| Titel: | Neue Aufschlüsse über das Daguerreotyp. Von Professor Dr. Berres. | 
| Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. XLIII., S. 149 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XLIII.
                        Neue Aufschlüsse über das
                           Daguerreotyp. Von Professor Dr. Berres.
                        Berres, neue Aufschlüsse über das
                           Daguerreotyp.
                        
                     
                        
                           Daguerre's große Entdekung erregte
                              eine unabsehbare Reihe von Hoffnungen und Erwartungen. Waren
                              auch viele dieser Hoffnungen zu sanguinisch, als daß sie jemals
                              realisirt werden könnten, so fanden sich dennoch bald ruhig
                              denkende Männer, welche die Wichtigkeit
                              der neuen Entdekung erkannten und die Möglichkeit einer
                              nüzlichen Anwendung richtiger zu würdigen verstanden. Auf
                              deutschem Boden fand die Heliographie eine liebevolle Aufnahme,
                              und namentlich in Wien von einer Anzahl ausgezeichneter
                              Naturforscher schon in ihrer ersten Kindheit eine seltene
                              wissenschaftliche Pflege. Bei einer nähern Analyse der auf den
                              Proceß der Heliographie Bezug nehmenden Momente erkannte man
                              bald eine Reihe von Mängeln und Unzureichenheiten, welche dem
                              schnelleren Emporkommen derselben entgegen waren, und theils in
                              der unzureichlichen Schärfe, theils in der mangelhaften
                              Construction der üblichen optischen Instrumente, andererseits
                              aber in der Vorbereitungsart der Platten und Qualität der
                              empfindlich machenden Substanz den Grund hatten. Verfolgte man
                              die Absicht in möglichst kurzer Zeit, mit dem geringsten
                              Kostenaufwand vermittelst eines stets gleich wirksamen Stoffes
                              die schärfsten und Naturgetreuesten Lichtbilder zu erzielen, so
                              kam es vor allem darauf an, diese Mängel zu entfernen. Eine dem
                              beabsichtigten Zwek entsprechendere Camera obscura zu gewinnen, unterzog diesen Gegenstand
                              der rastlos thätige, geniale Professor Petzwal einer ebenso mühevollen als schwierigen
                              Berechnung. Das Resultat dieser Bemühung war eine neue
                              Linsencombination, welche die rühmlichst bekannten Wiener
                              Optiker Voigtländer und Sohn zum Bau
                              ihrer nun schon in ganz Europa bekannten Camera benuzten, und so kam ein Instrument zu Stande,
                              das alle optischen Instrumente seiner Art weit
                              überflügelte.Polytechn. Journal Bd.
                                       LXXX S. 229.
                              
                           Durch den Gewinn einer ausgezeichneten Camera obscura konnte man der Daguerreotypie eine
                              baldige und namhafte Vervollständigung prognosticiren. Indeß war
                              mit diesem Schritt nur die eine Hälfte der Mängel beseitigt, und
                              nie würde man mit der alleinigen Benuzung des reinen Jods
                              Lichtbilder mit bewegten Gegenständen gewonnen haben, und öde
                              und todt blieben immerhin noch unsere heliographirten Straßen
                              und Pläze, obgleich das regste Leben in denselben herrscht. Um
                              daher auch in dieser Hinsicht getreue Abbilder zu erlangen, war
                              es durchaus nöthig, Substanzen aufzufinden, welche der
                              Silberplatte eine bei weitem höhere Empfindlichkeit gegen das
                              Licht verschaffen, als das bis jezt benuzte Jod, und hierin ist
                              es, wo sich die ungemeine Thätigkeit und die wissenschaftlichen
                              Forschungen des k. königl. Beamten Hrn. Kratochwila und der HHrn. Gebrüder Natterer in hohem Grade
                              auszeichneten. Gegen Anfang des Oktobers 1840 trat Hr. Kratochwila zuerst hervor, und
                              zeigte, daß man mit einer bestimmten Mischung von Brom und Chlor
                              (Wiener Zeitung vom 19. Jan. 1841) in acht Secunden
                              ein scharfes Bild erhalten kann. Er legte dadurch den ersten
                              Grund zu den ferneren Forschungen. Am 24. März 1841 (Wiener Ztg.
