| Titel: | Ueber die Ursachen der Beschädigungen und Explosionen der Dampfkessel. Von C. W. Williams. | 
| Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. I., S. 2 | 
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                        I.
                        Ueber die Ursachen der Beschaͤdigungen und
                           								Explosionen der Dampfkessel. Von C. W. Williams.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, Bd. XXXV, S.
                              								455.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									I.
                        Williams, uͤber die Ursachen der Beschaͤdigungen und
                           								Explosionen der Dampfkessel.
                        
                     
                        
                           Viele der besten Autoritäten unter den Praktikern schreiben die Beschädigungen und
                              									Explosionen der Dampfkessel dem plözlichen Ausbrechen oder Aufplazen der an dem
                              									Boden der Dampfkessel sich bildenden Incrustation zu, wodurch das Wasser mit den
                              									darunter befindlichen überhizten Platten in Berührung kommt. Die unmittelbare und
                              									nothwendige Folge hievon ist eine von hoher Elasticität begleitete Dampfentwikelung,
                              									welche das Lekwerden der betreffenden Platte oder eine Explosion herbeiführen kann.
                              									Diese Behauptungen und Folgerungen scheinen mir nicht nur nicht überzeugend, sondern
                              									ermangeln auch aller Bekräftigung durch Thatsachen und zwar aus folgenden
                              									Gründen.
                           Daß die Incrustation sich an die Kesselplatten anhängt und zwar so fest, daß es der
                              									Gewalt eines Hammers und Meißels bedarf, um sie zu lösen, ist gar keine Frage; daß
                              									aber irgend eines der oben angenommenen Resultate stattfinden soll, wird bei näherer
                              									Untersuchung als unhaltbar und sogar unmöglich sich erweisen. Man hat angenommen,
                              									daß die unter dieser Incrustation befindlichen Eisenplatten, insbesondere an den der
                              									größten Feuerhize ausgesezten Stellen, überhizt und sogar rothglühend werden, und
                              									hat diese Erscheinung der die Wärme nicht leitenden Natur einer solchen Incrustation
                              									zugeschrieben. Viele wollen Augenzeuge dieser Thatsache gewesen seyn. Daß sie eine
                              									überhizte und sogar rothglühende Platte gesehen haben, will ich nicht bestreiten,
                              									daß aber eine solche Incrustation dieses Resultat herbeigeführt habe, kann ich nicht
                              									zugeben. Seit ich mich von der Thatsache unterrichtete, daß in mehreren unserer
                              									Marinedampfkessel die Dampfentwikelung einen vortrefflichen Fortgang hatte, obgleich
                              									sie im Inneren und an ihren Durchzugröhren mit Incrustation beladen waren, und daß
                              									bei ihnen eine Ueberhizung oder ein Lekwerden der Platten nie vorkam, begann ich die
                              									angenommene Theorie dieses Nichtleitungsvermögens und die Behauptung, daß dieses
                              									Nichtleitungsvermögen die Ursache jener plözlichen und gefahrvollen Dampfentwikelung
                              									sey, in Zweifel zu ziehen. Meine Zweifel wurden bestärkt, als ich fand, daß diese
                              									Incrustation ein größeres specifisches Gewicht als Marmor habe und wegen seiner dichten Textur in
                              									hohem Grade politurfähig sey, weßwegen ich diesen Gegenstand gründlich zu
                              									untersuchen beschloß. Ich verfertigte mehrere dünne cylindrische Gefäße, deren Böden
                              									aus 1/8 bis 5/8 Zoll diken Stüken von dieser sogenannten nichtleitenden Incrustation
                              									bestanden; ferner ähnliche Gefäße mit eisernen Böden von entsprechender Dike.
                           Diese Gefäße wurden mit Wasser gefüllt und der Reihe nach über die intensive
                              									concentrirte Flamme eines kräftigen Argand'schen Brenners gestellt, welcher so
                              									eingerichtet war, daß die Hize das Wasser nur durch den Boden erreichen konnte. Es
                              									ergab sich das Resultat, daß obige Ansicht hinsichtlich der Ueberhizung, Expansion,
                              									plözlichen Dampfentwikelung, des Berstens und der Explosion sich auf einmal als eine
                              									unhaltbare Theorie erwies, und der Irrthum jener Hypothese ganz offen da lag.
