| Titel: | Ueber Heiz- und Ventilirapparate; von Dr. Andr. Ure. | 
| Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXXXVI., S. 368 | 
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                        LXXXVI.
                        Ueber Heiz- und Ventilirapparate; von Dr.
                           									Andr.
                              								Ure.
                        Aus dem London Journal of arts. Maͤrz 1842, S.
                              									141.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI
                           							
                        Ure, uͤber Heiz- und Ventilirapparate.
                        
                     
                        
                           Es gibt im Allgemeinen zweierlei Methoden, um zu gleicher Zeit Wärme zu verbreiten
                              									und die Luft in großen Gebäuden zu erneuern, welche Methoden in ihren Principien,
                              									ihrer Wirkungsweise und deren Erfolg wesentlich von einander verschieden sind. Das
                              									älteste und, man kann sagen, allgemeinste Verfahren
                              									besteht im Aufstellen von Oefen in den Gängen oder Zimmern, welche bei kalter
                              									Witterung Wärme von sich geben, und in Erbauung weiter und hoher Schornsteine,
                              									welche bei warmer Witterung die Luft so zu sagen durch Saugung aus dem Hause ziehen,
                              									wodurch wieder frische Luft einströmt, um, wenn gleich nicht vollkommen, das
                              									Gleichgewicht des Druks zu erhalten. In auf diese Weise erwärmten und ventilirten
                              										Räumen ist die Luft
                              									nochwendig dünner als vor den Thüren, während bei kalter Witterung die äußere Luft
                              									bei jedem Oeffnen und durch jede Spalte der Thüre, des Fensters oder des Kamins
                              									eindringt – und häufig die Quelle des Unwohlseyns der Einwohner ist.
                           Die aus dem System der Ofenheizung und Luftverdünnung hervorgehenden Uebel wurden vor
                              									einigen Jahren von mir in einer der Royal Society
                              									vorgelesenen Abhandlung untersucht, welche später in einigen wissenschaftlichen und
                              									technologischen Journalen mitgetheilt wurde. Man findet daselbst, daß die
                              									Beobachtungen Saussure's und anderer gelehrten Reisender
                              									in bergigen Gegenden darthun, wie schwer in verdünnter Luft sowohl Muskel-
                              									als geistige Anstrengungen fallen. Sogar die geringe Verdünnung der Atmosphäre,
                              									welche einem niederen Barometerstand auf der Meeresfläche entspricht, erregt schon
                              									Mattigkeit, Müdigkeit und Unbehaglichkeit bei nervenschwachen Personen; während der
                              									entgegengesezte Umstand eines größeren Drukes, wie ihn ein hoher Barometerstand
                              									anzeigt, eine spannende Einwirkung auf Körper und Geist hat. Daraus ist zu ersehen,
                              									daß die Ventilation durch den starken Zug einer hohen Kaminröhre, welche auf die
                              									Luft auspumpend, ausschöpfend und verdünnend wirkt, auf die Lebhaftigkeit und die
                              									Gesundheit schädlich einwirken kann, daß die Ventilation hingegen, welche durch
                              									Einzwingen der Luft mittelst eines Windflügels oder einer Pumpe bewirkt wird, bei
                              									weitem vorzuziehen ist, nicht nur aus obbesagtem Grunde, sondern auch weil durch
                              									dieselbe jedes Zurükströmen der verdorbenen Luft durch die Kamine verhütet wird
                              									– ein Umstand, welcher bei dem anderen Verfahren sehr leicht eintritt.
                              									Frische, mittelst eines Gebläses (Windflügels) im unteren Stokwerk eines Gebäudes
                              									eingetriebene Luft verhindert auch die Stagnation feuchter Dünste und Miasmen,
                              									welche sich gerne am Grunde der Gebäude und über den Abzugscanälen aufhalten, und
                              									durch das Luftverdünnungsverfahren eingesogen werden. Manches Gebäude wird hiedurch
                              									während gewisser Veränderungen des Windes und Wetters ungesund gemacht.
                           Die von den Ingenieurs, HHrn. Easton und Amos, im Reform Clubhaus ausgeführte
                              									Luftverdichtungs-Vorrichtung besteht in einem großen Fächer, der sich in
                              									einem cylindrischen Gehaͤuse rasch umdreht, und ist im Stande, in der Minute
                              									11000 Kubikfuß Luft in ein unter dem Erdgeschosse befindliches unterirdisches
                              									Gewölbe zu treiben. Die Flügelachse wird durch eine Dampfmaschine (nach dem
                              									Expansions-Princip) von fünf Pferdekräften umgetrieben. Der
                              									Condensationsdampf versieht drei gußeiserne Kästen mit so viel Hize, als hinreichend
                              									ist, um das ganze Gebäude zu erwärmen. Jeder solche Kasten ist ein äußerlich 3 Fuß
                              									messender Würfel und innerlich in sieben parallele gußeiserne Gehäuse abgetheilt, deren
                              									jedes 3 Zoll weit ist und die durch parallele, mit ihnen abwechselnde, Räume von
                              									derselben Breite von einander getrennt sind, durch welche leztere die von dem
                              									Gebläse eingetriebene Luft streicht.
