| Titel: | Verdünnte Salzsäure als Mittel zur Untersuchung, ob Reismehl oder westindischer Salep mit Kartoffelstärke gemischt sind; von Dr. Scharling. | 
| Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXXV., S. 312 | 
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                        LXXV.
                        Verduͤnnte Salzsaͤure als Mittel
                           								zur Untersuchung, ob Reismehl oder westindischer Salep mit Kartoffelstaͤrke
                           								gemischt sind; von Dr. Scharling.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Junius
                           								1842.
                        Scharling's Methode zur Untersuchung, ob Reismehl oder
                           								westindischer Salep mit Kartoffelstaͤrke gemischt sind.
                        
                     
                        
                           Es ist bekannt, daß sowohl das im Handel vorkommende Reismehl, als auch der
                              									westindische Salep bisweilen mit Kartoffelstärke vermengt sind. Da ich ersucht
                              									worden war, Proben von Reismehl und Salep zu untersuchen, probirte ich verschiedene
                              									der früher zur Untersuchung angegebenen Mittel. Vermittelst passender Mikroskope
                              									kann man es z.B. durch einige Hebung dahin bringen, sehr kleine Quantitäten
                              									Kartoffelstärke im Reismehl entdeken zu können, wenn jede Sorte Mehl für sich
                              									gemahlen, und sie nachher gemengt sind. Sind sie dagegen zusammengemahlen, so
                              									bemerkt man nicht mehr den eigenthümlichen Glanz, welchen die einzelnen Körner der
                              									Kartoffelstärke besizen, und die mikroskopische Untersuchung ist alsdann
                              									unzulänglich. – Ein besseres Resultat erhielt ich bei Anwendung von
                              									verdünnter Salzsäure. Wird nämlich Reismehl oder Kartoffelstärke mit concentrirter
                              									Salzsäure angerührt, ungefähr 1 Theil Mehl auf 1 1/2 bis 2 Theile Säure, so bildet
                              									jede der Massen fast augenbliklich einen zähen Schleim. Der Schleim der
                              									Kartoffelstärke ist beinahe durchsichtig; der des Reismehles dagegen unklar. Beide
                              									Massen stoßen einen Geruch von Ameisensäure aus. Wendet man eine Mischung von
                              									Salzsäure und Wasser an, so greift diese Mischung die Mehlsorten höchst ungleich an.
                              									Die Kartoffelstärke bildet nach sehr kurzer Zeit einen so zähen Schleim, daß der
                              									Pistill, der zum Anrühren der Mischung gebraucht wurde, so fest an dem Mörser klebt,
                              									daß man mit demselben lezteren vom Tische aufheben kann; dagegen nimmt das Reismehl
                              									erst nach 25–30 Minuten eine ähnliche Zähigkeit an. Die Feinheit des Mehles
                              									hat wohl einigen Einfluß auf die größere oder geringere Schnelligkeit, mit welcher
                              									das Reismehl einen Schleim bildet; doch gilt das oben Angeführte von Reismehl, das
                              									ich durch Beuteln zu einer der Kartoffelstärke ähnlichen Feinheit gebracht hatte,
                              									welche leztere weit größer ist, als das im Handel vorkommende Reismehl besizt. Als
                              									ich mich hievon überzeugt hatte, stellte ich eine ganze Reihe Versuche über
                              									verschiedene Mischungen von Reismehl und Kartoffelstärke an, wodurch ich zu
                              									folgendem Resultate gelangte: daß man, selbst wenn das Reismehl nur 4–6 Proc.
                              									Kartoffelstärke enthält, dieses vermittelst verdünnter Salzsäure auf folgende Weise
                              									erkennen kann:
                           
