| Titel: | Ueber das Härten und Anlassen des Stahls zu verschiedenen Zweken. | 
| Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. XI., S. 52 | 
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                        XI.
                        Ueber das Haͤrten und Anlassen des Stahls
                           zu verschiedenen Zweken.
                        Aus dem Mechanics' Magazine. Jan. 1843, No.
                              1015.Aus dem Werke: Turning
                                       and Mechanical Manipulation: by Charles Holzapfel ; dasselbe
                                 wird 5 Bände umfassen. Der bereits erschienene 1ste Band wird im Mechan. Magazine sehr gerühmt. A. d. R.
                           
                        Ueber das Härten und Anlassen des Stahls.
                        
                     
                        
                           Drillbohrer der kleinsten Art für Uhrmacher werden in dem blauen Theil der
                              Kerzenflamme erhizt; größere Drillbohrer aber mit der Löthrohrflamme, die man sehr
                              schief und etwas unter der Spize wirken läßt; wenn sie sehr dünn sind, so können sie
                              in der Luft geschwungen werden, um sie abzukühlen; häufiger aber werden sie in das
                              Unschlitt der Kerze oder in das Oehl der Lampe gestekt; angelassen werden sie
                              entweder durch ihre eigene Hize oder durch Hineinhalten in die Flamme unterhalb
                              deren Spize.
                           Zwischen den für die Einwirkung des Löthrohrs und für die des freien Feuers
                              geeigneten Instrumenten gibt es viele, welche entweder die eiserne Büchse (Röhre)
                              oder das Blei- oder Holzkohlenbad erfordern; die meisten Gegenstände aber
                              werden im gewöhnlichen Schmiedfeuer ohne solche Vorkehrungen gehärtet.
                           Werkzeuge mittlerer Größe, wie der größte Theil jener der Drechsler, die
                              Zimmermanns- und Hohlmeißel u.s.f. werden in der Regel im offenen Feuer
                              erhizt; sie müssen beständig im Feuer vor- und rükwärts gezogen werden, um
                              sie gleichmäßig zu erhizen; hierauf werden sie senkrecht in Wasser getaucht und dann
                              seitwärts darin herumbewegt, um sie den kühlern Theilen der Flüssigkeit auszusezen.
                              Nötigenfalls werden sie nur theilweise eingetaucht und das Uebrige weich
                              gelassen.
                           Einige bedienen sich eines niedrigen Gefäßes, welches sie nur bis zur Höhe des zu
                              härtenden Theils anfüllen, und tauchen den Gegenstand bis auf den Boden hinein;
                              diese scharfe Begränzung ist aber manchmal gefährlich, indem die Instrumente gerade
                              an ihr gerne springen; man bewegt sie daher in der Regel auch etwas in verticaler
                              Richtung, damit der Uebergang vom gehärteten zum weichen Theil ein allmählicher
                              ist.
                           Rasirmesser und Federmesser werden oft gehärtet ohne vorheriges Entfernen des vom
                              Schmieden herrührenden Hammerschlags (Glühspans); die
                                 Abstellung dieses Verfahrens, welches bei den besten Messern freilich nicht in
                                 Anwendung kommt, 
                              kann nicht genug anempfohlen werden. Die Klingen werden
                              in Kohks- oder Holzkohlenfeuer erhizt und schief in das Wasser getaucht. Die
                              Rasirmesser werden beim Anlassen ein halbes Duzend miteinander mit dem Rüken auf ein
                              helles Feuer gelegt, und einzeln herausgenommen wenn die noch diken Schneiden eine
                              blaßstrohgelbe Farbe annehmen; sollten sich die Rüken zufällig über die Strohfarbe
                              hinaus erhizen, so kühlt man die Klingen in Wasser ab, aber auf keine andere Weise.
                              – Federmesserklingen werden, eines oder zwei Duzend miteinander, auf einer 1
                              Fuß langen, 3 bis 4 Zoll breiten und ungefähr 1/4 Zoll diken Eisen- oder
                              Kupferplatte angelassen. Die Klingen werden mit dem Rüken aneinander gepaßt und
                              lehnen sich in einem Winkel gegen einander. Wenn sie die Anlaßhize haben, werden sie
                              mit kleinen Zangen herausgenommen und wo nöthig in Wasser geworfen; es werden nun
                              andere von dem weniger heißen Theile der Platte vorwärts geschoben, um ihre Stelle
                              einzunehmen.