                           Fig. 12 ist
                              									ein verticaler Querdurchschnitt des Dampfkastens zur Lufterwärmung; Fig. 13 ist der Grundriß
                              									und Fig. 14
                              									eine perspectivische Ansicht desselben, welche das äußere Gehäuse, die Röhre a, zum Einlassen des Dampfes und den Sperrhahn b zeigt, durch welchen das condensirte Wasser abgelassen
                              									werden kann.
                           Diese Einrichtung ist sehr zwekmäßig und kostet sehr wenig Brennmaterial, indem der
                              									Condensationsdampf, welcher in einer Watt'schen Maschine
                              									absorbirt und von der Luftpumpe fortgeschafft würde, hier benuzt wird, um die
                              									Ventilationsluft die Wintermonate hindurch zu erwärmen. 2 Cntr. Steinkohlen genügen,
                              									um diese Dampfmaschine zwölf Stunden lang in Bewegung zu sezen. Sie pumpt das Wasser
                              									zum Gebrauch im Haushalt, hebt die Kohlen in die verschiedenen Räume der oberen
                              									Stokwerke und treibt den Flügel-Ventilator. Die Luft, welche durch die
                              									Zellenreihen zwischen den Dampfkästen schnell strömt, kann nicht überhizt und
                              									verdorben werden, sondern wird nur bis zur angenehmen Temperatur von 75 bis
                              									85° F. (19 bis 23 1/2° R.) erwärmt und tritt von da in eine
                              									gewöhnliche gemauerte Kammer im unteren Stokwerk, von wo aus sie in eine Reihe
                              									abgesonderter Canäle eingelassen wird, welche durch mit Ziffern versehene Klappen
                              									oder Register abgesperrt werden, so daß sie in regulirten Quantitäten in die
                              									verschiedenen Räume des Hauses geleitet wird. Ich glaube, daß keine bessere
                              									Vorrichtung zur Erwärmung und Ventilation eines großen Hauses ersonnen werden kann;
                              									muß aber bemerken, daß der von den Ingenieurs vorgeschlagenen Vorrichtung durch zwei
                              									besondere Umstände in ihrer guten Wirkung entgegengearbeitet wurde.
                           Der erste derselben ist, daß die äußere Luft, welche das Flügelgebläse speist, durch
                              									einen großen Haufen Kohks gehen muß, ehe sie in den Apparat eintreten kann, wodurch
                              									sie eine solche Reibung erleidet, daß die Ventilation des Hauses dadurch bedeutend
                              									gehemmt wird. Folgende Versuche, welche ich besonders zu diesem Zwek angestellt
                              									habe, werden den Uebelstand gehörig beleuchten. – Ich versah das Wollaston'sche Differentialbarometer, als Anemometer, mit
                              									Oehl von 0,900 spec. Gew. in einem Schenkel seines Hebers, und mit Wasser von 1,000
                              									spec. Gew. in dem anderen, bedekte beide mit demselben Oehl in den zwei darüber
                              									befindlichen Behältnissen und fand dann, daß der in einen gewissen Theil des Canals
                              									durch das Gebläse hervorgebrachte Luftstrom eine Geschwindigkeit von nur 8 hatte,
                              										wenn die Luft durch
                              									die Kohks streichen mußte, daß uͤber die Geschwindigkeit an derselben Stelle
                              									11 betrag, wenn die Luft zu dem Gebläse durch Oeffnung einer Seitenthüre frei
                              									zugelassen wurde. So gehen also 3/11 sowohl der ventilirenden als der erwärmenden
                              									Wirkung des Gebläses verloren. Ich sehe keinen Grund ein, warum die Mitglieder des
                              									Reformclubs eine sicherlich nicht verbesserte, höchst wahrscheinlich aber dadurch
                              									verdorbene Luft einathmen sollen, daß dieselbe in feuchtem Zustande durch eine
                              									poröse, schwefelhaltige Kohle streicht, wodurch die beiden schädlichen Gase,
                              									Kohlenoxyd und Schwefelwasserstoff, in größerem oder geringerem Maaße sich so leichi
                              									erzeugen. Ich möchte vorschlagen, die Luft durch eine große Fläche von Metallgewebe
                              									streichen zu lassen, ehe sie zum Gebläse gelangt, wodurch sie von einem großen Theil
                              									des die Atmosphäre in London verunreinigenden Rußes befreit würde. Das Metallgewebe
                              									müßte jeden Morgen gebürstet werden.
