| Titel: | Ueber die Theorie der Blutlaugensalz-Fabrication; von J. Liebig. | 
| Fundstelle: | Band 82, Jahrgang 1841, Nr. LXXVIII., S. 347 | 
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                        LXXVIII.
                        Ueber die Theorie der
                           Blutlaugensalz-Fabrication; von J. Liebig.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. XXXVIII. S.
                              20.
                        Liebig, über die Theorie der
                           Blutlaugensalz-Fabrication.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich zersezt sich das Kaliumeisencyanür oder Blutlaugensalz beim Erhizen für
                              sich in entweichendes Stikgas, Kohleneisen und Cyankalium; ist es mit kohlensaurem
                              Kali gemengt, so entwikelt sich Kohlensäure und man erhält Cyankalium und
                              Eisenoxydul; lezteres wird bei Gegenwart von Kohle zu metallischem Eisen reducirt.
                              Nach diesem Verhalten kann also das Blutlaugensalz, als solches, in einer glühenden
                              Mischung, welche Kohle und kohlensaures Kali enthält, fertig gebildet nicht gedacht
                              werden. Ueberbliken wir im Allgemeinen die Darstellung des Blutlaugensalzes im
                              Großen, so haben wir in thierischen Substanzen, in getroknetem Blute, Klauen,
                              Hörnern, Hufen, Borsten und gewöhnlicher Potasche die Materialien, die zu seiner
                              Gewinnung benuzt werden. Die Potasche wird in geschlossenen oder offenen Gefäßen zum
                              Fluß gebracht und alsdann die thierischen Substanzen in möglichst trokenem Zustand
                              eingetragen; die thierischen Materien werden entweder im natürlichen Zustande
                              zugesezt, oder sie werden vorher auf Ammoniakgewinnung benuzt, d.h. sie werden in
                              verschlossenen Gefäßen der Destillation unterworfen und nur die rükständige
                              Thierkohle zur Blutlaugensalzgewinnung verwendet.
                           Das Eintragen der thierischen Substanzen in die schmelzende Potasche verursacht ein
                              lebhaftes Aufbrausen, eine Entwikelung von kohlensauren und brennbaren Gasen,
                              wodurch die schmelzende Masse aufgebläht, abgekühlt und zum Erstarren gebracht wird;
                              das leztere muß durch
                              Eintragen in kürzeren oder längeren Pausen unter fortgeseztem Umrühren mit eisernen
                              Haken verhütet werden. Die gewöhnlichen Verhältnisse sind: gleiche Theile Potasche
                              und unverkohlte Thiersubstanz oder 10 Th. Potasche auf 8 Th. Thierkohle; dieser
                              Mischung sezt man gewöhnlich 3–4 Proc. Eisenfeile zu.
                           Nach dem Eintragen der Thiersubstanz oder Thierkohle in die Potasche wird die
                              Mischung durch ein starkes Feuer in ruhigen Fluß gebracht; im Schmelzen besizt die
                              Masse eine dikliche Consistenz, sie wird ausgeschöpft, sobald sie in allen ihren
                              Theilen gleichförmig, nämlich keine unvertheilte Kohle mehr bemerkbar ist.
                           Die erkaltete Masse (Schmelze) wird nun in einem eisernen Kessel mit Wasser erwärmt,
                              man läßt die erhaltene (erste) Lauge sich klären, zieht sie von dem Rükstande ab und
                              laugt diesen zum zweiten- und drittenmal mit frischem Wasser aus. Gewöhnlich
                              werden die schwächeren Laugen, anstatt des reinen Wassers, zur ersten Lauge, nämlich
                              zur Auslaugung der Schmelze benuzt.
                           Die starken Laugen werden sodann, nachdem sie sich vollkommen geklärt haben, in dem
                              Siedekessel bei einer 76° R. oder 95° C. nicht übersteigenden
                              Temperatur bis zu 2,7 spec. Gewicht abgedampft und in hölzernen Ständern oder
                              Bottichen der Krystallisation überlassen; die erhaltenen Krystalle werden zum
                              zweitenmal umkrystallisirt.