                           Man wägt zwei gleich große Proben, z.B. 1 Quentchen reinen Reismehls und
                              									Kartoffelmehls ab, schüttet jede dieser Portionen in einen kleinen porzellanenen
                              									Mörser, und gießt dann unter beständigem Umrühren doppelt so viel einer Mischung
                              									gleicher Theile gewöhnlicher Salzsäure und Wasser hinzu. 2 bis 3 Minuten, nachdem
                              									man mit dem Umrühren aufgehört hat, welches nur so lange fortgesezt wird, als nöthig
                              									ist, um Mehl und Säure vollständig zu mischen, wird die Probe des reinen
                              									Kartoffelmehls schon eine so steife Gallerte seyn, daß die Masse beim Aufziehen des
                              									Pistills nicht mehr zusammenfließt. In der Probe des reinen Reismehls trifft ein
                              									ähnlicher Zustand erst nach 20–25 Minuten ein, bisweilen auch bedeutend
                              									später, welches von der Feinheit des Mehles abhängig ist; nie aber tritt jener
                              									Zustand in den ersten 15 Minuten ein, wenn man keine allzustarke Säure anwendet.
                              									Wenn das Reismehl dagegen 20–25 Proc. Kartoffelstärke enthält, wird man
                              									häufig schon nach 40–50 Secunden die Probe zu einer festen Gallerte verändert
                              									finden, wenn die Säure eine Stärke von 14 1/2° B. hatte. Da es indessen bei
                              									allen Proben, die von in Versuchen ungeübten Leuten angewandt werden sollen, darauf
                              									ankommt, sie so leicht als möglich, aber doch hinlänglich sicher zu machen, so
                              									untersuchte ich verschiedene Mischungen von Salzsäure und Wasser, um mich davon zu
                              									überzeugen, ob es nothwendig sey, Säure von bestimmter
                                 										Stärke anzuwenden. Anstatt die Stärke dieser Mischungen vermittelst des
                              									specifischen Gewichts zu bestimmen – zu dessen Anwendung im täglichen Leben
                              									man die Leute immer nur mit Schwierigkeit bringt – untersuchte ich sie nach
                              									der Zeit, welche erfordert wurde, um reine Kartoffelstärke in einen passenden
                              									Schleim zu verwandeln. Ist die saure Mischung so stark, daß die Stärke gleich einen
                              									klaren Schleim bildet, sobald erstere mit dem Mehle in Berührung kommt, so muß sie
                              									mit etwas Wasser verdünnt werden; braucht die Mischung dagegen mehr als 2 Minuten,
                              									um mit der Stärke einen Schleim zu bilden, so ist sie schwächer, als es, um ein
                              									einigermaßen schnelles Resultat zu erhalten, wünschenswerth ist. Die oben angeführte
                              									Mischung gleicher Theile gelber, rauchender Salzsäure, wie sie im Handel vorkommt,
                              									und Wasser (13 1/2° B.) fand ich sehr passend.
                           Daß man nicht zugleich bestimmen kann, wie viel
                              									Kartoffelstärke hinzugesezt ist, könnte im ersten Augenblik als ein wesentlicher
                              									Mangel dieser Probe angesehen werden; indeß wird eine solche Bestimmung weit
                              									seltener verlangt, und in solchen Fällen wird es ziemlich leicht seyn, das ungefähre
                              									Verhältniß zu finden, indem man eine Anzahl Proben reines Reismehl abwägt und diesen
                              									verschiedene Quantitäten Stärke beimengt. Bemerkt man darauf die Zeit, welche
                              									verfließt, ehe diese
                              									oder jene Probe Reismehl den genannten Schleim bildet, so wird man nachher leicht
                              									finden, welche jener Mischungen, die man selbst bereitet, am nächsten eine ähnliche
                              									Zeit erfordert. Bei dieser Classe von Versuchen schadet es nicht, daß die Säure
                              									etwas schwächer ist, als die früher angeführte, denn man wird alsdann im Stande
                              									seyn, desto genauer die Zeit zu observiren.
                           Der sogenannte westindische Salep (Arrowroot) verhält sich zur Salzsäure auf gleiche
                              									Weise wie das Reismehl, wogegen Stärke von Weizenmehl der Kartoffelstärke in dieser
                              									Hinsicht gleicht. Bekanntlich hat Marezeau früher die
                              									Salzsäure zur Entdekung der Kartoffelstärke im Mehl vorgeschlagen, wegen des starken
                              									Geruches von Ameisensäure, welchen die Kartoffelstärke bei der Berührung mit
                              									Salzsäure entwikelt; da dieses Verhältniß aber ebenfalls bei Reismehl und Salep
                              									eintritt, so kann man auf diese Weise also die Einwirkung der Salzsäure nicht
                              									benuzen.