| Titel: | Neue Methoden den Chlorkalk und den Braunstein zu prüfen. | 
| Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXXI., S. 292 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXXI.
                        Neue Methoden den Chlorkalk und den Braunstein zu
                           								pruͤfen.
                        Neue Chlorkalkprobe.
                        
                     
                        
                           I. Chlorkalkprobe mittelst Eisenvitriol,
                                 										nach Otto.
                           Die zuerst von Dalton angegebene Methode den Chlorkalk
                              									mittelst Eisenvitriol auf seinen wirksamen Chlorgehalt zu prüfen, ist von Prof. Otto so modificirt worden, daß eine viel größere Schärfe
                              									bei den Proben leicht erzielt werden kann. Er beschreibt das Verfahren
                              										folgendermaßenGraham's Lehrbuch
                                          													der Chemie, bearbeitet von Dr. F. F. Otto, Bd.
                                       											II.:
                           
                              „Unter den bisher vorgeschlagenen chlorimetrischen Methoden scheint
                                 										diejenige, bei welcher schwefelsaures Eisenoxydul (Eisenvitriol) angewandt wird,
                                 										den Vorzug zu verdienen. Diese Methode beruht auf dem Umstande, daß das
                                 										bleichende Chlor des Chlorkalks das schwefelsaure Eisenoxydul in schwefelsaures
                                 										Eisenoxyd umwandelt; 1 Aequivalent Chlor (442,6 Gewichtstheile) kann diese
                                 										Umänderung an 2 Aeq. schwefelsaurem Eisenoxydul (3456 Gewichtstheilen)
                                 										bewerkstelligen. 2 Aeq. Eisenoxydul werden nämlich durch Aufnahme von 1 Aeq.
                                 										Sauerstoff zu 1 Aeq. Eisenoxyd, und dieß 1 Aeq. Sauerstoff wird von 1 Aeq.
                                 										Wasser geliefert, welches durch 1 Aeq. Chlor zerlegt wird. Hieraus folgt, daß 5
                                 											Gran Chlor im Stande sind, 39 Gran schwefelsaures
                                 										Eisenoxydul höher zu oxydiren.
                              
                           
                              Das schwefelsaure Eisenoxydul (Eisenvitriol) zu den chlorimetrischen Versuchen
                                 										bereitet man sich am besten auf folgende Weise. Man löst rostfreie eiserne Nägel
                                 										in verdünnter Schwefelsäure, zulezt unter Erwärmen auf, filtrirt die noch etwas
                                 										warme Lösung ab und versezt dieselbe, so wie sie abläuft, mit Weingeist, so
                                 										lange noch ein Niederschlag dadurch entsteht. Dieser Niederschlag ist der
                                 										Eisenvitriol; man sammelt ihn auf einem Filter, süßt ihn mit Weingeist
                                 										sorgfältig aus und breitet ihn dann zum Abtroknen an der Luft mit Fließpapier
                                 										aus. Wenn derselbe nicht mehr nach Weingeist riecht, bringt man ihn in gut zu
                                 										verschließende Gefäße. Er muß ein troknes krystallinisches Pulver von bläulich weißer Farbe darstellen und hält sich, wenn
                                 										es diese Beschaffenheit zeigt, nicht allein in verschlossenen Gefäßen, sondern
                                 										auch der Luft ausgesezt, wenn diese nicht zu feucht ist, unverändert. Man kann
                                 										auch gut krystallisirten oxydfreien und außerdem reinen Eisenvitriol nehmen, ihn
                                 										zu Pulver zerreiben, dieß Pulver entweder zwischen Tuchlappen oder zwischen
                                 										Fließpapier kräftig pressen und dann in wohl zu verschließende Gläser bringen. Durch Auflösen von
                                 										Eisenvitriol in Wasser und Fällen der Auflösung mit Weingeist erhält man kein so
                                 										schönes Präparat als durch Auflösen von Eisen in Schwefelsäure und Fällen dieser
                                 										Lösung.
                              
