| Titel: | Ueber den Druk des Dampfes im Kessel und Cylinder bei stehenden Dampfmaschinen; von Hrn. de Pambour. | 
| Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. XCVI., S. 401 | 
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                        XCVI.
                        Ueber den Druk des Dampfes im Kessel und Cylinder
                           								bei stehenden Dampfmaschinen; von Hrn. de Pambour.
                        Aus den Comptes rendus, Mai 1842, Nr.
                              								20.
                        de Pambour, uͤber den Druk des Dampfes im Kessel und
                           								Cylinder bei stehenden Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich nimmt man an, daß bei stehenden Dampfmaschinen während ihres normalen
                              									Ganges und bei gewöhnlicher Größe der Dampfwege, der Druk des Dampfes im Cylinder
                              									nur sehr wenig verschieden sey vom Druk im Kessel. Um die Ungenauigkeit dieser
                              									Annahme, welche von großem Einfluß auf die Berechnung der Dampfmaschinen ist,
                              									nachzuweisen, habe ich bekanntlich eine Anzahl von Versuchen gemacht, aus welchen
                              									hervorgeht, daß der Druk im Cylinder in gewissen Fällen eben so groß wie derjenige
                              									im Kessel ist, in anderen Fällen aber bei demselben Dampfwagen nur die Hälfte oder
                              									den dritten Theil des lezteren beträgt. Da die bloß von Dampfwagen hergenommenen
                              									Beispiele jedoch nicht genügend scheinen dürften, so beschloß ich einige directe
                              									Versuche auch mit stehenden Dampfmaschinen anzustellen, welche ich nun mittheilen
                              									will.
                           Eine Dampfmaschine mit Hochdruk ohne Absperrung, welche in Brighton bei der dortigen
                              									Wasserkunst angewandt wird, diente zu den ersten Versuchen. Der Durchmesser des
                              									Dampfcylinders beträgt 16 Zoll (engl. Maaß), die Hubhöhe 3 Fuß, der gewöhnliche
                              									Dampfdruk im Kessel 40 Pfd. auf den Quadratzoll; die Normalgeschwindigkeit des
                              									Kolbens ist 60 Spiele oder 180 Fuß per Minute und der
                              									Durchmesser des Dampfrohres ist 4 1/4 Zoll. Die Maschine sezt entweder sechs oder
                              									nur drei Pumpen in Thätigkeit. Diesen Umstand benuzte ich, um die Bedingungen ihrer
                              									Bewegung in beiden Fällen zu untersuchen.
                           I. Versuch. – Die Maschine bewegte sechs Pumpen von
                              									18 Zoll Kolbenspiel; drei davon haben 8 Zoll, die drei anderen 8 1/2 Zoll
                              									Kolbendurchmesser. Sie arbeitete genau sechs Stunden und machte während dieser Zeit
                              									sehr regelmäßig in der Minute 56,11 Kolbenhübe. Der wirkliche Dampfdruk im Kessel
                              									oder vielmehr im Dampfrohre nicht weit vom Cylinder, mit dem Queksilbermanometer
                              									gemessen, betrug im Mittel 39,79 Pfd. per Quadratzoll
                              									(im Maximum 41, im Minimum 38 1/2).
                           II. Versuch. – Die Maschine bewegte nur drei Pumpen
                              									von 8 Zoll Durchmesser. Sie arbeitete 4 Stunden 50 Minuten und gab in der Minute 57,3 Kolbenspiele.
                              									Der wirkliche mittlere Dampfdruk im Kessel war im Mittel 40,42 Pfd. per Quadratzoll (im Maximum 41 1/2, im Minimum 40).
                           III. Versuch. – Die Maschine bewegte dieselben drei
                              									Pumpen. Man suchte, welches der geringste Druk war, bei welchem sich die Maschine
                              									noch in gleichförmiger Bewegung erhalten konnte, ohne langsamer zu gehen. Nachdem
                              									der Druk im Kessel bis auf 15 1/2 Pfd. per Quadratzoll
                              									reducirt war, machte die Maschine 42 Kolbenspiele in der Minute.
                           IV. Versuch. – Die Maschine ging leer. Man suchte
                              									den geringsten Dampfdruk, bei welchem sie sich noch im Gange erhalten konnte. Als
                              									der Druk im Kessel auf 3 1/2 Pfd. per Quadratzoll
                              									vermindert war, machte sie 22 Kolbenspiele in der Minute.
                           Bei dem ersten Versuch arbeitete die Maschine in ihrem regelmäßigen Zustande, d.h.
                              									mit ihrem Centrifugalregulator und dem Dampfeinlaßventil so regulirt wie gewöhnlich,
                              									wenn sie sechs Pumpen treibt. Bei dem zweiten Versuch arbeitete sie auch wie
                              									gewöhnlich, wenn sie nur drei Pumpen treibt. Es war also an den gewöhnlichen
                              									Umständen, unter denen die Maschine arbeitet, durchaus
                                 										nichts verändert. Beim dritten und vierten Versuche blieb Alles wie beim
                              									zweiten Versuch eingerichtet.
                           Aus dem vierten Versuche geht hervor, daß die Reibung der Maschine, ohne Belastung, 3
                              									1/2 Pfd. auf den Quadratzoll Kolbenfläche nicht übersteigen kann, und der so
                              									langsame Gang läßt voraussezen, daß sich das Gleichgewicht des Dampfdruks im Kessel
                              									und Cylinder herstellen konnte, so daß man ohne merklichen Fehler den
                              									Reibungswiderstand in der Maschine zu 3 1/2 Pfd. auf den Quadratzoll der
                              									Kolbenfläche annehmen kann.
                           Der dritte Versuch zeigt eben so, daß die ganze Belastung
                              									der Maschine, mit drei Pumpen, und alle Reibungen inbegriffen, höchstens 15 1/2 Pfd.
                              									auf den Quadratzoll Kolbenfläche beträgt; zieht man den Reibungswiderstand der
                              									Maschine ab, so folgt, daß die Belastung und die Reibung der drei Pumpen von 8 Zoll
                              									Durchmesser 12 Pfd. per Quadratzoll betrug.
                           Da nun die Last der drei Pumpen von 8 Zoll Durchmesser durch einen Druk von 12 Pfd.
                              										per Quadratzoll repräsentirt ist, so folgt, daß die
                              									Arbeit der drei Pumpen von 8 1/2 Zoll Durchmesser im Verhältniß der drei ersteren
                              									einen Druk von 13,55 Pfd. per Quadratzoll Kolbenfläche
                              									erheischen muß, so daß die Arbeit aller sechs Pumpen nebst der Reibung einen
                              									Gesammtwiderstand von 12 + 13, 55 + 3,50 = 29,05 Pfd. per Quadratzoll Kolbenfläche bildet. Hienach geben die angestellten
                              									Versuche folgende Resultate:
                           