                              vom 24. März 1841) veröffentlichten die HHrn. Gebrüder Natterer ihr Verfahren, mittelst
                              Jod- und Chlordämpfen die Empfindlichkeit der
                              Silberplatten so potenziren zu können, daß man im directen
                              Sonnenlichte mittelst der Voigtländer'schen Camera
                                 obscura in weniger als einer
                                 Secunde Lichtbilder gewinnen kann. Im Monat April 1841
                              theilte Hr. Kratochwila einem Kreise
                              von Liebhabern der Daguerreotypie seine Erfahrung mit, daß die
                              Verbindung von Chlor und Jod auf einer Silberplatte nur unter
                              einem gewissen Verhältnisse ganz zwekmäßig zur Erzeugung von
                              Lichtbildern sich eigne, und daß diese Verbindung, welche man
                              früher dadurch weniger sicher bezwekte, daß man eine bejodete
                              Platte nach der Natterer'schen
                              Methode den Chlordämpfen aussezte, sich einfacher und sicherer
                              darstellen lasse, wenn man die rein gepuzte Platte gleich
                              unmittelbar den Dämpfen von Jodchlorür aussezt, bis dieselbe
                              eine dunkelgelbe Farbe angenommen hat. Mehrere hundert Bilder,
                              welche auf diese Weise erzeugt wurden, bestätigten nachmals die
                              Sicherheit des Erfolges und die praktische Brauchbarkeit dieses
                              Stoffes, welcher daher auch, als erprobt, rasch allgemeine
                              Aufnahme fand.
                           Das zum Gebrauche taugliche Fluidum gewinnt man auf folgende Art:
                              man nimmt eine beliebige Menge Jod, legt dasselbe in eine
                              Vorlage und leitet durch eine entsprechend gekrümmte Röhre aus
                              der Retorte, in welcher man auf die gewöhnliche Weise Chlorgas,
                              aus Braunstein und Salzsäure, oder Braunstein, Küchensalz und
                              Schwefelsäure erzeugt, das Gas auf das Jod der Vorlage so lange,
                              bis dieses beinahe vollkommen zerflossen eine dunkelbraune
                              Flüssigkeit mit Jodresten versehen darstellt, und um den Hals
                              der Vorlage sich eine gelbliche Substanz – Jodchlorid
                              – gebildet hat; dann entfernt man die Vorlage von dem
                              Leitungsrohre und mischt das so gewonnene Jodchlorür mit vier
                              Theilen Wasser und benuzt diese Mischung zum Jodiren der
                              Platten. Durch einen höchst interessanten, sinnreichen Versuch
                              unseres ausgezeichneten Physikers Martin wurde indeß auf das einleuchtendste und
                              bestimmteste nachgewiesen, daß es bei der Anwendung des Natterer'schen Verfahrens vorzüglich
                              darauf ankomme, die bejodete Platte einer nur sehr kurzen und
                              geringen Einwirkung der Chlordämpfe auszusezen, da jedes
                              Uebermaaß die Oberfläche der Silberplatte tödtet und so
                              unempfänglich für die Einwirkungen des Lichts macht. Hat man
                              dagegen die Platte rein gepuzt, bis zur schönen lichten Färbung
                              jodirt und dann vorsichtig und nur durch eine kurze Zeit den
                              Dämpfen des stark mit Chlorgas gesättigten Wassers
                              ausgesezt, so kann man des besten Erfolges ebenfalls gewiß
                              seyn.
                           Während durch vereinte Kräfte auf eben erwähnte Weise die
                              Erzeugung von Lichtbildern eine immer größere Sicherheit und
                              höhere Vollendung erlangte, machten die beiden unabläßlich
                              thätigen HHrn. Natteer eine
                              merkwürdige Erfindung, welche für die Physik vom höchsten
                              Interesse zu werden verspricht. Man hat behauptet, daß es nie
                              möglich seyn werde, directe Lichtbilder auf Silberplatten zu
                              erzeugen, welche ihre Vollendung schon in der Camera obscura erhalten sollten.
