| Titel: | Die sogenannten Bärenfallen-Schleußen des Lehighflusses. Von Ellwood Morris, Civilingenieur. | 
| Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. XXXII., S. 122 | 
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                        XXXII.
                        Die sogenannten
                           								Baͤrenfallen-Schleußen des Lehighflusses. Von Ellwood Morris, Civilingenieur.
                        Durch das Civil Engineer and Architects' Journal.
                              									Maͤrz 1842, S. 73, aus dem American Franklin Journal.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									II.
                        Morris, uͤber die sogenannten Baͤrenfallsenschleußen
                           								des Lehighflusses.
                        
                     
                        
                           Das Publicum verdankt dem Scharfsinn des Vorstands der
                              									Lehigh-Schifffahrtgesellschaft eine merkwürdige hydrostatische Vorrichtung,
                              									welche den sonderbaren Namen Bärenfalle (Bear trap)
                              									erhalten hat.
                           Diese Schleuße wurde im Jahre 1818 zur Verbesserung des Lehighflusses mit Hülfe von
                              									Mauerdämmen von der Gesellschaft gewählt, um für den Transport der Kohlen aus den
                              									Anthracitgruben bei Mauch Chunk nach Philadelphia eine Thalschifffahrt zu
                              									gründen.
                           Das Werk wurde am 10. Aug. 1818 begonnen, ohne daß man ursprünglich die Errichtung
                              									von Schleusten als nöthig erachtet hatte. Da die Uferbewohner des Lehighflusses in einen Felsen am
                              									Landungsplaze bei Lausanne den tiefsten Wasserstand markirt hatten, so ließ sich die
                              									Gesellschaft dadurch zu der Ansicht verleiten, daß für ihre Zweke stets eine
                              									hinreichende Wassermenge vorhanden seyn werde, wenn der Fluß auf seinem Wege über
                              									Riffe und Untiefen durch Mauerdämme eingeengt würde. Unter solchen Aussichten wurde
                              									denn das Werk begonnen. Im Herbste 1818 fiel jedoch das Wasser in Folge einer
                              									beispiellosen Trokenheit volle 12 Zoll unter den von den Einwohnern markirten
                              									tiefsten Stand. Diese Schwierigkeit, auf welche man sich gar nicht gefaßt gemacht
                              									hatte, erforderte eine wesentliche Abänderung des Planes. Bei dem bedeutenden
                              									Flußgefälle und der daraus hervorgehenden raschen Bewegung des Flusses lieferte die
                              									Natur nicht genug Wasser, um den Canälen fortwährend die geeignete Tiefe zu geben.
                              									Es wurde daher nothwendig, das Wasser durch künstliche Mittel anzuhäufen, es in
                              									bestimmten Perioden abzulassen und die Boote mit der dadurch erzeugten, die Canäle
                              									erfüllenden langen Welle hinabgehen zu lassen. Diesen Zwek erreichte man durch
                              									Aufführung von Dämmen in der Nähe von Manch Chunk, in denen man Schleußenthore von
                              									eigenthümlicher Construction, zu diesem besonderen Zwek von Josiah White erfunden, anordnete. Mit Hülfe dieser Einrichtung
                              									konnte das Wasser in der oberen Canalabtheilung bis zur Benuzung zurükgehalten
                              									werden. Wenn sich das Wasser oberhalb der Schleuße angesammelt hatte und in
                              									hinreichender Menge über die Schleiche hinwegfloß, um dem Flusse unterhalb derselben
                              									die gewöhnliche Tiefe zu geben, so wurden die Schleußenthore niedergelassen, worauf
                              									die in dem oberen Bassin liegenden Boote mit dieser künstlichen Fluth
                              									hinabgingen.
                           Die Bärenfallenschleuße, welche durch die beigefügten Skizzen, Fig. 56 und 57, im
                              									Grundriß und Durchschnitt erläutert ist, besteht aus zwei Flügeln oder Fallthüren,
                              									die dergestalt gegen einander geneigt sind, daß ihr Verticaldurchschnitt ein Dreiek
                              									bildet. Diese Flügel schließen zwischen sich einen Raum ein, der von dem oberen
                              									Bassin aus mit Wasser gefüllt und nach Belieben entleert werden kann. Der von beiden
                              									Flügeln in ihrer höchsten Stellung eingeschlossene Winkel beträgt wo möglich über
                              									100°, damit sie leicht über einander weggleiten, was offenbar nicht der Fall
                              									seyn könnte, wenn dieser Winkel ein rechter oder spizer wäre. Das Schleußenthor hebt
                              									und senkt sich in Folge des hydrostatischen Drukes, den man nach dem Princip des
                              									hydrostatischen Blasebalges (hydrostatic Bellows)
                              									abwechselnd wirken läßt und beseitigt.
                           Die Thorflügel sind in einiger Höhe über dem Boden horizontal eingehängt. Die Angeln
                              									des oberen Flügels liegen höher als die des unteren, und zwar um etwas mehr, als die Dike des
                              									lezteren, so daß, wenn die Flügel zu Boden liegen, ein leerer Raum bleibt, in den
                              									sich die Oeffnung von der Kammer C aus mündet; denn die
                              									Höhe der Angeln des unteren Flügels befindet sich mit dem höchsten Punkte der mit
                              									der Kammer communicirenden Oeffnungen ungefähr in gleicher Höhe.
                           Die Höhe, bis zu welcher der obere Flügel A steigen darf,
                              									wird durch Anschlagklöze (catch blocks), die an der
                              									unteren Seite desselben befestigt sind, begränzt. Die Kammer C steht mit dem Raum unter den Flügeln beständig in Communication; die