                           Was das Verhältniß des Wärmeleitungsvermögens des Eisens zu dem der Incrustation
                              									betrifft, so zeigte der in das Wasser dieser Gefäße getauchte Thermometer sowohl bis
                              									zum Sieden als auch bei der erfolgenden Verdampfung einen so geringen Unterschied,
                              									daß ich, bis genauere Versuche angestellt werden, durchaus nicht im Stande bin
                              									anzugeben, welches der bessere Wärmeleiter ist, Eisen oder Incrustation. Auf jeden
                              									Fall läßt sich nichts bestimmter beweisen, als daß keine Beschädigung der eisernen
                              									Kesselplatte in Folge der Zwischenlagerung dieser Incrustation zwischen dem Wasser
                              									und der Eisenplatte entstehen kann.
                           Um weitere Thatsachen hinsichtlich der vortrefflichen Leitungsfähigkeit der
                              									krystallisirten Incrustation festzusezen und zu zeigen, daß sie selbst durch die
                              									Hize, deren Träger sie bildete, nicht afficirt werde, überzeugte ich mich, daß,
                              									während die Transmission der Wärme ihr Maximum erreichte und ein heftiges Sieden
                              									veranlaßte, der Boden des Gefäßes, nämlich die Incrustation so kalt war, daß ich den
                              									Finger ohne Beschwerlichkeit dagegen drüken konnte. Dieser leztere Versuch wurde in
                              									Gegenwart des Hrn. Parkes angestellt, welcher sich selbst
                              									von der Thatsache überzeugte, daß keine weitere Wärme in der Incrustation vorhanden
                              									war, als auch bei einem eisernen Boden von gleicher Dike vorhanden gewesen wäre. Nur
                              									dann wurde die Kruste für das Auflegen des Fingers zu heiß, wenn man der
                              									Wärmefortpflanzung eine andere Richtung gab, und die Wärme von dem Wasser aus
                              									abwärts durch den Incrustationsboden ihren Weg nehmen ließ.
                           Es fragt sich nun, welcher Ursache wir die erwiesenermaßen factische Ueberhizung der
                              									Kesselplatten und ihre daraus entspringende Zerstörung und Lekwerdung, insbesondere
                              									an den der strahlenden Wärme am meisten ausgesezten Stellen zuzuschreiben haben? Ich
                              									muß hier auf einen wichtigen Umstand aufmerksam machen, welchen ich bisher nicht
                              									angeführt gefunden habe, der aber auf den vorliegenden Punkt wesentlich Bezug hat.
                              									Obgleich nämlich bekannter Weise bei Maschinen zu Lande die Kesselplatten häufig
                              									bersten und lek werden, sowohl bei regelmäßigem, als auch bei mangelhaftem
                              									Wasserzufluß, so kommen doch ähnliche Beschädigungen bei Marine-Dampfkesseln
                              									nie vor, ausgenommen bei handgreiflichem Wassermangel an der afficirten Stelle
                              									selbst. Lezterer Umstand tritt ein, entweder wenn das Wasserniveau in Folge von
                              									Nachlässigkeit oder der Bewegung des Schiffes zu tief sinkt, so daß die
                              									Kesselplatten bloß gelegt werden; oder wenn in Folge fehlerhafter Construction des
                              									Dampfkessels die Wasserräume zu beschränkt sind und die freie Thätigkeit des Wassers
                              									gehemmt ist. Hier haben wir nun einen Wink zur Lösung der Frage, welcher Ursache
                              									wohl die Ueberhizung zuzuschreiben sey, während doch immer noch eine hinreichende
                              									Wassermenge in dem Dampfkessel vorhanden ist? Ich glaube, nicht der Zwischenlage der
                              									Incrustation, sondern irgend eines zwischen dem Wasser und der Platte sich
                              									bildenden, nicht leitenden Mediums.
                           Wenn nun ein nicht leitender Körper sich ansezt und die überhizte Platte ist in ihrer
                              									innern Structur fehlerlos, so wird sie dem innern Dampfdruke nachgeben und nur
                              									bauchig oder beulenartig ausgetrieben, ein Umstand, welcher bei Schiffsdampfkesseln
                              									beinahe täglich vorkommt; ist die Platte aber fehlerhaft und sind die Platten in
                              									ihrem inneren Gefüge nicht gleichmäßig zusammengeschweißt, so wird der bauchigen
                              									Ausdehnung eine Blase und möglicher Weise ein Bruch folgen.
