| Titel: | Ein neues erprobtes Mittel, mehr reinen Zuker aus der Zukermasse zu gewinnen. Von Professor Siemens in Hohenheim. | 
| Fundstelle: | Band 82, Jahrgang 1841, Nr. LXXXIII., S. 381 | 
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                        LXXXIII.
                        Ein neues erprobtes Mittel, mehr reinen Zuker aus
                           der Zukermasse zu gewinnen. Von Professor Siemens in
                           Hohenheim.
                        Siemen's Mittel, mehr reinen Zuker aus der Zukermasse zu
                           gewinnen.
                        
                     
                        
                           Alle Operationen der Zukerfabrication bis zur Gewinnung der Zukermasse wurden in
                              neuerer Zeit zum Theil auf sehr sinnreiche Weise vervollkommnet, allein über die
                              weitere Behandlung dieser Zukermasse besizen wir fast gar
                              keine oder nur wenige, nicht genügende Anweisungen, weil diese in der Regel von
                              solchen Männern ausgeführt wird, welche nicht geneigt sind, ihre Erfahrungen darüber
                              mitzutheilen. Dennoch gehört diese Behandlung unstreitig zu den wichtigsten
                              Operationen der ganzen Fabrication, denn wenn auch die Zukermasse auf die
                              zwekmäßigste Weise gewonnen wurde, so hängt der Ertrag an reinem Zuker oder dem
                              wirklich verkäuflichen Producte und mit diesem das Ergebniß der ganzen Fabrication
                              doch lediglich von der weiteren Behandlung der Zukermasse ab. Die Wichtigkeit
                              derselben wird um so einleuchtender, wenn man erwägt, daß der Werth der Zukermasse
                              durch den gemachten Aufwand an Arbeit, Kohle und Brennmaterial nicht unbedeutend
                              erhöht ist, jeder Verlust daran also auch um so empfindlicher werden muß. Aus diesen Gründen wird die
                              Mittheilung jeder Erfahrung und Beobachtung über die Gewinnung eines verkäuflichen
                              Products aus der Zukermasse für den damit Beschäftigten von Interesse seyn, und ich
                              theile daher hier eine solche in der Hoffnung mit, daß sie auch von andern geprüft
                              und das Ergebniß gemeinnüzlich werde.
                           Die hiesige Runkelnzukerfabrik beschäftigt sich nur mit der Gewinnung eines möglichst
                              reinen Rohzukers, der in größeren und kleineren Quantitäten, jedoch nicht unter 1/8
                              Cntr., meist unmittelbar an die Consumenten verkauft wird und sich eines sehr
                              schnellen Absazes erfreut. Es werden von diesem Zuker drei verschiedene Sorten
                              gemacht, die erste als weißer Stükzuker, die zweite als weißer oder gedekter und die
                              dritte als hellgelber Rohzuker abgegeben. Zur Gewinnung der verschiedenen Sorten
                              wird die erhaltene Zukermasse in Baster- oder Lumpformen gefüllt und in
                              diesen nach dem Abfließen des Syrups mit Thon gedekt, wodurch bisher bei guter
                              Beschaffenheit und aufmerksamer Behandlung aus einer Lumpform, die 60–65 Pfd.
                              Zukermasse enthält, 4–6 Pfd. weißer Stükzuker, 6–10 Pfd. weißer,
                              8–12 Pfd. gelber Rohzuker und eine braune Spize von 4–5 Pfd. gewonnen
                              wurde. Häufig war jedoch der Ertrag an Stükzuker geringer, weil die Beschaffenheit
                              der Zukermasse kein so starkes Einkochen oder späteres Ausfüllen erlaubte, als es
                              nöthig gewesen wäre, um den Zuker so dicht zu erhalten, wie es seyn sollte, da der
                              Stükzuker wenigstens ein so feines Korn, wie ordinärer Melis, haben muß. Die
                              Nachtheile, welche bei minderer Güte der Zukermasse, späterem Ausfüllen oder
                              stärkerem Rühren derselben entstanden, waren: langsameres Abfließen des Syrups,
                              schwache Dekung und das Zurükbleiben einer größeren unverkäuflichen Zukermenge.
                           Um ein schnelles und besseres Abziehen des Syrups zu bewirken, wurden die Formen,
                              statt des gewöhnlichen Stechens, wodurch der Zuker in der
                              Spize der Form nur noch mehr zusammengedrükt wird, mit einem kleinen Bohrer so gut als möglich unterhalb geöffnet, indem man
                              mit diesem Instrumente einen kleinen Theil des Zukers herausnahm.
                           Vollkommener wurde aber der obige Zwek erst dadurch von mir erreicht, daß ich die
                              Formen beim Füllen gut verstopft mit ihrer Spize etwa einen halben Fuß tief in siedendes Wasser stellte, wodurch diese Spize möglichst
                              lange heiß erhalten wird und nur ein ganz allmähliches Erkalten erfolgt. Es bilden
                              sich dadurch im unteren Theile nur ganz grobe Krystalle, die den Syrup später leicht
                              durchfließen lassen, während bei dem gewöhnlichen Verfahren durch das schnelle
                              Erkalten in der Spize die feinsten Krystalle entstehen und so der Zuker hier am dichtesten
                              wird, wodurch dann natürlich das Abfließen des Syrups sehr verzögert werden muß.
                           Dieses Mittel macht es nun möglich, die Zukermasse bedeutend höher einzukochen und
                              vor dem Füllen stark zu rühren, wodurch man dann eine weit größere Menge
                              feinkörnigen Stükzuker, so wie überhaupt aus einer Form bedeutend mehr verkäufliches
                              Product gewinnt. Es wurden bei den darüber angestellten Versuchen aus einer Lumpform
                              von Oben erwähntem Inhalte nach zweimaligem Deken mit Thon 12–15 Pfd. fester
                              weißer Stükzuker, 5–8 Pfd. weißer und 8–10 Pfd. hellgelber Rohzuker
                              gewonnen. Der Nuzen des Warmhaltens der Spizen ist so auffallend und erklärbar, daß
                              dasselbe gewiß auch mit großem Gewinn beim Raffiniren des
                              Zukers angewandt werden wird, vorzüglich da sich die Erwärmung einer größeren Menge
                              von Formen sehr zwekmäßig durch Dampf bewerkstelligen läßt. (Riecke's Wochenblatt, Nr.
                                 46.)