| Titel: | Neues Verfahren, um bei der Seidenwürmerzucht gute Resultate zu erhalten; von Casimir Maistre, von Villeneuvette (Depart. Herault). | 
| Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. XCIV., S. 393 | 
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                        XCIV.
                        Neues Verfahren, um bei der
                           								Seidenwuͤrmerzucht gute Resultate zu erhalten; von Casimir Maistre, von Villeneuvette (Depart.
                           								Herault).
                        Aus dem Moniteur industriel 1842, No.
                              								609.
                        Maistre, neues Verfahren bei der Seidenwuͤrmerzucht gute
                           								Resultate zu erhalten.
                        
                     
                        
                           Es wurde viel über Seidenwürmerzucht geschrieben. Die Bebrütung der Eier, die Pflege
                              									der Würmer, die Sorgfalt für ihre Nahrung, die Ventilationsmittel, die Heizung, die
                              									Reinigung u.s.w. veranlaßten schon viele mehr oder weniger geschäzte Abhandlungen
                              									und Werke, welche aber bis jezt der Praxis noch wenig Nuzen gebracht haben. Vergleicht man die
                              									gewöhnlichen Producte durch die älteren Verfahrungsweisen mit jenen der meisten
                              									Anstalten, wo die verbesserten Verfahren eingeführt wurden, so wird man, vorzüglich
                              									wenn man den Durchschnitt von mehreren Jahren nimmt, wenig Unterschied im Erfolge
                              									finden. Aus dieser Aehnlichkeit kann jedoch keineswegs der Schluß gezogen werden,
                              									daß die neueren Verfahren verworfen werden sollen; man gebe ihnen im Gegentheil
                              									freien Zutritt, da sie, wenn sie durch die Erfahrung durchforscht und modificirt
                              									worden seyn werden, mit der Zeit doch noch gute Resultate geben können.
                           Für den Augenblik aber gibt es ein einfaches und leichtes Mittel, jedes Jahr, den
                              									Fall des Absterbens des Laubes ausgenommen, gute oder doch erträgliche Ernten zu
                              									erhalten. Man bedarf hiezu keiner Ventilatoren, keiner Calorifèren, keiner
                              									kostspieligen Anstalten, welche oft, anderwärts besser anzuwendende, Capitalien
                              									verzehren.
                           Hiezu dient das Unterabtheilen der Zimmerbevölkerungen.
                              									Man mache, nach den gewöhnlichen Regeln, kleine Zuchten und wird immer, oder doch
                              									beinahe immer, gut fahren.
                           
                              
                                 20 Zimmerbevölkerungen, jede zu 3 Unzen, im
                                    											Ganzen 60 Unzen, werden in einem gewöhnlichen Jahr wenigstens
                                    											erzeugen
                                 50 Cntr. Cocons
                                 
                              
                                   2 Bevölkerungen von 30
                                    											Unzen, im Ganzen 60 Unzen,
                                 40   –
                                    											      –
                                 
                              
                                 Eine Bevölkerung von 60 Unzen kaum
                                 30   –
                                    											      –
                                 