                           
                              
                                 
                                 Wirksamer Druk    im
                                    											Kessel.
                                  Wirksamer Drukim Dampfcylinder.
                                 Verhaͤltniß.
                                 
                              
                                 Versuch III.
                                    15,50 Pfd.
                                      15,5 Pfd.
                                     1.
                                 
                              
                                     
                                    											–       II.
                                    40,42   –
                                      15,5  
                                    											–
                                     0,38.
                                 
                              
                                     
                                    											–        I.
                                    39,79   –
                                      29,05 –
                                     0,73.
                                 
                              
                           Die zweite Maschine, womit ich Versuche anstellte, ist nach dem System von Evans construirt, d.h. mit Hochdruk und Absperrung; sie
                              									wurde in derselben Anstalt wie die vorhergehende benuzt und auch zu demselben Zwek,
                              									aber mit anderen Getrieben. Der Durchmesser ihres Dampfcylinders war 16,5 Zoll, der
                              									Hub des Dampfkolbens 3 Fuß; 0,517 davon wurden vor der Absperrung des Dampfes
                              									durchlaufen; der wirksame Dampfdruk im Kessel war gewöhnlich 40 Pfd. per Quadratzoll; die Normalgeschwindigkeit des Kolbens
                              									60 Spiele oder 180 Fuß per Minute; der Durchmesser des
                              									Dampfrohrs 4 1/2 Zoll. Mit dieser Maschine erhielt ich folgende Resultate.
                           I. Versuch. – Die Maschine bewegte sechs Pumpen von
                              									18 Zoll Hubhöhe; drei davon hatten 8 Zoll, die drei anderen 8 1/2 Zoll Durchmesser.
                              									Die Maschine arbeitete 6 Stunden 14 Minuten lang und gab sehr regelmäßig 63,31
                              									Kolbenspiele in der Minute. Der wirksame Dampfdruk im Kessel war ohne merkliche
                              									Abweichung 40 Pfd. per Quadratzoll.
                           II. Versuch. – Die Maschine bewegte nur drei Pumpen
                              									von 13 Zoll Hubhöhe und 8 Zoll Durchmesser. Sie arbeitete 4 Stunden 42 Minuten und
                              									gab 66,1 Kolbenspiele in der Minute. Der wirksame Dampfdruk im Kessel war
                              									durchschnittlich 40,34 Pfd. per Quadratzoll (im Maximum
                              									41,50, im Minimum 40).
                           III. Versuch. – Die Maschine bewegte dieselben drei
                              									Pumpen; der geringste Dampfdruk im Kessel, bei welchem sie dieselben noch in
                              									gleichförmiger Bewegung erhalten konnte, betrug 16,5 Pfd., wobei regelmäßig 40
                              									Kolbenspiele in der Minute erfolgten.
                           IV. Versuch. – Die Maschine ging leer. Bei 5 Pfd.
                              									wirksamem Dampfdruk im Kessel erfolgten regelmäßig noch 24 Kolbenspiele in der
                              									Minute.
                           Bei diesen Versuchen wurde die Maschine wie gewöhnlich durch das konische Pendel ohne
                              									Dazwischenkunft des Maschinisten regulirt und sie war für die respective Belastung
                              									mit sechs und drei Pumpen ganz in ihrem gewöhnlichen Zustande.
                           Der vierte Versuch beweist, daß die eigene Reibung der Maschine bei dem Dampf, vor
                              									seiner Absperrung im Cylinder, einen Druk von sehr nahe 5 Pfd. per Quadratzoll Kolbenfläche erheischte; nach dem
                              									dritten Versuch ist die Belastung durch drei 8zöllige Pumpen 16,5 Pfd. auf den
                              									Quadratzoll Kolbenfläche, vor der Absperrung; daraus geht hervor, daß mit sechs
                              									Pumpen die Last mit Inbegriff der Reibung 29,48 Pfd. per
                              									Quadratzoll Kolbenfläche nicht übersteigen konnte. Hienach gaben die Versuche
                              									folgende Resultate:
                           