                              									Wasserkammer B ist fortwährend gegen das Wasser des
                              									oberen Bassins offen, während das Wasser des unteren Bassins frei in die Kammer D fließt. Diese beiden Kammern stehen durch geeignete
                              									Thüren E, F mit der mittleren Kammer C in Communication. Wenn man nun die zwischen C und D befindliche Thür
                              									schließt, dagegen die zwischen C und B befindliche Thür öffnet, so wird offenbar das Wasser
                              									aus dem oberen Bassin unter die Schleußenflügel gelangen und dieselben Vermittelst
                              									des aufwärts gerichteten hydrostatischen Drukes heben. Schließt man dagegen die Thür
                              										E und öffnet die Thür F,
                              									so veranlaßt der abwärts gerichtete hydrostatische Druk des Wassers in dem oberen
                              									Bassin, indem derselbe nun gegen die obere Seite des oberen Flügels wirkt, das
                              									Sinken beider Schleußenflügel. Indem man also einfach den von den Schleußenflügeln
                              									eingeschlossenen Raum abwechselnd mit dem oberen und unteren Canalniveau in
                              									Verbindung bringt, ist man in den Stand gesezt, das Schleußenthor durch bloßen
                              									hydrostatischen Druk zu heben, zu senken und an jeder beliebigen Stelle während der
                              									Bewegung anzuhalten. Die einzige für die höchsten und breitesten Schleußenthore
                              									erforderliche Handarbeit besteht in der Besorgung der Thüren E und F, wozu sich sogar ein Knabe
                              									qualificiren würde.
                           Die bei der Lehighthalschifffahrt eingeführten Schleußenthore haben, da ein
                              									wasserdichter Schluß derselben eben nicht nothwendig ist, zu beiden Seiten 1/2 Zoll
                              									und darüber Spielraum, wodurch die Seitenreibung beseitigt ist. Sie sind im
                              									Allgemeinen 24 Fuß breit und bestehen aus drei successiven Lagen diker aneinander
                              									genagelter Bohlen. Dem unteren Flügel gab man dadurch die nöthige Verstärkung, daß
                              									man auf seine Rükseite einige schwere Balken festschraubte, deren Enden, wenn die
                              									Schleußenflügel sich gehoben haben, sich gegen geeignete Aufhälter lehnen. Da wo das
                              									die Schleuße rasch hinabströmende Wasser die Plattform verläßt, höhlt es gewöhnlich
                              									das Flußbett aus und bildet ein tiefes Beken. Würde das die Schleuße hinabschießende
                              									Boot plözlich in dieses Beken gelangen, so könnte dieser rasche Uebergang ernstliche
                              									Beschädigung, wo nicht die Zerstörung des Bootes zur Folge haben, hätte man diesem Uebelstande nicht
                              									durch eine sinnreiche Vorrichtung, „Finger“ genannt,
                              									vorzubeugen gewußt. Diese Vorrichtung besteht aus neben einander gelagerten, auf
                              									soliden Unterlagsbalken befestigten Baumstämmen, deren dike Enden stromaufwärts
                              									gerichtet sind und deren Spizen frei über die unteren Querbalken einige 20 Fuß weit
                              									in der Richtung des Flusses hinausragen. Diese Balken fangen den Stoß der Boote bei
                              									ihrem Fall in das Tiefwasser auf und mildern durch ihre Elasticität das Moment
                              									derselben dergestalt, daß sie unbeschädigt den Strom hinabgeleiten. Dieses
                              									Verfahren, die Erschütterung zu vermindern, hat sich in der Ausführung als praktisch
                              									und dem Zwek vollkommen entsprechend bewährt.
                           Um die horizontalen Angeln der Schleußenflügel gegen die Zerstörung in Folge der
                              									Ablagerung von Sand zu schüzen, wird ein Schuzdekel quer über die Verbindungsstellen
                              									gelegt und vermittelst einer krummen Feder angedrükt. In Berührung mit diesem
                              									Schuzdekel dreht sich der Flügel um seine Angeln, so daß derselbe in seinen
                              									Bewegungen durch die Ablagerung harter Substanzen unmöglich beeinträchtigt werden
                              									kann.
                           Dieser scharfsinnig ausgedachte hydraulische Apparat war zur vollen Befriedigung vom
                              									Jahre 1821 bis 1829 auf dem unteren Lehigh im Betrieb, worauf die Thalschifffahrt
                              									auf der Hauptstreke des Flusses aufgegeben wurde, um einer Verbesserung Plaz zu
                              									machen, welche den Verkehr nach beiden Richtungen zuließ. Indessen bildet eine
                              									Flußstreke von 12 1/4 Meilen nach dem in Rede stehenden System mit
                              									Bärenfallschleußen immer noch ein Communicationsmittel für den Holzhandel zwischen
                              										Whitehaven und Stoddartsville, wobei vermittelst Mauerdämmen, Canälen und Schleußen ein
                              									Gefälle von 336 Fuß überwunden wird. Es ist klar, daß die Bärenfallschleußen, da
                              									ihre Wirksamkeit auf dem hydrostatischen Druk beruht, welcher aus der Differenz des
                              									unteren und oberen Niveau's hervorgeht, beinahe eine jede Breite der Oeffnung
                              									zulassen, und daß ein 100 und mehr Fuß langes Thor eben so leicht behandelt werden
                              									kann, als ein 24 Fuß langes; die einzige Vermehrung der Arbeit besteht in dem
                              									Oeffnen und Schließen mehrerer Thürchen.
                           
                        
                     
                  
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