| Titel: | Beiträge zur Galvanoplastik, von Gerlach. | 
| Fundstelle: | Band 82, Jahrgang 1841, Nr. XXXV., S. 128 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXV.
                        Beitraͤge zur Galvanoplastik, von
                           Gerlach.
                        Aus dem Journal für praktische Chemie, Sept. 1841, Nr.
                              18.
                        Gerlach, über Galvanoplastik.
                        
                     
                        
                           Bei der Anfertigung galvanoplastischer Gegenstände sind mir verschiedene auffallende
                              und, wie mir scheint, für die Wissenschaft sowohl wie für die Praxis nicht ganz
                              uninteressante Erscheinungen aufgestoßen, welche ich hier mitzutheilen die Ehre
                              habe. Wenn gleich ich nun zwar schon zu Anfange bemerken muß, daß ich über die
                              Ursache dieser Erscheinungen keine Rechenschaft zu geben im Stande bin, so möchte
                              ich doch hiedurch auf dieselben aufmerksam machen und zugleich den Wunsch
                              aussprechen, daß diese so auffallenden und bei Anfertigung galvanoplastischer
                              Gegenstände wesentlichen Erscheinungen auch von anderer Seite aufgefaßt, weiter
                              verfolgt und ihre Ursachen zum Nuzen der Wissenschaft und der Praxis ergründet
                              werden möchten.
                           Bekanntlich besizt das nach Jacobi's und Spencer's Verfahren auf galvanischem Wege ausgeschiedene
                              Kupfer eine große Härte, Sprödigkeit und Zerbrechlichkeit, welche Eigenschaften, je
                              nach der Stärke des dabei angewandten Stromes, mehr oder weniger hervortreten; allein selbst bei dem
                              schwächsten Strome wird das ausgeschiedene Kupfer immer noch so spröde, daß es nicht
                              um eine scharfe Kante gebogen werden kann, ohne zu zerbrechen. Durch das Ausglühen
                              des Kupfers werden nun zwar die eben erwähnten Eigenschaften aufgehoben und das
                              Kupfer vollkommen geschmeidig und weich, vorausgesezt, daß der gebildete
                              Kupferniederschlag nicht durch einen zu starken Strom grobkörnig oder durch
                              gebildetes Kupferoxyd (?) und pulverförmiges KupferDas Auftreten pulverförmigen Kupfers findet
                                    gewöhnlich bei horizontal eingelegten
                                    Gegenständen statt. Wenn nämlich von der Zinkplatte in der mit Thierblase
                                    verbundenen Zelle fein zertheiltes Zink auf die Thierblase niederfällt, so
                                    scheidet solches auf der entgegengesezten, der Kupfervitriollösung
                                    zugewandten Seite der Blase, Kupfer in Pulverform aus, welches alsdann auf
                                    den darunter liegenden Gegenstand niederfallt und in dem sich bildenden
                                    Kupferanflug mit einwachst, also keine regelmäßige Krystallisation zuläßt,
                                    wodurch dann der Kupferniederschlag leicht brüchig wird. Eben so schien es
                                    mir, daß, wenn die Zinklösung durch irgend eine kleine Oeffnung der
                                    Thierblase oder vermöge ihrer größern specifischen Schwere durch die Poren
                                    der Scheidewand zu der Kupferlösung dringen kann, der Kupferanflug jedesmal
                                    brüchig wird, und ich glaube mich hierin nicht getäuscht zu haben. zu brüchig sey; allein das Auffallende dabei ist, daß sich das Kupfer durch
                              das Ausglühen sehr beträchtlich ausdehnt, ohne sich beim
                              Erkalten wieder zusammenzuziehen. Schon beim ersten Anblike eines kleinen, auf
                              galvanischem Wege dargestellten ausgeglühten Gegenstandes springt diese
                              Größendifferenz, mit dem Originale verglichen, auffallend in die Augen. Ein
                              Kupferstreifen von 5 1/2 Zoll Länge hatte sich nach dem Glühen um 1/4 Zoll
                              ausgedehnt, was also bei einem Streifen von 22 Zoll Länge einen ganzen Zoll betragen würde.