                           Beile, Deißeln und viele andere solche Werkzeuge von großem Volumen, im Verhältniß zu
                              dem Theil, welcher gehärtet werden muß, werden nur theilweise eingetaucht. Sie
                              werden dann durch die Hize ihrer übrigen Theile angelassen (let down) und wenn die das Angelassenseyn anzeigende Farbe erreicht ist,
                              ganz abgelöscht. Um den losen Hammerschlag oder das im Feuer gebildete Oxyd zu
                              entfernen, reiben einige Arbeiter die Gegenstände schnell in trokenem Salz ab, ehe
                              sie sie in das Wasser tauchen, damit sie eine reinere, weißere Oberfläche
                              erhalten.
                           Beim Härten großer Stempel, Amboße und anderer Stüke von großem Umfang durch directes
                              Eintauchen, verhindert die rasche Dampfbildung an den Seiten des Metalls den freien
                              Zutritt des Wassers, so daß ihm die Hize nicht schnell genug entzogen wird; in
                              solchen Fällen läßt man einen starken Wasserstrom von einem Reservoir auf die zu
                              härtende Fläche herabfallen. Diese Maßregel ist trefflich, indem dadurch kaltes
                              Wasser reichlich herbeigeschafft wird, welches, wenn es gerade auf die Mitte des
                              Amboßes fällt, diesen Theil sicher hart macht. Jedoch ist es gefährlich, hiebei nahe
                              zu stehen, indem, wenn die Amboß- etc. Fläche nicht ganz vollkommen gut
                              zusammengeschweißt ist, manchmal Stüke sehr heftig und mit lautem Knall
                              davonfliegen. – Manchmal wird der Gegenstand in einem Gefäß unter dem
                              Wasserfall mittelst eines Krahns oder dergleichen theilweise eingetaucht; er wird
                              zulezt durch seine eigene Wärme angelassen und zur völligen Abkühlung
                              hineingeworfen.
                           Oehl und verschiedene Gemische von Oehl, Talg, Wachs, Harz etc. werden für viele
                              dünne und elastische Gegenstände, wie Nadeln, Fischangeln, Schreibfedern, Springfedern etc.
                              angewandt, welche eines mildern Grads der Härtung bedürfen, als das Wasser gibt.
                           Stahlschreibfedern z.B. werden in großen Quantitäten in einer Pfanne in einem Ofen
                              erhizt und dann in einem öhligen Gemisch gehärtet; in der Regel werden sie auch in
                              Oehl oder in einer Mischung angelassen, deren Siedepunkt gleich ist der zu ihrem
                              Anlassen geeigneten Temperatur. Dieses Verfahren ist gar nicht umständlich und die
                              Anlaßhize kann dabei nicht unter den gehörigen Grad fallen. Auch der trokenen
                              Ofenhize bedient man sich und durch beide kann ein härteres Anlassen als das mit
                              siedendem Oehl erzielt werden; doch ist größere Sorgfalt und Aufmerksamkeit nöthig
                              für diese niederern Temperaturen.
                           Sägen und Springfedern werden gewöhnlich eben so mit verschiedenen Mischungen von
                              Oehl, Unschlitt, Wachs etc.Ein erfahrner Sägenmacher gebraucht folgende Mischung: 2 Pfd. Unschlitt, 1/4
                                    Pfd. Bienenwachs und 1 Gallon Wallfischthran werden miteinander gekocht und
                                    dienen dann zu feinen Arbeiten und den meisten Stahlarten. Ein Zusaz
                                    schwarzen Harzes bis zu etwa 1 Pfd. auf den Gallon macht sie zu dikern
                                    Stüken und solchen, bei welchen sie früher das Härten versagte, tauglich;
                                    doch muß das Harz mit Umsicht zugesezt werden, indem sonst die Gegenstände
                                    zu hart und spröde werden. Die Mischung ist nicht mehr zu brauchen, wenn sie
                                    einen Monat lang beständig benuzt wurde und das Gefäß muß, ehe frische
                                    Mischung hineinkömmt, gänzlich gereinigt werden.Folgende Vorschrift empfiehlt Hr. Gill:20Gallons Wallrath,20Pfd. ausgelassenen Rindstalg,  1Gallon Ochsenfußöhl,  1Pfd. Pech,  3Pfd. schwarzes Harz.Die beiden lezten Ingredienzien müssen vorher
                                    miteinander geschmolzen und dann den andern zugesezt werden; hierauf erhizt
                                    man das Ganze in einem eisernen Gefäße, wofür man einen genau passenden