                           
                              Zu dem chlorimetrischen Versuche werden 39 Gran Eisenvitriol (durch 5 Gran Chlor
                                 										höher oxydirbar) in ungefähr 4 Loth Wasser geworfen, welche sich in einem
                                 										Becherglase oder Cylinder befinden (ein gewöhnliches gläsernes Trinkglas kann
                                 										deren Stelle vertreten), und durch Umrühren mit einem Glasstabe aufgelöst. Die
                                 										Auflösung wird mit etwas Schwefelsäure angesäuert. Hierauf schüttet man 50 Gran
                                 										des zu prüfenden Chlorkalks in einen Porzellan- oder Serpentinmörser,
                                 										zerreibt dieselben aufs sorgfältigste mit Wasser zu einem höchst zarten Brei, verdünnt diesen mit Wasser, gießt die milchige
                                 										Flüssigkeit in die hunderttheilige Glasröhre, das Alkalimeter Fig. 72 Tab. IVDieses Alkalimeter besteht bloß aus einer unten zugeschmolzenen, ungefähr
                                       												14 Zoll langen und 5/8 Zoll weiten Glasröhre, die man zwekmäßig oben
                                       												durch eine größere Ausbiegung des Randes an einer Stelle mit einem
                                       												Ausgusse versehen läßt und welche durch Einmessen bestimmter Volumina
                                       												Queksilber in 100 gleich große Grade getheilt
                                       												wird. Die Größe der einzelnen Grade kann ganz beliebig genommen werden;
                                       												das meinige faßt bis 0° 100 Grammen Wasser, daher jeder Grad dem
                                       												Volumen von 1 Gramm Wasser (= 1 Kubikcentimeter) entspricht. Ein
                                       												hölzerner Fuß mit einer der Weite der Röhre entsprechenden Vertiefung
                                       												dient zum Feststellen derselben., spült den Mörser mit etwas Wasser nach, sezt dann so viel Wasser hinzu,
                                 										daß das Alkalimeter bis 0 angefüllt ist, und mischt den Inhalt durch einigemal
                                 										wiederholtes Umkehren des Instruments, indem man die Oeffnung mit dem weichen
                                 										Muskel des Daumens verschließt. Man gießt nun aus dem Alkalimeter von der
                                 										Chlorkalkflüssigkeit in kleinen Portionen so lange zu der Eisenvitriolauflösung,
                                 										bis dieselbe vollständig in eine Eisenoxydauflösung verwandelt worden ist, und
                                 										notirt sich dann die Anzahl der verbrauchten Grade der Chlorkalkflüssigkeit. Die
                                 										Umwandlung des Eisenoxyduls in Eisenoxyd wird sehr leicht mit Hülfe von rothem
                                 										Blutlaugensalz ermittelt, welches mit Eisenoxydullösung und nicht mit
                                 										Eisenoxydlösung einen berlinerblauen Niederschlag hervorbringt. Man löst ein
                                 										Körnchen dieses Salzes in ein wenig Wasser auf und besprengt einen
                                 										Porzellanteller mit Tropfen dieser Auflösung. Nach jedem Eingießen der
                                 										Chlorkalkflüssigkeit in die Eisenvitriollösung und Umrühren mit dem Glasstabe
                                 										taucht man diesen in einen auf dem Teller befindlichen Tropfen. So lange ein
                                 										blauer Niederschlag in dem Tropfen entsteht, muß noch Chlorkalkflüssigkeit
                                 										zugegeben werden; sobald aber anstatt des blauen Niederschlags eine braune
                                 										Färbung oder Fällung erzeugt wird, ist die hinreichende Menge derselben
                                 										verbraucht, d.h. ist
                                 										das Eisenoxydul vollständig in Eisenoxyd umgeändert. Je reicher der Chlorkalk an
                                 										der bleichenden Chlorverbindung war, um desto weniger Grade sind aus dem
                                 										Alkalimeter verbraucht worden, denn die Anzahl von Graden, welche 5 Gran Chlor
                                 										enthalten, wird immer diese Umänderung bewerkstelligen. Nach jedem Eingießen der
                                 										Chlorkalkflüssigkeit in die Eisenvitriollösung zeigt sich der Geruch des Chlors,
                                 										besonders wenn die Eisenvitriollösung stark angesäuert wurde. Wenn dieser Geruch
                                 										nach dem Umrühren schnell wieder verschwindet, braucht man mit dem ferneren
                                 										Zugießen nicht sehr ängstlich zu seyn, man hat dann selbst noch nicht einmal
                                 										nöthig, die angegebene Prüfung zu machen; sobald aber der Chlorgeruch langsam
                                 										verschwindet, muß man vorsichtiger seyn und die Prüfung nicht unterlassen. Nur
                                 										der Geübte kann mit Sicherheit bloß den Geruch als Anhaltspunkt benuzen. Bleibt
                                 										nach dem lezten Eingießen der Chlorkalkflüssigkeit in die Eisenvitriollösung,
                                 										nach starkem Umrühren noch ein schwacher Chlorgeruch, so ist die Umwandlung des
                                 										Oxyduls in Oxyd vollständig erfolgt, und man hat also die erforderliche Menge
                                 										von Chlorkalkflüssigkeit verbraucht. Den Chlorgehalt des Chlorkalks findet man
                                 										nach beendetem Versuche durch eine einfache Rechnung. Man hat nämlich anzusezen:
                                 										die verbrauchten Grade (g) der Chlorkalklösung
                                 										zeigen 5 Gran Chlor an, wieviel zeigen 100 Grade (die ganze im Alkalimeter
                                 										befindliche Menge) derselben an (g : 5 = 100 : x) und man erhält so die Grane Chlor, welche in 50
                                 										Granen (der zum Versuch angewandten Menge) enthalten sind. Multiplicirt man
                                 										diese mit 2, so erhält man den Procentgehalt. Sind z.B. zur Oxydation der 39
                                 										Gran Eisenvitriol verbraucht worden 36 Grade Chlorkalkflüssigkeit, so hat man 36
                                 										: 5 = 100 : x: x = 13,89. Es sind also in 50 Gran
                                 										Chlorkalk 13,89 Gran Chlor enthalten, in 100 Gran daher 27,78 Gran, oder der
                                 										Chlorkalk enthält 27,78 Proc. bleichendes Chlor.
                              