                              Durch viele Versuche ist es aber den Gebrüdern Natterer gelungen, zur Kenntniß
                              mehrerer Stoffe zu gelangen, welche, auf die Silber- oder
                              Kupferplatten aufgetragen, Bilder liefern, die schon in der
                              dunklen Kammer vollendet werden, oder durch eine leichte
                              Beihülfe – Erwärmung der Platte nämlich – wie
                              durch einen Zauber, mit allen ihren zarten Details in
                              vollkommener Reinheit außerhalb der Camera obscura ins Daseyn gerufen werden. Das
                              Verfahren bei dieser Natterer'schen
                              Lichtbildererzeugung ist ein ganz anderes, als bei der Daguerre'schen; so unterscheidet sie
                              sich auch wesentlich durch den hiezu gewählten Stoff; denn die
                              Natterer'schen Heliographien
                              werden weder durch Jod, noch durch Brom oder durch Queksilber
                              erzeugt. Sie besizen einen eigenen, nicht unangenehmen Ton, und
                              können mit größerer Sicherheit binnen eines bestimmten, nach der
                              Intensität des Lichts zu berechnenden Zeitmaaßes scharf gewonnen
                              werden. Die näheren Erklärungen des ganzen Verfahrens bei dieser
                              Lichtbildererzeugung, welche die beiden HHrn. Natterer in Gegenwart der beiden
                              Professoren v. Berres und v. Ettingshausen praktisch nachgewiesen
                              haben, behalten sich die Erfinder dieser Methode, so wie auch
                              eine förmliche öffentliche Bekanntmachung vor. Diese Methode,
                              Lichtbilder zu erzeugen, dürfte schon in der Hinsicht unsere
                              volle Aufmerksamkeit verdienen, als hier das Lichtbild keinen
                              Ueberzug oder Deke, um zu erscheinen, wie dieß bei der Daguerre'schen Methode der Fall ist,
                              erhält, daher rein und unentstellt unserem Sehsinne sich
                              darbietet, und wenn jemals es möglich seyn sollte, in dem
                              Lichtbilde die Impressionen der Farben durch irgend ein Mittel
                              zu weken und ins Leben treten zu machen, nur derlei Bilder zu
                              diesem Behufe dienen können, indeß die Daguerre'schen ihres Queksilberüberzugs wegen nie zu
                              diesem Zwek tauglich sind.
                           Durch die verbesserte Voigtländer'sche
                              Camera und die empfindlicheren
                              Kratochwila'schen und Natterer'schen Platten gewann die
                              Heliographie in sehr kurzer Zeit demnach einen unberechenbaren
                              Aufschwung, und es stand der größeren Sicherheit im Erzeugen und
                              Vollenden der Lichtbilder nur noch die Puzmethode der Platten
                              entgegen, denn sehr viele Platten hatten sogenannte Puzfehler,
                              und viele Versuche scheiterten an diesem höchst störenden
                              Hindernisse. Obgleich die Behauptung, daß man bei größerer
                              Sorgfalt und Mühe mit jeder Methode und jedem Puzmittel endlich
                              doch eine reine Platte und ein gutes Bild erzielen kann,
                              feststeht, so bleibt es dennoch auch unbestreitbar wahr, daß in
                              dem großen Aufwand an Mühe und Sorge für das Puzen der Platten
                              die Schattenseite der Daguerreotypie liegt, und diese um so
                              unerträglicher wird, wenn bei Ermanglung verläßlicher
                              Anhaltspunkte zur Versicherung eines glüklichen Erfolgs oft alle
                              Mühe und Sorge umsonst versplittert wird; es war demnach auch
                              ein sehr verdienstvolles Bestreben, endlich eine bestimmte, ein
                              glükliches Resultat sichernde Puzmethode auszumitteln, und in
                              dieser Hinsicht haben die Methoden des Hrn. Kratochwila und Hrn. Martin sich als die besten bewährt.
                              Nach Kratochwila wird durch die
                              Anwendung des gereinigten Terpenthinöhls das zeitraubende und
                              höchst beschwerliche Geschäft des Puzens sehr vereinfacht und
                              abgekürzt. Die mit Oehl polirte Platte wird mit einem sorgfältig
                              und öfter destillirten Terpenthinöhl und mit einer Baumwolle
                              einigemal gereinigt und früher noch, als dasselbe eintroknet,
                              mit einem elastischen Ballen von Rehleder, welches durch
                              Spiritus und Wasser gereinigt wurde, abgepuzt und zum Schluß
                              noch mit einem zweiten reinen Lederballen gelinde abgerieben.
