Stephenson's Locomotivfabrik zu
                              Newcastle stehen viele kleine Dampfmaschinen nach diesem
                              Princip; die Maschinen der auf der Mosel fahrenden Inexplosibles sind von dieser
                              Construction; auch gehört die von Rouffet (polyt. Journal Bd. 77, S. 161)
                              angegebene bewegliche Dampfmaschine hier hin.
                           Was die Seite 242 des genannten Heftes hervorgehobenen Vortheile
                              dieses Systems betrifft, so ist dazu wenig zu bemerken. Die
                              Vortheile der Raum- und Gewichtsersparniß sind
                              unzweifelhaft, auch oben näher bezeichnet und die Ehre davon
                              gebührt Evans. Daß die Cylinder
                              direct unter den Kurbeln stehen, ist kein ausschließlicher
                              Vorzug. Es sezt jedenfalls niedrige Cylinder und kleine
                              Kurbelstangen voraus; wenn die Kolbenstangenköpfe in Coulissen
                              laufen, so kann dieß ebenfalls geschehen. Daß die Bewegung in
                              vollkommen senkrechter Linie geschehe, ist ein Irrthum; die
                              Bewegungslinie ist eine sehr flache Curve, wie bei dem Watt'schen Parallelogramm und
                              überhaupt allen Geradlenkungen durch massive Lenkstangen. Daß
                              alle Erzitterungen und Vibrationen wegfallen, ist nicht dieser
                              Construction zuzuschreiben, sondern liegt im Bau des Schiffes,
                              der Elasticität, dem Momente der miteinander beweglichen Theile.
                              Die Bewegung des Balanciers muß eine pendelartig
                              oscillirende seyn, und unterscheidet sich also in gar nichts von
                              jener einer mit Schwungrad versehenen Dampfmaschine. Von den auf
                              dem Rheine fahrenden Dampfbooten stoßen einige bei ganz gleicher
                              Construction der Maschine stark, andere fast gar nicht. Das
                              Stoßen tritt beim Kolbenwechsel ein, wenn die Lager nicht
                              vollkommen schließen, auch durch das Zufallen des
                              Luftpumpenventils.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
