| Titel: | Ueber die Zusammensezung und Eigenschaften des in den Kattundrukereien gebräuchlichen Pinksalzes (salzsauren Zinnoxyd-Ammoniaks). | 
| Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. LXXIV., S. 308 | 
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                        LXXIV.
                        Ueber die Zusammensezung und
                           Eigenschaften des in den Kattundrukereien gebräuchlichen Pinksalzes
                           (salzsauren Zinnoxyd-Ammoniaks).
                        Ueber die Zusammensezung des
                           Pinksalzes.
                        
                     
                        
                           Das in den Kattundrukereien gegenwärtig sehr häufig angewandte
                              Pinksalz erhält man bekanntlich als pulverigen Niederschlag beim
                              Vermischen von Zinnchlorid (salzsaurem Zinnoxyd mit
                              Salmiakauflösung.Man vergleiche über seine Bereitungsart und Anwendung
                                    polytechnisches Journal Bd. LXXV. S.
                                       490. Dasselbe ist nun von Dr. Bolley in Aarau untersucht worden
                              (Annalen der Chemie und Pharmacie, Jul. 1841 S. 100); er erhielt
                              es in schonen kleinen Krystallen, als er verdünnte
                              Zinnchloridlösung mit Salmiakauflösung zusammenbrachte und
                              langsam verdampfte.
                           Die Krystalle sind regelmäßige Octaëder, oft combinirt mit
                              dem Würfel. In der Luft bleiben sie unverändert und enthalten
                              kein Krystallwasser. Ihre Analyse wurde auf die Weise
                              vorgenommen, daß das Zinn als Zinnsulphid, oder nach dem Rösten
                              des lezteren als Zinnoxyd, und das Chlor durch Fällen von
                              Chlorsilber aus der vom Schwefelzinn abgelaufenen Flüssigkeit,
                              das Ammonium aber durch Rechnung bestimmt wurde; sie ergab als
                              Resultat, daß es analog dem Platinsalmiak aus gleichen Atomen
                              Zinnchlorid und Salmiak besteht, also der Formel SnCl⁴ +
                              N₂H₈Cl₂ entspricht.
                           Dieses Salz löst sich in etwa 3 Theilen Wasser von 12° R.
                              auf; die concentrirte Lösung desselben bleibt in der Hize
                              unverändert, aber aus der verdünnten
                                 Auflösung wird durch Kochen alles Zinnoxyd in weißen Floken
                                 als Hydrat niedergeschlagen. Eben dieses Verhalten
                              erklärt die gute Brauchbarkeit des Pinksalzes als Beize; die
                              Beizen müssen nämlich alle gut disponirt seyn, unter gewissen
                              Umständen die Base auf dem Zeuge zurükzulassen. Ferner muß
                              dieses Salz zum Beizen sich deßhalb gut eignen, weil die stark
                              zerfressenden Wirkungen, welche das Zinnchlorid in starker
                              Concentration auf die Zeuge übt, durch den Salmiak gemäßigt
                              werden, indem durch ihn ein Körper, der mehr das indifferente
                              Wesen eines Salzes besizt, hervorgebracht wird.
                           Das Zinnoxydhydrat, welches durch Kochen der Pinksalzlösung
                              niederfällt, ist in Schwefelsäure löslich, aber durch Verdünnen
                              und Erkalten der heißen Lösung fällt es größtentheils daraus
                              wieder nieder. In heißer Salzsäure, nicht in zu großem
                              Ueberschusse angewandt, löst es sich bei Zusaz von Wasser leicht
                              auf.
                           Ueber die Anwendung des Zinnchlorids als Beizmittel bemerkt Dr. Bolley Folgendes: „Nach dem Urtheil aller
                                 Fabrikanten, die das Salz verwenden, bringt das mittelst
                                 Chlor und Zinnchlorür bereitete andere Wirkungen hervor, als
                                 das mit Zinn, Salzsäure und Salpetersäure dargestellte, die
                                 von Vielen sogenannte Zinnsolution. In allen Handbüchern der
                                 Chemie sind beide
                                 Bereitungsarten, als das gleiche
                                 Product liefernd, angeführt. Bei jedem andern Metall mag
                                 richtig seyn, daß die eine wie die andere Art Gleiches
                                 hervorbringt, allein beim Zinn scheint mir die von der
                                 Technik schon lange gefühlte Verschiedenheit in dem zu
                                 liegen, was die Wissenschaft von demselben kennt. Alle mir
                                 bis jezt vorgekommenen, mit Salpetersäure bereiteten
                                 Zinnlösungen enthielten Salpetersäure; selbst nach längerem
                                 Abdampfen ist im Zurükbleibenden Salpetersäure zu entdeken.
                                 Aber nicht dieser Salpetersäuregehalt kann die veränderte
                                 Wirkung verschulden, sondern die Ursache derselben wird
                                 vielmehr in dem eigenthümlichen Verhalten dieser Säure zum
                                 Zinn zu suchen seyn. Durch Erhizen von Zinn mit
                                 Salpetersäure, aber auch von Zinnchlorid mit Salpetersäure,
                                 bildet sich die in Säuren unlösliche Modification des
                                 Zinnoxyds, das a Zinnoxyd. Diese
                                 Modification des Oxyds verhält sich aber gegen Salzsäure so,
                                 daß es in überschüssiger Säure nicht löslich ist, dagegen
                                 nach Abgießen des Säureüberschusses löst
                                 sich eine Verbindung der beiden in Wasser, und aus dieser
                                 Lösung wird durch Kochen Zinnoxyd
                                 ausgeschieden.Siehe Berzelius' Chemie
                                       Bd. III, Zinn. Es kann nicht gesagt werden, daß dieß Alles bei gleichzeitiger Einwirkung von
                                 Salpeter- und Salzsäure auf metallisches Zinn gerade
                                 so vorgehe, allein sehr gewagt ist gewiß die Auslegung
                                 nicht, daß im leztern Fall die Gegenwart der Salpetersäure
                                 zur Bildung eines Chlorids beitrage, welches sich viel
                                 leichter zerlegt in niederfallendes Oxydhydrat und
                                 Salzsäure, als das gewöhnliche, mit Chlorgas und Chlorür
                                 erzeugte.“