                           Es verdient dieser Umstand alle Berüksichtigung, namentlich beim galvanischen Copiren
                              gravirter Kupferplatten, falls die Copien zum
                              Kupferdruk bestimmt sind, denn eine unausgeglühte Platte kann beim Durchgehen durch
                              die Drukerpresse zerbrechen; wird die Platte aber zuvor ausgeglüht, so wird dieselbe
                              dadurch erstens zu weich, um eine Anzahl guter Abdrüke liefern zu können, zweitens
                              wird das Bild größer, und drittens, was das Schlimmste ist, es entsteht, wenn die
                              Platte ungleich dik ist, sich also beim Glühen ungleich ausdehnt, ein Zerrbild. Es
                              scheint diese Eigenschaft des auf galvanischem Wege ausgeschiedenen Kupfers, nämlich
                              unter gewissen Umständen hart und spröde und durchs Ausglühen weich und geschmeidig
                              aufzutreten, mit der des Stahles Aehnlichkeit zu haben. Der gehärtete Stahl ist
                              bekanntlich spröde und zerbrechlich, wird aber durchs Glühen, also durch die
                              Einwirkung einer sehr hohen Temperatur, weich und geschmeidig. Diese leztgenannten
                              Eigenschaften stehen jedoch in einem bestimmten Verhältnisse zu der angewandten
                              Wärme, d.h. je weniger sich dieselbe der Glühhize nähert, desto weniger verliert der Stahl an Härte, und
                              man hat es ganz in seiner Gewalt, demselben irgend einen bestimmten Grad von
                              Geschmeidigkeit und Weichheit durch das Erwärmen zu geben. Ich bin nun der Ansicht,
                              daß das galvanische Kupfer bei verschiedenen Temperaturen, welche unter der Glühhize
                              desselben liegen, verschiedene Grade der Festigkeit und Weichheit annimmt, und daß
                              man demselben dadurch die nöthige Härte und Geschmeidigkeit zu geben im Stande ist.
                              Nach einem Versuche zu schließen, möchte ich annehmen, daß unter gewissen Umständen
                              die Erhizung einer galvanischen Kupferplatte bis zur Temperatur des schmelzenden
                              Zinns (circa 182° R.) hinreicht, dem Kupfer die
                              zum Druken erforderliche Eigenschaft zu geben.Das bei diesem Versuche angewandte Kupfer hatte ein sehr fein
                                    krystallinisches (feinkörniges) Gefüge. Es versteht sich jedoch von selbst,
                                    daß, je nachdem man, wie beim Stahle, ein von Ursprung aus härteres oder
                                    weicheres Kupfer vor sich hat, man einen größern oder geringern Hizegrad
                                    wird anwenden müssen, daß also das eine bei der Temperatur des schmelzenden
                                    Zinns, das andere bei der des schmelzenden Bleies u.s.w. den gewünschten
                                    Grad der Weichheit erlangen wird. Eine zweite auffallende und räthselhafte Erscheinung, die ich hier ebenfalls
                              erwähnen will, besteht darin, daß der sich bildende Kupferüberzug an der Seite, an
                              welcher der Leitungsdraht befestigt ist, am dünnsten, und an der dieser gegenüber
                              befindlichen oder am weitesten von dem Leitungsdrahte entfernten Seite am diksten
                              wird, gleichviel, ob der zu überziehende Gegenstand (z.B. eine Platte) senkrecht
                              oder horizontal in die Kupferlösung eingebracht ist, oder ob der Leitungsdraht an
                              dem obern oder untern Theile der senkrechten Platte befestigt ist, d.h. ob der
                              elektrische Strom in die Platte abwärts oder aufwärts einströmt. Der Ueberzug ist
                              gewöhnlich in der Nähe des Leitungsdrahtes noch sehr dünn, wenn er an weiter
                              entfernteren Punkten schon ziemlich stark erscheint. Ein senkrecht in die
                              Kupferlösung eingehängter Draht wird an seinem untern Ende am diksten und nimmt
                              kegelförmig nach Oben hin ab. Wird aber der Draht vor dem Einhängen in die
                              Kupferlösung erst senkrecht abwärts und dann wieder aufwärts (heberförmig) gebogen,
                              so wird das obere Ende des aufwärts gehenden Theils am
                              diksten und nimmt nach Unten hin ab. Es folgt hieraus die Regel, daß man entweder
                              zwei Leitungsdrähte an gegenüberstehenden Seiten anbringen, oder, wenn die Aufleitung längere
                              Zeit von einer Seite stattgefunden hat, den Leitungsdraht an der dieser
                              entgegengesezten andern Seite befestigen müsse.