                              
                           Woher dieser Unterschied? Weil bei einer großen Bevölkerung,
                              									wie gut sie auch, was Material und Personal betrifft, organisirt seyn mag, die
                              									Pflege niemals so aufmerksam und so thätig seyn wird, als bei der Arbeit in
                              									Abtheilungen; denn um Einheit in die Arbeit zu bringen, müßte man einen Director
                              									haben, und dieser, er mag so thätig, so geschikt seyn, als er will, kann nicht alles
                              									selbst sehen und selbst thun und muß daher von seinen Gehülfen, seinen Untergebenen,
                              									sehen und thun lassen; diese aber werden oft schlecht beobachten und noch schlechter
                              									ausführen; es braucht daher nur einer derselben einen Fehler machen, um das Gedeihen
                              									einer ganzen Zimmerabtheilung auf das Spiel zu sezen. Dem ist man um so mehr
                              									ausgesezt, wenn man der Ersparung wegen wenig geübte Taglöhner zu Gehülfen nimmt,
                              									welche beim Unternehmen nicht interessirt sind, keine moralische Verantwortung haben
                              									und ihrer Arbeit nicht mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie durch ihren Lohn gerade
                              									verpflichtet sind.
                           Bei den kleinen Bevölkerungen hingegen ist es nur eine und dieselbe Person, welche
                              									leitet und ausführt. Thut sie es für Rechnung eines anderen gegen Bezahlung, so
                              									werden Eigenliebe und Interesse sie dazu antreiben, alles Mögliche zum Gelingen
                              									beizutragen. Thut sie es
                              									für eigene Rechnung oder hat sie es im Vertrag zu einem gewissen Preis für das Pfund
                              									übernommen, dann ist sie unmittelbarer dabei interessirt. Die Arbeit, die
                              									Nachtwachen, die größten Anstrengungen sind dann nichts für sie.
                           Nun müssen wir noch hinzurechnen, daß es bei kleinen Zimmerbevölkerungen viel
                              									leichter ist, als bei großen, die Temperatur, die Ventilation zu reguliren, daß das
                              									gepflükte Laub besser darin gepflegt werden kann (was sehr wesentlich ist), und daß
                              									endlich, außer daß man der Anstekung im Falle schwerer Krankheiten weniger ausgesezt
                              									ist, man auch die Möglichkeiten des Nichtgedeihens bedeutend zertheilt und hiedurch
                              									vernichtet.
                           Keinem Züchter ist es noch entgangen, daß aufgegebene, als krank verworfene
                              									Seidenwürmer, von Kindern aufgelesen und gepflegt, fast eben so viele Cocons
                              									erzeugten, während ähnliche, welche man als gesund auf den Tischen ließ, nur
                              									mittelmäßig gediehen. Diese Beobachtung bestätigt die Vortheile der Absonderung.
                           Was ich von dem Nuzen der Unterabtheilungen sage, wird übrigens auch durch eine
                              									mehrjährige Erfahrung bestätigt. Seit 25 Jahren nämlich sehe ich oder lasse ich, in
                              									Verbindung mit meinem Bruder, auf unserem Gute Seidenwürmer ziehen. Wir ließen
                              									mehrere Anstalten einrichten; eine auf 30 Unzen. Da nun das Heranwachsen unserer
                              									Maulbeerbäume diese Anstalten unzulänglich machte, hatten wir, ehe wir andere von
                              									gleicher Größe errichteten, die Idee, die vorhandenen zu zerstükeln. Mehrere unserer
                              									Fabrikarbeiter erhielten 1, 2 bis 3 Unzen Eier, welche sie in ihrer Wohnung zogen.
                              									Wir erhielten nun 40, 45 bis 50 Kilogr. Cocons von der Unze, während wir im Großen
                              									nie 35 Kilogr. erreichen konnten. Seit 4 Jahren geben wir nun jährlich dieser Art
                              									der Ausbeutung größere Ausdehnung. In diesem Jahre werden wir 10 Zimmerabtheilungen
                              									von 2, 3 oder 4 Unzen machen, was im Ganzen 30 Unzen ausmacht, und da man ungefähr
                              									andere 30 Unzen in große Abtheilungen bringen wird, so werde ich mich gar nicht
                              									verwundern, wenn erstere das Doppelte von lezteren geben. So viel wenigstens kann
                              									ich den Resultaten der bisherigen vergleichenden Versuche zufolge vermuthen.
                           Mehrere Eigenthümer werden einwerfen, daß es nicht allen Züchtern möglich ist, so zu
                              									verfahren. Dieß ist wahr, aber nur bei wenigen. Die Besizer großer Anstalten, die
                              									sich nicht zertheilen lassen, ferner wer selbst und für eigene Rechnung ausbeuten
                              									will, wird nicht einstimmen. Wie viel andere aber sollten nicht Leute finden können,
                              									die im Stande wären, in ihren Wohnungen 2 bis 3 Unzen Eier auszubeuten, namentlich
                              									in Städten und Dörfern? Wenn eine Ausbeute im Großen einen Züchter z.B. sechs
                              									Personen zu beschäftigen zwingt, so mache er, wo möglich, aus seinen Hürden oder seiner Anstalt 6
                              									Abtheilungen, und er kann sich versichert halten, daß der unfähigste seiner Wärter
                              									ihm verhältnißmäßig mehr Cocons liefert, als er in der Regel in seinen großen
                              									Zimmern erhält.
                           Es ist ganz und gar nicht nöthig, hiezu besondere Locale zu haben. Man soll
                              									allerdings die von den Schriftstellern gegebenen Vorschriften hinsichtlich der
                              									Anlage und Gesunderhaltung der Magnanerien nicht umgehen; man darf aber auch nicht
                              									vergessen, daß das Gedeihen der Seidenwürmer den seltsamsten Wechselfällen
                              									unterworfen ist, daß diese Thiere in den scheinbar günstigsten Verhältnissen oft
                              									mißrathen, während sie wieder, da wo sie zu mißrathen schienen, trefflich gedeihen.
                              									Ich nahm in schlecht verschlossenen Dachstuben, in Küchen, in welchen sich
                              									nacheinander die verschiedenartigsten, manchmal nicht angenehmsten Gerüche
                              									entwikelten, ferner auf Heuböden, kurz an allen Arten Orten schon das
                              									ausgezeichnetste Gedeihen wahr; das waren aber immer Zuchten im Kleinen. Ich werde
                              									mich wohl vor der Behauptung hüten, daß alles Gelingen davon abhänge; die
                              									Beobachtung aber und meine Erfahrung berechtigen mich zu der Behauptung, daß die
                              									Aussichten auf guten Erfolg und auf Ersparung auf diese Weise viel größer sind, als
                              									bei angehäuften Massen.