| Titel: | Das Thermo-Hygrometer des Hrn. Nollet in Brüssel: | 
| Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXXIII., S. 305 | 
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                        LXXIII.
                        Das Thermo-Hygrometer des Hrn. Nollet in
                           									Bruͤssel:
                        Aus dem Journal de Chimie médicale. April 1842,
                              									S. 185.
                        Nollet's Thermo-Hygrometer.
                        
                     
                        
                           Die bekannten hygrometrischen Verfahrungsweisen zerfallen in zwei sehr verschiedene
                              									Arten. Die erste umfaßt die schon lange gebräuchlichen
                              									Absorptions-Hygrometer; die zweite die Condensations-Hygrometer, deren
                              									Entdekung nur einige Jahre alt ist. Die ersteren beruhen auf der Eigenschaft aller
                              									Körper, der Luft abwechselnd, je nach ihrem hygrometrischen Zustande, Wasserdunst zu
                              									entziehen und wieder zurükzugeben; die vorzüglichsten sind die von Wallfischbarden
                              									und von Haar, erfunden von Deluc und Saussure; da diese Instrumente aber nicht die wandelbaren
                              									Mengen des in einem bestimmten Volumen Luft enthaltenen Wasserdunstes angeben, so
                              									sind sie eigentlich nur Hygroskope ohne genaue Angaben und ohne Werth, ungeachtet
                              									der von Hrn. Babinet an dem Saussure'schen Instrument angebrachten Verbesserung, der Gay-Lussac'schen
                              									Tabellen etc.
                           Die Condensations-Hygrometer beruhen auf dem durch das Experiment bestätigten
                              									Princip: „In einer mit Dampf gesättigten Atmosphäre kann nicht das
                                 										geringste Sinken der Temperatur stattfinden, ohne daß im selben Augenblik eine
                                 										theilweise Verdichtung des Dampfes eintritt.“ Jedermann weiß auch,
                              									daß wenn ein kalter Körper in warme, feuchte Luft gebracht wird, er sich sogleich
                              									mit Feuchtigkeit beschlägt. Der Moment dieser Erscheinung heißt der Thaupunkt. Er findet immer bei der Temperatur statt,
                              									welche dem Maximum der Spannung des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes
                              									entspricht; kennt man diesen, so kann man das Gewicht des in einem bestimmten
                              									Volumen Luft enthaltenen Wasserdampfes leicht daraus ableiten.
                           Pouillet's Kapsel-Hygrometer, Daniell's, von Körner
                              									modificirtes Hygrometer, sind von dieser Art; auch rechnet man hieher das Leslie'sche, welches auf der durch Verdunstung erzeugten
                              									Kälte beruht; ferner das von Larive, welches auf die
                              									Wärme basirt ist, die sich bei Verbindung der concentrirten Schwefelsäure mit dem
                              									Wasserdampf entwikelt. Alle diese Instrumente aber bieten bei ihrer Construction
                              									sowohl als bei ihrer Anwendung Schwierigkeiten dar, weßhalb ich im Jahre 1836 auf den Gedanken kam, mich
                              									eines gewöhnlichen Thermometers als Hygrometer zu bedienen; ich verfertigte zu
                              									diesem Behuf ein Queksilberthermometer mit cylindrischem Reservoir, welches an
                              									seinem oberen Theile mit einem kleinen goldenen oder silbernen und vergoldeten Ring
                              									versehen und auf der übrigen Oberfläche mit feinem Gaze überzogen war. Als
                              									Erkältungsmittel benuzt man wie für andere Condensations-Hygrometer die
                              									Verdunstung des Aethers; man bedarf davon aber nicht so viel; man braucht den Gaze
                              									nur damit zu befeuchten, indem man einige Tropfen dieser Flüssigkeit darauf schüttet
                              									oder den untersten Theil des Queksilberreservoirs in das den Aether enthaltende
                              									Fläschchen stekt; man sieht bald den den Thaupunkt anzeigenden Dunst sich auf den
                              									Ring absezen; zu gleicher Zeit zeigt das Thermometer die Temperatur an, und auf
                              									einer zweiten Scala lies't man die entsprechende Spannung des Wasserdampfes und das
                              									Gewicht ab, welches ein Kubikmeter Luft im Moment des Versuchs von demselben
                              									enthält. Beobachtet man das Instrument länger, so sieht man den Dunstbeschlag auf
                              									einmal verschwinden, wobei der Ring sein metallisches Aussehen wieder erlangt; diese
                              									zweite Erscheinung findet in der Regel bei einer etwas höheren Temperatur als
                              									derjenigen der Condensation statt, und ihr Mittel kann genau als das Maximum der
                              									Spannung betrachtet werden. Einige Minuten genügen, um diese zwei Beobachtungen
                              									anzustellen, welche sich wechselseitig controliren.