                           Eine dritte zu erwähnende, für den Beobachter zwar interessante, aber für den
                              Praktiker unangenehme Erscheinung ist die Bildung
                                 linien- und streifenartiger Auswüchse auf der Rükseite des galvanischen
                              Kupferüberzuges. Wenn es sich nämlich darum handelt, einen Gegenstand mit einer
                              dünnen, glatten Kupferlage zu überziehen, wobei die Außenseite des Kupfers die
                              Hauptrolle spielen soll, dann wird durch das Erscheinen solcher linearen Auswüchse
                              oft die ganze Arbeit verdorben und Mühe und Fleiß waren umsonst angewandt.
                           Gehen wir näher auf die Erscheinung und die Beseitigung dieser linienartigen
                              Auswüchse ein, so haben wir uns vor Allem zwei Aufgaben zur Lösung zu stellen,
                              nämlich: 1) die Erforschung der Art, wie solche Linien
                              entstehen, und 2) die Erforschung der Ursache ihrer Entstehung.
                           Wenn ich nun gleich nicht im Stande bin, diese Aufgaben zu lösen, so will ich doch
                              wenigstens versuchen, dasjenige mitzutheilen, was mir, in Folge öfterer Beobachtung,
                              hierüber zur eignen Ansicht geworden ist.
                           Die Art der Entstehung dieser linien- und streifenartigen Auswüchse scheint
                              unter verschiedenen Umständen verschiedenen, aber bestimmten Gesezen zu unterliegen. Folgende Erscheinungen
                              hatte ich öfters, wenn sich Linien bildeten, wahrzunehmen und zu beobachten
                              Gelegenheit, ohne jedoch angeben zu können, ob sich die zu erwähnenden Erscheinungen
                              unter anderen Umständen anders
                              gestalten möchten.
                           1) Die Vegetation eines jeden dieser linienartigen Auswüchse begann in einem Punkte
                              und ging bei senkrecht eingehängten Platten in gerader Linie fort, und zwar, wenn
                              der Leitungsdraht am obern Theile der Platte befestigt
                              war, wie mir schien, senkrecht abwärts und im entgegengesezten
                                 Falle senkrecht aufwärts.
                           2) Bot sich dem Entstehungspunkte einer Linie Gelegenheit dar, sich bei seiner
                              fernern Ausbildung an den zu überziehenden Körper anzulehnen, so wuchs derselbe
                              auf- oder abwärts als Linie fort, gleich wie das Epheu an einer Mauer, und
                              dieß war stets bei senkrecht in den galvanischen Apparat eingestellten Gegenständen
                              der Fall.
                           3) Fand der Entstehungspunkt bei seiner fernern Ausbildung die eben erwähnte Rüklehne in senkrechter Lage nicht, so vegetirte er auf
                              sich selbst fort zu einem warzen-, rosen-, zapfen-,
                              knospen- oder astartigen Auswuchse. Deßhalb entstehen die erwähnten
                              linienartigen Auswüchse immer nur bei senkrecht, nie aber
                              bei horizontal eingelegten Gegenständen. Hatten jedoch die horizontal eingelegten
                              Gegenstände (z.B. die vertiefte Form eines Hautreliefs)
                              einzelne senkrechte oder aus der horizontalen in die senkrechte Lage übergehende
                              Partien, so fand bei diesen einzelnen Stellen ebenfalls ein linienartiger Auswuchs
                              statt.
                           4) Bei senkrecht in die Kupferlösung eingehängten Drähten,
                              so wie bei
                              cylinderartig gestalteten Gegenständen von größerm Durchmesser ging die linienartige
                              Vegetation, wie es schien, ebenfalls auf- oder abwärts, je nachdem der elektrische Strom von Oben oder
                              von Unten in dieselbe eintrat, und zwar in der Art, daß
                              von dem Entstehungspunkte zwei Linien auswuchsen, deren eine den Draht oder Cylinder
                              in diagonaler Richtung rechts, die andere aber links umliefen, um sich an der dem Entstehungspunkte
                              gegenüberliegenden Seite des Drahtes wieder unter einem Winkel zu vereinigen.
