| Titel: | Ueber verbesserte Talglichter-Fabrication; von F. Tritschler. jun. | 
| Fundstelle: | Band 82, Jahrgang 1841, Nr. XIII., S. 44 | 
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                        XIII.
                        Ueber verbesserte Talglichter-Fabrication;
                           von F. Tritschler. jun.
                        Auszug aus dem Correspondenzblatt des königl. würtemb.
                                 landwirthschaftlichen Vereins.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Tritschler's Talglichter-Fabrication.
                        
                     
                        
                           Es sind nun 16 Jahre, daß ich mein Gewerbe als Seifensieder bei meinem Vater in
                              Kirchheim (Würtemberg) erlernte. Im Jahre 1828 ging ich nach Frankreich. Ich hatte
                              dort Gelegenheit, in den ersten Seifen- und Lichterfabriken von Straßburg,
                              Nancy, Paris, Lyon und Marseille zu arbeiten. Nach 3 Jahren ging ich nach Haus und
                              suchte hier mein Erlerntes in Anwendung zu bringen. Nach vielem Probiren erreichte
                              ich den Zwek, etwas Nüzliches zu Stande zu bringen, denn etwas Schönes haben wir schon längst, nämlich die Stearinlichter, aber diese
                              sind zu theuer, als daß sie mit Nuzen im Allgemeinen angewendet werden könnten. Mein
                              Zwek ging daher dahin, ein wohlfeiles Talglicht
                                 hervorzubringen, das die Stearinlichter entbehrlich macht.
                           Meine Einrichtung ist aus Fig. 44 ersichtlich. Sie
                              besteht:
                           1) aus dem Dampfkessel
                              A, welcher 16 Imi hält und von dem aus vier Röhren von
                              2'' im Durchmesser in die Gefäße laufen, mit welchen ich arbeite. Jede dieser Röhren
                              hat einen messingenen Hahn dicht auf dem Kessel angebracht, und der untere Hahn ist
                              da, um das Wasser im Kessel auslaufen lassen zu können.
                           2) aus der Schmelzstande
                              B, worin das Unschlitt geschmolzen und geläutert wird.
                              Dieselbe ist 4 1/2 Fuß hoch und hat oben 2 1/2, unten 3' im Durchmesser. Die ganze
                              Stande ist mit Blei ausgeschlagen, was wegen der Anwendung von Schwefelsäure beim
                              Schmelzen nöthig ist. Auch das Dampfrohr, welches von Oben in der Mitte der Stande
                              bis auf 4'' auf deren Boden lauft, ist von Blei.
                           3) aus der Stande
                              C, welche rechts neben der Schmelzstande aufgestellt ist
                              und ungefähr 8 bis 9 Cntr. geschmolzenes Unschlitt faßt. Dieselbe ist ebenfalls
                              unten weiter als oben und dient zur einstweiligen Aufbewahrung des geschmolzenen
                              Unschlitts, bis die Schmelzstande zum Läutern wieder zugerichtet ist.
                           4) aus der Stande
                              D, welche links an der Schmelzstande steht und ungefähr
                              8 Imi hält. Sie dient zur Aufnahme des Sazes vom Schmelzen, welcher durch einen
                              Zapfen an der Schmelzstande hier eingelassen werden kann.
                           