                           Nach dem, was über das Verhalten des Blutlaugensalzes angegeben ist, enthält die
                              Schmelze keine Spur davon; diese Thatsache läßt sich leicht und durch die
                              einfachsten Versuche darthun. Bringt man z.B. die fein gepulverte Schmelze auf einen
                              Trichter und laugt sie aus, aber nicht mit Wasser, sondern mit Branntwein, so findet
                              man in der durchgehenden klaren Flüssigkeit nur Cyankalium und keine Spur von
                              Blutlaugensalz; in dem ausgelaugten Rükstande ist man nach der Hand eben so wenig im
                              Stande, durch siedendes Wasser Blutlaugensalz auszuziehen. Wenn man aber die
                              weingeistige Lösung mit dem ausgelaugten Rükstande wieder zusammenbringt und eine
                              Zeit lang in gelinder Wärme digerirt, so färbt sich die Flüssigkeit gelb, es bildet
                              sich Blutlaugensalz.
                           Hieraus geht evident hervor, daß das Blutlaugensalz erst bei
                                 der Auflösung der Schmelze gebildet wird und zwar durch die Einwirkung der
                              löslichen Bestandtheile der Lauge auf den unlöslichen Rükstand der Schmelze.
                           Das Verhalten des Cyankaliums zum Eisen und zu gewissen Verbindungen des Eisens
                              erklärt die Entstehung des Blutlaugensalzes auf eine höchst einfache Weise.
                           Das Cyankalium selbst entsteht beim Zusammenbringen von schmelzender Potasche mit
                              stikstoffhaltigen animalischen Substanzen auf zweierlei Weise.
                           Wird gewöhnliche Holzkohle, mit kohlensaurem Kali gemengt, einer hohen Temperatur
                              ausgesezt, so erhält man bekanntlich Kalium, was in Dampfgestalt übergeht und in
                              Vorlagen verdichtet werden kann; dem Kali und der Kohlensäure, beiden wird in diesem
                              Processe Sauerstoff entzogen, das Kali wird zu Kalium, die Kohlensäure in Kohlenoxyd
                              verwandelt. Seitdem man diese Zersezungsweise kennt, wird kaum noch der frühere Weg
                              zur Darstellung des Kaliums gewählt. – Nehmen wir nun Kalium und erhizen es
                              mit verkohltem Blut, so schmilzt es zu einer klaren Salzmasse zusammen, welche freie
                              Kohle und reines Cyankalium enthält. Durch die Einwirkung des Kaliums auf das
                              verkohlte Blut wird ihm aller Stikstoff und eine gewisse Menge Kohlenstoff entzogen,
                              beide treten zu Cyan zusammen, was mit dem Kalium eine Verbindung eingeht.
                           Alle Thiersubstanzen enthalten ein weit größeres Verhältniß Kohlenstoff, als das
                              Cyan; sie können betrachtet werden als Verbindungen von Cyan mit Kohlenstoff.
                              Schmelzen wir diese Thiersubstanzen mit kohlensaurem Kali in einer hohen Temperatur
                              zusammen, so wird der freie Kohlenstoff das Kali und die Kohlensäure reduciren, es
                              wird Kohlenoxyd und Kalium entstehen, welches leztere durch seine Wirkung auf die
                              vorhandene Stikstoffkohle Cyan bildet, mit dem es in Verbindung bleibt. Die
                              geschmolzene Masse enthält demnach Cyankalium und unzerseztes kohlensaures Kali.
                           Dieß ist aber nicht die einzige Art, wie Cyankalium entstehen kann; es entsteht
                              nämlich ebenfalls in großer Menge, wenn Ammoniakgas über ein glühendes Gemenge von
                              Kohle und kohlensaurem Kali geleitet wird; die Art und Weise, wie es sich in diesem
                              Falle bildet, erklärt sich einfach aus dem Verhalten von Ammoniakgas zu Kohle
                              allein, denn dieses Gas, wenn man es über glühende Holzkohle leitet, wird
                              vollständig zersezt in Wasserstoffgas und Blausäure, es treten zu seinen Elementen 2
                              Atome Kohle, die sich damit zu der genannten Verbindung vereinigen. Die Blausäure
                              zerlegt nun das glühende kohlensaure Kali in Cyankalium, Wasser und freie
                              Kohlensäure.