                           Der zweite Umstand, welcher den guten Wirkungen des Gebläses bei der Dampfventilation
                              									entgegenwirkt, ist der ungeheuer große Ofen im obersten Stokwerk des Gebäudes.
                              									Dieser mächtige Ofen, welcher, wenn in Thätigkeit, täglich 3 Cntr. Kohle verzehrt,
                              									sucht zu seiner eigenen Speisung aus den Kaminen der anstoßenden Zimmer verdorbene
                              									Luft herunterzuziehen und so dem durch das Gebläse erzeugten, aufwärts gehenden
                              									Strom hinderlich zu seyn.
                           Ich erlaube mir noch zu bemerken, daß der Heiz- und Ventilirapparat der HHrn.
                              										Easton und Amos im
                              									Reformclubhaus einen ganz besonderen und eigenthümlichen Vortheil bietet. Er kann
                              									nämlich mit wettig Kosten dahin abgeändert werden, daß man das bequemste Mittel
                              									erhält, in den schwülsten Hundstagen Ströme frischer Luft von 10, 20, 30, ja
                              									40° F. (4 1/2 bis 18° R.) unter der Temperatur der Atmosphäre
                              									einzuführen. Apparate dieser Art, in den Parlamentshäusern und Gerichtshöfen
                              									angebracht, würden unseren Gesezgebern, Rechtsgelehrten, Richtern und Jurys eine
                              									schäzbare Wohlthat seyn. Ein ganz mächtiger Strom solcher kühler Luft würde den
                              									Aufenthalt in noch so sehr angefüllten Räumen behaglich machen, ohne die Gesundheit
                              									der Anwesenden in Folge eines Luftzugs durch die Thüren, Fenster und Gänge in Gefahr
                              									zu sezen.
                           Am 6. Jun. 1836 benuzte ich die Gelegenheit, in einer der Royal Society vorgelesenen Abhandlung über die damals im Custom House herrschende Malaria, die Principien der Ventilation mittelst des Gebläses auseinander
                              									zu sezen und durch eine lange Reihe von Versuchen den bedeutenden Vorzug
                              									nachzuweisen, welcher ihr hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, ihrer geringeren Kosten
                              									und ihrer Annehmlichkeit vor der Kaminröhren-Ventilation gebührt. Zur selben
                              										Zeit noch war man im
                              									Bau einer Vorrichtung dieser lezteren verwerflichen Art in kolossalem Maaßstabe für
                              									das Haus der Gemeinen begriffen. Es errichtete jedoch damals der verstorbene
                              									geschikte Hr. Oldham, Ingenieur der engl. Bank, einen
                              									mechanischen Ventilator und Dampfkastenheizer, um die Räume der
                              									Kupferstecher- und Drukerabtheilung dieses Etablissements mit einem
                              									reichlichen Strom warmer Luft zu versehen. Statt eines Flügelgebläses aber wandte
                              									Hr. Oldham eine große Pumpe an, um die Luft durch die
                              									abwechselnden Zellen seines Dampfkastens zu treiben. Eine ähnliche Vorrichtung hatte
                              									derselbe 10 Jahre vorher in der irischen Bank angebracht.
                           Vor zwei Jahren waren die HHrn. Easton und Amos beauftragt, mehrere Bureaux des Generalpostamts zu
                              									ventiliren, da die Atmosphäre derselben nicht nur unbehaglich, sondern auch durch
                              									die vielen Abends erforderlichen Gaslichter ungesund war. Der Zwek wurde mittelst
                              									durch Dampfkraft getriebener Flügelgebläse zur vollkommensten Zufriedenheit
                              									erreicht. Dieselben Ingenieurs errichteten damals einen ähnlichen Apparat wie der in
                              									der englischen Bank, zum Heizen und Ventiliren der Wiener-Bank. Sie haben den
                              									gerechten Anspruch auf den Ruhm der ersten Ausführung dieses Heiz- und
                              									Ventilirsystems, welches vorzüglich auf die Gesundheit von sehr gutem Einfluß ist,
                              									und worauf ich schon seit vielen Jahren die öffentliche Aufmerksamkeit dringend zu
                              									lenken suchte.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