                              
                                 
                                 Wirksamer Druk    im
                                    											Kessel.
                                   Wirksamer Drukim Cylinder, vor
                                    											der      Absperrung.
                                 Verhaͤltniß.
                                 
                              
                                 Versuch III.
                                    16,50 Pfd.
                                         16,5
                                    											Pfd.
                                      1.
                                 
                              
                                     
                                    											–        II.
                                    40,34  –
                                         16,5  
                                    											–
                                      0,41
                                 
                              
                                     
                                    											–        
                                    											I.
                                    40,00  –
                                         29,48
                                    											–
                                      0,74.
                                 
                              
                           Diese Versuche beweisen hinreichend, daß die Annahme einer Gleichheit oder auch nur
                              									eines constanten Verhältnisses zwischen dem Dampfdruk im Kessel und Cylinder
                              									unrichtig ist; damit aber in dieser Hinsicht gar kein Zweifel bleiben kann, wollen
                              									wir auch noch einige Versuche anführen, welche an Cornwaller Dampfmaschinen mit den
                              									bei denselben angebrachten Indicatoren angestellt wurden. Bekanntlich besteht dieses
                              									von Watt erfundene Instrument aus einer durch den Dampf
                              									zusammengedrükten Feder, welche auf einer beweglichen Papierscheibe mittelst eines
                              									am Ende der Feder befestigten Bleistifts eine Curve verzeichnet, die den Druk des
                              									Dampfes im Cylinder für jeden Punkt des Kolbenhubes anzeigt. Mittelst der
                              									Aufzeichnung eines solchen Indicators kann man leicht den Druk des Dampfes im
                              									Cylinder mit dem gleichzeitig im Kessel stattfindenden vergleichen und hienach
                              									findet man zwischen beiden sehr große und sehr veränderliche Unterschiebe. Als Beleg
                              									dienen die auf den ersten Tafeln des III. Bandes der Transactions of the Institution of Civil Engineers (in London)
                              									verzeichneten Versuche; Beispiele:
                           
                              
                                 
                                 Wirksamer Dampfdruk im Kessel, in Pfunden
                                    											    per
                                    											Quadratzoll.
                                       
                                    											Groͤßter wirksamer   Dampfdruk im
                                    											Cylinder,waͤhrend seiner
                                    											Communicat.        
                                    											mit dem Kessel.
                                 Verhaͤltniß.
                                 
                              
                                 Maschine von Huel Towan
                                         61,8
                                    											Pfd.
                                             
                                    											27,0 Pfd.
                                     0,44
                                 
                              
                                       
                                    											–        –    East
                                    											Crinnis
                                         36,8  –
                                             
                                    											23,1  –
                                     0,63
                                 
                              
                                 Dieselbe
                                         26,3  –
                                             
                                    											20,0  –
                                     0,76
                                 
                              
                           Aus diesen Beobachtungen geht also hervor, daß bei stehenden Dampfmaschinen der Dampf
                              									eben so bedeutende Reductionen in seiner Spannung erfährt und die eben so wenig dem
                              									Druk im Kessel proportional sind, als bei Locomotivmaschinen; ferner daß, da bei den
                              									Locomotivmaschinen die Dampfwege 1/9–1/11 vom Querschnitte des Kolbens haben,
                              									bei den zu obigen Versuchen benuzten Maschinen aber 1/14–1/13 (was mehr ist,
                              									als man ihnen bei feststehenden Dampfmaschinen zu geben pflegt, wo man gewöhnlich
                              									den Dampfwegen nur 1/26 der Kolbenfläche zum Querschnitt gibt) die beobachteten
                              									Resultate nicht einem zu geringen Querschnitt der Dampfwege zugeschrieben werden
                              									können. Es ist also bei den stehenden Dampfmaschinen eben so wenig als bei den
                              									Locomotivmaschinen möglich, den Dampfdruk im Cylinder zu berechnen, um daraus den
                              									Nuzeffect der Maschine mittelst eines auf den beobachteten Druk im Kessel
                              									anzuwendenden constanten Coefficienten abzuleiten.