                           Wenn aber thierische Substanzen im natürlichen Zustande in schmelzendes kohlensaures
                              Kali getragen werden, so verkohlen sie sich; dieß ist die erste Veränderung, die sie
                              durch den Einfluß der hohen Temperatur erfahren; ein Theil der Producte, die sich
                              bei ihrer Verkohlung bilden, ist flüchtig, und unter diesen ist Ammoniakgas der
                              Hauptbestandtheil. In schmelzendes Kali eingetragen, wird also in der ersten Periode
                              eine gewisse Menge Cyankalium gebildet werden, und zwar auf Kosten des Ammoniakgases, was sich in dem
                              glühenden Gemenge von Kohle mit kohlensaurem Kali und den Thierstoffen entwikelt. In
                              der lezten Periode der Schmelzung wird das Cyankalium durch die Einwirkung der
                              Thierkohle auf das vorhandene kohlensaure Kali gebildet werden.
                           Es ist klar, daß durch Anwendung von Thierstoffen, im natürlichen Zustande, eine
                              größere Quantität Cyankalium in der geschmolzenen Masse erzeugt werden muß, als wenn
                              sie vorher verkohlt werden – eine Erfahrung, welche den Fabrikanten von
                              Blutlaugensalz wohl bekannt ist.
                           Ueber die Art, wie Cyankalium in diesem Processe gebildet wird, kann man bei dem
                              Vorhergehenden keinen Zweifel hegen; es ist ganz gleichgültig, ob in der
                              schmelzenden Masse Eisen vorhanden ist oder nicht; es hat keinen Einfluß auf seine
                              Entstehung, wohl aber ist das Eisen unbedingt nöthig zur Verwandlung des Cyankaliums
                              in Blutlaugensalz; wie diese Verwandlung vor sich geht, ergibt sich von selbst aus
                              dem Verhalten einer Auflösung von Cyankalium zum Eisen und zu Eisenoxyden.
                           Wenn man reines metallisches Eisen mit einer mäßig starken Auflösung von Cyankalium
                              in einer Retorte übergießt und gelind erwärmt, so sieht man das Eisen sich auflösen
                              mit allen Erscheinungen, die seine Auflösung in Säuren begleiten, es löst sich
                              nämlich auf unter Entwikelung von reinem Wasserstoffgas. Die Flüssigkeit färbt sich
                              gelb, wird stark alkalisch und gibt beim Erkalten eine reichliche Krystallisation
                              von Blutlaugensalz; die Mutterlauge enthält äzendes Kali. Bei dieser Bildung von
                              Blutlaugensalz wird also Wasser zersezt, dessen Sauerstoff an Kalium tritt; das mit
                              dem Kalium verbundene Cyan vereinigt sich mit Eisen. 3 Atome Cyankalium lösen 1 Atom
                              Eisen auf; es entsteht 1 Atom Blutlaugensalz und 1 Atom Kali.
                           Uebergießt man metallisches Eisen mit einer Auflösung von Cyankalium und sezt diese
                              Mischung bei gewöhnlicher Temperatur der Luft aus, so zieht die Flüssigkeit mit
                              außerordentlicher Schnelligkeit Sauerstoff aus der Luft an, der an Kalium tritt,
                              dessen Cyan sich mit Eisen vereinigt, was von der Flüssigkeit aufgenommen wird; die
                              Auflösung des Eisens geschah bei dem ersten Versuch unter Mitwirkung des Sauerstoffs
                              des Wassers, bei dem anderen unter Mitwirkung des Sauerstoffs der Atmosphäre.
                           Wird eine Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxydul mit Cyankalium zusammengebracht,
                              so entsteht ein rothgelber Niederschlag, der sich beim Erwärmen mit einem Ueberschuß
                              von Cyankalium vollständig zu einer gelben Flüssigkeit auflöst, welche
                              Blutlaugensalz und schwefelsaures Kali enthält. Theilt man die Auflösung des Cyankaliums, die man mit
                              etwas Aezkali versezt hat, in drei Theile, fällt den einen Theil vollständig mit
                              schwefelsaurem Eisenoxydul, gießt nachher die zwei anderen Theile Cyankalium hinzu,
                              so löst sich der Niederschlag zu einer völlig klaren Flüssigkeit wieder auf. Bei
                              dieser Zersezung tauschen Eisenoxydul und Cyankalium ihre Bestandtheile, ein Drittel
                              des Kaliums tritt an die Stelle des Eisens in dem Eisenvitriol, das Eisen nimmt
                              seinen Plaz ein. – Am leichtesten löst sich Schwefeleisen in Cyankalium unter
                              Bildung von Blutlaugensalz und Schwefelkalium.