                                    Dekel hat, bis die Feuchtigkeit ganz verdunstet ist und die Mischung an
                                    einem brennenden Körper, den man hinhält, Feuer fängt, welches aber sogleich
                                    durch Auflegen des Dekels wieder ausgelöscht werden muß. A. d. O. gehärtet, welche jedoch ihre härtende Kraft nach einigen Wochen fortgesezten
                              Gebrauchs verlieren; die Sägen werden in langen Oefen erhizt und dann horizontal und
                              in der Richtung der Schneide in einen langen, die Mischung enthaltenden Trog
                              getaucht; man bedient sich gewöhnlich zweier Tröge, des einen bis er zu warm wird,
                              dann des andern eine Zeit lang und so abwechselnd fort. Ein Theil der Mischung wird
                              mit einem Stük Leder von den Sägen, wenn sie aus dem Trog kommen, wieder abgewischt
                              und dann werden sie Stük für Stük auf einem hellen Kohksfeuer erhizt, bis das Fett
                              sich entflammt. Sollen die Sägen ziemlich hart werden, so wird nur wenig Fett
                              abgebrannt, wenn milder, mehr; um Federhärte zu erzielen, läßt man Alles
                              hinwegbrennen. Ist der Gegenstand dik oder unregelmäßig dik und dünn, wie bei
                              manchen Springfedern, so wird noch eine zweite und dritte Dosis abgebrannt, um sich
                              überall einer gleichen Anlassung versichert halten zu können.Flintenschloßfedern werden manchmal geraume Zeit lang über dem Feuer in einer
                                    eisernen Pfanne buchstäblich in Oehl geröstet;
                                    die diken Theile werden dadurch sicher hinreichend abgekühlt und man hat
                                    nicht mehr zu befürchten, daß die dünnen Theile zu weich werden. A. d.
                                    O.
                              
                           Federn und Sägen scheinen nach dem Härten und Anlassen beim Schleifen, Poliren etc.
                              ihre Elasticität zu verlieren; gegen das Ende ihrer Fabrication aber wird die
                              Elasticität vorzüglich durch Hämmern und zum Theil durch Erhizen über einem hellen
                              Kohksfeuer bis zur Strohfarbe wieder hergestellt; die Farbe wird durch sehr
                              verdünnte Salzsäure entfernt, worauf die Sägen in reinem Wasser abgewaschen und dann
                              getroknet werden.
                           Uhrfedern werden von rundem Stahldraht von gehörigem Durchmesser ausgehämmert
                              (geschmiedet), bis sie das Breitemaaß ausfüllen, was zugleich ein Beweis für die
                              Gleichmäßigkeit der Dike ist; die Löcher werden an ihren Enden eingeschlagen und der
                              Rand mit einer feinen Feile zugeschärft; die Federn werden sodann mit Bindedraht zu
                              einem lokern offenen Wikel zusammengebunden, über
                              Holzkohlenfeuer auf einer durchlöcherten sich drehenden Platte erhizt, in Oehl
                              gehärtet und abgebrannt.
                           Die Feder wird nun in einem langen Metallrahmen aufgespannt (ähnlich dem bei der
                              Sägeklinge angewandten), mit Schmirgel und Oehl zwischen zwei Bleiblöken gerieben
                              und polirt; nun scheint sie ihre Elasticität ganz verloren zu haben und kann in
                              jeder Richtung gebogen werden; ihre Elasticität wird aber durch darauffolgendes
                              Hämmern auf einem gut polirten Amboß ganz wieder hergestellt.
                           Das Färben geschieht über einer flachen Eisenplatte oder einem Dekel (hood), unter welchem man eine kleine Spirituslampe
                              anzündet; man bewegt die Feder beständig vor- und rükwärts, jedesmal 2 bis 3
                              Zoll weit, bis sie durchaus die orange oder dunkelblaue Farbe angenommen hat, je
                              nach dem Geschmak des Käufers. Von Vielen wird dieses Färben nur als Zierde
                              betrachtet, nicht als etwas Wesentliches. Die lezte Operation ist, die Feder
                              spiralförmig zu winden, damit sie in das für sie bestimmte Gehäuse geht; dieß
                              geschieht mittelst eines kleinen Instruments mit einer kleinen Achse und Kurbel, und
                              erfordert keine Hize.