                           Ist die Platte solid, so wird die ausgetriebene Beule mehr oder weniger das Fig. 45
                              									dargestellte Aussehen annehmen; ist sie dagegen unvollkommen (und solche
                              									Unvollkommenheiten können durch äußere Untersuchung nicht entdekt werden), so zeigt
                              									der Durchschnitt der Platte im Innern eine Fig. 46 sichtbare
                              									Trennungslinie, wie wenn zwei bestimmte Matten nur an den umgebenden Theilen
                              									zusammengeschweißt worden wären Unter diesen Umständen wird es leicht begreiflich,
                              									wie der durch die Spaltung der Platte entstehende innere Raum selbst ein Hinderniß
                              									der Fortpflanzung der Wärme darbietet, und wegen der Schwachheit der Platte an
                              									dieser Stelle das, was sonst nur eine gefahrlose Beule seyn würde, in ein Bersten
                              									verwandelt.
                           Da der zwischenliegende nichtleitende Körper die krystallisirte feste Incrustation
                              									nicht seyn kann, so muß er eine andere Art Niederschlag seyn, nämlich eine lokere
                              									erdige, schlammige oder kalkhaltige Substanz, welche gewöhnlich aus kohlensaurem
                              									oder schwefelsaurem Kalk
                              									besteht. Diese Substanz wird, wenn das Wasser in Ruhe bleibt, nach ihrer
                              									Präcipitation in wenigen Stunden ein compacter, jedoch immer noch poröser Körper,
                              									nicht unähnlich dem mit der gehörigen Portion Wasser versezten Gypsmörtel. Nachdem
                              									man sie sich hat abkühlen lassen, erhärtet sie, und bildet, wenn sie sich in einer
                              									Masse anhäuft, wegen ihrer porösen Natur einen offenbaren Nichtleiter. Nachdem sie
                              									sich natürlicherweise an die tiefsten Stellen, nämlich in die Mitte der
                              									cylindrischen und die Seiten der wagenförmigen Dampfkessel abgelagert hat, kann sie
                              									in diesem Zustande durch das Wasser nicht aufgewühlt werden, und wird solcher Weise
                              									die directe Ursache der Ueberhizung und Beschädigung.
                           Hieraus erklärt sich die von Vielen erwähnte Neigung der Dampfkessel zu Explosionen,
                              									wenn der Dampf nach einer Periode der Ruhe zu einer hohen Spannung gesteigert worden
                              									ist. Von der nichtleitenden Eigenschaft dieser erhärteten Masse, wenn sie eine
                              									feste, zwei oder mehrere Zoll dike Schicht bildet, habe ich mich genügend überzeugt.
                              									In eines der oben erwähnten Gefäße löthete ich den 1/2 Zoll diken Boden dergestalt
                              									ein, daß im Falle der Ueberhizung das Loth schmelzen und der Boden herausfallen
                              									mußte. Der Erfolg bestätigte die Nichtigkeit meiner Voraussezungen. Ich sezte das
                              									mit dem nöthigen Wasservorrath versehene Gefäß einer großen Hize aus; das Wasser
                              									siedete heftig, ohne daß dabei an dem Lothe oder dem Boden ein nachtheiliger Einfluß
                              									zu bemerken war. Darauf schüttete ich in das Gefäß eine fein gesiebte Portion jener
                              									lokeren Substanz, welche ich mir aus dem Innern eines zu Manchester in Thätigkeit
                              									befindlichen Dampfkessels verschafft hatte. Nachdem die Masse ohne irgend einen
                              									Einfluß auf den Boden mitgekocht hatte, ließ ich sie sich sezen und abkühlen, worauf
                              									sie erhärtete. Als ich das Gefäß wieder der gleichen Temperatur aussezte, wurde das
                              									Wasser ganz schwach erwärmt; der Boden aber erhizte sich bald übermäßig, das Loth
                              									schmolz und das Wasser lief durch. Bei der unmittelbar darauf vorgenommenen
                              									Untersuchung des Innern fand ich, daß das Wasser nur durch die Hälfte der Masse
                              									gedrungen, der am Boden befindliche Theil der Masse selbst aber offenbar härter
                              									geworden war, so hart, daß er kaum einen Eindruk mit dem Nagel annahm, und ganz
                              									troken. Somit war das Geheimniß gelöst und die wahre Quelle der Ueberhizung lag vor
                              									Augen.
                           
                        
                     
                  
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