                           
                              Um die Rechnung ganz ersparen zu können, habe ich folgende Tabelle entworfen.
                              
                           
                              Tabelle, welche die Procente an bleichendem Chlor im Chlorkalk aus der
                                 										verbrauchten Anzahl der Grade der Chlorkalkflüssigkeit angibt, wenn zur Probe 39
                                 										Gran Eisenvitriol und 50 Gran Chlorkalk genommen worden sind. Von J. Otto.
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 85, S. 295
                              Verbrauchte Grade der
                                 										Chlorkalkflüssigkeit; Procente an bleichendem Chlor
                              
                           
                              Bei sehr gutem Chlorkalk kann man die Menge des Eisenvitriols verdoppeln, um eine
                                 										größere Anzahl von Graden der Chlorkalkflüssigkeit zu verbrauchen, wodurch der
                                 										unvermeidliche Versuchsfehler kleiner wird; man muß dann aber bei der Rechnung
                                 										für die Zahl 1000 die Zahl 2000 sezen, oder man muß die aus der Tabelle
                                 										gefundenen Procente verdoppeln. Von Chlorkalk, welcher weniger als 10 Proc.
                                 										Chlor enthält, muß man 100 Gran zum Versuch anwenden, und die aus der Tabelle
                                 										gefundenen Procente Halbiren; hat man z.B. bei Anwendung von 100 Gran Chlorkalk
                                 										83 Grade der Chlorkalkflüssigkeit verbraucht, so enthält der Chlorkalk 12/2 = 6
                                 										Proc. bleichendes Chlor.
                              
                           
                              Die von mir untersuchten Chlorkalkproben von Dieuze,
                                 										von Tennant in Glasgow und von Schönebeck ergaben den Chlorgehalt zwischen 25 bis 27 Proc. Schlechte
                                 										Sorten geben oft nur 10 bis 12 Proc. (Otto.)
                              
                           
                              Versuche haben gezeigt, daß ungeachtet des Ansäurens der Eisenvitriollösung mit
                                 										Schwefelsäure (das man aber auch unterlassen kann) während der kurzen Zeit,
                                 										welche die Probe erfordert, der etwaige Gehalt des Chlorkalks an chlorsaurem
                                 										Kalk nicht bemerkbar oxydirend auf den Eisenvitriol wirkt. Als 50 Gran eines
                                 										Chlorkalks erst für sich, und dann mit chlorsaurem Kali gemengt, geprüft wurden, ergab sich der
                                 										Chlorgehalt in beiden Fällen gleich groß, aber die nach Beendigung des Versuches
                                 										im zweiten Fall erhaltene Eisenoxydauflösung entwikelte beim Erwärmen so viel
                                 										Chlor (aus dem chlorsauren Salze), daß durch dasselbe noch eine beträchtliche
                                 										Menge Eisenvitriol höher oxydirt werden konnte. (Otto.)
                              