                           Die Unruhfedern der Seechronometer, welche die Form einer Schraube haben, werden in
                              einen vierekigen Schraubengang von geeignetem Durchmesser und Kaliber gewunden; die
                              beiden Enden der Feder werden durch Vorderzangen festgehalten, das Ganze sorg fältig
                              in Platinblech eingewikelt und fest mit Draht umwunden. Das Ganze wird nun in einem
                              unten verschlossenen Flintenlaufstük erhizt und in Oehl getaucht, wodurch die Feder, beinahe ohne sie
                              zu entfärben, gehärtet wird; hieran ist der Ausschluß der Luft durch die genaue
                              Platinbedekung Schuld, welche nun hinweggenommen wird; die Feder wird blau
                              angelassen, bevor man sie von ihrer Schraubenform wegnimmt.
                           Die Unruhe oder Haarfeder der gewöhnlichen Uhren wird oft weich gelassen; die der
                              besten Uhren werden auf einem Cylinder aufgewikelt, gehärtet und dann zwischen der
                              Schneide eines stumpfen Messers und dem Daumen in Spiralform gebracht, wie man auch
                              einen schmalen Papierstreifen oder die Faser einer Straußenfeder kräuselt. Nach Hrn.
                              Dent sollen 3200 Unruhfedern nur eine Unze
                              wiegen.Weiche Federn gelten 2 Schill. 6 Pence; gehärtete und angelassene 10 Schill.
                                    6 Pence per Stük. Der Werth des Stahles,
                                    ursprünglich nicht 2 Pence, wird also auf respective 400 und 1600 Pfd. St.
                                    erhöht. A. d. O.
                              
                           Man verfertigt aber auch Federn, welche sehr stark und groß sind und bloß aus Stahl
                              bestehen; dahin gehören Adam's Patent-Bogenfedern
                              für alle Arten Fuhrwerk, wovon einige für Eisenbahnwagen bestimmt, 3 1/2 Fuß lang
                              sind, per Stük 50 Pfd. wiegen und je zwei miteinander
                              verbunden angewandt werden; andere einzelne Federn sind 6 Fuß lang und wiegen 70
                              Pfd. Beim Härten werden sie durch ein gewöhnliches Schmiedfeuer hin und her bewegt,
                              rund gebogen und in einen Trog mit reinem Wasser getaucht; beim Anlassen werden sie
                              so lange erhizt, bis die dunkle Rothgluth des Nachts gerade sichtbar wird; beim
                              Tageslicht erkennt man den Hizgrad dadurch, daß ein Stük Holz an der Feder gerieben
                              Funken sprüht, worauf man sie an der Luft abkühlen läßt. Das Metall ist 9/16 Zoll
                              dik, während Hr. Adams 5/8 als die Gränze betrachtet, bei
                              welcher Stahl gehörig gehärtet werden kann, um als Feder dienen zu können; sie
                              bewähren ihre Elasticität über alle Erwartung.Hinsichtlich der Ursache der Elasticität der Federn herrscht große
                                    Meinungsverschiedenheit; einige schreiben sie verschiedenen elektrischen
                                    Zuständen zu; andere halten die dünne, blaue, oxydirte Oberfläche für ihren
                                    Siz, durch deren Entfernung auch diese Kraft vernichtet werde, ziemlich in
                                    derselben Weise, wie die Elasticität eines Rohres größtentheils verloren
                                    geht durch Abstreifen der kieselerdehaltigen Rinde. Allerdings wird die
                                    Elasticität einer diken Feder durch Abreiben eines kleinen Theils des äußern
                                    Metalls, welches härter ist als das innere, sehr verringert; vielleicht
                                    erleiden auch die dünnen Federn beim Poliren einen verhältnißmäßigen
                                    Verlust, der ihnen eben so zum Nachtheil gereicht.Unser berühmter Uhrmacher Hr. Dent hat sich
                                    überzeugt, daß durch das bloße Entfernen der blauen Farbe einer
                                    Perpendikelfeder, mittelst Eintauchen derselben in schwache Säure, der
                                    Chronometer jede Stunde beinahe eine Minute verlor; eine zweite gleiche
                                    Eintauchung bewirkte kaum mehr einen weitern Verlust. Auch bemerkt er als
                                    bekannte Thatsache, daß solche Federn in den ersten 2–3 Jahren ihres
                                    Gebrauches durch den atmosphärischen Einfluß um etwas weniges stärker
                                    werden; vergoldet man aber diese Federn auf galvanoplastischem Wege, so ist
                                    diese Veränderung nicht zu bemerken, und dieser Ueberzug kann so dünn seyn,
                                    daß er den Verlust der blauen oxydirten Oberfläche nicht einmal ausgleicht.
                                    A. d. O.