                           5) aus dem Vorwärmer
                              E, welcher sich 3' oberhalb des Dampfkessels befindet
                              und aus einem hölzernen Gefäß besteht, das 7–8 Imi Wasser hält, welches man
                              mittelst eines Pumpbrunnens hineinbringt. Dasselbe kann durch ein Rohr vom
                              Dampfkessel erwärmt werden; durch ein anderes Rohr dagegen, das am Vorwärmer
                              angebracht ist, kann das Wasser des lezteren in alle drei Standen B, C, D mittelst Hahnen gelassen werden.
                           6) aus dem Tunkkessel
                              F, welcher ein Stokwerk höher in der Lichterstube sich
                              befindet und aus einer hölzernen Stande besteht, in welche ein kupferner Kessel
                              genagelt ist, der mit Blei ausgeschlagen wurde und etwa 3 Cntr. geschmolzenen Talg
                              faßt. Der Dampf, welcher diesen Kessel bloß von Außen erwärmt, geht vom Dampfkessel
                              aus senkrecht durch ein kupfernes Rohr in die Mitte des Bodens der Stande, füllt so
                              den Raum zwischen der Stande und dem kupfernen Kessel aus und wird von da mittelst
                              eines Hahnes in den eisernen Kessel H geleitet.
                           7) aus der Kühlbütte, welche in der Seifensiederei neben
                              dem Siedekessel steht und etwa 6 Eimer faßt. In diese läuft gleichfalls ein
                              kupfernes Rohr, das am Ende in zwei Röhren sich vertheilt, damit die Stande, welche
                              oval ist, gleicher geheizt werden kann.
                           8) aus dem sogenannten Salzlaugebehälter, in welchen das
                              Wasser von den drei Standen B, C, D, so wie von dem
                              Dampfkessel A durch einen Canal abgelassen werden kann.
                              Von hier aus wird die ganze Flüssigkeit, verbunden mit den fleischigen Theilen des
                              Unschlitts, als Dünger benuzt. Dieses vortreffliche
                              Dungmittel kann ich nicht genug, namentlich den Seifensiedern auf dem Lande,
                              empfehlen.
                           Meine Verfahrungsart ist nun folgende.
                           
                        
                           I. Durch Dampf mit Schwefelsäure Talg zu
                                 schmelzen.
                           Sobald das Wasser im Dampfkessel A siedet, was längstens
                              innerhalb einer Stunde der Fall ist, bringt man das gestoßene rohe Unschlitt in die
                              Schmelzstande B und sezt je einem Centner 5/4 Pfd. Säure
                              zu, so wie solche im Handel vorkommt, nämlich von 60–66°, welche mit
                              dem 20fachen Wasser vermischt wird. Ich seze gewöhnlich 6 Cntr. Unschlitt an und
                              nehme dazu 7–8 Pfd. Schwefelsäure in 2 (4?) Imi Wasser gemischt. Ist nun
                              Alles bei einander, so läßt man 1 1/2–2 Stunden lang Dampf einströmen und
                              rührt von Zeit zu Zeit ein wenig um, so daß die Säure auf die Zellengewebe gleichen
                              Eindruk machen kann, also das Unschlitt gleichmäßig schmilzt.
                           
                        
                           
                           II. Das geschmolzene Unschlitt von der
                                 Säure zu befreien.
                           Zuerst läßt man das geschmolzene Unschlitt eine halbe Stunde in der Schmelzstande B sizen, hernach schöpft man dasselbe bis auf das Wasser
                              in die Stande C, läßt das Wasser sammt dem Unschlittsaz
                              in die Stande D ab und reinigt die Schmelzstande.
                              Hierauf wird in die Schmelzstande 8 Imi Wasser eingelassen, und sobald dieses warm
                              ist, bringt man den geschmolzenen Talg dazu, rührt das Ganze 10 Minuten lang um und
                              läßt es bis zum Siedpunkt heiß werden. Nun bringt man auf den
                                 Centner einen Schoppen 5gradige Kalilauge und 1 Pfd. Kochsalz, rührt das
                              Ganze wieder kurze Zeit um und läßt es 4–5 Stunden stehen. Gewöhnlich richtet
                              man es, daß das Unschlitt über Nacht stehen bleibt.
                           Hiebei ist das gehörige Maaß von Kalilauge besonders zu beachten. Sobald nämlich nur
                              das Mindeste mehr Kali genommen wird, als zur Tilgung der Säure nöthig ist, bildet
                              sich ein kaum bemerklicher Seifenleim und Lichter aus solchem Unschlitt mit freiem
                              Kali sind wegen ihres Wassergehalts durchaus unbrauchbar. Wird zu wenig Kali
                              genommen, so enthält das Unschlitt noch freie Säure und, wenn Lichter von solchem
                              Unschlitt auch anfangs gut brennen, so werden sie doch, wenn sie 3–4 Wochen
                              aufbewahrt sind, so ablaufen, daß sie ganz untauglich sind. Erst, wenn man das so
                              geschmolzene Unschlitt wieder von seiner Säure zu befreien versteht, kann man
                              dasselbe zum Lichtermachen anwenden. Es behaupten zwar Viele, daß man solches
                              Unschlitt auch nicht zur Seife brauchen könne, – aber dieß ist unrichtig,
                              denn ich habe schon mehrere hundert Centner Unschlitt davon saponificirt und es ist
                              mir noch kein Hindermß dabei in den Weg gekommen. Jedoch bei den Lichtern stimme ich
                              ein. Es ist unmöglich, ein Unschlitt, das Säure enthält, zum Lichtermachen
                              anzuwenden, sondern die Säure muß vollständig entfernt seyn.
                           