                           
                              Damit bei den chlorimetrischen Versuchen der Zeitpunkt, bei welchem die
                                 										Umänderung des Eisenoxyduls in Eisenoxyd erfolgt ist, durch das rothe
                                 										Blutlaugensalz mit Leichtigkeit und Sicherheit gefunden werden kann, ist es
                                 										nothwendig, daß dieß Salz vollkommen frei ist von dem gelben Blutlaugensalze.
                                 										Ist lezteres Salz in geringer Menge dabei, so kommt nie die oben erwähnte braune
                                 										Färbung zum Vorschein, sondern es erscheint, wenn die Oxydation vollständig
                                 										erfolgt ist, eine grünliche oder bläulichgrüne Färbung, welche den Geübten zwar
                                 										nicht leicht stört, den Ungeübten aber leicht irre führen kann. Das rothe
                                 										Blutlaugensalz ist rein, wenn seine Lösung in einer Eisenoxydlösung keine Spur
                                 										einer blauen Färbung hervorbringt.
                              
                           
                              Man bereitet sich das rothe Blutlaugensalz, indem man durch eine ziemlich
                                 										concentrirte Auflösung des gewöhnlichen gelben Blaulaugensalzes so lange
                                 										Chlorgas leitet, bis dieselbe Eisenoxydlösungen nicht mehr blau fällt. Sobald
                                 										dieser Punkt erreicht ist, kocht man die Lauge bei lebhaftem Feuer ein, und
                                 										filtrirt sie dann kochend heiß. Beim Erkalten findet sich eine Rinde der
                                 										prächtigsten Krystalle des Salzes ausgeschieden, die nach dem Abspülen mit
                                 										kaltem Wasser für unseren Zwek anwendbar sind. Man erhält ein schlechtes
                                 										Resultat, wenn man die Lauge des Salzes nicht verkocht, sondern sie allmählich
                                 										an der Luft verdampfen läßt.“
                              
                           
                        
                           II. Braunsteinprobe mittelst
                                 										Eisenvitriol, nach Otto.
                           
                              „Der Werth des Braunsteins (und der höheren Oxyde des Mangans überhaupt)
                                 										ist genau der Menge von Chlor proportional, welche er beim Behandeln mit
                                 										Salzsäure entwikelt, und dieß Chlor kann aus der Menge des Eisenvitriols
                                 										berechnet werden, welche durch dasselbe höher oxydirt wird.
                              
                           
                              545,9 Theile (1 Aeq.) reines Superoxyd können 442,6 Theile (1 Aeq.) Chlor
                                 										entwikeln, und diese sind im Stande (durch Wasserzerlegung) 3456 Theile (2 Aeq.)
                                 										krystallisirten Eisenvitriol in schwefelsaures Eisenoxyd umzuwandeln. Nämlich:
                                 											Fe₂ O₂
                                 										und Chl₂ und H₂O geben Fe₂ O₃ und H₂ Chl₂.
                              
                           
                              Es liefern also 50 Gran Superoxyd so viel Chlor, als zur höheren Oxydirung von
                                 										317 Gran (genauer 316,5 Gran) Eisenvitriol erforderlich ist.
                              