                              Sämmtliche Entstehungspunkte fielen dann gewöhnlich in eine Linie, eben so die
                              Schließungspunkte. Bei fortgesezter oder gestörter Vegetation arten jedoch diese
                              linienartigen Auswüchse öfters aus und es ist dann ihre ursprüngliche Textur schwer
                              mehr zu erkennen. Oefters habe ich wahrgenommen, daß die Oberfläche des Körpers, auf
                              welchem sich linienartige Auswüchse bilden wollten, sich erst mit dunkleren und
                              helleren Streifen und Bändern überzog und daß dann die Vegetation diesen
                              vorgezeichneten Weg einschlug.
                           So weit meine bisherigen Beobachtungen über die Art der
                              Entstehung jener streifenartigen Auswüchse.
                           Was nun die Ursache ihrer Entstehung anlangt, so bin ich
                              nicht im Stande, auch nur eine Hypothese darüber aufzustellen. Man schrieb die
                              Entstehung dieser linienartigen Auswüchse einem zu starten Strome zu, allein ich
                              habe öfters bei einem schwachen Strome (d.h. bei einer
                              Ablenkung der Galvanometernadel um circa 30°) und
                              unter Anwendung eines und desselben Apparates bald linienartige Auswüchse so wie
                              starke Kupfervegetation erhalten, bald keine, öfters bei schwächerem Strome Auswüchse und bei stärkerem – keine.
                           Eine vierte Erscheinung war folgende: einigemale habe ich bemerkt, daß sich auf dem
                              eingehängten Gegenstande (einem kleinen aus Modelirwachs gegossenen und mit
                              Graphitstaub eingeriebenen Pfeifenkopfe), nachdem derselbe bereits mit einem dünnen
                              Kupferanfluge überzogen war, während der Nacht viele halbkugelförmige blankpolirte
                              Grübchen von der Größe eines kleinen Steknadelkopfes gebildet hatten, welche von
                              sich an diesen Stellen angesezten Gas- oder Luftbläschen entstanden zu seyn
                              schienen. Am Tage konnten sich diese Bläschen nicht ansezen, da die Gegenstände
                              während desselben öfters zur Besichtigung aus der Kupferlösung herausgenommen
                              wurden. Wie diese Bläschen aber auf dem Gegenstande entstanden seyn mögen, ist
                              räthselhaft. Sollte vielleicht, da die angewandte Zinkplatte im Vergleich zu dem zu
                              überziehenden Gegenstande sehr groß war, eine so starke Wasserstoffgasanhäufung
                              stattgefunden haben, daß solches an dem Kupferanfluge in Bläschen auftrat?
                           
                           Schließlich glaube ich noch einige Bemerkungen über die zur Anfertigung
                              galvanoplastischer Gegenstände anzuwendende Kupfervitriollösung beifügen zu dürfen.
                              Es ist nämlich bei Erzeugung galvanoplastischer Gegenstände Bedingung, daß die
                              Kupfervitriollösung (wenigstens bei Anwendung eines einfachen galvanischen Plattenpaares) stets gesättigt und neutral (ohne freie
                              Schwefelsäure) sey. Den erstem Zwek erreicht man gewöhnlich dadurch, daß man in die
                              bereits gesättigte Kupfervitriollösung Säkchen mit kleinen Kupfervitriolkrystallen
                              einhängt. Allein nur das während des galvanischen Processes durch Zerlegung des
                              Kupfervitriols frei gewordene Wasser vermag sich mit diesen eingehängten
                              Krystallfragmenten zu verbinden, d.h. sie aufzulösen, wogegen die frei gewordene
                              Schwefelsäure keine Verbindung mit denselben mehr einzugehen im Stande ist und sich
                              folglich als freie Säure in der Lösung anhäuft, wodurch diese leztere dann nicht
                              mehr neutral seyn kann. Man hat nun zwar vorgeschlagen, zur Bindung dieser freien
                              Säure von Zeit zu Zeit Stükchen reiner Thonerde in die Kupfervitriollösung zu
                              bringen, allein dadurch wird solche leicht verunreinigt. Ich bin daher der Ansicht,
                              daß, um beide Zweke, nämlich Sättigung und Neutralisation der Kupferlösung, stets
                              gleich zu erhalten, es am vortheilhaftesten seyn dürfte, mit Kupferoxyd (Kupferhammerschlag) gefüllte Säkchen in die
                              Kupfervitriollösung einzuhängen.