                        
                           III. Das säurefreie Unschlitt vom Wasser
                                 zu befreien.
                           Es ist öfters der Fall, daß man Unschlitt verarbeitet, so lange es noch auf dem
                              Wasser sizt; ich kann dieß jedoch nicht billigen, denn es ist selten, daß solches
                              Unschlitt kein Wasser enthält. Man bringe deßwegen das geläuterte Unschlitt in den
                              Kessel F, in welchen der Dampf nicht einströmt, und
                              erwärme es hier, bis es ganz hell ist. So geht man ganz sicher und kann für seine
                              Waare garantiren.
                           
                        
                           
                           IV. Den Saz, den man beim Schmelzen und
                                 Läutern erhält, zu behandeln, so daß er auch zu Lichtern verwendet werden
                                 kann.
                           Das Wasser, welches man nach dem Schmelzen in die Stande D läßt, muß man jedesmal erkalten lassen, und man findet dann auf der
                              Oberfläche einen 1/2–1'' diken Rand von Unschlitt, welchen man mit einem
                              Messer abschabt und hernach abwascht, um solches zum Lichterunschlitt gebrauchen zu
                              können. Ferner findet man unter diesem Rand eine braune Masse, welche auch noch
                              etwas Unschlitt enthält und auf dem Wasser schwimmt. Diese bringt man in ein dazu
                              bestimmtes Gefäß, in welchem diese Ueberreste gesammelt werden, bis es hinreicht,
                              die Schmelzstande damit zu füllen. Ist nun so viel gesammelt, so läßt man die Masse
                              mit 7–8 Imi Wasser vermischt 12–18 Stunden gemäßigt sieden; hierauf
                              läßt man Alles noch 7–8 Stunden ruhig stehen, worauf man schönes, Helles
                              Unschlitt auf der Oberfläche des Wassers stehen sieht, welches man, wie das erstere,
                              eben so gut zu Lichtern verwenden kann; nur muß man es noch von der Säure
                              scheiden.
                           Die Vortheile, welche mein Verfahren darbietet, bestehen
                              nun in Folgendem.
                           1) Man kann nach meiner Verfahrungsart innerhalb 48 Stunden eine eben so weiße
                              Talgkerze bereiten, als man nach der bisherigen Weise in 3 Monaten durch das Lagern
                              erhält.
                           2) Wenn man auf die gewöhnliche Art gute und helle Lagerlichter machen will, so muß
                              man immer das schönste, frischeste Unschlitt herauslesen, kann nur 2/3 davon
                              gebrauchen, während ein Drittel, das in Ausschnitt und Broken besteht, unbrauchbar
                              ist, und kann Schafunschlitt oder ganz mageres Ochsen- und Rinderunschlitt
                              gar nicht anwenden. Bei meiner Verfahrungsart aber kann alles Unschlitt, wenn es nur
                              nicht verdorben ist, angewendet werden, und troz dem müssen meine Lichter noch
                              Heller und so lang brennen, als die besten Lagerlichter.
                           3) Man braucht bei meiner Behandlung nach genauer Berechnung die Hälfte weniger Holz
                              und beim Schmelzen und Läutern des Unschlitts die Hälfte weniger Arbeit und
                              Zeit.
                           4) Man erhält 5 Proc. mehr Unschlitt.
                           5) Es kann durch Dampf das Unschlitt mehr denn 10mal erwärmt werden, ohne daß es
                              seine Farbe verändert, welche, wenn man über freiem Feuer arbeitet, schon beim
                              erstenmal verdorben werden kann.Man vergl. den Bericht über Taulet's Apparat zum
                                    Ausschmelzen des Talges mittelst Dampf im polyt. Journal Bd. LXXVIII. S. 318.
                              
                           
                        
                     
                  
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