                           
                           
                              Hierauf gestüzt wird die Prüfung auf folgende Weise ausgeführt. 50 Gran des
                                 										pulverisirten zu prüfenden Braunsteins und 317 Gran (oder eine andere nicht
                                 										weniger betragende Menge) Eisenvitriols, wie man ihn in der Chlorimetrie (Seite
                                 										292) benuzt, werden abgewogen. Man gibt den Braunstein in eine Digerirflasche
                                 										und übergießt ihn darin mit ungefähr 1 1/2 Unzen starker Salzsäure und 1/2 Unze
                                 										Wasser. Nun sezt man von dem abgewogenen Eisenvitriol anfangs in größeren, dann
                                 										in kleineren Antheilen so lange hinzu, bis eine mittelst eines Glasstabes
                                 										herausgenommene Probe der Flüssigkeit, welche man zulezt etwas erwärmt, in einem
                                 										Tropfen einer Auflösung von rothem Blutlaugensalz, die man auf einem
                                 										Porzellanteller gesprengt hat, eben anfängt, einen blauen Niederschlag zu
                                 										erzeugen und nicht mehr nach Chlor riecht, als Beweis, daß ein wenig
                                 										Eisenvitriol überschüssig in derselben vorhanden ist. Durch Wägen des noch
                                 										rükständigen Eisenvitriols wird die verbrauchte Quantität ermittelt; es mögen
                                 											v Grane seyn. Wenn der Braunstein das reine
                                 										Superoxyd gewesen wäre, so würden 317 Gran Eisenvitriol verbraucht worden seyn
                                 										und diese würden nach Obigem 100 Proc. Superoxyd anzeigen; wenn aber der
                                 										Braunstein nur theilweise aus Superoxyd bestand, so wird er eine verhältnißmäßig
                                 										kleinere Menge Eisenvitriol consumirt haben, aus welcher sich der Procentgehalt
                                 										an Superoxyd durch die Proportion: 317 : 100 = v :
                                 											x. berechnen läßt. Angenommen, man habe nur 298
                                 										Gran Eisenvitriol bei der Prüfung verbraucht, so enthielte der geprüfte
                                 										Braunstein nur 94 Proc. Superoxyd, denn 317 : 100 = 298 : 94, oder was dasselbe
                                 										ist, so enthielten 100 Theile des geprüften Braunsteins so viel nuzbaren
                                 										Sauerstoff, als in 94 Theilen reinem Superoxyd enthalten sind. Man hat hienach,
                                 										um den entsprechenden Procentgehalt an Superoxyd zu erfahren, die Zahl der
                                 										verbrauchten Grane des Eisenvitriols mit 0,315 zu multipliciren, hat also in
                                 										unserem Falle 298 × 0,315. Eben so berechnet sich leicht, daß man die
                                 										Procente an Chlor erfährt, welche der geprüfte Braunstein bei seiner Benuzung zu
                                 										entwikeln im Stande ist, wenn man die Zahl der verbrauchten Grane Eisenvitriol
                                 										mit 0,2588 multiplicirt. Der fragliche Braunstein würde hienach 298 ×
                                 										0,2588 = 77 Proc. Chlor liefern können.
                              
                           
                              Um die Rechnung unnöthig zu machen, mag die folgende Tabelle hier einen Plaz
                                 										finden.
                              
                           
                           Tabelle, welche die den verbrauchten Granen von Eisenvitriol
                              									entsprechenden Procente an Mangansuperoxyd und Chlor
                              									angibt, wenn 50 Gran Braunstein und 317 Gran Eisenvitriol zur Prüfung genommen
                              									worden sind. Von J. Otto.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 85, S. 298
                              Rükständiger Eisenvitriol;
                                 										Verbrauchter Eisenvitriol Grane; Der Braunstein entspricht Procenten an
                                 										Superoxyd; Der Braunstein entspricht Procenten an Superoxyd
                              
                           
                              Wie schon erwähnt, benuzt man bei der Prüfung des Braunsteins am besten den durch
                                 										Weingeist ausgefällten Eisenvitriol, wie er auch bei der Chlorimetrie Anwendung
                                 										findet (siehe seine Bereitung oben S. 292). Derselbe muß so lange an der Luft
                                 										gelegen haben, daß er nicht mehr nach Weingeist riecht. Wurde der Braunstein
                                 										sehr fein pulverisirt angewandt, so erfolgt die Desoxydation und Auflösung durch
                                 										den Eisenvitriol schon in der Kälte schnell; die gröberen Antheile verschwinden
                                 										beim Erwärmen leicht. Die Prüfung erfordert wegen der stattfindenden Auflösung nur wenig
                                 										Aufmerksamkeit. So lange die Flüssigkeit von dem Braunsteinpulver noch sehr
                                 										schwarz erscheint, braucht man mit dem Zugeben des Eisenvitriols nicht ängstlich
                                 										zu seyn, erst wenn die Flüssigkeit anfängt Heller zu werden, sezt man
                                 										vorsichtiger von dem Salze hinzu. Das rothe Blutlaugensalz muß frei von dem
                                 										gelben Blutlaugensalze seyn (siehe S. 296).
                              