                              Durch Uebung wird man so in Stand gesezt, eine 6 bis 8 Zoll
                              große Platte binnen zwei bis drei Minuten dem Zwek entsprechend
                              zu puzen. Martin puzt dagegen mit
                              Weingeist, destillirtem Wasser, präparirten Schafknochen und mit
                              einem weichen Rehleder, das zuvor in Schwefeläther gereinigt
                              worden, und es muß hier zur Steuer der Wahrheit bemerkt werden,
                              daß die Martin'schen Bilder eine noch
                              unübertroffene Klarheit und Schärfe besizen. Ueberdieß sind die
                              durch diese Puzmittel erzielten Platten und Bilder diejenigen,
                              welche dem Aezproceß am zusagendsten Dienste leisten, daher für
                              Heliographien, welche zum Druk vorbereitet werden sollen,
                              vorzüglich anzuempfehlen sind, indeß die Terpenthinplatten oft
                              noch einen Nebel besizen, das Bild weniger rein darstellen und
                              wegen eines feinen Harzüberzuges das tiefere Eindringen in das
                              Metall während des Processes des Aezens verhindern.
                           Die praktische Bahn der Heliographie verfolgte im größern Umfange
                              der bereits durch seine Leistungen mit dem
                              Oxyhydrogengasmikroskop rühmlichst bekannt gewordene Hr. Karl
                              Schuh, und zeigte in kurzer Zeit,
                              wie vielseitige Anwendung und Benüzung die neue Bildnerei
                              erlaubt. Wenn auch die meisten Wiener Heliographen und insbesondere die des ersten Ranges ausgezeichnete Lichtbilder
                              der mannichfaltigsten Art liefern, so können die unseres,
                              bereits in mehreren Zeitschriften rühmlichst erwähnten Physikers
                              Martin in der That als die
                              vollendetsten Werke dieser Art betrachtet werden. In der
                              jüngsten Epoche beschäftigte die Porträtirung und die Erzeugung
                              von Gruppen von lebenden Personen die Heliographen Wiens. Die
                              Erstlinge der Porträte trugen deutlich die Merkmale der Kindheit
                              der neuen Kunst an sich. Doch bald lernte man einsehen, daß eine
                              gleichmäßige Beleuchtung im Schatten, eine richtigere Stellung
                              des Gesichtes und der dunkeln Kammer naturgetreue Porträte
                              liefert, und so bildete sich auch hierin die Heliographie sehr
                              schnell aus, und wir bewundern nun nicht allein die Treue,
                              sondern auch die vorzügliche Schönheit gelungener Porträte.
                              Besonderes Interesse flößen die Gruppen lebender Personen ein. Derlei Bilder werden
                              bei merkwürdigen Männern mit der Zeit einen wahrhaft
                              historischen Werth erhalten.
                           Was Daguerre schon vor mehreren
                              Monaten verkünden ließ, bis jezt aber noch nicht realisirte
                              – belebte Straßen, so wie wir sie in unsern Städten
                              finden, mittelst der Daguerreotypie darstellen zu können
                              – haben die beiden wakern Natterer zur Anschauung gebracht. Durch eine sehr
                              genaue Behandlung mit Jod, Brom und Chlor (der Behandlungsart
                              analog, welche Kratochwila angab, und
                              in der Wiener Zeitung vom 19. Januar Nr. 19 veröffentlichte) war
                              es denselben gelungen, mit der Voigtländer'schen Camera
                              Lichtbilder zu erzeugen, welche Pferde im vollen Laufe, Menschen
                              während des Einherschreitens und alle Gruppirungen der belebten
                              Straße darstellen.
                           In Betreff des Umstandes, daß die zur Auffassung eines
                              Lichtbildes verwendete Zeit bei übrigens scheinbar gleichen
                              Verhältnissen von verschiedenen Heliographen, ja selbst von
                              einer und derselben Person so verschieden gefunden und angegeben
                              wird, hat der Doctorand Hr. Weidele
                              durch Versuche auf das bestimmteste gezeigt, daß ein reines Jod
                              langsamer, ein mit Brom verunreinigtes Jod aber schneller die
                              Impressionen des Lichts erleidet. Besondere Aufmerksamkeit
                              erregten dessen, mit Goldchlorür auf galvanischem Wege fixirten,
                              dann die von Berres geäzten und durch
                              Weidele galvanoplastisch in
                              Kupfer übertragenen Lichtbilder.