                           Alle diese Vorgänge erleiden nicht die geringste Aenderung, wenn das Cyankalium
                              gemischt ist mit Aezkali oder kohlensaurem Kali. Wenden Wir dieses Verhalten auf die
                              Fabrication des Blutlaugensalzes an, so ist es klar, daß wir in der
                              zusammengeschmolzenen Masse von Thierstoffen mit Potasche alle Bedingungen zur
                              Verwandlung, wenn auch nicht von allem, doch von einem gewissen Theile des
                              Cyankaliums in Blutlaugensalz vereinigt vorfinden. Die angewandte Potasche enthält
                              12 bis 16 Proc. schwefelsaures Kali, was durch die Einwirkung der Kohle in der
                              Rothglühhize in Kaliumoxyd und doppelt Schwefelkalium zerfällt.
                           Das doppelt Schwefelkalium, in Berührung mit dem zugesezten metallischen Eisen, oder
                              mit den Wänden des Schmelzgefäßes, löst 1 Atom metallisches Eisen auf und bildet
                              eine leicht schmelzbare Verbindung, die sich in der ganzen schmelzenden Masse
                              vertheilt. Es ist wohlbekannt, daß die eisernen Schmelzgefäße außerordentlich
                              leiden; in zehn bis zwölf Operationen werden ihre zolldiken Wände durchlöchert;
                              diese Durchlöcherung rührt, wie oben erwähnt, von der Einwirkung des gebildeten
                              Schwefelkaliums her. Hat man metallisches Eisen der Masse zugesezt, so verwandelt
                              sich dieses ebenfalls in Schwefeleisen.
                           Es ist nun klar, daß, wenn die geschmolzene Masse Schwefeleisen in hinreichender
                              Menge enthält, um alles Cyankalium in Blutlaugensalz zu verwandeln, so wird beim
                              Uebergießen mit Wasser und Erwärmen das Schwefeleisen sich lösen, das Cyankalium
                              wird in Blutlaugensalz übergehen, was man durch Abdampfen und Krystallisation, ohne
                              den geringsten Verlust zu erleiden, erhält. Dieses Salz wird durch Aezkali und
                              kohlensaures Kali in der Siedhize nicht verändert, eben so wenig durch
                              Schwefelkalium; lezteres bleibt vollständig in der Mutterlauge.
                           Dieser Hauptbedingung, um alles Cyankalium aus der Schmelze als Blutlaugensalz zu
                              erhalten, wird in der Fabrication nie Genüge geleistet; man erhält 8–10, im Maximum 15 Proc. an
                              Blutlaugensalz, während man 30–35 Proc. erhalten müßte.
                           Fragen wir nun, was mit dem Cyankalium in der Blutlauge geschieht, wenn wir ihm
                              diejenige Quantität Eisen nicht geben, die es bedarf, um in Blutlaugensalz
                              überzugehen, so ist es klar, daß es sich beim Verdampfen der Lauge durch die
                              Einwirkung des freien Kalis zerlegen muß. Man weiß, daß Cyankalium sich, mit Aezkali
                              erwärmt, gerade so zerlegt, wie die Blausäure, wenn sie mit einer starken Säure im
                              Uebermaaße erwärmt wird; indem die Bestandtheile des Wassers hinzutreten, spaltet
                              sich das Cyan, sein Stikstoff bildet Ammoniak, sein Kohlenstoff Ameisensäure.
                           Das nicht in Blutlaugensalz verwandelte Cyankalium in der Blutlauge wird durch das
                              frei vorhandene Kali zerlegt werden in Ammoniak, was sich durch seinen Geruch zu
                              erkennen gibt, und in ameisensaures Kali, was in die Mutterlauge übergeht. Wir
                              können nun dieses frei vorhandene Cyankalium auf mannichfaltige Weise in
                              Blutlaugensalz überführen, d.h. seine Umsezung verhindern, wenn wir vor dem
                              Verdampfen das fehlende Eisen zusezen.