                           
                              Die besten gewöhnlich vorkommenden, von mir untersuchten Braunsteinsorten ergeben
                                 										nur einen Gehalt von 89–92 Proc. Superoxyd. Daß die Farbe des Pulvers ein
                                 										Mittel abgibt, die Qualität des Braunsteins leicht zu beurtheilen, ist
                                 										bekannt.“
                              
                           
                        
                           III. Levol's
                              									Braunsteinprobe.
                           
                              „Um den Sauerstoff zu bestimmen, welchen eine Braunsteinsorte verliert,
                                 										wenn sie auf die niedrigste Oxydationsstufe übergeht, oder, was auf dasselbe
                                 										hinausläuft, die Menge von Chlor, die sie aus der Chlorwasserstoffsäure zu
                                 										entwikeln vermag, wurden schon mehrere Verfahrungsarten angegeben, die meistens
                                 										sehr genau und sehr sinnreich sind; da aber diese Verfahrungsarten einige
                                 										Schwierigkeiten denen verursachen, die in den Manipulationen bei den Versuchen
                                 										des Laboratoriums nicht sehr geübt sind, und da besonders ihre Ausführung eine
                                 										ziemlich beträchtliche Zeit erfordert, so glaubte ich, und dieß ist auch die
                                 										Meinung von Personen, die mit den Bedürfnissen des Handels wohlvertraut sind,
                                 										daß es nüzlich seyn könnte, eine neue einfache und schnelle Methode bekannt zu
                                 										machen, welche ich für die ohne Zweifel zahlreichen Fälle vorschlage, worin es
                                 										vortheilhaft ist, den Werth einer Braunsteinsorte schnell zu bestimmen, sollte
                                 										dieß auch auf Kosten der sehr genauen Schäzung ihres Sauerstoffgehaltes
                                 										geschehen.
                              
                           
                              Ich erwähne sogleich, daß diese Methode gestattet, sehr leicht, höchstens in
                                 										einer halben Stunde, den Werth einer Braunsteinsorte beinahe bis auf einen
                                 										halben chlorimetrischen Grad zu bestimmen.
                              
                           
                              Sie gründet sich auf folgende Thatsachen. Eisenchlorür, welches einen Ueberschuß
                                 										von Chlorwasserstoffsäure enthält, gibt mit einem Chlor entwikelnden Körper
                                 										keine Spur von Chlor, so lange seine Verwandtschaft zum Chlor nicht befriedigt
                                 										worden ist, oder mit anderen Worten, so lange es nicht völlig in Chlorid
                                 										verwandelt worden ist, und zweitens, daß chlorsaures Kali, in der Wärme mit
                                 										einem Ueberschusse von Chlorwasserstoffsäure zusammengebracht, daraus eben so
                                 										viele Aequivalente Chlor entwikelt, als es Sauerstoffäquivalente hat.
                              
                           
                              Um dieses Verfahren in Ausführung zu bringen, bedient man sich:
                              
                           
                              1) eines Kolbens von ungefähr 3 Decilitern Inhalt, mit kurzem und etwas weitem
                                 										Halse, der mit einem Korkstöpsel verschlossen werden kann, worin sich eine
                                 										kleine gerade Trichterröhre befindet, die an ihrem unteren Theile ausgezogen
                                 										ist;
                              
                           
                              2) einer wässerigen Auflösung von chlorsaurem Kali, die auf 100 Gr. 1,829 Gr.
                                 										dieses ganz reinen Salzes enthält. Nach der Theorie und nach Versuchen würde
                                 										diese Auflösung von 100 Gr. bei der Operation 3,170 Gr. Chlor oder 100
                                 										chlorimetrische Grade geben.
                              