                           Dieß ist das von mir sogenannte Thermo-Hygrometer.
                              									Man sieht, daß die Anwendung desselben leicht ist und jedermann, der ein
                              									gewöhnliches Thermometer besizt, es auch zu einem Hygrometer machen kann.
                           Nun einiges über dessen Anwendung. Bis jezt hat das Hygrometer kaum zu etwas anderem
                              									gedient, als zu meteorologischen Zweken, und doch können der Arzt und der Techniker
                              									Nuzen aus seinen Angaben ziehen. Jedermann weiß, welchen Einfluß die zu feuchte oder
                              									zu trokene Luft sogar auf den gesunden Menschen ausübt; in gewissen Krankheiten aber
                              									ist die mit viel Wasserdampf geschwängerte Luft schädlich, während sie bei der
                              									Behandlung einiger anderer, wo die Einathmung zu trokner Luft schädlich wäre, wieder
                              									wohlthätig wirkt. Wenn nun der Arzt ein schnelles und leichtes Mittel an der Hand
                              									hat, sich von dem hygrometrischen Zustande der den Kranken umgebenden Atmosphäre zu
                              									überzeugen, so kann er die Umstände beurtheilen, wo die Luft ausgetroknet werden
                              									muß, indem man in dem Krankenzimmer oder den Spitalsälen eine hygrometrische
                              									Substanz aufstellt, die nicht viel kostet und sonst keinen Uebelstand mit sich
                              									führt, z.B. gebrannten Kalk, welcher zugleich mit der Feuchtigkeit auch die in der Luft enthaltene
                              									und die durch das Athmen und das Nachtlicht reichlich entwikelte Kohlensäure, und
                              									sogar die gefahrbringenden Miasmen absorbirt, denn der lezteren Vehikel ist nach
                              									meinem Dafürhalten eher der Wasserdampf als die atmosphärische Luft. Erheischt der
                              									Zustand des Kranken hingegen eine mehr mit Dampf geschwängerte Luft, so bedient man
                              									sich des Kalkwassers, welches, indem es eine reine Feuchtigkeit verbreitet,
                              									nichtsdestoweniger die Luft durch Neutralisation der Kohlensäure gesünder machen
                              									würde.
                           Die Vortheile der Hygrometrie für die technischen Künste sind einleuchtend,
                              									vorzüglich wo es sich um Verdunstung von Flüssigkeiten handelt. Die Concentration
                              									alkalischer, saurer oder salziger Flüssigkeiten, das Verkochen der Syrupe, das
                              									Troknen der Zeuge u.s.f. sind Operationen, welche durch die Gegenwart zu vielen
                              									Wasserdampfs in der Luft der Arbeitsräume, ganz aufgehalten werden können. Ein
                              									Beispiel wird zur Erklärung genügen. Wenn man in Luft, welche bei einer Temperatur
                              									von 10° C. Dampf enthält, dessen Spannung 7,6 Millimeter statt 9,5 Millim.
                              									beträgt, die also zu 4/5 gesättigt ist, ein mit Kochsalzlösung von 1,205 Dichtigkeit
                              									angefülltes Schälchen auf einer Waage ins Gleichgewicht sezt, so wirb man bald die
                              									Waage auf der Seite des Schälchens überschlagen sehen. In diesem Fall findet also
                              									statt Verdunstung Absorption der Feuchtigkeit aus der Luft statt, welche Wirkung
                              									noch auffallender eintritt, wenn die Luft noch mehr mit Dampf erfüllt ist. Der mit
                              									dem Thermometer verbundene Hygrometer kann also bei den genannten Fabricationen von
                              									großem Nuzen werden.
                           Die HHrn. Mouremans, Meisser und Leroy erstatteten (der belgischen Akademie) über Hrn. Nollet's Erfindung einen äußerst günstigen Bericht und
                              									erwarten, daß dieses Hygrometer dieselbe Verbreitung erhalten werde wie Barometer,
                              									Thermometer und Aräometer.