                           Die nun schon in vielen Händen befindlichen Heliographien sind in
                              der Regel nach Daguerre's Angabe auf
                              versilberten Kupferplatten – Plaques – gemacht. In
                              Wien zeigte man zuerst, daß die Behauptung des Erfinders der
                              Lichtbildnerei, man könne auf reinen Silberplatten, die der
                              Kupferunterlage ermangeln, keine Bilder erhalten, falsch ist.
                              Gerade solche Platten benüzte der Berichterstatter zu seinen
                              Aezversuchen, und nur durch Beihülfe dieses Metalls konnte er
                              die, eine neue Bahn in der Typographie bezeichnenden Resultate
                              erzielen. Hrn. Kratochwila ist es
                              endlich auch gelungen, Lichtbilder unmittelbar auf Kupfer zu
                              erzeugen. (Siehe Wiener Zeitung vom 18. März 1841, Nr. 77.) Man
                              erhält derlei Bilder, welche sich den von mir unternommenen
                              Versuchen zufolge vorzüglich zum tiefen Aezen eignen, sehr
                              scharf und schön, wenn man eine blank polirte Kupferplatte bis
                              zur Kupferbronzefarbe bejodet und dieselbe den Dämpfen von
                              Chlorbrom aussezt, bis sie eine violette Farbe angenommen hat.
                              Das reflectirte intensive Sonnenlicht muß viermal so lange
                              darauf einwirken, als bei einer bejodeten Silberplatte; auch
                              werden zur kräftigen Ausbildung dieses Lichtbildes
                              Queksilberdämpfe von 100 bis 120° Celsius in theilweisen
                              Abstufungen erfordert. – Hr. Prof. Hofer machte die wiederholte Bemerkung, daß wenn man
                              eine Platte, auf der man nach den gewöhnlichen Manipulationen
                              kein Bild erhalten hat, von neuem durch mehrere Stunden dem
                              Licht aussezt, man ein negatives Bild, d.h. ein Bild erhält, in
                              welchem die Schatten licht, und die lichten Stellen dunkel
                              erscheinen. Derlei Bilder bedürfen eben so, wie die Natterer'schen, weiter keinen
                              Queksilberüberzug, um deutlich gesehen zu werden.
                           So verdienstvoll nun auch die Ausbildung der Daguerreotypie an
                              und für sich ist, und so ausgebreitet ihre Anwendbarkeit sich in
                              ihrer endlichen Vollendung denken läßt, so bliebe dennoch ihr
                              Nuzen nur ein geringer, wenn wir von der Möglichkeit abstrahiren
                              müßten, sie für die Vervielfältigung der Bilder durch den Druk
                              benüzen zu können. Ich unternahm in dieser Hinsicht
                              entsprechende Versuche, und war so glüklich, in der reinen
                              Salpetersäure das Mittel zu finden, welches meinen Wünschen
                              entsprach, und mittelst dessen ich die Daguerre'schen Bilder in Metallbilder umzugestalten
                              vermag, welche getreue Abbilder durch Druk liefern. Obgleich ich
                              in der neuesten Zeit durch eine große Reihe von Versuchen
                              mehrere Flüssigkeiten zur Aezung der Lichtbilder ausgemittelt
                              habe, so hat sich dennoch die 25gradige Salpetersäure noch immer
                              als das zwekentsprechendste Aezmittel bewährt. Ich tauche die in
                              einer Kupferpincette festgehaltene Silberplatte mit dem, nach
                              den Regeln Daguerre's möglichst rein
                              und scharf erzeugten Lichtbilde versehen in die eben bezeichnete
                              Säure, hebe dieselbe, sobald sich auf dem Bilde die ersten
                              Spuren von kleinen Bläschen zeigen, aus der Flüssigkeit heraus,
                              und erwarte die sich nun einstellende Umwandlung des Lichtbildes
                              in ein vertieftes Metallbild, was gewöhnlich binnen wenig
                              Secunden geschieht; ich suche während dieser Momente durch ein
                              sanftes Neigen der Platte die noch auf derselben aufsizende
                              Flüssigkeit zu jenen Stellen hinzuleiten, wo sich der Aezproceß