                           
                              Nichts ist einfacher als die dabei zu beobachtenden Manipulationen. Sie bestehen
                                 										einestheils darin, daß man 3,980 Gr. Braunstein, dessen Werth man bestimmen
                                 										will, abwägt (bekanntlich würde diese Menge im reinen oder normalen Zustande aus
                                 										der Chlorwasserstoffsäure genau 1 Liter troknes Chlor bei 0° und 0,760
                                 										Meter Druk entwikeln, welches 3,170 Gr. wiegt. Diese Menge Chlor stellt 100
                                 										chlorimetrische Grade dar). Andererseits wägt man 4,858 Gr. sehr feinen und
                                 										reinen Eisendraht ab (diese Menge von Eisen vermag, wenn sie in Eisenchlorür
                                 										umgewandelt wird, um in Eisenchlorid überzugehen, alles Chlor zu absorbiren,
                                 										welches unter dem Einflusse der 3,980 Gr. normalen Braunsteines erzeugt werden
                                 											kann).Die Spuren von Unreinigkeiten, welche dieses Eisen enthält, äußern keinen
                                       												beträchtlichen Einfluß auf die Resultate der Versuche. Wollte man jedoch
                                       												darauf Rüksicht nehmen, so könnte man sie nach der Angabe von Berzelius zu 0,024 Gr. (5/1000) schäzen, und
                                       												folglich müßte man 4,882 Gr. Eisen statt 4,858 Gr. nehmen. Uebrigens
                                       												bietet dieses Verfahren ganz natürlich eine Probe dar, wodurch man das
                                       												Eisen und das chlorsaure Kali, deren man sich bedient, durch einander
                                       												controliren kann, indem 4,858 Gr. reines Eisen, welche in Eisenchlorür
                                       												verwandelt wurden, 1,829 Gr. reines chlorsaures Kali erfordern, um ganz
                                       												in Eisenchlorid umgewandelt zu werden. Diese nüzliche Probe kann in
                                       												ewigen Minuten in dem kleinen Apparate für Braunsteinproben angestellt
                                       												werden.
                                 									
                              
                           
                              Man bringt das Eisen in den Kolben, gießt 80–100 Gr. reine und
                                 										concentrirte Chlorwasserstoffsäure darüber, verschließt den Apparat mit einem
                                 										Stöpsel, der ein wenig ausgeschweift ist, um dem Wasserstoff zu gestatten, sich
                                 										zu entwikeln, ohne daß die Luft zu leicht einströmen kann, und man gibt eine
                                 										gelinde Wärme, um die Auflösung zu beschleunigen, nachdem man den Hals des
                                 										Kolbens geneigt hat, so jedoch, daß jeder Verlust durch Sprizen vermieden wird.
                                 										Wenn die Eisenlösung auf diese Weise bereitet ist, sezt man die 3,980 Gr.
                                 										Braunstein zu, welche, wie es weiter unten angegeben wird, in Papier eingewikelt
                                 										seyn müssen. Sogleich nach diesem Zusezen schüttelt man den Apparat durch eine
                                 										mäßige kreisförmige Bewegung und verschließt ihn mit dem Stöpsel, worin sich die
                                 										Trichterröhre befindet. Man bringt alsdann das Ganze einige Minuten zum Sieden,
                                 										wobei man das Schütteln immer noch fortsezt. Nachher nimmt man es vom Feuer weg
                                 										und bringt in den oberen Theil des Kolbens ein feuchtes Streifchen von
                                 										Lakmuspapier, oder noch besser, von mit Indigo gefärbtem Papier, was leicht dadurch geschieht,
                                 										daß man das eine Ende des Papierstreifchens zwischen dem Halse des Kolbens und
                                 										seinem Stöpsel hineinbringt.Das Indigpapier ist am empfindlichsten, und man bereitet es sehr leicht,
                                       												wenn man geleimtes, ganz weißes Papier in schwefelsauren Indigo
                                       												eintaucht, es darauf zuerst mit schwach alkalisirtem, nachher mit reinem
                                       												Wasser wäscht und es an der Luft troknen läßt.
                                 									
                              
                           