                           Wir können dieß bewirken, wenn wir die Auflösung mit metallischem Eisen oder mit
                              Schwefeleisen erhizen; wir werden in diesem Falle in der Mutterlauge Aezkali oder
                              Schwefelkalium haben, die ohne zersezenden Einfluß auf das Blutlaugensalz sind. Am
                              besten ist es immer, die Blutlauge zum Sieden zu erhizen und eine Auflösung von
                              schwefelsaurem Eisenoxydul zuzusezen, bis ein bemerkbarer schwarzer Niederschlag
                              entsteht, der beim Sieden nicht mehr verschwindet; es entsteht in diesem Falle auf
                              Kosten des vorhandenen Schwefelkaliums Schwefeleisen, was sich in dem Cyankalium
                              löst; die Mutterlauge enthält, nachdem alles Blutlaugensalz auskrystallisirt ist,
                              schwefelsaures Kali und Schwefelkalium.
                           Auf die so eben erwähnte Art läßt sich also alles vorhandene Cyankalium ohne den
                              geringsten Verlust als Blutlaugensalz gewinnen; allein in der Schmelzung selbst
                              erleidet man bei Mangel an Eisen einen beträchtlichen Verlust an Cyankalium, dem
                              durch alle diese Verfahrungsweisen nicht vorgebeugt wird. Dieser Verlust wird durch
                              die Bildung von Schwefelcyankalium herbeigeführt.
                           Durch die Einwirkung von Kohle auf schwefelsaures Kali in der Rothglühhize entsteht,
                              wie oben erwähnt, Doppeltschwefelkalium, und diese Verbindung kann mit Cyankalium
                              nicht zusammengeschmolzen werden, ohne eine Zersezung zu erleiden; dieses
                              Doppeltschwefelkalium gibt Schwefel an das Cyankalium ab, was in Schwefelcyankalium
                              hiedurch übergeführt wird; wenn aber die Mischung hinreichend Eisen enthält, um den
                              Schwefel gänzlich in Beschlag zu nehmen, der sich mit dem Cyankalium zu
                              Schwefelcyankalium vereinigen würde, so wird seine Bildung verhindert. Das
                              Schwefelcyankalium selbst verwandelt sich durch Eisen in hohen Temperaturen in
                              Schwefeleisen und in Cyankalium, und in dem gesteigerten Zusaze von Eisen zu der
                              schmelzenden Masse hat man nicht nur ein ganz einfaches Mittel, um die Bildung von
                              Schwefelcyankalium zu verhüten, sondern man erfüllt damit noch überdieß die
                              Hauptbedingung zur Entstehung des Blutlaugensalzes, indem beim Uebergießen und
                              Behandeln der Schmelze mit Wasser Schwefeleisen in mehr als hinreichender Menge zur
                              Auflösung sich darbietet.
                           Je nach dem Gehalt der Potasche an schwefelsaurem Kali hat man 12–20 Proc.
                              metallisches Eisen der Schmelze zuzusezen, um die Bildung des Schwefelcyankaliums zu
                              verhüten. Läßt sich die Gegenwart von diesem Salze in der Mutterlauge nachweisen, so
                              muß der Zusaz von Eisen vermehrt werden.
                           Cyankalium kann an der Luft nicht im Flusse erhalten werden, ohne augenbliklich
                              Sauerstoff anzuziehen und in cyansaures Kali überzugehen; diese Sauerstoffabsorption
                              wird beschleunigt, wenn seine Oberfläche durch sein Gemenge mit fremden Substanzen
                              vergrößert wird. In England geschieht die Schmelzung in verschlossenen, in
                              Deutschland und Frankreich in offenen Gefäßen, an manchen Orten in Flammöfen; in den
                              lezteren wird, wie sich von selbst versteht, die größte Menge cyansaures Kali
                              gebildet.
                           Es entsteht ferner cyansaures Kali durch Einwirkung des gebildeten Cyankaliums auf
                              das in der schmelzenden Potasche unzersezt vorhandene schwefelsaure Kali, was
                              hiedurch zum Theil in Schwefelkalium übergeführt wird.
                           Dieses Salz zersezt sich beim Erwärmen seiner Auflösung in kohlensaures Kali und
                              entweichendes Ammoniak. Das beim Verdampfen freiwerdende Ammoniak rührt demnach von
                              zwei Ursachen her, entweder von der Zersezung des Cyankaliums in ameisensaures Kali
                              und Ammoniak, oder von der Zersezung des cyansauren Kalis in Kohlensäure und
                              Ammoniak; die Zersezung des erstern ist durch Hinzufügung von Eisen, die des andern
                              durch Abhaltung von Luft zu vermeiden.