                              schleichend einstellt oder noch gar nicht ausgebildet hat. War
                              das Bild scharf, die Queksilberdeke stark genug, die Platte rein
                              gepuzt und im Innern von gleichem Gefüge, dann greift die Säure
                              die vom Amalgam freien Stellen kräftig an und äzet sie alsobald
                              tief, und so ist mit diesem Acte dann auch das Vorzüglichste
                              geschehen. Um aber jene Tiefe zu erzielen, welche die Aufnahme
                              der Drukerschwärze erfordert, wird es selbst in dem günstigsten
                              Falle noch nöthig seyn, das Bild alsogleich und rasch –
                              drei- bis viermal aufeinanderfolgend – in die
                              Säure zu versenken und wieder der Lufteinwirkung auszusezen. In
                              der Regel soll die Platte erst dann in ein darneben stehendes
                              destillirtes Wasser getaucht werden, wenn man die gewünschte
                              Tiefe des Metallbildes erzielt hat und ein grauer Mordant die
                              Linie und Umrisse des Bildes bedekt. Indeß begünstigt auch oft
                              ein wiederholtes Abspülen der Platte im Wasser das Tiefäzen,
                              doch muß jedesmal das Bild auch im Wasser rasch aus- und
                              eingeführt und durch Schaukeln das salpetersaure Silber von
                              demselben rein abgespült werden. Die so geäzte Platte wird nun
                              mit verdünntem Ammonium oder alsogleich mit Weingeist und
                              präparirten Schafknochen abgepuzt und sofort zum Druke gegeben,
                              oder vorläufig durch den Jacobi'schen
                              Proceß vervielfältigt. Meine tiefst geäzte Silberplatte, den Dom
                              von St. Stephan in Wien darstellend, habe ich bereits 310mal
                              abdruken lassen, und sie besizt noch immer hinreichende Schärfe,
                              um noch 310 schwächere Abdrüke liefern zu können. Chlorwasser,
                              eine Mischung von gleichen Theilen Salzwasser, Salzsäure und
                              Salpetersäure ergreifen zwar das Bild höchst regelmäßig, und
                              erhalten in der Regel die Lichter sehr schön blank, doch konnte
                              ich mit diesen Flüssigkeiten bisher noch nie die erwünschte
                              Tiefe erzielen; auch äzen dieselben oft auf eine höchst
                              merkwürdige Art das Bild negativ, d.h. es werden die vom Amalgam
                              gedekten Stellen ergriffen und die freien Stellen verschont,
                              daher dann im Abdruk die Schatten licht und die Lichter dunkel
                              erscheinen. Gewiß ist, daß hier, so wie bei dem Aezen der
                              Heliographien überhaupt die Elektricität die wichtigste Rolle spielt.
                           Wenn gleich im Journal des Débats vom 20. Mai 1841 und in
                              dem darin enthaltenen Bericht an die Akademie der Wissenschaften
                              vom 10. und 17. Mai 1841 behauptet wird, daß die vom Professor
                              Donné in Paris erzielten
                              Abdrüke von Heliographien vorzüglicher als die meinigen seyen,
                              so kann sich dennoch Jedermann sehr leicht durch den Vergleich
                              des mir erst kürzlich von Donné zugesendeten Palastes von Luxembourg und
                              der von mir in der lezten Zeit tief geäzten Universität,
                              Domkirche von St. Stephan, Bildnisse lebender Personen und
                              besonders der Judith und des Holophernes von dem Gegentheil
                              überzeugen; denn angenommen, daß der Franzose gewiß in diesem
                              Fall sein vorzüglichstes Product dem Deutschen zusendet, so ist
                              es ausgemacht, daß sich meine Abdrüke zu den Donné'schen wie 5 zu 1
                              verhalten. Diesen Vorzug räumen übrigens auch die Engländer und
                              zwar ihr competentester Richter – das Londoner
                              polytechnische Institut – meinen Phototypen ein. (Augsb.
                                    Allgem. Zeitg.)