                              In diesem Zeitpunkte ist das Eisen nur zum Theil in Eisenchlorid umgewandelt,
                                 										weil der käufliche Braunstein niemals rein ist, was er hätte seyn müssen, sollte
                                 										aus der Chlorwasserstoffsäure das Chlor entwikelt werden, welches erforderlich
                                 										ist, um alles anwesende Eisenchlorür völlig in Eisenchlorid umzuwandeln. Nun
                                 										braucht man aber die weiter oben erwähnte, genau bekannte Auflösung von
                                 										chlorsaurem Kali dazu, um zu bestimmen, wie viel von dem Eisenchlorür noch in
                                 										Eisenchlorid umzuwandeln ist. Man gießt sie aus einer kleinen tarirten Burette
                                 										durch das Trichterrohr in den Kolben bis zu dem Zeitpunkte, wo die Entfärbung
                                 										des Lakmuspapiers anzeigt, daß das Chlor vorherrschend zu seyn anfängt, und wo
                                 										man gewiß seyn kann, daß alles Eisenchlorür in Eisenchlorid umgewandelt
                                 											ist.Der Versuch beweist, daß man in den Kolben von 3 Decilitern, welcher nur
                                       												reine Chlorwasserstoffsäure enthält, 4–5 Decigramme von der
                                       												Auflösung des chlorsauren Kali's hineingießen muß, um die Entfärbung des
                                       												Papiers zu bewirken. Man muß daher diese Menge abziehen, oder, was
                                       												dasselbe ist, den gefundenen Bruttogehalt um 1/2 Grad erhöhen.
                                 									
                              
                           
                              Hat man dieß erreicht, so braucht man nur das Gewicht der Auflösung des
                                 										chlorsauren Kali's, die zur Erzeugung dieses Resultates angewandt wurde,
                                 										aufzusuchen, und da 100 Gr. von dieser Auflösung in der Wärme mit
                                 										Chlorwasserstoffsäure im Ueberschusse 3,170 Gr. Chlor = 100 chlorimetrische
                                 										Grade geben, so ist es hinreichend, von 100 die Anzahl der Grammen der
                                 										angewandten Auflösung des chlorsauren Kali's weniger 0,5 Gr. abzuziehen, um
                                 										sogleich und ohne alle weitere Berechnung den Werth der der Probe unterworfenen
                                 										Braunsteinsorte zu erkennen. Die Sache ist so einfach, daß es unnüz seyn würde,
                                 										Beispiele anzuführen. Da ich aber glaube, daß es bei der Angabe eines Verfahrens
                                 										nicht ohne Nuzen ist, in die kleinsten Details einzugehen, so will ich noch
                                 										erwähnen, daß, sowohl um die Operation mit Geschwindigkeit zu verrichten, als
                                 										auch jeden Verlust von Braunstein zu vermeiden, es gut ist, wenn man ihn von der
                                 										Waagschale in einen langhalsigen, cylindrischen, etwas weiten gläsernen Trichter
                                 										bringt, in den man zuvor ein kleines vierekiges Stük von starkem Papier
                                 										hineingelegt hat, dessen untere Ränder zusammengedreht wurden. Auch den oberen
                                 										Theil des Papiers dreht man nach dem Hineinbringen des Braunsteins zusammen, so
                                 										daß man auf diese Weise leicht und sehr geschwind eine Art kleiner Patrone erhält, welche die
                                 										genaue Dosis von Braunstein enthält, den man alsdann, ohne Furcht vor einem
                                 										Unfalle, leicht mitten in das Eisenchlorür bringen kann. Um die Operation noch
                                 										mehr zu beschleunigen, besonders aber, um Irrthümer beim Wägen zu vermeiden, ist
                                 										es gut, zwei Collectivgewichte zu haben, eines von 4,858 Gr. für das Eisen und
                                 										das andere von 3,980 Gr. für den Braunstein.
                              
                           Ich bemerke zulezt noch, daß sich das so eben beschriebene Verfahren in vielen
                                 										anderen Fällen anwenden läßt, wo man freies Chlor bestimmen
                                 										will“.Mit großer Genauigkeit
                                 										und dabei doch noch leichter als nach den vorstehenden zwei Verfahrungsarten
                                 										läßt sich der Sauerstoffgehalt der Manganerze nach der Methode von F. C.
                                 										Finkentscher bestimmen, welche sich auf das Princip der Fuchss'chen Eisenprobe
                                 										gründet und im polyt. Journal Bd. LXXIII. S.
                                    											204 mitgetheilt wurde.A. d. R. (Journal de Pharmacie, März
                                 										1842.)